LANDTAG STEIERMARK
XV. GESETZGEBUNGSPERIODE


EZ/OZ: 227/2

Schriftliche Anfragebeantwortung (§ 66 GeoLT)


Zu:
227/1 Österreichische EU-Ratspräsidentschaft
(Schriftliche Anfrage an ein Mitglied der Landesregierung (§ 66 GeoLT))

Landtagsabgeordnete(r): -
Regierungsmitglied(er): Franz Voves
Beilagen: Anfragebeantwortung

Betreff:
Österreichische EU-Ratspräsidentschaft

Im Zuge der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft ist es von allgemeinem Interesse, die offizielle Haltung und Positionierung des Landes Steiermark in Erfahrung zu bringen.


  1. Welche Schwerpunkte wird das Land Steiermark im Zuge der österreichischen Ratspräsidentschaft setzen?
  2. An welchen Schwerpunkten der Bundesregierung wird sich das Land Steiermark prioritär beteiligen?
  3. Welche zusätzlichen Vorkehrungen hat das Land Steiermark im Zuge der österreichischen Ratspräsidentschaft zu treffen?
  4. Welche Vorkehrungen haben Sie für die in Graz am 21. und 22.4.2006 stattfindende Tagung zum Wettbewerb in der EU zu treffen?
  5. Welche Kontakte mit zivilgesellschaftlichen und sozialpartnerschaftlichen Akteurinnen werden Sie innerhalb der steiermarkbezogenen EU-Schwerpunkte forcieren?
  6. Wie werden Sie - über die Übermittlung des Inhaltes des Landtagsbeschlusses hinausgehend - gegenüber der Bundesregierung einfordern, im Zuge der österreichischen Ratspräsidentschaft alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um eine Überarbeitung der Dienstleistungsrichtlinie in die Wege zu leiten,
  7. Wie werden Sie - über die Übermittlung des Inhaltes des Landtagsbeschlusses hinausgehend - an die EU-Kommission herantreten und von dieser einfordern, dass die in der vorliegenden Form nicht akzeptable Dienstleistungsrichtlinie dahingehend überarbeitet wird, dass soziale, arbeitsrechtliche und ökologisch hohe Standards gewährleistet bleiben.
  8. Welche Akzente werden Sie in Absprache mit anderen Bundesländern und Regionen im Ausschuss der Regionen setzen?

Die schriftliche Anfrage gem. § 66 GeoLT, Einl.Zahl 227/1 der Abgeordneten Mag. Edith Zitz,  Peter Hagenauer,  Ingrid Lechner-Sonnek wird zu den einzelnen Punkten wie folgt beantwortet:

1.     Welche Schwerpunkte wird das Land Steiermark im Zuge der österreichischen Ratspräsidentschaft setzen?

Die Aufgaben des Europäischen Rates sind in Artikel 4 des Vertrages über die Europäische Union (EUV) umschrieben:
"Der Europäische Rat gibt der Union die für ihre Entwicklung erforderlichen Impulse und legt die allgemeinen politischen Zielvorstellungen für diese Entwicklung fest. Im Europäischen Rat kommen die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten sowie der Präsident der Kommission zusammen. Sie werden von den Ministern für auswärtige Angelegenheiten der Mitgliedstaaten und einem Mitglied der Kommission unterstützt. Der Europäische Rat tritt mindestens zweimal jährlich unter dem Vorsitz des Staats- oder Regierungschefs des Mitgliedstaats zusammen, der im Rat den Vorsitz innehat. Der Europäische Rat erstattet dem Europäischen Parlament nach jeder Tagung Bericht und legt ihm alljährlich einen schriftlichen Bericht über die Fortschritte der Union vor."
Seit 1. Jänner 2006 führt Österreich den Vorsitz im Europäischen Rat. Es ist dies das zweite Mal, dass Österreich den Vorsitz führt. Erstmals war dies im zweiten Halbjahr 1998 der Fall.
Österreich führt während dieser sechs Monate auch bei allen Tagungen der Fachministerräte den Vorsitz. Diese finden in Brüssel oder Luxemburg statt. Es ist darüber hinaus üblich, dass sich die Fachminister informell im Vorsitzland treffen. In Österreich wird es zwölf informelle Ministertreffen geben. Jedes Bundesland ist zumindest ein Mal Veranstaltungsort.
Die Republik Österreich ist Mitglied der Europäischen Union. Der Ratsvorsitz ist damit Angelegenheit der Österreichischen Bundesregierung. Grundsätzlich hat ein Bundesland deshalb hier keine Kompetenz. Das Land Steiermark nützt aber natürlich die aktuelle Ratspräsidentschaft sowohl auf politischer Ebene wie auch in der Kommunikation unserer Anliegen nach innen und außen. Dies betrifft vor allem die Information über die Europäische Union und den Ausbau des Fachwissens bei Europa-Themen in unserem Bundesland sowie die Stärkung und den Ausbau eines positiven Steiermark-Image bei allen Menschen, die im Zusammenhang mit der Ratspräsidentschaft unser Bundesland erleben und dies als Multiplikator transportieren können.
 Darüber hinausgehend liegt es im größten Interesse für eine gute Abwicklung der Veranstaltungen zu sorgen und einen nachhaltig positiven Eindruck zu vermitteln. Über die einzelnen Aktivitäten des Landes Steiermark wird die Landesregierung dem Landtag in den Vierteljahresberichten über den Stand der Europäischen Integration einen Bericht geben.

Ein Schwerpunkt im Europaressort liegt im Bereich Information. Ich sehe es als eine besonders wichtige Aufgabe des Landes Steiermark, anlässlich der Ratspräsidentschaft in meinem Ressort entsprechende Schwerpunkte zu setzen. Die Fachabteilung Europa und Außenbeziehungen des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung hat sich an verschiedenen EU-Projekten beteiligt, die darauf abzielen, der Zivilgesellschaft Fachwissen und auch fundierte Eindrücke über die EU zu vermitteln. Besonders wenden sich alle Projekte, deren Einzelheiten in der Antwort zur Frage 5 umrissen werden, an interessierte Bürgerinnen und Bürger, Verantwortungsträger in öffentlichen Einrichtungen sowie auch an den Bildungsbereich, wo Schüler, Eltern und Lehrer in der gesamten Steiermark angesprochen werden. In diesen Projekten sind verschiedene Partner, wie z.B. das Landesjugendreferat involviert, die ihre Aktivitäten aufgrund der Ratspräsidentschaft verstärken.
 

2.     An welchen Schwerpunkten der Bundesregierung wird sich das Land Steiermark prioritär beteiligen?

Als wesentlichen außenpolitischen Schwerpunkt hat die österreichische Ratspräsidentschaft die Europäische Nachbarschaftspolitik und dabei konkret die Westlichen Balkanstaaten genannt. Der Stabilisierungs- und Assoziierungsprozess, der auch weiterhin den grundlegenden Rahmen für die Entwicklung der Beziehungen der EU zu den westlichen Balkanstaaten bis zu deren künftigem Beitritt bilden wird, ist für die Steiermark von großer wirtschaftlicher und auch nachbarschaftspolitischer Bedeutung.
Wir unterstützen die Bemühungen des Rates, eine andauernde Stabilisierung in der Region sicherzustellen und erwarten auch große Vorteile durch die Umsetzung der bestehenden Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen als auch durch die baldige Ausarbeitung neuer Abkommen. Durch die Aktivitäten in der Europaregion Adria Alpe Pannonia, der 13 Regionen angehören, wird versucht, neue Strukturen, Partnerschaften und Projekte aufzubauen, um besser in dieser Region kooperieren zu können. Neben der Europaregion Adria Alpe Pannonia sind verschiedene Aktivitäten mit Einrichtungen der Zivilgesellschaft, wie z.B. die Kooperationen mit der Universität Graz im Rahmen der Süd-Ost-Akademie Graz, von großer Bedeutung. Im Rahmen dieser Akademie werden Veranstaltungen mit allen Fakultäten der Universität Graz außerhalb der Universität durchgeführt, um den Balkan in der Bevölkerung zu diskutieren. Im Wintersemester 2005/2006 standen allgemeine Themen im Mittelpunkt\; im Sommersemester 2006 wird die Wirtschaft im Mittelpunkt stehen.

Darüber hinaus laufen auch die Vorbereitungen für die neue Finanzperiode 2007 bis 2013. In diesem Zusammenhang stehen natürlich auch die zukünftigen Regionalförderungen in der Strukturfondsperiode 2007 bis 2013 sowie die damit verbundene Wettbewerbskullisse. Die entsprechenden Vorbereitungsarbeiten der einzelnen Abteilungen des Landes laufen bereits auf vollen Touren. Die Koordination liegt bei der Fachabteilung Europa und Außenbeziehungen.
 

3.     Welche zusätzlichen Vorkehrungen hat das Land Steiermark im Zuge der österreichischen Ratspräsidentschaft zu treffen?

Die inhaltliche Arbeit liegt beim Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten, das ein eigenes Exekutivsekretariat eingerichtet hat. Die Vorbereitung auf rein organisatorischer Ebene wird in der Steiermark von der Protokollabteilung im Rahmen des Wettbewerbsrates übernommen..
 

4.     Welche Vorkehrungen haben Sie für die in Graz am 21. und 22.4.2006 stattfindende Tagung zum Wettbewerb in der EU zu treffen?

Die Verantwortung für diese Veranstaltung liegt ebenfalls beim Bund. Das Referat Protokoll und Auszeichnungen ist in die koordinierenden Vorbereitungen durch die zuständigen Zentralstellen in Wien eingebunden und wirkt beratend in allgemeinen Organisationsfragen.
 

5.     Welche Kontakte mit zivilgesellschaftlichen und sozialpartnerschaftlichen Akteurinnen werden Sie innerhalb der steiermarkbezogenen EU-Schwerpunkte forcieren?

Das Land Steiermark setzt in der Vermittlung von EU-Informationen für die steirische Bevölkerungen und die eigene Verwaltung einen besonderen Schwerpunkt in der Ratspräsidentschaft. Die Fachabteilung Europa und Außenbeziehungen (FA1E) des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung ist derzeit Partner bzw. Leadpartner in verschiedenen EU-Projekten, die vor allem der Weitergabe von Informationen über die Europäische Union dienen. Diese Informationstätigkeiten des Landes werden in Kooperation mit den Interessenvertretungen sowie anderen Einrichtungen der Zivilgesellschaft durchgeführt.
Dies umfasst insbesondere die mit Mitteln der Europäischen Union kofinanzierten steirischen EU-Projekte EUGEM, Smile-Coop und EuropeDirect-Informationsnetzwerk Steiermark.
EUGEM steht für "EUropaGEMeinden" und setzt sich zum Ziel, Informationen über die EU-Erweiterung, die bevorstehenden Erweiterung und die neue Nachbarschaftspolitik der Bevölkerung einfach, verständlich und bürgernah vor Ort bereitzustellen. Zielgruppen sind daher Bürger der Regionen, Städte und Gemeinden in der Steiermark.

Der direkte Kontakt und der Zugang des Bürgers über die  Einrichtungen wie Gemeinden, Kirchen, Feuerwehr, Vereine, Kindergärten und Schulen ermöglichen es, die Auswirkungen der EU und der Erweiterung auf einzelne Lebensbereiche der Bevölkerung näher zu bringen. EU-Information muss vermehrt auf einer Vertrauensebene, wie z.B. jener der Gemeinde ansetzen.
SmiLE-COOP steht für "Small and Medium Size Local Entities Co-operation" und soll damit andeuten, dass es um ein Projekt geht, das auf regionale und kommunale Verwaltungseinheiten zielt, um sich mit der Erweiterung in den Grenzregionen der EU auseinanderzusetzen. Konkret werden Schulungsmaßnahmen, Arbeitsgruppensitzungen und Konferenzen veranstaltet und regionale Netzwerke aufgebaut, um in den Bereichen Umwelt, Bildung, Wirtschaft/Tourismus und Organisation/eGovernment den Austausch von Know How zu ermöglichen. Ziel ist es u.a. durch die Kooperation neue Netzwerke und Projekte aufzubauen und zu nützen.
Im Rahmen des EuropeDirect-Netzwerks, das mit europaweit 400 Informationsbüros als Nachfolgeprojekt der ehemaligen "EU-Info-Points" der Zivilgesellschaft die Informationen über die Europäische Union anbietet, hat das Land Steiermark ein eigenes steirisches EU-Info-Netzwerk eingerichtet, das aus einem Informationsrelais in Graz sowie so genannten Subrelais in allen Bezirkshauptmannschaften und in den Bürgerbüros des Landes und der Stadt Graz besteht.
 

6.     Wie werden Sie - über die Übermittlung des Inhaltes des Landtagsbeschlusses hinausgehend - gegenüber der Bundesregierung einfordern, im Zuge der österreichischen Ratspräsidentschaft alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um eine Überarbeitung der Dienstleistungsrichtlinie in die Wege zu leiten.

Nach zweijähriger Beratung hat das Europäische Parlament in erster Lesung über die Dienstleistungsrichtlinie abgestimmt. "Wir haben die Richtlinie vom Kopf auf die Füße gestellt und sie sozial ausgerichtet im Sinne der Bürgerinnen und Bürger", sagte Evelyne Gebhardt (SPD), Berichterstatterin des Europäischen Parlaments, vor der Schlussabstimmung. 394 Abgeordneten stimmten für den geänderten Text, 215 dagegen, 33 enthielten sich der Stimme.  Auf Basis der Ergebnisse der 1. Lesung wird die Europäische Kommission einen neuen Text aufbereiten.
Danach ist der Rat am Zug.  Entweder er nimmt den Entwurf an und die Richtlinie ist erlassen oder das komplexe Mitentscheidungsverfahren läuft weiter.

 

7.     Wie werden Sie - über die Übermittlung des Inhaltes des Landtagsbeschlusses hinausgehend - an die EU-Kommission herantreten und von dieser einfordern, dass die in der vorliegenden Form nicht akzeptable Dienstleistungsrichtlinie dahingehend überarbeitet wird, dass soziale, arbeitsrechtliche und ökologisch hohe Standards gewährleistet bleiben.

Wie bereits in Frage 6 dargestellt wurde die Dienstleistungsrichtlinie im Europäischen Parlament wesentlich überarbeitet und sozial ausgerichtet.

8.     Welche Akzente werden Sie in Absprache mit anderen Bundesländern und Regionen im Ausschuss der Regionen setzen?

Der Ausschuss der Regionen hat sich Mitte Februar für die neue Mandatsperiode konstituiert. Die Steiermark wird dort von nun an durch Landeshauptmann Mag. Franz Voves als Mitglied und durch 1. Landeshauptmann-Stellvertreter Hermann Schützenhöfer als stellvertretendes Mitglied vertreten sein. Die am 16. Februar erfolgte Wahl des Vorsitzenden, der stellvertretenden Vorsitzenden sowie der Vorsitzenden der verschiedenen Fachkommissionen erfolgte für mehrere Jahre und wird von den halbjährlich wechselnden Vorsitzführungen im Rat nicht beeinflusst. 
Um die Steiermark in diesem neu konstituierten AdR optimal vertreten und unsere Interessen durchsetzen zu können, gilt es nun, ein Netzwerk von Kontakten aufzubauen. Der Schwerpunkt wird sicherlich bei unseren Nachbarregionen und Partnerregionen zu setzen sein. Darüber hinaus fällt im Rahmen der kommenden Plenartagung im April der Startschuss für eine intensive Kooperation mit jenen Regionen, die über eigene Gesetzgebungsbefugnisse verfügen. Die Steiermark wird sich in diese interregionale Gruppe des AdR aktiv einbringen.