EZ/OZ: 926/1
Selbstständiger Antrag von Abgeordneten (§ 21 GeoLT)
eingebracht am 30.11.2006, 17:01:17
Landtagsabgeordnete(r): Edith Zitz (Grüne), Peter Hagenauer (Grüne), Ingrid Lechner-Sonnek (Grüne)
Fraktion(en): Grüne
Zuständiger Ausschuss: -
Regierungsmitglied(er): Bettina Vollath
Betreff:
Humanitärer Umgang bei Kinderbetreuungsgeld und Familienbeihilfe
Kindergeld gibt es für AusländerInnen nur, wenn sich "der Elternteil und das Kind (...) rechtmäßig gemäß §§8,9 NAG (Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz) in Österreich aufhalten." Als Bestätigung des rechtmäßigen Aufenthalts verlangt das Sozialministerium eine so genannte "NAG-Karte" (Bezug zum Niederlassungs- und Aufenthaltsrecht). Eine solche Karte kann logischerweise erst nach der Geburt des Kindes beantragt werden. Dafür haben die Eltern laut Fremdenpolizeigesetz 6 Monate Zeit. Obwohl das Neugeborene also zumindest 6 Monate lang rechtmäßig in Österreich lebt, müssen ausländische Eltern zuerst einen Aufenthaltstitel (Niederlassungsbewilligung) für ihr Kind besorgen, bevor sie Kindergeld zuerkannt bekommen können.
Ursprünglich wurde den Eltern sowohl das Kindergeld (436 €) als auch die Familienbeihilfe (156 € für das 1. Kind) rückwirkend mit der Geburt ausbezahlt. Diese für AusländerInnen günstige Praxis bzw. Übergangsregelung hat Sozialministerin Haubner im August mithilfe eines Erlasses gekippt.
Seither häufen sich Beschwerden und Härtefälle. Schätzungen sprechen von 7.000 bis 9.000 betroffenen Kindern in Österreich. Viele Mütter wissen durch diese existenzgefährdende Maßnahme nicht mehr, wie sie für sich und das Neugeborene sorgen sollen. Es wurden auch schon Fälle von Wohnungsverlust bekannt, weil - wie nicht anders zu erwarten - die Miete nicht mehr bezahlt werden konnte.
Folgende Fälle haben sich beispielhaft ereignet:
- Eine Türkin, die zwangsverheiratet wurde, hat sich in Österreich von ihrem Mann getrennt. Sie ist Alleinerzieherin mit 2 Kindern und hat hier in Österreich ein 3. Kind bekommen. Neben den Problemen mit der Scheidung und der Vaterschaftsanerkennung - und obwohl sie in Österreich gearbeitet und jahrelang ins Sozialsystem eingezahlt hat - fällt sie nun um das Kinderbetreuungsgeld um. Obwohl sie ein Aufenthaltsrecht besitzt und voraussehbar ist, dass auch ihr 3. Kind dieses Aufenthaltsrecht erhalten wird, wird ihr das Kinderbetreuungsgeld nicht ausbezahlt (geschildert von einer Sozialarbeiterin der Aktion Leben).
- Eine 17jährige Mutter ist in Österreich geboren, hat aber noch aufgrund ihrer Eltern die serbische Staatsbürgerschaft. Erst, wenn sie für ihr Baby ein Visum erhalten hat, hat sie wieder Anspruch auf Sozialversicherung, Familienbeihilfe und Kinderbetreuungsgeld (geschildert von einer Sozialarbeiterin der Caritas\; Quelle Ö1 Morgenjournal).
Es wird daher der
Antrag
gestellt:
Der Landtag wolle beschließen:
Die Landesregierung wird aufgefordert,
1. an die Bundesregierung heranzutreten, damit diese für einen (verfassungs)rechtskonformen und humanitären Umgang bei der Bezahlung des Kinderbetreuungsgeldes und der Familienbeihilfe sorgt, und
2. zu diesem Zwecke von der Bundesregierung einzufordern, dass
a) die gesetzlichen Bestimmungen im Familienlastenausgleichs- und Kinderbetreuungsgeldgesetz erweitert werden, damit auch folgende Personengruppen Kinderbetreuungsgeld und Familienbeihilfe beziehen können und sozialversichert sind:
- in Österreich geborene Kinder von rechtmäßig in Österreich lebenden nicht EU-AusländerInnen für die Dauer eines Niederlassungsbewilligungsverfahrens (Kinder, die sich gemäß § 30 Abs. 4 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 rechtmäßig in Österreich aufhalten),
- humanitär Aufenthaltsberechtigte (subsidiär Schutzberechtigte gemäß § 8 AsylG 2005),
- Kinder von rechtmäßig beschäftigten AsylwerberInnen,
b) AsylwerberInnen im Falle ihrer nachfolgenden Anerkennung als Asylberechtigte den Anspruch auf Familienbeihilfe rückwirkend mit ihrer Einreise in das Bundesgebiet und Asylantragstellung zuerkannt bekommen und nicht erst ab der Anerkennung als Asylberechtigte, sowie
c) eine intensive Prüfung der genannten und sonstigen einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen hinsichtlich weiterer Systemlücken stattfindet.
Unterschrift(en):
Edith Zitz (Grüne), Peter Hagenauer (Grüne), Ingrid Lechner-Sonnek (Grüne)