LANDTAG STEIERMARK
XV. GESETZGEBUNGSPERIODE


EZ/OZ: 393/1

Selbstständiger Antrag von Abgeordneten (§ 21 GeoLT)

eingebracht am 15.03.2006, 16:39:37


Landtagsabgeordnete(r): Monika Kaufmann (SPÖ), Wolfgang Böhmer (SPÖ), Bernhard Stöhrmann (SPÖ), Detlef Gruber (SPÖ)
Fraktion(en): SPÖ
Zuständiger Ausschuss: -
Regierungsmitglied(er): Johann Seitinger, Manfred Wegscheider

Betreff:
rechtliche Sicherstellung der Gentechnikfreiheit österreichischer Nationalparks

Ganz Österreich, im Besonderen die Steiermark, ist seit vielen Jahren Vorreiter im Biolandbau. Die Konsumentinnen und Konsumenten in unserem Land stehen nach wie vor in sehr hohem Ausmaß gentechnisch manipulierten Lebensmitteln ablehnend gegenüber.

Die österreichischen Nationalparks sind nicht nur Vorzeigemodelle und Impulsgeber für den wichtigen österreichischen Tourismus, sondern auch in den Augen erholungssuchender Österreicherinnen und Österreicher in vieler Hinsicht schützenswerte Gebiete in unserem Land.

Die Regelung einer Koexistenz zwischen gentechnikfreier und gentechnisch manipulierter landwirtschaftlicher Produktion wird seit Jahren intensiv diskutiert, jedoch liegen bis heute keine praktikablen Regelungen vor.

Vor dem Hintergrund einer EU-weiten Kennzeichnungsregelung sowohl für Saatgut als auch für Lebensmittel werden seitens der Europäischen Kommission seit Monaten gentechnisch manipulierte Saatgutsorten bzw. Lebensmittel zum freien Verkehr zugelassen. Was EU-weit zugelassen wurde, kann national nur schwer verboten werden. Ein nationales Verbot EU-weit zugelassener Erzeugnisse (Saatgut, Lebens- und Futtermittel) ist EU-rechtlich nur zulässig, wenn neue wissenschaftliche Erkenntnisse vorgebracht werden, die negative Auswirkungen auf die Gesundheit und/oder die Umwelt zeigen. Alle bisherigen Verbote, die einzelne Mitgliedsstaaten für bestimmte zugelassene gentechnisch veränderte Organismen (GVO) verhängt haben (zB Österreich, Luxemburg, Griechenland), wurden bisher vom EU-Gesetzgeber als unzulässig bewertet. Mitgliedstaaten, die Verbote nicht aufheben, müssen mit Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof  rechnen.

Regionale begründete Einschränkungen der Verwendung von GVO (zB in definierten ökologisch sensiblen Gebieten) sind hingegen EU-rechtlich grundsätzlich möglich, wenn bestimmten Kriterien Rechnung getragen wird.

In diesem Zusammenhang ist unmittelbarer Handlungsbedarf gegeben, um die Biodiversität, bzw. die "Unberührtheit" der österreichischen Nationalparks für die nächsten Generationen sicher zu stellen.

Es wird daher der

Antrag

gestellt:

Der Landtag wolle beschließen:

Die Landesregierung wird aufgefordert an die Bundesregierung mit dem dringlichen Ersuchen heranzutreten

  •  in Abstimmung mit den Landesregierungen ein Freisetzungs- und Ausbringungsverbot von GVO in den Nationalparks Österreichs in der Form durchzusetzen, dass eine Verunreinigung der Nationalparks mit GVO nach dem Stand von Wissenschaft und Technik vermieden wird (dh zB auch angrenzende Gebiete sind GVO-frei zu halten, keine GVO-Wildfütterung in Naturschutzgebieten),

  •  sich im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft mit Nachdruck dafür einzusetzen, dass in europäischem und globalem Maßstab nach dem Vorbild Österreichs große zusammenhängende GVO-freie Biosphärenreservate geschaffen werden,

  •  bei der europäischen Zulassung von GVO (nach RL 2001/18/EG bzw. VO 1829/2003/EG) die Bundesländer im Bezug auf den Schutz besonderer Ökosysteme und begründeten Einschränkungen der generellen Zulassung von GVO entsprechend einzubeziehen und

  • die Bundesländer - sollten Anträge für Zulassungen zum Inverkehrbringen von GVO anstehen - bei der eigenständigen Prüfung im Bezug auf die Erhaltungsziele in Europaschutzgebieten und in Bezug auf den Schutz der natürlichen Lebensräume und wildlebenden Tier- und Pflanzenarten in anderen Schutzgebieten nationalen und internationalen Ranges bestmöglichst zu unterstützen. Wenn die Wahrscheinlichkeit besteht, dass die kommerzielle Inverkehrbringung von GVO zu erheblichen Beeinträchtigungen in einem Naturschutzgebiet führen könnte, so sind auf Grund des Vorsorgeprinzips die Freisetzung und Ausbringung von GVO in die Umwelt gesetzlich zu untersagen. Es ist eine Prüfung sowohl von Fall zu Fall als auch von Gebiet zu Gebiet entsprechend den EU-Regelungen vorzunehmen.

  • Bundeskanzler Dr. Schüssel aufzufordern, im Rahmen der Co-Existenzkonferenz im April in Zusammenarbeit mit den anderen europäischen EU-Mitgliedstaaten, die Weichen für einen Ratsbeschluss zu legen, der die Europäische Kommission auffordert, eine EU-weite verbindliche Regelung für die Co-Existenz von gentechnisch veränderten Kulturen, herkömmlichen Kulturen und biologischen Kulturen vorzulegen. Diese Regelung muss es einzelnen Regionen in der Gemeinschaft grundsätzlich freistellen, das Aussähen und Aussetzen von GVO in der Landwirtschaft und Umwelt mittels nationaler/regionaler Sonderregelungen, die sich an messbaren Kriterien orientieren, rechtsverbindlich zu untersagen. Solche Kriterien können sich aus der kleinbetrieblichen Struktur in der Landwirtschaft ergeben oder am Umstand festmachen, dass Co-Existenz-sichernde Maßnahmen technischer oder organisatorischer Art ohne unverhältnismäßigen Aufwand nicht möglich sind. Auch im Bezug auf Haftungsfragen im Zusammenhang mit der Co-Existenz müssen in einer derartigen Regelung Rahmenvorgaben verankert werden. Die Kommission soll diesen Vorschlag noch in diesem Jahr vorlegen.


Unterschrift(en):
Monika Kaufmann (SPÖ), Wolfgang Böhmer (SPÖ), Bernhard Stöhrmann (SPÖ), Detlef Gruber (SPÖ)