EZ/OZ: 191/1
Selbstständiger Antrag von Abgeordneten (§ 21 GeoLT)
eingebracht am 12.12.2005, 13:38:57
Landtagsabgeordnete(r): Edith Zitz (Grüne), Peter Hagenauer (Grüne), Ingrid Lechner-Sonnek (Grüne)
Fraktion(en): Grüne
Zuständiger Ausschuss: -
Regierungsmitglied(er): Kurt Flecker
Betreff:
Abhaltung einer Enquete zum Thema "Grundsicherung"
Jeder Mensch hat das Recht auf ein menschenwürdiges Leben. Das ist heute nicht mehr selbstverständlich. Vielmehr sind wir heute konfrontiert mit einer gesellschaftlichen Realität, in der Arbeitslose ausgegrenzt werden, Familien in die Armut gleiten, Frauen verstärkt in die Abhängigkeit von ihren Männern oder vom Staat getrieben werden, MigrantInnen und AsylwerberInnen als Sündenböcke missbraucht werden oder Menschen mit physischen oder psychischen Einschränkungen diskriminiert werden. Und einige wenige werden immer reicher, während immer mehr Menschen immer ärmer werden.
Dem Sozialbericht für die Jahre 2003 und 2004 ist zu entnehmen, dass rund 13 Prozent der ÖsterreicherInnen von Armut gefährdet sind, weil sie weniger als 60 Prozent des Medianeinkommens haben. Das bedeutet, sie haben weniger als 785 Euro pro Monat zur Verfügung. Die Armutsgefährdung ist in den letzten Jahren von etwa 11 Prozent auf 13 Prozent angestiegen. Ein überdurchschnittliches Armutsrisiko haben vor allem Alleinerzieherinnen, Menschen, die längere Arbeitslosenzeiten haben, sowie Personen mit geringer Ausbildung.
Deshalb treten die Grünen seit vielen Jahren für ein System der Grundsicherung ein, dass mittlerweile immer mehr UnterstützerInnen findet. Die Grundsicherung sorgt dafür, dass Menschen ohne ausreichendes Einkommen eine finanzielle Überlebensbasis haben. Sie gibt allen Menschen die Sicherheit, in Würde eigenständig leben zu können. So sichert die Grundsicherung Chancen auf die Entfaltung der persönlichen Talente, Fähigkeiten und Lebenskonzepte.
Das gegenwärtige Sozialsystem ist nicht mehr ausreichend in der Lage, Menschen gegen Armut zu schützen, weil es noch immer auf eine Gesellschaft zugeschnitten ist, in der der Mann einer Erwerbsarbeit nachgeht und die Frau sich um die Familie kümmert und den Haushalt organisiert: der Mann zahlt Sozialversicherungsbeiträge und die Frau ist mitversichert. Dieses System war in einer Situation der Vollbeschäftigung und des wirtschaftlichen Wachstum geeignet, gegen Armut zu schützen. In Zeiten der Massen- und Dauerarbeitslosigkeit, wo viele Menschen im Billiglohnbereich ihre Existenz durch Arbeit nicht mehr ausreichend absichern können, wo sich Arbeits- aber auch Partnerschaftsverhältnisse geändert haben, ist es notwendig, neue Formen der sozialen Sicherung zu entwickeln.
Die Grundsicherung soll das bestehende System der sozialen Sicherung durch bedarfsorientierte und lebenslagenbezogene Leistungen erweitern und ergänzen: so sollen die großen Bereiche unbezahlter Arbeit (vorwiegend von Frauen geleistet) oder die neuen, teilweise prekären Arbeitsformen nicht zum Ausschluss von sozialer Sicherung, zu Abhängigkeit und Armut führen. Gleichzeitig gehört das Sozialsystem dort erneuert und umgebaut, wo Bevormundung, Abhängigkeit und Disziplinierung elementar vorhanden ist.
Ausgehend davon, dass Bedürfnisse eines Kleinkindes, einer jungen Frau, eines Mannes im besten Alter und einer Pensionistin unterschiedlich sind, muss es bei der Grundsicherung für jede dieser Lebensphasen eigene Antworten geben. Die Grundsicherung soll allen die finanzielle Überlebensbasis geben. Darüber hinaus sichert sie je nach Alter und persönlichem Bedürfnis Chancen auf Bildung, Neuorientierung und aktiver, gesellschaftlicher Teilhabe. Zur Grundsicherung in Geld muss auch eine Grundsicherung der staatlichen Infrastruktur kommen (z.B.: Gesundheits- und Kinderbetreuungseinrichtungen, Gratis-Schule, freier Universitätszugang).
Um die Einführung einer Grundsicherung in der Steiermark bestmöglich vorzubereiten, soll der Landtag eine Enquete zu diesem Thema abhalten.
Es wird daher der
Antrag
gestellt:
Der Landtag wolle beschließen:
Der Landtag hält eine Enquete zum Thema "Grundsicherung" ab.
Unterschrift(en):
Edith Zitz (Grüne), Peter Hagenauer (Grüne), Ingrid Lechner-Sonnek (Grüne)