LANDTAG STEIERMARK
XV. GESETZGEBUNGSPERIODE


EZ/OZ: 448/1

Selbstständiger Antrag von Abgeordneten (§ 21 GeoLT)

eingebracht am 03.04.2006, 13:31:20


Landtagsabgeordnete(r): Peter Hagenauer (Grüne), Edith Zitz (Grüne), Ingrid Lechner-Sonnek (Grüne)
Fraktion(en): Grüne
Zuständiger Ausschuss: -
Regierungsmitglied(er): Johann Seitinger, Franz Voves, Kristina Edlinger-Ploder (ÖVP), Helmut Hirt

Betreff:
Bau- und Vergabekultur in der Steiermark

Im November 2003 hat der Wiener Gemeinderat eine Resolution zur Bau- und Vergabekultur einstimmig verabschiedet, nach dessen Vorbild auch die Steiermark tätig werden soll:

Hochwertige Leistungen von ArchitektInnen, PlanerInnen  und TechnikerInnen sind ein unverzichtbarer Beitrag zur Gestaltung und Sicherung der Lebensbedingungen in der Steiermark. Ästhetische Entwürfe tragen wesentlich zur Identität der Steiermark und ihrer BewohnerInnen bei, originelle technische Lösungen schaffen Ressourcen und Lebensräume im knappen städtischen Raum, hohe Planungsqualität ist Voraussetzung für die wirtschaftliche Durchführung von Bauprojekten und eine nachhaltige Wertschöpfung.

Die Qualität des Planens und Bauens ist unmittelbar verknüpft mit der Qualität wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Entwicklung und damit ein entscheidender Standortfaktor. Aus dieser Erkenntnis ist in verschiedenen europäischen Ländern eine breite öffentliche Diskussion über Architektur und Baukultur entstanden. Baukultur wird dabei als "Umgang der Gesellschaft mit gebauter Umwelt, ihre qualitätsorientierte Nutzung und Erhaltung, Planung und Weiterentwicklung" definiert.

Eine offene Diskussion ist umso wichtiger, als das Bekenntnis zur Qualität in Zeiten knapper öffentlicher Kassen unter Druck gerät und das Preiskriterium den Wettbewerb um Aufträge der öffentlichen Hand immer stärker zu Lasten der Qualität dominiert. Diese Entwicklung gefährdet den Wert öffentlicher Investitionen, sie verkürzt die Lebensdauer öffentlicher Bauten, sie kann zu beträchtlichen Sicherheitsmängeln führen und mindert den Beitrag der gebauten Umwelt zum sozialen Zusammenhalt.

Darüber hinaus hat das Land Steiermark durch seine Bedeutung als Nachfrager nach ArchitektInnen und Ingenieurleistungen beachtlichen Einfluss auf die Entwicklung des kreativen und intellektuellen Potenzials der AnbieterInnen.

Die Sicherung der Qualität des öffentlichen Planens und Bauens in der Steiermark soll daher Gegenstand eines kontinuierlichen öffentlichen Diskussionsprozesses werden, der an konkreten Erfahrungen mit der Vergabe und Realisierung von öffentlichen Bauprojekten anzusetzen und Möglichkeiten aufzuzeigen hat, wie mit den vom Land Steiermark eingesetzten finanziellen Mitteln möglichst große und möglichst dauerhafte Werte für die Bevölkerung und für den Standort Steiermark in einem erweiterten Europa geschaffen werden können.

Es wird daher der

Antrag

gestellt:

Der Landtag wolle beschließen:

I. Das Land Steiermark als Nachfrager und Auftraggeber bekennt sich zu seiner Verantwortung für die Bau- und Vergabekultur in der Steiermark. Bei der Ausrichtung von Vergabeverfahren für ArchitektInnen- und Ingenieurleistungen stellt das Land die Qualität der Lösungsansätze in den Vordergrund.

II. Die Steiermärkische Landesregierung wird aufgefordert,

a) ihre Vergabepraxis laufend in Bezug auf ArchitektInnen- und Ingenieurleistungen im Hinblick auf die Qualität ihrer Ergebnisse zu evaluieren und zu überprüfen. Dabei sind insbesondere folgende Fragen zu beurteilen:
  • Welche Aspekte der untersuchten Vergabevorgänge beeinflussten die Qualität der erbrachten geistigen Leistungen im Bereich des Planens und Bauens positiv, welche negativ?
  • Wie können Qualitätskriterien bei der Ausschreibung geistiger Leistungen im Bereich des Planens und Bauens eindeutig und klar beschrieben werden?
  • Wie kann das Qualitätsniveau von Angeboten für die Erbringung geistiger Leistungen im Bereich des Planens und Bauens beurteilt und eingeschätzt werden?
  • Welche Maßnahmen können im Rahmen des gesetzlichen Vergabeverfahrens gesetzt werden, um die Qualität geistiger Leistungen im Bereich des Planens und Bauens abzusichern?
  • Welche Wirkung hat die konkrete Vergabepraxis des Landes Steiermark auf die Erreichung der Vergabeziele und auf die Effizienz der Bauabwicklung bei den untersuchten Projekten?

b) die Evaluierung der Vergabepraxis durch eine Arbeitsgruppe aus ExpertInnen aus den Bereichen Architektur, Vergaberecht und Projektmanagement, VertreterInnen der Landesbaudirektion und der zuständigen Dienststellen der Landesregierung, der Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Steiermark und Kärnten sowie VertreterInnen der Bauwirtschaft zu bewerkstelligen. Die Arbeitsgruppe soll zu einem Zeitraum von 3 Jahren jeweils mindestens 3 Projekte evaluieren, die von den Mitgliedern der Arbeitsgruppe einvernehmlich ausgewählt werden. Die Zusammensetzung der Arbeitsgruppe erfolgt im Einvernehmen zwischen der Landesregierung und der Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Steiermark und Kärnten und wird dem Ausschuss für Infrastruktur zu Kenntnis gebracht.

c) regelmäßig alle drei Jahre ein Symposium "Baukultur in der Steiermark" zu veranstalten, das der Information über aktuelle Projekte, über Entwicklungen und Trends der Vergabepraxis, über Erfahrungen, Erfolge und Probleme im Bereich des Vergabewesens und der Präsentation von Projekt-Evaluierungen dient.

d) die Ergebnisse der Evaluierungen der Vergabe von ArchitektInnenen- und Ingenieurleistungen durch die Arbeitsgruppe dem Landtag vorzulegen.


Unterschrift(en):
Peter Hagenauer (Grüne), Edith Zitz (Grüne), Ingrid Lechner-Sonnek (Grüne)