LANDTAG STEIERMARK
XV. GESETZGEBUNGSPERIODE


EZ/OZ: 323/1

Selbstständiger Antrag von Abgeordneten (§ 21 GeoLT)

eingebracht am 08.02.2006, 12:37:47


Landtagsabgeordnete(r): Barbara Gross, Gerald Schmid (SPÖ), Waltraud Bachmaier-Geltewa (SPÖ), Wolfgang Böhmer (SPÖ)
Fraktion(en): SPÖ
Zuständiger Ausschuss: -
Regierungsmitglied(er): Manfred Wegscheider

Betreff:
Umsetzung der "Handymastenregelung" im Baugesetz

In der Steiermark führten Beschwerden betreffend das Aufstellen von Handymasten - teilweise wegen gesundheitlicher Bedenken und teilweise wegen der fehlenden Einbindung und Information der NachbarInnen - im Jahr 2001 zu einer Novellierung des Steiermärkischen Baugesetzes, die von einem Unterausschuss beraten und vorbereitet worden ist. Diese Novellierung ist am 30. März 2002 in Kraft getreten.

Vor dieser Novellierung waren gemäß § 20 Z. 3 lit. e des Baugesetzes alle Antennen- und Funkanlagen über 5 m Höhe anzeigepflichtig und bis zu 5 m Höhe bewilligungsfrei. Die Handymasten (Antennentragmastenanlagen) fielen unter den Begriff der Antennen- und Funkanlagen. Das Anzeigeverfahren sah unter anderem vor, das die Baubehörde das angezeigte Vorhaben mit schriftlichem Bescheid innerhalb von acht Wochen unter anderem dann zu untersagen hatte, wenn eine Beeinträchtigung des Straßen-, Orts- und Landschaftsbildes festgestellt wurde (§ 33 Abs. 4 Z. 3 Baugesetz). Konnte nicht zeitgerecht beurteilt werden, ob eine Beeinträchtigung des Straßen-, Orts- und Landschaftsbildes bestand, hatte die Behörde binnen acht Wochen nach Einlangen der Anzeige ein Baubewilligungsverfahren einzuleiten und den Anzeigenden hievon zu verständigen (§ 33 Abs. 5 Baugesetz).

Damals war weder im Anzeige- noch im fallweise darauf folgenden Baubewilligungsverfahren eine Beteiligung bzw. Einbindung von GrundeigentümerInnen in der Nachbarschaft vorgesehen.

In verfassungsrechtlicher Hinsicht ist grundsätzlich auszuführen, dass es dem Landesgesetzgeber nach der ständigen Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht verwehrt ist, Fernmeldeanlagen zum Gegenstand einer baurechtlichen Regelung zu machen. Der Landesgesetzgeber darf dabei allerdings keine Regelungen unter Gesichtspunkten treffen, die sich mit den im Rahmen der Bundeskompetenz "Fernmeldewesen" (Art. 10 Abs. 1 Z. 9 Bundes-Verfassungsgesetz) zu wahrenden Gesichtspunkten decken. Der Schutz des Lebens und der Gesundheit gegenüber Gefahren, die von Fernmeldeanlagen ausgehen können, ist ein typischer Regelungsaspekt des Fernmeldewesens, weshalb dieser dem Landesgesetzgeber entzogen ist (z. B. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. 9. 1997, 97/05/0194).

Seit der Novellierung 2001 des Steiermärkischen Baugesetzes (LGBl. Nr.  33/2002)  regeln nunmehr zwei Arten von Anzeigeverfahren die Errichtung sämtlicher sichtbarer Sender, um insbesondere eine optimale Beurteilung unter den Gesichtspunkten des Straßen-, Orts- und Landschaftsbildes zu ermöglichen. Die Erläuterungen führen dazu sinngemäß folgendes aus:

1.  Anzeigeverfahren mit Einbeziehung der NachbarInnen

Wenn ein Mobilfunkbetreiber eine Sendeanlage in den Baulandkategorien Reines oder Allgemeines Wohngebiet, Kern-, Büro- und Geschäftsgebiet, Dorfgebiet, Kur- und Erholungsgebiet und Ferienwohngebiet oder bis zu 300 m von den Gebietsgrenzen dieser Baulandkategorien entfernt zu errichten beabsichtigt, sind die Planunterlagen von allen GrundeigentümerInnen, die bis zu 30 m von den Grenzen des Bauplatzes, auf dem der Handymast errichtet werden soll, entfernt liegen, zu unterfertigen. Wenn nicht alle erforderlichen Unterschriften auf dem verpflichtend vorzulegenden Grundstücksverzeichnis beigebracht werden, ist ein Baubewilligungsverfahren einzuleiten und diesen GrundeigentümerInnen, die bis zu 30 m von den Bauplatzgrenzen entfernt liegen, schriftlich oder mündlich Gelegenheit zu geben, binnen zwei Wochen zum angezeigten Vorhaben Stellung zu nehmen (Anhörungsrecht).

Dadurch soll sichergestellt werden, dass die Standortfrage in diesen sensiblen Baulandkategorien bzw. in den bis 300 m daran anschließenden Bereichen vor dem Hintergrund der Gesichtspunkte der Straßen-, Orts- und Landschaftsbildes einer sorgfältigen Beurteilung unterzogen wird, wobei im Rahmen dieses Ermittlungsverfahrens die betroffenen nachbarlichen GrundeigentümerInnen in das Verfahren einbezogen und angehört werden sollen. Die von der Behörde beizuziehenden GrundeigentümerInnen haben hierbei zwar keine Parteistellung, sondern die rechtliche Stellung als Beteiligte im Sinne der §§ 8 und 40 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz und wirken an der Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes mit. Durch diese Konstruktion wird insbesondere der im Interesse der materiellen Wahrheitsfindung im Sinn des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes gelegene Vermittlungsaspekt hervorgehoben, wodurch sich aufgrund einer durch die BürgerInnenanhörung vertiefenden Beurteilung einer allfälligen Beeinträchtigung des Straßen-, Orts- und Landschaftsbildes im Einzelfall ein besserer, ortsbildverträglicherer Standort ergeben kann.

2.   Anzeigeverfahren ohne Einbeziehung der NachbarInnen
         
Alle anderen Sendeanlagen (über 300 m Entfernung zu den oben angeführten Baulandkategorien) können nach wie vor im schon bis dahin anzuwendenden Anzeigeverfahren - ohne BürgerInnenbeteiligung - genehmigt werden. Zwischen Sendeanlagen bis 5 m und über 5 m Höhe wird dabei kein Unterschied gemacht, da die niedrigeren Anlagen auf den Dächern das Ortsbild genau so beeinträchtigen können.

Insgesamt sollte mit dieser Differenzierung des Anzeigeverfahrens auch ein Lenkungseffekt bei der Planung von Sendeanlagen in dem Sinn erreicht werden, dass die Mobilfunkbetreiber das Anzeigeverfahren ohne BürgerInnenbeteiligung in vielen Fällen bevorzugen würden und daher insgesamt die Auswahl der Standorte sorgfältiger vornehmen, wodurch erwartet wurde, dass die Standorte sich eher in den Industriegebieten, auf Verkehrsflächen und im Freiland befinden würden.


Die generelle Intention dieser Novellierung 2001 war die, dass es zwar leider keine kompetenzrechtliche Möglichkeit einer Beurteilung des Gesundheitsgefährdungspotentials von Handymasten im Bauverfahren gibt, aber das Instrument einer mündlichen Bauverhandlung erfahrungsgemäß zum gegenseitigen Verständnis und Ausräumen von Konfliktbereichen beitragen kann, was in manchen Fällen sogar zu einem Standortwechsel von Seiten des Bauwerbers (Handymastenbetreibers) führen kann.

Es wird daher der

Antrag

gestellt:

Der Landtag wolle beschließen:

Die Landesregierung wird aufgefordert, dem Landtag einen Bericht betreffend die praktische Anwendung der "Handymastenregelung" (§§ 20 Z. 3 lit. e, 21 Abs. 1 Z. 2 lit. i, 33 Abs. 2 Z. 4 sowie 33 Abs. 5a Stmk. Baugesetz) durch die Baubehörden vorzulegen. Darin ist zumindest zu beantworten,
  1. in welchem prozentmäßigen Anteil in Verfahren nach § 20 Z. 3 lit. e bisher Bauverhandlungen für die Errichtung von (sichtbaren) Handymasten durchgeführt wurden,
  2. wie weit diese Verfahren wirklich zu konsensualen Lösungen führten,
  3. wie oft diese Verfahren zu Änderungen des geplanten Maststandortes führten,
  4. wie sich das Anhörungsrecht nach § 33 Abs. 5a  in der Praxis auswirkt und zu welchem Prozentsatz das Verfahren damit endet,
  5. welchen prozentuellen Anteil  Anzeigeverfahren umfassten, in denen alle GrundeigentümerInnen dem Projekt durch ihre Unterschrift gemäß § 33 Abs. 5a zugestimmt haben,
  6. inwieweit Mobilfunkanlagen im baubewilligungsfreien Verfahren nach § 21 Abs. 1 Z. 2 lit. i über eine Meldung hinaus zu weiteren Maßnahmen der Baubehörden führten sowie
  7. in welchen Punkten die Landesregierung einen diesbezüglichen Novellierungsbedarf des Baugesetzes oder anderer Landes- aber auch Bundesnormen zur Verbesserung der Position der NachbarInnen sieht. 


Unterschrift(en):
Barbara Gross, Gerald Schmid (SPÖ), Waltraud Bachmaier-Geltewa (SPÖ), Wolfgang Böhmer (SPÖ)