LANDTAG STEIERMARK
XV. GESETZGEBUNGSPERIODE


EZ/OZ: 124/1

Selbstständiger Antrag von Abgeordneten (§ 21 GeoLT)

eingebracht am 23.11.2005, 16:20:14


Landtagsabgeordnete(r): Karl Petinger (SPÖ), Ewald Persch (SPÖ), Werner Breithuber (SPÖ)
Fraktion(en): SPÖ
Zuständiger Ausschuss: -
Regierungsmitglied(er): Kristina Edlinger-Ploder (ÖVP)

Betreff:
Schienenausbau im Ennstal

Seit vielen Jahren wird über einen selektiven und in der Folge durchgängig zweigleisigen Ausbau der Bahnstrecke Selzthal - Bischofshofen diskutiert. Dabei wird von Politiker-, Gewerkschafter- und VertreterInnen der ÖBB immer wieder vehement die Bedeutung dieser Verbindung für den Standort Steiermark und die Wichtigkeit des Ausbaues betont.

Der derzeitige Streckenzustand ist für eine für die Steiermark bedeutsame Schienen-Fernverbindung als beinahe katastrophal zu bezeichnen: 98,25 Kilometer ist die Strecke vom Bahnhof Selzthal bis zum Bahnhof Bischofshofen lang, allein in der Steiermark wird die Schienenstrecke von 56 Eisenbahnkreuzungen gequert (davon noch immer 17 nicht technisch gesichert!). Die Reisezeit hat sich in den letzten siebzig Jahren de-facto nicht verbessert: Ein Triebwagen benötigte im Jahr 1933 für die Strecke 1 Std. 34 Minuten, ein Eurocity im Jahr 2004 1 Std. 27 Minuten. Die Fahrgeschwindigkeiten sind auch mit einer 10.000 PS-starken Taurus-Lok (230 km/h Höchstgeschwindigkeit) aufgrund der ungesicherten Eisenbahnkreuzungen, des schlechten Zustandes der Gleiskörper und der engen Kurvenradien extrem niedrig: Auf dem Abschnitt zwischen Selzthal und Liezen muss mit nur 80 km/h gefahren werden, auf zwei Kilometern zwischen Wörschach und Stainach sind kurzzeitig 100 km/h möglich. Nach Stainach gibt es eine extreme Langsamfahrstrecke. Ein schlechter Gleiskörper bei Trautenfels limitiert die Geschwindkeit mit 50 km/h. Mit 70 bis 80 km/h erreicht man St. Martin und Öblarn, bei Gröbming und Haus sind es 90 km/h, vor Schladming sind auf einem kurzem Abschnitt 100 erlaubt. Im Salzburger Teil der Strecke kommt die Bahn nur noch auf Geschwindigkeiten zwischen 60 und 80 km/h. Ein Schnellzug benötigt für die ca. 150 Kilometer von Graz nach Selzthal etwa gleich lang wie für die knapp 100 Kilometer von Selzthal nach Bischofshofen.

Im steirischen Teil dieser Strecke gäbe es neben dem bestehenden Gleiskörper ausreichend Flächen für einen im ersten Schritt selektiven und in weiterer Folge durchgehenden zweigleisigen Hochgeschwindigkeitsausbau.

Seitens der ÖBB war als erster Schritt, eine Verbesserung der Trassenführung zwischen Stainach und St. Martin in Planung. Von der damaligen ÖVP/FPÖ-Bundesregierung wurde dieses Projekt mit dem Hinweis, dass "eine Verbesserung der Bahntrasse druch das Ennstal im Generalverkehrsplan nicht vorgesehen ist", aus der 11. Übertragungs-Verordnung im Jahr 2003 gestrichen. Argumentiert wurde seitens des zuständigen Ministers Hubert Gorbach auch damit, dass "die Schleife Selzthal wesentliche Fahrzeitverkürzungen erlauben wird" (Anfragebeantwortung 149/AB vom 24.4. 2003 auf die Anfrage 130/J-NR/2003 der Abgeordneten Anita Fleckl).

Bezeichnend für die Inkonsequenz einer von ÖVP/FPÖ, bzw. jetzt von ÖVP/BZÖ geführten Verkehrspolitik für die Schiene ist die Tatsache, dass der als Argument gegen einen Ausbau der Ennstal-Schienenstrecke verwendete Bau der Schleife Selzthal aus dem nun vorliegenden neuen Rahmenplan gestrichen wurde.

In der im Jahr 2002 für das BMVIT und die Länder Salzburg und Steiermark von Basler &\; Partner erstellte Korridoruntersuchung Ennstal wurden folgende Ausbauschritte für die Schienenstrecke im Ennstal zwischen Selzthal und Bischofhofen vorgeschlagen:


Infrastrukturverbesserungsmöglichkeiten an der Strecke in Modulform:

1. Kurzfristige Maßnahmen
a) Infrastrukturverbesserungen im Zuge von Reinvestitionen und
b) Auflassung von Eisenbahnübergängen

2. Mittelfristige Maßnahmen
a) Erhöhung der Streckenkapazität durch die Errichtung von Bebriebsausweichen und
b) selektiver zweigleisiger Ausbau.

3. Langfristige Maßnahmen
a) Zweigleisiger Ausbau


Beschreibung der Verbesserungsmodule:

1. Kurzfristige Maßnahmen:

Infrastrukturverbesserungsmaßnahmen im Zuge von Reinvestitionen.

In den Streckenabschnitten Eben/Pg. - Altenmarkt, Radstadt - Mandling, Pichl/E. - Schladming, Schladming - Haus/E., St. Martin - Stainach, Wörschach - Liezen und Liezen - Selzthal sind seitens der ÖBB in den nächsten 6-8 Jahre größere Reinvestitionen für die Aufrechterhaltung des Bahnbetriebes erforderlich. Diese Reinvestitionen umfassen die Erneuerung der Gleisanlagen, des Unterbaues, der Oberleitung und großteils auch der Brückentragwerke und Durchlässe, sowie teilweise auch die Erneuerung der bestehenden Sicherungsanlagen an den Eisenbahnkreuzungen.

Seitens der Bundesländer Steiermark und Salzburg ist die Herstellung von Begleitwegen für die Entflechtung des langsamen Verkehrs und Verkehrsverbesserungsmaßnahmen an der Ennstalbundesstraße B320 geplant.

Im Zuge des Hochwasserschutzes für die Gemeinden sind Maßnahmen geplant, welche Synergieeffekte für eine Kostensenkung bei der Bauherstellung ergeben würden.

Die Reinvestitionsvorhaben der ÖBB würden mit einem geringfügigen Investitionsmehraufwand und den Synergieeffekten der gemeinsamen Abwicklung von Bauvorhaben der Bundesländer und Gemeinden eine wesentliche Infrastrukturverbesserung der Bahnstrecke Bischofshofen - Selzthal und eine wirtschaftlich günstigere Bauherstellung ermöglichen.


2. Mittelfristige Maßnahmen

Erhöhung der Kapazität durch die Errichtung von Betriebsausweichen und selektiven zweigleisigen Ausbau.

Umsetzung des Konzeptes für die Errichtung von Betriebsausweichen und zweigleisigen Abschnitten, wodurch die Kapazität der eingleisigen Strecke nach den Erfordernissen erhöht wird.


3. Langfristige Maßnahmen:

Zweigleisiger Ausbau


Dieses Ausbaumodul wäre der letzte Schritt für eine leistungsstarke attraktive Bahnlinie durch das Ennstal.

Projektnutzen:

· Erhöhung der Kapazität auf der Schiene
· Wesentliche Verringerung der Fahrzeit zwischen Bischofshofen und Selzthal
· Verkürzung der Strecke durch bestandsnahe Linienverlegungen
· Verringerung der Erhaltungskosten auf der Schiene
· Entlastung der besonders stark frequentierten Bundesstraße B320
· Für die Abwicklung von sportlichen Großveranstaltungen (zB. Alpine Schi WM in Schladming, Olympische Spiele im Raum Pongau, nordische Schi WM in der Ramsau, Schiflugweltmeisterschaften am Kulm,...) ist eine Verbesserung der Infrastruktur erforderlich.
· Bessere Anschlüsse an den öffentlichen Verkehr für die Tourismusregionen im oberen Ennstal, Salzkammergut und Pongau
· Durch die Möglichkeit einer Kapazitätserhöhung und eines entsprechenden Nahverkehrs könnte die Absiedelung im Bezirk Liezen angehalten werden
· Gemeinsame Umsetzung der Maßnahmen für den Verkehrskorridor Ennstal von Bahn und Straße
· Wesentliche Verbesserung der Sicherheit für die Verkehrsteilnehmer bei den Eisenbahnübergängen
· Herstellung von Lärmschutzmaßnahmen in den Ausbauabschnitten
· Synergieeffekte bei einer koordinierten Herstellung der Bauprojekte zwischen Bahn, Länder und Gemeinden
· Entsprechender Anschluss an die bereits ausgebaute Schoberachse
· Umsetzung der von der Wirtschaftskammer geforderten Verbesserung der Infrastruktur auf der Schiene

Ein rascher zweigleisiger Ausbau dieser für die Region enorm wichtigen Verkehrsverbindung würde auch dazu beitragen, dem Verkehrskollaps auf der Ennstal-Bundesstraße durch Verlagerung von Verkehr auf die Schiene beizukommen und könnte, wenn man es politisch ernst nimmt, ein Vorzeigeprojekt für die Verlagerung von Straße auf Schiene sein. Nach einem durchgängigen zweigleisigen Ausbau könnte man auf der Schiene die Strecke Liezen-Radstadt doppelt so schnell als mit dem PKW bewältigen. Rasche Entscheidungen und Massnahmen für verkehrspolitische Lösungen für die Region sind auch zuletzt deshalb erforderlich, weil die derzeitige Betriebsgenehmigung gemäß EisBAV (Eisenbahn-ArbeitnehmerInnenschutzverordnung) für den Bosruck-Tunnel im Jahr 2007 ausläuft, der Ausbau laut Rahmenplan aber erst ab 2012 geplant ist. Die erforderliche Umleitung über das Ennstal kann nur durch entsprechende Infrastrukturverbesserungen bewerkstelligt werden, damit der für die steirische Wirtschaft notwendige Anschluss an den europäischen Zentralraum sichergestellt bleibt.

Es wird daher der

Antrag

gestellt:

Der Landtag wolle beschließen:

Die Steiermärkische Landesregierung wird aufgefordert, in Verhandlungen mit der Bundesregierung und den ÖBB sicherzustellen, dass ein möglichst rascher selektiver und in weiterer Folge durchgehender zweigleisiger Ausbau der Bahnstrecke Selzthal - Bischofshofen durch eine entsprechende zeitliche Aufnahme und finanzielle Bedeckung im neuen Rahmenplan fixiert wird.


Unterschrift(en):
Karl Petinger (SPÖ), Ewald Persch (SPÖ), Werner Breithuber (SPÖ)