LANDTAG STEIERMARK
XV. GESETZGEBUNGSPERIODE


EZ/OZ: 686/1

Selbstständiger Antrag von Abgeordneten (§ 21 GeoLT)

eingebracht am 28.07.2006, 11:38:41


Landtagsabgeordnete(r): Renate Pacher (KPÖ), Ernest Kaltenegger (KPÖ), Monika Kaufmann (SPÖ)
Fraktion(en): KPÖ, SPÖ
Zuständiger Ausschuss: -
Regierungsmitglied(er): Manfred Wegscheider, Franz Voves

Betreff:
Erhebung des öffentlichen Eigentums an der Wasserversorgung in den Verfassungsrang

Der Markt für Wasser wird weltweit auf eine Billion Euro geschätzt.
Entsprechend groß sind die Begehrlichkeiten von großen Konzernen darauf zuzugreifen. Seit den 80er Jahren wird in zunehmend mehr Städten und Regionen die Wasserver- und entsorgung durch private Konzerne übernommen. 1990 bezogen erst 51 Millionen Menschen ihr Trinkwasser von Privatanbietern, im Jahr 2002 schon 300 Millionen Menschen. Nach Einschätzung der Weltbank soll der Privatisierungsgrad im Wassersektor in den nächsten 20 Jahren regelrecht explodieren: in den Industriestaaten auf bis zu 85%, in den Entwicklungsländern wird allein in Lateinamerika ein Boom erwartet: von derzeit 10 Prozent auf 70 Prozent Privatisierungsgrad.

Internationale Erfahrungen belegen, dass die Privatisierung des Wassers ein Irrweg ist. Sie bedeutet:
  • Die Vernachlässigung der Infrastruktur: Der Zeithorizont der Wasserwirtschaft im Dienste einer flächendeckenden qualitativ hochstehenden Versorgung geht über Jahrzehnte, um die notwendige Infrastruktur nachhaltig abzusichern\; der Zeithorizont privater Großkonzerne geht oft nur über wenige Jahre, da der Druck der Börse zu extrem kurzfristiger Verwertbarkeit drängt.
  • Eine Entdemokratisierung: Die Wasserwirtschaft stellt ein natürliches Monopole dar, das heißt. aus einem öffentlichenMonopol, das demokratisch beeinflussbar ist, wird rasch ein privates Monopol, das in erster Linie seinen Eigentümern verantwortlich ist. Auch der Einfluss von Regulierungsbehörden ist oft nur indirekt und ineffizient und mit hohen bürokratischen Kosten verbunden.
  • Eine Zweiklassengesellschaft in der Wasserversorgung: Private Konzerne neigen zum "Rosinenpicken". Private Konzerne weigern sich in Ländern der "3. Welt", Armenviertel anzuschließen, weil sich die Leute die Anschlüsse nicht leisten können. Die Gleichmäßigkeit der Versorgung nach dem bislang geltenden Prinzip der Daseinsvorsorge wird aber auch in Europa in Frage gestellt. Regionen mit Wassermangel oder dünner Besiedelung sind nicht profitabel und daher für die privaten Betreiber uninteressant. Die Folge ist eine Zwei-Klassengesellschaft bei der Wasserversorgung, deren schärfste Form Wasserabsperrungen für jene sind, die sich die steigenden Wasserpreise nicht mehr leisten können.

Der Druck der in Richtung Liberalisierung und Privatisierung der
Wasserver- und Wasserentsorgung wird weitergehen. Es ist daher notwendig, das öffentliche Eigentum an der österreichischen Wasserwirtschaft festzuschreiben. Dafür gibt es Vorbilder. So ist z.B. das öffentliche Eigentum im Bereich der Elektrizitätswirtschaft in Form der 2. Verstaatlichtengesetzes im Verfassungsrang abgesichert.
Ähnliches hat - mit Verweis auf den Liberalisierungsdruck aus Brüssel - die Wiener Landesregierung für die Wasserwirtschaft beschlossen. Im Jahre 2001 wurde in Wien das öffentliche Eigentum an den Quellgebieten und den städtischen Wasserversorgungsanlagen in Verfassungsrang erhoben. Dieser Weg sollte österreichweit beschritten werden.

Es wird daher der

Antrag

gestellt:

Der Landtag wolle beschließen:

  1. Die Steiermärkische Landesregierug wird aufgefordert, Möglichkeiten zu prüfen, das öffentlichen Eigentum an der Wasserversorgung - ähnlich dem Wiener Beschluss - in den Verfassungsrang zu erheben und die Ergebnisse dem Landtag zu Beschlussfassung vorzulegen.
  2. Das Land Steiermark setzt sich auf allen Ebenen dafür ein, dass das öffentliche Eigentum an der Wasserversorgung - ähnlich dem Verstaatlichtengesetz - auch auf Bundesebene in den Verfassungsrang erhoben wird.


Unterschrift(en):
Renate Pacher (KPÖ), Ernest Kaltenegger (KPÖ), Monika Kaufmann (SPÖ)