EZ/OZ: 500/1
Selbstständiger Antrag von Abgeordneten (§ 21 GeoLT)
eingebracht am 05.05.2006, 17:20:23
Landtagsabgeordnete(r): Edith Zitz (Grüne), Peter Hagenauer (Grüne), Ingrid Lechner-Sonnek (Grüne)
Fraktion(en): Grüne
Zuständiger Ausschuss: -
Regierungsmitglied(er): Kurt Flecker
Betreff:
Unterschiedliche Vollzugspraxen bei der Sozialhilfe
Gemäß § 8 Abs. 6 SHG wird der tatsächlich vertretbare Aufwand der Hilfeempfängerinnen für die Unterkunft zusätzlich übernommen, wenn richtsatzgemäße Geldleistungen gewährt werden. Das Sozialhilfegesetz hat jedoch keine genauen Regelungen dafür vorgegeben, wie vorzugehen ist, wenn jemand eigenes Einkommen bezieht. Das Stmk. Behindertengesetz legt im Gegensatz dazu fest, dass vom Einkommen der Aufwand für Wohnung abzuziehen ist und somit das Einkommen verringert.
Dieser Umstand hat dazu geführt, dass bei der Gewährung von Sozialhilfe in der Steiermark unterschiedliche Vollzugspraxen bestehen. Von einigen Sozialhilfebehörden wird die Bestimmung so ausgelegt, dass vom Einkommen der vertretbare Wohnungsaufwand abgezogen wird und das verbleibende Einkommen dem Richtsatz gegenübergestellt wird. Dadurch ist eine Gleichbehandlung gegenüber jenen Personen gewährleistet, die kein Einkommen oder ein so geringes Einkommen erzielen, das den Richtsatz nicht erreicht. Eine andere Vollzugspraxis, diese wird auch von der zuständigen Fachabteilung 11A empfohlen, stellt das Einkommen dem Richtsatz gegenüber. Ist dieses gleich hoch wie der Richtsatz oder liegt es, wenn auch nur knapp, darüber, wird keine Sozialhilfe auch nicht für den vertretbaren Wohnungsaufwand gewährt.
Durch die zweite Vollzugspraxis wird jedoch der verfassungsmäßig festgelegte Gleichheitsgrundsatz verletzt. Als Beispiel hiezu werden angeführt:
1.) Ein alleinstehend Unterstützter hat kein Einkommen oder ein solches von weniger als € 499,-- monatlich und hat einen vertretbaren Wohnungsaufwand von € 160,-- monatlich, so stehen ihm monatlich an finanziellen Mittel ein Betrag von € 499,-- plus € 160,-- für den Wohnungsaufwand = € 659,-- zur Verfügung.
2.) Eine Notstandshilfeempfängerin hat ein Einkommen von € 500,--monatlich. Sie hat keine weiteren Ansprüche nach dem Sozialhilfegesetz und muss mit € 500,-- sowohl den Lebensunterhalt als auch den Wohnungsaufwand bestreiten.
Daraus ist ersichtlich, dass diese Auslegung des Sozialhilfegesetzes zu einer Benachteiligung all jener Personen führt, die ein Einkommen beziehen, das gleich hoch wie der Richtsatz ist oder geringfügig darüber liegt.
Dagegen garantiert die zuerst angeführte Auslegung eine Gleichbehandlung. Da Gesetze grundsätzlich danach auszulegen sind, dass sie den Regeln der Verfassung entsprechen, ist die zweite Auslegungsregel als gesetzwidrig einzustufen. Wäre sie es nicht, so wäre die Gesetzesbestimmung selbst verfassungswidrig. Da jedoch das Sozialhilfegesetz hier Unklarheiten enthält, wird vorgeschlagen:
1.) Die Landesregierung hat dafür zu sorgen, dass die Bestimmungen des Sozialhilfegesetzes verfassungskonform ausgelegt werden.
2.) Im Interesse der Rechtssicherheit ist § 8 des SHG dahingehend zu novellieren, dass eine Regelung analog zum Behindertengesetz aufgenommen wird, die die Gleichbehandlung sicher stellt.
Eine weitere Problematik besteht hinsichtlich des § 8 Absatz 6 dahingehend, dass dieser nach einem Jahr Bezug von Soziahilfe als Höchstgrenze die Mindestpension festlegt. Diese Regelung ist für alleinstehende Personen allenfalls angepasst. Haben jedoch Sozialhilfeempfängerinnen eigene Kinder, so führt diese Bestimmung dazu, dass die nötigen Mittel für eine entsprechende Erziehung und Versorgung der Kinder nicht mehr in ausreichendem Ausmaß zur Verfügung stehen. Außerdem führt auch diese Bestimmung zu einer Ungleichbehandlung unter den Anspruchsberechtigten. Dazu zwei Beispiele :
1.) Ein Elternpaar und drei leibliche Kinder beziehen Sozialhilfe. Ihre Leistung ist mit monatlich € 1.209,94 begrenzt.
2.) Ein Ehepaar und drei Kinder, wobei ein Elternteil nicht im Familienverband wohnt und Unterhalt leisten muss oder verstorben ist. Diese Familie kann ebenfalls einen Betrag bis € 1.209,94 beziehen, hat jedoch noch zusätzlich Unterhaltsleistungen (oder auch sonstiges Einkommen, wie Waisenpensionsansprüche) zur Verfügung. Diese können bis zu € 253,80 monatlich je Kind betragen, ohne dass sich am Anspruch etwas ändert.
Es wird daher der
Antrag
gestellt:
Der Landtag wolle beschließen:
Die Steiermärkische Landesregierung wird aufgefordert,
1. für eine einheitliche Vollzugspraxis des Steiermärkischen Sozialhilfegesetzes Sorge zu tragen, die eine Gleichbehandlung hinsichtlich der Gewährung des vertretbaren Aufwandes für die Wohnung sicherstellt und eine Benachteiligung von Hilfeempfängerinnen mit leiblichen Kindern verhindert, und
2. eine Novelle zum Steiermärkischen Sozialhilfegesetz im Landtag einzubringen und darin die Bestimmung des Steiermärkischen Behindertengesetzes zu übernehmen, wonach der Aufwand für die Wohnung vom Einkommen abzuziehen ist.
Unterschrift(en):
Edith Zitz (Grüne), Peter Hagenauer (Grüne), Ingrid Lechner-Sonnek (Grüne)