LANDTAG STEIERMARK
XV. GESETZGEBUNGSPERIODE


EZ/OZ: 304/1
KA-Nr: 30

Selbstständiger Antrag von Abgeordneten (§ 21 GeoLT)

eingebracht am 02.02.2006, 15:16:26


Landtagsabgeordnete(r): Peter Hagenauer (Grüne), Edith Zitz (Grüne), Ingrid Lechner-Sonnek (Grüne)
Fraktion(en): Grüne
Zuständiger Ausschuss: -
Regierungsmitglied(er): Franz Voves, Helmut Hirt

Betreff:
Stärkung der Kontrolle durch den Landesrechnungshof

Eine funktionierende Demokratie verfügt über weitreichende Kontrollmöglichkeiten der Legislative gegenüber der Exekutive. In vielen Ländern ist es gute demokratische Tradition, dass eine starke Regierung einer starken Opposition gegenübersteht.

Die Zukunft des Landtages liegt in der Kontrolle der Regierung und nicht in der Gesetzgebung. Tatsächlich hat der Landtag durch die Überlagerung der EU-Ebene Kompetenzen in der Gesetzgebung eingebüßt. Vieles, was der Landtag heute als Gesetz beschließt, ist eine Umsetzung von EU-Recht oder Bundesrecht und damit entbehrlich. Des weiteren beschließt der Landtag Gesetze, wo es wenig nachvollziehbar ist, warum jedes Bundesland eine eigene Regelung braucht.

Die Funktion des Landtages hat sich folglich von der Legislative zunehmend auf die Kontrolle der Landesregierung verlagert. Der Ausbau der Kontrollrechte ist daher von entscheidender Bedeutung für die Zukunft des Landtages. Eine Schlüsselrolle nimmt dabei eine Stärkung des Landesrechnungshofes ein, der ein bedeutendes Hilfsorgan des Landtages zur Ausübung seiner Kontrolltätigkeit ist.
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Am 17./18. Oktober 2005 hat eine Konferenz der Direktoren der Landesrechnungshöfe und des Kontrollamtes der Stadt Wien stattgefunden. Die Rechnungshöfe forderten anlässlich dieser Konferenz eine Stärkung der Finanzkontrolle, insbesondere durch die Einbeziehung der Direktförderungen der EU in die Prüfungszuständigkeit und den Entfall der Bestimmung, dass Gemeinden mit weniger als 20.000 EinwohnerInnen nicht der Rechnungshofkontrolle unterliegen.
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Aus dem Vergleich der länderrechtlichen Bestimmungen hat der Landesrechnungshof der Steiermark weitere Vorschläge zur Ergänzung des Landesrechnungshof-Verfassungsgesetzes entwickelt:
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Beschwerdemöglichkeit beim Verfassungsgerichtshof:
Im Gegensatz zum Rechnungshof und sechs Landesrechnungshöfen verfügt der steirische Landesrechnungshof über keine Beschwerdemöglichkeit beim Verfassungsgerichtshof, wenn dem Landesrechnungshof die Prüfung verweigert wurde.
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Stellungnahmerecht:
Die derzeitige Frist zur Stellungnahme zu einem Bericht des Landesrechnungshofes beträgt drei Monate und ist damit bundesweit die längste. Dadurch leidet die Aktualität der Berichte. Eine derart lange Dauer sieht der Landesrechnungshof als nicht sachlich gerechtfertigt, da die geprüften Stellen über die bei den Prüfungen erhobenen Sachverhalte laufend informiert und mögliche Mängel und Verbesserungen diskutiert werden. Zudem werden in den Schlussbesprechungen die Prüfungsergebnisse umfassend dargestellt und wird Einwänden Gehör gegeben. Der Landesrechnungshof schlägt daher eine Verkürzung der Frist zur Stellungnahme auf sechs Wochen vor.
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Es müsste nach Auffassung der AntragstellerInnen aufgrund der laufenden Kontakte zwischen Landesrechnungshof und der geprüften Stelle im Zuge des Prüfungsverfahrens durchaus möglich sein, die Stellungnahmefrist noch weiter - auf vier Wochen - zu verkürzen, um die Aktualität entscheidend erhöhen zu können.
 
Diensthoheit:
Der Landesrechnungshof braucht für eine möglichst objektive und wirkungsvolle Prüftätigkeit die organisatorische, finanzielle und personelle Unabhängigkeit von der Landesregierung. Der Landesrechnungshof ist ein Organ der Legislative und müsste im Sinne des in der Bundesverfassung verankerten Prinzips der Gewaltentrennung von der Exekutive getrennt werden. Die Diensthoheit liegt im Gegensatz zu allen anderen Landesrechnungshöfen nur sehr eingeschränkt beim Landesrechnungshof. Daher drohen negative dienstrechtliche Konsequenzen durch die prüfungsunterworfene Dienstbehörde. Auch die Qualität des Personals wird durch die Landesregierung und nicht durch den Landesrechnungshof bestimmt, da die Landesregierung über den Zeitpunkt und über die Einstellung und Ernennung von Bediensteten - auch gegen den Willen des Landesrechnungshofes - entscheidet. Das Landesrechnungshof-Verfassungsgesetz sollte nach Anregung des Landesrechnungshofes zumindest dahingehend geändert werden, dass die Landesregierung freie Dienstposten auszuschreiben und entsprechend dem Vorschlag des Landesrechnungshofes zu besetzen hat.

Rederecht:
Berichte des Landesrechnungshofes werden nach Kenntnisnahme durch den Kontrollausschuss zwar dem Landtag seit der Landesrechnungshof-Verfassungsgesetz-Novelle 2001 zugeleitet (sofern nicht einstimmig im Kontrollausschuss Gegenteiliges beschlossen wird, der Leiter/die Leiterin des Landesrechnungshofes hat jedoch bei der Behandlung der Berichte im Landtag kein Rederecht. Der Präsident des Rechnungshofes und die LeiterInnen von drei Landesrechnungshöfen besitzen das Rederecht im Parlament.  

Verantwortlichkeit:
Als Organ des Landtages ist der Landesrechnungshof bzw. der Leiter/die Leiterin ausschließlich dem Landtag politisch verantwortlich (nur in Wien ist dieser Standard nicht gegeben). Darüber hinaus gibt es bei sechs Landesrechnungshöfen und dem Rechnungshof auch die rechtliche Verantwortlichkeit wegen schuldhafter gesetzesverletzender Ausübung der Amtstätigkeit. Durch Beschluss des Landtages kann in diesem Fall Anklage beim Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Diese Möglichkeit soll auch in der Steiermark geschaffen werden. 

Gemeinschaftsrechtliche Finanzkontrolle:
Eine Prüfung durch den Europäischen Rechnungshof in den Mitgliedstaaten hat in Verbindung mit den zuständigen nationalen Rechnungshöfen zu erfolgen. Aufgrund der Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur Vertragserfüllung, ist eine allgemeine gesetzliche Grundlage für die Mitwirkung an der gemeinschaftsrechtlichen Finanzkontrolle notwendig. Diese Mitwirkung (des Rechnungshofes und der Landesrechnungshöfe) hat im Bereich der EU-Förderungen und EU-Kofinanzierungen zu erfolgen. Rechtliche Regelungen dafür gibt es bisher nur in drei Bundesländern. In der Steiermark gibt es keine Regelungen, die die gemeinschaftsrechtliche Finankontrolle zum Inhalt haben.

Anhörungsrecht:
Der Landesrechnungshof schlägt ein gesetzlich festgelegtes Anhörungsrecht des Landesrechnungshofes bei den ihn betreffenden Angelegenheiten vor. 

Über die Anregungen des Landesrechnungshofes hinaus sehen die AntragstellerInnen zwei weitere Angelegenheiten als normierungsbedürftig:

  • Trotz der rechtlichen Pflicht, Rohberichte des Landesrechnungshofes nicht zu veröffentlichen bzw. nicht zur Veröffentlichung weiterzugeben, wird aus diesen regelmäßig in den Medien berichtet, sobald die Rohberichte zur Stellungnahme an die zuständigen Mitglieder der Landesregierung übermittelt worden sind. An dieser Weiterleitung an die Medien wird auch eine Verkürzung der Stellungnahmefrist nichts ändern. Es bleibt der unbefriedigende Zustand, dass die Mitglieder des Kontrollausschusses auszugsweise Berichte über Rohberichte des Landesrechnungshofes in den Medien lesen - und das Monate bevor sie den Landesrechnungshofbericht übermittelt bekommen. Daher soll das Landesrechnungshof-Verfassungsgesetz dahingehend novelliert werden, dass Rohberichte des Landesrechnungshofes nicht nur an die geprüften Stellen sondern auch an die Mitglieder des Kontrollausschusses übermittelt und einer ersten Lesung unterzogen werden.   

  • Ein weiteres Problem ist, dass die Ergebnisse der begleitenden Kontrolle von Großprojekten (Projektkontrolle) durch den Landesrechnungshof nur der Landesregierung übermittelt werden. Das ist für den Kontrollausschuss bzw. für den Landtag unbefriedigend, da dies seine Kontrollmöglichkeit gegenüber der Landesregierung bei laufenden Großprojekten erheblich einschränkt. 



Es wird daher der

Antrag

gestellt:

Der Landtag wolle beschließen:

Es wird ein Unterausschuss unter Beiziehung des Landesrechnungshofes eingerichtet, der eine Novellierung des Landesrechnungshof-Verfassungsgesetzes mit folgenden Inhalten zum Ziel hat:
  • Einbeziehung der Direktförderungen der EU in die Prüfungszuständigkeit
  • Einbeziehung der Gemeinden mit weniger als 20.000 EinwohnerInnen in die Prüfungszuständigkeit
  • Beschwerdemöglichkeit beim Verfassungsgerichtshof als Schiedsinstanz, wenn dem Landesrechnungshof die Prüfung verweigert wird
  • Verkürzung der Stellungnahmefrist auf vier Wochen, um die Aktualität der Berichte zu erhöhen
  • Übertragung der Diensthoheit auf die Leitung des Landesrechnungshofes
  • Rederecht bei der Behandlung der Berichte des Landesrechnungshofesim Landtag
  • Verankerung einer rechtlichen Verantwortlichkeit wegen schuldhafter gesetzesverletzender Ausübung der Amtstätigkeit (Anklage beim Verfassungsgerichtshof durch den Landtag)
  • Rechtliche Regelung der Mitwirkung des Landesrechnungshofes an der gemeinschaftsrechtlichen Finanzkontrolle durch den Europäischen Rechnungshof
  • Anhörungsrecht des Landesrechnungshofes bei ihn betreffenden Angelegenheiten 
  • Übermittlung der Rohberichte des Landesrechnungshofes an den Kontrollausschuss (erste Lesung)
  • Übermittlung der Ergebnisse der begleitenden Kontrolle von Großprojekten (Projektkontrolle) an den Kontrollausschuss


Unterschrift(en):
Peter Hagenauer (Grüne), Edith Zitz (Grüne), Ingrid Lechner-Sonnek (Grüne)