LANDTAG STEIERMARK
XV. GESETZGEBUNGSPERIODE


EZ/OZ: 496/1

Selbstständiger Antrag von Abgeordneten (§ 21 GeoLT)

eingebracht am 04.05.2006, 19:22:51


Landtagsabgeordnete(r): Martina Schröck (SPÖ), Ilse Reinprecht (SPÖ), Barbara Gross, Waltraud Bachmaier-Geltewa (SPÖ), Werner Breithuber (SPÖ), Wolfgang Böhmer (SPÖ), Andrea Gessl-Ranftl (SPÖ), Detlef Gruber (SPÖ), Monika Kaufmann (SPÖ), Klaus Zenz (SPÖ), Klaus Konrad (SPÖ), Ursula Lackner (SPÖ), Ewald Persch (SPÖ), Erich Prattes (SPÖ), Günther Prutsch (SPÖ), Gerhard Rupp (SPÖ), Franz Schleich (SPÖ), Gerald Schmid (SPÖ), Siegfried Schrittwieser, Johannes Schwarz (SPÖ), Siegfried Tromaier (SPÖ), Karl Petinger (SPÖ), Walter Kröpfl (SPÖ), Bernhard Stöhrmann (SPÖ), Gabriele Kolar (SPÖ)
Fraktion(en): SPÖ
Zuständiger Ausschuss: -
Regierungsmitglied(er): Kristina Edlinger-Ploder (ÖVP)

Betreff:
Ergänzung der Infrastrukturkompetenz des Bundes in der Bundesverfassung

Am 15. März 2005 brachte der SPÖ-Landtagsklub einen Entschließungsantrag ein, mit dem der Bund aufgefordert wurde, das Bundes-Verfassungsgesetz um Bestimmungen über eine Infrastrukturkompetenz des Bundes zu ergänzen. Begründet war dieses Ansinnen folgendermaßen:

"Die Verwirklichung des Semmering-Basistunnels ist für die Steiermark von eminenter wirtschafts- und verkehrspolitischer Bedeutung. Hiebei handelt es sich aber nicht nur um ein für die Steiermark wichtiges Projekt, sondern um eines, das für ganz Österreich von Bedeutung ist. Angesichts des wirtschaftlichen Aufschwunges in den osteuropäischen Ländern und der zunehmenden wirtschaftlichen Verflechtung ganz Europas kommt der Schaffung von leistungsfähigen Eisenbahnverbindungen vorrangige Bedeutung zu.

Aus eigennützigen Interessen und mit dem offenbaren Ziel, die Steiermark von der wirtschaftlichen Entwicklung abzukoppeln, verhinderte Niederösterreich, genauer die niederösterreichische Volkspartei mit ihrem Landeshauptmann Pröll bisher, mit allen Mitteln den Bau dieses Tunnels. Man schreckte nicht einmal davor zurück, nachdem der Verfassungsgerichtshof schon die Verfassungswidrigkeit des niederösterreichischen Vorgehens festgestellt hat, neuerlich verfassungswidrige Gesetze zu beschließen und auf diese Weise die Fertigstellung des Tunnels zu verzögern."

Dieser Antrag blieb im Landtag aber in der Minderheit.

Wenige Tage danach, am 30. März 2005, hat der Ministerrat (und in weiterer Folge am 6.4.2005 der Nationalrat) beschlossen, die ÖBB Infrastruktur Bau AG mit einem Projektauftrag "Semmering-Basistunnel neu" und mit Planungsarbeiten für eine Trassenauswahl "Gloggnitz - Raum Mürzzuschlag/Langenwang" zu beauftragen. Dies, obwohl die Chancen, die bis zu diesem Zeitpunkt verfolgte Trassenvariante höchstgerichtlich erfolgreich gegen den Widerstand von Landeshauptmann Pröll durchzusetzen, sehr gut waren und die Verfahren kurz vor dem Abschluss standen. Nun werden die bisher investierten rund 93 Millionen Euro wohl auf Dauer im "Waltraud-Stollen" nutzlos versenkt bleiben.

Trotz einer angeblichen Zusage von Niederösterreich, sich bei der Auswahl einer neuen Trasse kooperativ zu verhalten und nicht wieder blockieren zu wollen, ist aus langjähriger leidvoller Erfahrung seitens der Steiermark höchste Skepsis angebracht. Es wäre überraschend, wenn das Land Niederösterreich sein Landes-Naturschutzgesetz nicht erneut zur Verhinderung des Semmering-Basistunnels (jetzt: Neu) einsetzte.

Um zukünftig eine effiziente Verwirklichung derartiger gesamtösterreichisch bedeutsamer Infrastrukturprojekte - z. B. ohne Blockademöglichkeit einzelner Bundesländer - zu ermöglichen, haben schon einige Zeit davor die sozialdemokratischen Mitglieder des Östrerreich-Konvents eine Kompetenzverteilung vorgeschlagen, die klare Zuständigkeiten normiert hätte und nach der sämtliche Verkehrsprojekte mit Ausnahme von Landes- und Gemeindestraßen in die ausschließliche Kompetenz des Bundes gefallen wären. Derartige Vorschläge wurden auch von der Wirtschaftskammer Österreich gemacht und von zahlreichen weiteren Mitgliedern des Konvents unterstützt.

Da der Konvent leider gescheitert ist und damit auch diese wichtige Initiative nicht weiter behandelt werden konnte, brachte die Sozialdemokratische Parlamentsfraktion am 3. März 2005 neuerlich folgenden Gesetzesentwurf ein, wonach Hochleistungsstrecken für Eisenbahnen zur Gänze in die Kompetenz des Bundes fallen:

"Antrag der Abgeordneten Dr. Gusenbauer, Dr. Kräuter und Genossen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz um Bestimmungen über eine Infrastrukturkompetenz des Bundes ergänzt wird
 
Der Nationalrat wolle beschließen:
 
Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz um Bestimmungen über eine Infrastrukturkompetenz des Bundes ergänzt wird
 
Der Nationalrat hat beschlossen:
 
Das Bundes - Verfassungsgesetz, zuletzt geändert durch das Bundesverfassungsgesetz BGBl.   . . . wird wie folgt geändert:
 
1. Der erste Halbsatz des Art. 10 Abs. 1 Z 9 (bis zum ersten Strichpunkt) wird durch folgende Halbsätze ersetzt:
 
"Verkehrswesen bezüglich der Eisenbahnen und der Luftfahrt sowie der Schifffahrt, soweit diese nicht unter Art. 11 fällt\; soweit es sich um bundesrechtlich festgelegte
Hochleistungsstrecken handelt, auch einschließlich der Belange des Natur - und
Landschaftsschutzes\;".

Die Formulierung dieses Gesetzesvorschlages geht auf ein Gutachten zurück, das vom Land Steiermark (Landesrat Ing. Ressel) in Auftrag gegeben worden ist.

Die Steiermärkische Landesregierung fasste dazu schon am 26. Juni 2000 einen einstimmigen positiven Beschluss, der mit einem Schreiben von Frau Landeshauptmann Waltraud Klasnic Herrn Bundeskanzler Dr. Schüssel übermittelt wurde. Ob es dazu je eine Äußerung vom Bundeskanzler gegeben hat, ist unbekannt.

Der oben zitierte, von Abgeordneten der Sozialdemokratischen Parlamentsfraktion am 25.3.2005 eingebrachte Antrag, wurde dem Verfassungsausschuss zugewiesen. Bei seiner ersten Behandlung am 29.6.2005 wurde er - wie bei seiner bisher letzten Behandlung im Verfassungsausschuss am 4.4. dieses Jahres - von den Parlamentsfraktionen der Regierungsparteien vertagt, womit eine Behandlung verhindert wird. Damit ist wieder einmal mehr klar und deutlich dokumentiert, dass die Regierungsparteien derzeit kein Interesse haben, die Steiermark bei der Verwirklichung des Semmering-Basis-Tunnels zu unterstützen, bzw. ihnen das Wohlwollen des Landeshauptmanns von Niederösterreich wichtiger ist als das Wohl der Steirerinnen und Steirer.

Der SPÖ-Landtagsklub ruft alle anderen Landtagsfraktionen auf, in dieser für Österreich und in der Angelegenheit Semmering-Basis-Tunnel für die Steiermark so bedeutsamen Angelegenheit den Parteienzwist zu vergessen und gemeinsam den vorliegenden Antrag zur Unterstützung dieser Bemühungen auf Bundesebene zu beschließen. Im Interesse Österreichs und vor allem im Interesse der Steiermark muss es ein Ende damit haben, dass einzelne Bundesländer aktiv andere Bundesländer in ihren Interessen schädigen.

Mit dem zitierten Gesetzestext wird im kleinstmöglichen Ausmaß in die Kompetenzen der Länder eingegriffen. Es wird lediglich gewährleistet, dass im Sinn des bezughabenden Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes jene Aspekte des Natur- und Landschaftsschutzes ausdrücklich in die Kompetenz des Bundes gestellt werden, die mit der Beurteilung der Zulässigkeit von Hochleistungsstrecken in unmittelbarem Zusammenhang stehen. Es widerspricht dem Zweck von Ländergrenzen querenden Eisenbahnprojekten, diese entsprechend dem zufälligen Verlauf von Landesgrenzen unterschiedlichen Regelungen zu unterwerfen.

Es wird daher der

Antrag

gestellt:

Der Landtag wolle beschließen:

Die Steiermärkische Landesregierung wird aufgefordert, die Bundesregierung zu ersuchen, an ihre Fraktionen im Nationalrat heranzutreten, den vom sozialdemokratischen Klub in den Nationalrat eingebrachten Antrag (Nr. 552/A) betreffend ein "Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz um Bestimmungen über eine Infrastrukturkompetenz des Bundes ergänzt wird" einer raschen positiven Beschlussfassung zuzuführen.


Unterschrift(en):
Martina Schröck (SPÖ), Ilse Reinprecht (SPÖ), Barbara Gross, Waltraud Bachmaier-Geltewa (SPÖ), Werner Breithuber (SPÖ), Wolfgang Böhmer (SPÖ), Andrea Gessl-Ranftl (SPÖ), Detlef Gruber (SPÖ), Monika Kaufmann (SPÖ), Klaus Zenz (SPÖ), Klaus Konrad (SPÖ), Ursula Lackner (SPÖ), Ewald Persch (SPÖ), Erich Prattes (SPÖ), Günther Prutsch (SPÖ), Gerhard Rupp (SPÖ), Franz Schleich (SPÖ), Gerald Schmid (SPÖ), Siegfried Schrittwieser, Johannes Schwarz (SPÖ), Siegfried Tromaier (SPÖ), Karl Petinger (SPÖ), Walter Kröpfl (SPÖ), Bernhard Stöhrmann (SPÖ), Gabriele Kolar (SPÖ)