LANDTAG STEIERMARK
XV. GESETZGEBUNGSPERIODE


EZ/OZ: 930/1

Regierungsvorlage

eingebracht am 29.11.2006, 00:00:00


Geschäftszahl(en): FA13B-12.00-100/2006-69
Zuständiger Ausschuss: -
Regierungsmitglied(er): Manfred Wegscheider
Beilagen: Anhang, Erlass

Betreff:
Zum Beschluss Nr. 123 des Landtages Steiermark vom 14. März 2006 über den Antrag der Abgeordneten Mag. Christopher Drexler, Gregor Hammerl, Anne Marie Wicher, Erwin Dirnberger, Eduard Hamedl und Karl Lackner, betreffend Brandschutzmaßnahmen.

BEILAGE: ERLASS betreffend Brandschutzbestimmungen bei bestehenden Hochhäusern (Steiermärkisches Baugesetz)

Mit Landtagsbeschluss Nr. 123, Einl. Zahl 354/4, wurde die Stmk. Landesregierung aufgefordert, die Bestimmungen des Bau- und Feuerpolizeigesetzes betreffend Brandschutzbestimmungen in bestehenden Hochhäusern in der Gestalt zu ändern und dem Landtag vorzulegen bzw. mittels Verordnung oder Durchführungsrichtlinien zu präzisieren, dass unverhältnismäßige und in ihrer Wirksamkeit umstrittene technische Brandschutzvorschreibungen zukünftig unterbleiben können.


Aus der Sicht der von der Fachabteilung für Bau- und Raumordnung und Energieberatung (FA13B) wahrzunehmenden Interessen (Steiermärkisches Baugesetz) wird im Einvernehmen mit der Fachabteilung für allgemeine technische Angelegenheiten (FA17A) dazu wie folgt Stellung bezogen:


Nachdem im Landtagsbeschluss Nr. 123, Einl. Zahl 354/4, die einzelnen Möglichkeiten, nämlich Gesetzesänderung, Verordnung oder Durchführungsrichtlinien, insgesamt mit dem Wort "oder" verknüpft sind, wird dem Landtagsbeschluss auch durch alleinige Erlassung von Durchführungsrichtlinien (Erlass an alle Gemeinden) entsprochen.

In diesem Sinne wurde auf Ebene der FA13B ein Expertengremium mit der Aufgabe eingerichtet, die umstrittenen Bestimmungen und deren Vollzug zu prüfen.
Dabei sollten erforderlichenfalls Änderungsvorschläge zur Rechtslage, jedenfalls jedoch einheitliche, nachvollziehbare und angemessene technische Grundlagen für rechtskonforme Nachrüstungsmaßnahmen bei Hochhäusern erarbeitet werden, die insbesondere die Vollziehung des § 103 Stmk. Baugesetzes erleichtern, die Rechtssicherheit erhöhen und wesentlich dazu beitragen sollten, überzogene brandschutztechnische Maßnahmen zu vermeiden.
 
1. Folgende Teilnehmer waren in der Expertengruppe vertreten:
Vom Amt der Stmk. LR:
Dr. Paul Trippl, FA 13B als Vorsitzender
Mag. Andrea Teschinegg, FA 13B
Mag. Dr. Heinz Schwarzbeck, FA 13B
Dipl.-Ing. Simone Skalicki, FA 17A

Von der Stadt Graz:
Dr. Klaus Engl, Bau- und Anlagenbehörde
Ing. Alfred Pölzl, Feuerpolizei

Von den extern beigezogenen Experten:
Franz Karl Planinsic, Allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger für Brandschutzwesen
Univ.-Lektor OSR Dr. Otto Widetschek, Präsident des Brandschutzforums Austria
Dipl.-HTL-Ing. Hubert Kraxner, Landestelle für Brandverhütung
Dipl.-Ing. Herbert Hasenbichler, Landestelle für Brandverhütung

Von der Grazer Initiative der Hochhausbewohner:
Frau Ingrid Moretti
Herr Dr. Grogger
Frau Dipl.-Ing. Steiner

2. Zur methodischen Vorgehensweise:
Der erwähnte Landtagsbeschluss Nr. 123, Einl. Zahl 354/4, mit dem die Bestimmungen des Bau- und Feuerpolizeigesetzes betreffend Brandschutzbestimmungen in bestehenden Hochhäusern zu ändern bzw. zu präzisieren seien, richtet sich in seinem Auftrag nach der Geschäftseinteilung des Amtes der Stmk. Landesregierung
- hinsichtlich des Steiermärkischen Baugesetzes an die FA13B Bau- und Raumordnung,  Energieberatung und
-  hinsichtlich des Steiermärkischen Feuerpolizeigesetzes an die  FA7B Katastrophenschutz und  Landesverteidigung.
Aus legistischer Sicht konnte von den teilnehmenden Experten der FA 13B nur der Bereich des Baugesetzes behandelt werden.
Methodisch und aus Gründen des direkten Praxisbezuges schien es dabei am zweckmäßigsten, die jeweils von den Baubehörden bislang für notwendig erachteten Maßnahmen in Form von Auflagen im Hinblick auf ihre Gesetzmäßigkeit zu prüfen und im Falle festgestellter Widersprüche zu den gesetzlichen Grundlagen in gesetzmäßiger Weise auszuformulieren oder festzustellen, dass diese künftig zu unterlassen seien.
Als Basis dieser Prüfung wurden insbesondere die zum Zeitpunkt der Expertengespräche vorliegenden VwGH-Erkenntnisse
     - vom 22. 01. 1998, 97/06/0177
     - vom 27. 02. 1998, 97/06/0195
     - vom 20. 04. 2004, 2002/06/0202
     - vom 14. 07. 2005, 2004/06/0021
     - vom 28. 03. 2006, 2002/06/0157
die sich mit der Problematik nachträglicher brandschutztechnischer Maßnahmen bei Hochhäusern auf Basis von § 103 Stmk. BauG befassen und in denen die bislang verwendeten behördlichen Auflagen wiedergeben werden, herangezogen.

Dabei wurde auch gleichzeitig geprüft, ob mit der bestehenden gesetzlichen Regelung das Auslangen gefunden werden könnte und lediglich Durchführungsrichtlinien zur näheren Präzisierung erforderlich wären, oder ob eine Änderung der Rechtslage nötig wäre.

Zur Beurteilung der Wirksamkeit der brandschutztechnischen Maßnahmen in der Praxis wurde die Expertengruppe anlässlich der ersten Gesprächsrunde von der Feuerwehr der Stadt Graz zu einer Exkursion eingeladen.
Bei zwei Gebäuden wurde durch Brandsimulation mittels künstlichem Rauch der Unterschied in der Rauchfreihaltung des Fluchtweges (Treppenhaus) bei einem Objekt mit brandfallgesteuerter Druckbelüftung (Vinzenz-Muchitsch-Straße 6) gegenüber einem Objekt ohne effektive Entrauchungsmöglichkeit (Neupauerweg 81) eindrucksvoll aufgezeigt.

Im Anschluss an die Gespräche des gesamten Expertengremiums wurden in drei weiteren Gesprächsrunden "Technische Leistungsanforderungen" von den technischen Sachverständigen des Expertenkreises erarbeitet. In diesen technischen Leistungsanforderungen werden die vom rechtlichen Standpunkt als zulässig erkannten, nachträglichen Brandschutzmaßnahmen bei Hochhäusern auf Basis von § 103 Stmk. BauG speziell aus technischer Sicht nochmals beleuchtet und mit den derzeit geltenden technischen Normen in Beziehung gesetzt.
Sie dienen dabei vor allem der technischen Information von Behörden und Planern. Darüber hinaus können sie als Grundlagendokument zur weiteren Ausarbeitung objektiver Leistungsbeschreibungen und damit vergleichbarer Ausschreibungsunterlagen herangezogen werden.

3. Zusammenfassung der Problematik aus Sicht der betroffenen Hochhausbewohner
Aus Sicht der Grazer Initiative der Hochhausbewohner - GIHB wurden zusammenfassend in den Gesprächsrunden insbesondere folgende Probleme aufgezeigt:
· Die in § 103 Stmk. BauG normierten Begriffe "Verhältnis", "Wert" und "zumutbarer Umfang", die im Zusammenhang mit der Beurteilung zulässiger, nachträglicher Brandschutzmaßnahmen eine wesentliche Rolle spielen, seien, trotz der diesbezüglichen VwGH-Judikatur, vom Gesetzgeber oder im Verordnungswege zu präzisieren, da sie Maßnahmen ermöglichten, die aus Sicht der Betroffenen jedenfalls als unverhältnismäßig empfunden würden. Verschiedene nachträgliche Vorschreibungen brandschutztechnischer Maßnahmen bei Hochhäusern seien daher als durchaus überzogen anzusehen.
· Die Vorgehensweise der Behörden habe sich mancherorts in der Beurteilungsfrage der erforderlichen Sicherheitsstandards in den letzten Jahren wesentlich verschärft. Teilweise würden nunmehr Maßnahmen verlangt, die sich nicht auf geänderte Standards der Regeln der Technik stützen ließen und die bei früheren Genehmigungen überhaupt keine Rolle gespielt hätten oder sogar genau gegenteilig beurteilt worden seien. Weiters würden Maßnahmen gesetzt, deren rechtliche Grundlage oder technische Sinnhaftigkeit nicht erkennbar sei.
· Innerhalb der jeweils zur Verfügung stehenden Fristen nach Erlassung der Bescheide sei es schwierig, argumentativ ausgereifte Rechtsmittel zu ergreifen. Dabei spiele auch die Tatsache eine Rolle, dass festgestellte Mängel den Bewohnern nicht sogleich in einem Protokoll, sondern erst mit der Bescheiderlassung zur Kenntnis gebracht würden.
· Die von der Behörde vorgeschriebenen technischen Einrichtungen seien fehleranfällig und daher im laufenden Betrieb, aber auch hinsichtlich der Instandhaltung eine Kostenfalle.
· Es sei aus Sicht der betroffenen Bürger nicht nachvollziehbar, wenn in der Beurteilung nachträglicher Brandschutzmaßnahmen durch die Behörden schon innerhalb der Steiermark, und erst recht im Vergleich mit anderen Bundesländern derart regionale Unterschiede im Ergebnis erzielt würden.
· Insbesondere gingen selbst die Expertenmeinungen über die Sinnhaftigkeit mancher Maßnahmen auseinander. Sowohl innerhalb Österreichs als auch im benachbarten Ausland bestünden große Unterschiede im Umgang mit bestehenden Hochhäusern. Es sei auf Grund eingeholter Informationen somit anzunehmen, dass es auch auf Ebene der Sachverständigen unterschiedliche Meinungen über die Zweckmäßigkeit der einzelnen technischen Maßnahmen gebe, sodass zur Klärung des Sachverhaltes die Beiziehung weiterer Sachverständiger, insbesondere aus anderen Bundesländern notwendig sei.

4. Zusammenfassung der Ergebnisse aus Sicht der brandschutztechnischen und baurechtlichen Experten
In mehreren Gesprächsrunden des Expertengremiums wurden diese aufgeworfenen Problempunkte an Hand der bislang auf Basis § 103 Stmk. BauG gestützten Auflagen gemeinsam erörtert, wobei die damit im Zusammenhang stehenden Fragen der rechtlichen Zulässigkeit und technischen Sinnhaftigkeit mitgeprüft wurden.

Zu den technischen Aspekten
Die brandschutztechnischen Anforderungen wurden aus bautechnischer Sicht geprüft und in einem möglichen Maßnahmenkatalog zusammengestellt (siehe Anhang).
Aus Sicht der brandschutztechnischen Experten ist festzuhalten, dass diese Anforderungen, die das vorrangige Ziel verfolgen, im Gefahrenfall Menschen zu ermöglichen sich selbst zu retten oder gerettet zu werden, nicht überzogen sind, sondern sich am derzeitigen Stand der Technik (das sind Normen und andere technische Regelwerke) orientieren.
Im Bewusstsein der nicht unbeträchtlichen Kosten, die eine gänzliche Anpassung an den Stand der Technik, soweit dies rechtlich zulässig ist, mit sich bringen würde, werden auf Ebene der brandschutztechnischen Beurteilung oftmals Maßnahmen gesetzt, die lediglich einen Teil jetziger Standards bei brandschutztechnischen Maßnahmen in Hochhäusern berücksichtigen und dennoch dem vorrangigen Schutzziel der Rettung von Menschenleben gerade noch gerecht werden.

Hinsichtlich der von der GIHB vertretenen Ansicht divergierender Expertenmeinungen, vor allem außerhalb der Steiermark, ist anzumerken, dass es schwierig ist, Anpassungsstandards bei steirischen Hochhäusern mit jenen anderer Bundesländer oder ausländischer Objekte zu vergleichen, da die jeweiligen Gebäude unterschiedlichen Bautraditionen entstammen und entsprechend unterschiedliche bauliche Voraussetzungen mit sich bringen. Diese unterschiedlichen baulichen Ausgangssituationen führen dabei zwangsläufig zu einer differenzierenden Beurteilung im Rahmen der jeweiligen Sachverständigentätigkeit.
Jedenfalls kann festgestellt werden, dass der Stand der Technik (das Steiermärkische Baugesetz spricht von  den Regeln der Technik) in weiten Bereichen durch europäische Normungen determiniert ist. Diese europäischen Normen verdrängen nach und nach äquivalente österreichische Normenwerke. Im Zusammenhang mit Hochhäusern bestehen beispielsweise Europäische Normen über Anlagen zur Rauchfreiheit nach der Serie der ÖNORM EN 12101 oder über Brandmeldeanlagen nach der Normenreihe ÖNORM EN 54.
Österreichische Normen regeln etwa (noch) Fragen betreffend Sicherheitsbeleuchtungen oder Anlagen zur Sicherheitsstromversorgung (ÖVE/ÖNORM-Serie E 8002).
Auch die ÖNORM-Regel ONR 22000 "Brandschutz in Hochhäuser" bezieht sich auf die hier genannten technischen Grundlagen.
Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, derartige Brandschutzmaßnahmen seien auf Expertenebene technisch umstritten, es sei denn, man würde den Stand der Technik als solches hinterfragen.
Die Zulässigkeit der Anwendung des Standes der Technik auf bestehende Hochhäuser entspringt den jeweiligen rechtlichen Grundlagen, sodass, in Abhängigkeit von der jeweiligen Rechtslage, diese Maßnahmen, wenn auch in unterschiedlicher Intensität, Berücksichtigung finden müssen.
 
Zu den rechtlichen Aspekten
§ 103 BauG sieht unter bestimmten Voraussetzungen eine Anpassungsverpflichtung bestehender Hochhäuser an die nach aktueller Rechtslage für Hochhäuser geltenden Bestimmungen vor. Hochhäuser stellen im Brandfall auf Grund ihrer Höhe und damit im Zusammenhang stehenden erschwerten Rettungsmöglichkeiten ein erhöhtes Sicherheitsrisiko dar, sofern nicht durch entsprechende vorbeugende Maßnahmen ein - im Vergleich mit niedrigeren Gebäuden - gleichwertiges Schutzniveau erreicht wird.
Nach der jetzigen Rechtslage werden die einschlägigen Anforderungen der §§ 98 bis 102 Stmk. BauG zum Maßstab. Diese Bestimmungen legen für Hochhäuser, gegenüber sonstigen Gebäuden, zusätzliche Anforderungen fest.
Die Bestimmungen der §§ 98 ff Stmk. BauG spiegeln allerdings die heute in Normen als Stand der Technik definierten Standards nicht mehr zur Gänze wider. Im Hinblick auf die Diskussion um eine weitreichende Harmonisierung der bautechnischen Bestimmungen in Österreich scheint es jedoch zweckmäßig, das Ergebnis dieser anstehenden Gespräche abzuwarten, da bei einer entsprechenden Akzeptanz der harmonisierten technischen Bestimmungen und Übernahme in das steirische Rechtsgut automatisch eine Anpassung der technischen Anforderungen auch bei Hochhäusern erfolgen würde.
Es scheint daher zum gegenwärtigen Zeitpunkt auch nicht mehr zweckmäßig, die Anpassungsbestimmungen eines "§ 103" neu zu überdenken, da zuerst die maßgeblichen Kriterien, die Maßstab einer künftigen Anpassungsbestimmung sein könnten, im Zuge der erwähnten Harmonisierung der bautechnischen Bestimmungen definiert werden sollten.

Der damit im Zusammenhang stehende Vorwurf der Unverhältnismäßigkeit wurde vom VwGH in den bisher ergangenen Erkenntnissen zu § 103 Stmk. BauG in allen Fällen unter dem Aspekt der Zumutbarkeit eingehend geprüft und zurückgewiesen.
Aufwendungen für nachträgliche Brandschutzmaßnahmen für eine Garconniere mit 45 m2 von ATS 20.250,- (= € 1.471,62), für eine Mittelwohnung mit 85 m2 von ATS 38.250,- (= € 2.779,74) und für eine Großwohnung mit 123 m2 von ATS 55.350,- (= € 4.022,44) wurden durchaus als zumutbar qualifiziert.

5. Schlussfolgerungen
Die Prüfung der Steiermärkischen Landesregierung ergab im wesentlichen folgendes Ergebnis:
· Die im Stmk. Baugesetz enthaltenen Spezialregelungen für Hochhäuser (§§ 98 bis 102 Stmk. BauG) entsprechen zum Teil nicht mehr dem Stand der Technik. Die an sich notwendige Berücksichtigung des Standes der Technik würde eine Verschärfung der brandschutztechnischen Maßnahmen und damit Erhöhung der Kosten bei neu zu errichtenden Hochhäusern bewirken.
· Die Anpassung an die für Hochhäuser geltenden Bestimmungen gemäß § 103 Stmk. BauG orientiert sich derzeit noch am Standard des Baugesetzes. Bei einer Berücksichtigung des Standes der Technik in den als Maßstab zu Grunde liegenden Bestimmungen der §§ 98 bis 102 Stmk. BauG würde es daher ebenfalls zu einer Erhöhung der Sanierungskosten bei bestehenden Hochhäuser kommen.
· Im Hinblick auf die in naher Zukunft beabsichtigte weitreichende Harmonisierung der bautechnischen Vorschriften in Österreich scheint zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine Anpassung der bautechnischen Bestimmungen im Stmk. BauG und damit eine Anhebung auf das Niveau des Standes der Technik nicht mehr zweckmäßig. Bei einer Umsetzung der einschlägigen Harmonisierungsbestimmungen im steiermärkischen Baurecht würde somit der Stand der Technik automatisch einfließen.
· Die derzeit (noch) typischerweise von den Behörden vorgeschriebenen Maßnahmen auf Basis von § 103 Stmk. BauG wurden geprüft. Einige Auflagen können im Ergebnis nicht auf § 103 Stmk. BauG gestützt werden und dürfen in diesem Zusammenhang nicht mehr vorgeschrieben werden.
· Der Vorwurf der Unverhältnismäßigkeit wurde vom VwGH in den bisher in dieser Sache ergangenen Erkenntnissen in allen Fällen hinsichtlich der Frage der Zumutbarkeit eingehend geprüft und zurückgewiesen.
· Die im Anhang angeführten zulässigen technischen Maßnahmen (Brandschutz-vorschreibungen) werden keineswegs als in ihrer Wirksamkeit umstritten angesehen. Sie beziehen sich auf einschlägige technische Standards. Allerdings hat sich seit dem Inkrafttreten der jetzigen für Hochhäuser geltenden Bestimmungen im Baugesetz der Stand der Technik weiterentwickelt, sodass nicht auf alle derzeit geltenden Standards im technischen Brandschutz Bezug genommen werden kann.
· Die wesentlichen Maßnahmen, die im Zusammenhang mit der Vorschreibung nachträglicher brandschutztechnischer Vorkehrungen bei bestehenden Hochhäusern seitens der Behörden zu beachten sind, können bis zum Zeitpunkt der Umsetzung harmonisierter bautechnischer Bestimmungen in Form von Durchführungsrichtlinien im Erlasswege an die Gemeinden präzisiert werden. Dem Erlass sind im Anhang "Technische Leistungsanforderungen" angeschlossen, die vor allem der technischen Information von Behörden und Planern dienen und als Grundlagendokument zur weiteren Ausarbeitung objektiver Leistungsbeschreibungen und damit vergleichbarer Ausschreibungsunterlagen herangezogen werden können. Auf den Erlass in der BEILAGE wird hingewiesen.
6. Ergänzende Maßnahmenvorschläge
Im Zusammenhang mit der geprüften Frage der Unzumutbarkeit nachträglich vorgeschriebener Brandschutzmaßnahmen anerkennt der VwGH zwar den nicht unbeträchtlichen Eingriff in das Eigentum des Einzelnen, kann ihm jedoch auch nur das höherwertige Schutzgut menschlichen Lebens entgegenstellen.
 "Bedenkt man nämlich, dass die Maßnahmen eine Brandkatastrophe hintanhalten und somit dem Schutz von Leib und Leben der Bewohner des Gebäudes, aber auch des Schutzes des Gebäudes als Ganzem dienen sollen, ist auch der Einsatz von Beträgen ‚zumutbar’, die - zumindest zunächst - nicht unbeträchtlich scheinen mögen" (VwGH-Erkenntnis GZ 97/06/0195 vom 27. 02. 1998).

Aus Sicht der Hochhausbewohner, die von nachträglichen Brandschutzmaßnahmen betroffen sind, werden für solche Maßnahmen zum Teil finanzielle Leistungen abverlangt, die oftmals die persönliche Leistungsgrenze des Einzelnen überschreiten. Dabei ist zu beachten, dass neben den Errichtungskosten im engeren Sinne, zusätzliche Kosten für Planung und Ausschreibung, für die Abnahmeprüfung sowie Instandhaltung (Wartungsarbeiten, wiederkehrende Prüfungen und Instandsetzungsarbeiten) anfallen.
Im Zuge der Gesprächsrunden wurde auch mehrmals der fehlende Wettbewerb bei den planenden und ausführenden Unternehmungen als problematisch bezeichnet, sodass ein fairer Wettbewerb, in dem Planungs- und Umsetzungskosten sowie spätere Instandhaltungskosten von mehreren Unternehmungen angeboten würden, faktisch nicht existiere und immer die gleichen Planer und Firmen zum Zug kämen.

Ein möglicher Lösungsansatz in dieser Problematik könnte in der Prüfung finanzieller Unterstützungsmöglichkeiten im Rahmen von Förderungen liegen.
Die finanzielle Belastung für den Einzelnen auf Grund brandschutztechnischer Maßnahmen bei Hochhäusern,  mit dem Ziel menschliches Leben zu retten, ist - etwa im Vergleich zur Belastung im Zuge der Revitalisierung historisch bedeutender Baudenkmäler, der Umsetzung ökologischer Maßnahmen im Wohnbau oder der freiwilligen Errichtung von Schutzräumen - nicht unbedingt als geringer einzustufen.
Mit einer entsprechenden Förderung könnte, analog zu anderen Förderungsmodellen, auch die Bedingung verknüpft werden, entsprechend festgelegte Vergabekriterien einzuhalten, die einen fairen Wettbewerb überhaupt erst in Gang setzen würden und entsprechende Einsparungsmaßnahmen bei den Sanierungskosten erwarten ließen.
 
 
 
Anhang
 
· Der Zugang zum Triebwerksraum des Aufzugs ist durch einen Feuerschutzabschluss, zumindest  in der Feuerwiderstandsklasse EI2 30-C(x), sowie in Fluchtrichtung aufschlagend auszubilden.
· Das Hauptstiegenhaus ist als eigener Brandabschnitt auszubilden. Ins Stiegenhaus mündende Türen anderer Räume (Wohnungen, Betriebsanlagen, Gängen etc.) sind mit einer Feuerschutztür in der Feuerwiderstandsklasse EI2 30-C(x) gem. ÖNORM B 3850 auszubilden.
- Als Alternative können die Wohnungszugangstüren brandschutztechnisch aufgerüstet werden, sodass sie eine Feuerwiderstandsdauer von 30 min für Raumabschluss und Wärmedämmung aufweisen.
- Allerdings ist durch eine akkreditierte Prüfstelle für Brandschutztechnik der Nachweis über die Tauglichkeit bzw. die Ausführung zu erbringen.
Die für die Brandschutztüren erforderlichen Türschließer C(x) sind jedenfalls anzubringen.
· Die Kellergeschoße sind vom Stiegenhaus bzw. restlichen Objekt mit einem Feuerwiderstandsverhalten von 90 min abzutrennen.
· Im obersten Punkt des Stiegenhauses ist eine Entlüftungsöffnung vorzusehen. Diese ist vom jeweils untersten Geschoß (bzw. Angriffsebene der Feuerwehr) und vom vorletzten Stiegenabsatz aus in einfacher Weise jederzeit (auch bei Stromausfall) öffenbar einzurichten. Der wirksame Rauchabzugsquerschnitt hat 5 % der Grundfläche des Stiegenhauses, mindestens aber 1 m2 zu betragen. Die Auslösevorrichtung der Stiegenhausentlüftung ist deutlich sichtbar nach ÖNORM F 2030, Teil 1 zu kennzeichnen\; es muss die Stellung "offen" oder "geschlossen" leicht erkennbar sein. Die Stiegenhausentlüftung ist mindestens einmal jährlich auf ihre Funktionstüchtigkeit zu überprüfen, worüber ein Wartungsbuch zu führen ist, welches der Behörde auf Verlangen vorzulegen ist.
· Das Stiegenhaus ist mit einer Überdruckbelüftungsanlage mit einem 30-fachen stündlichen Luftwechsel, jedoch mindestens 15.000 m3/h und einem Überdruck von mind. 40 Pa auszustatten. Ein Überdruck von 50 Pa darf dabei nicht überschritten werden.
Öffenbare Konstruktionen des Stiegenhauses müssen bei Ansprechen der Überdruckbelüftung automatisch - auch bei Stromausfall - geschlossen werden. Die gesamte Anlage ist gemäß ÖNORM F 3001 brandfallgesteuert und notstromversorgt auszuführen. Über die Ausführung der gesamten Überdruckbelüftungsanlage ist der Behörde ein mangelfreier Prüfbericht, ausgestellt von einer akkreditierten Prüfstelle, vorzulegen.
· Die Zugänge und Öffnungen zu den Elektroinstallations- und Energieschächten sind mit Brandschutzplatten derart aufzurüsten, dass sie einer Feuerwiderstandsdauer von 30 Minuten entgegenstehen. Weiters sind diese Öffnungen rauchdicht (sowohl bei Umgebungstemperatur als auch bei 200°C) herzustellen. Darüber sind Nachweise der Behörde von einem hierzu befugten Brandschutzsachverständigen vorzulegen.
· Die direkt im Keller mündenden Nasszellenentlüftungen bzw. Installationsschächte sind mit Brandschutzklappen mit einem Feuerwiderstandsverhalten EI 90 sowie mit einer entsprechenden Orientierung (ve\; ho\; i ? o) zu versehen. Diese Brandschutzklappen sind mit der Brandmeldeanlage gemäß ÖNORM F 3001 brandfallzusteuern.
· Es ist eine Brandschutzordnung gemäß TRVB 0 119 zu erstellen und an Stellen, an denen Personen häufig vorbeigehen oder sogar verweilen, auszuhängen. Die Brandschutzordnung ist alljährlich auf ihre Richtigkeit und Vollständigkeit zu überprüfen und allen Parteien nachweislich zur Kenntnis zu bringen.
· Für das Objekt ist ein Brandschutzplan gemäß TRVB 0 121 zu erstellen. Dieser Plan ist für die Feuerwehr jederzeit zugänglich bereitzuhalten (z.B. Brandmelderzentrale).
· Bei allen Feuerlöschern und Wandhydranten sind Alarmordnungen (Verhalten im Brandfall), erstellt gemäß TVB O 119, auszuhängen.
· Die Feuerwehrzufahrt bzw. Feuerwehraufstellfläche ist beginnend von der befestigten Fläche (nördliches Gebäudeeck) in einer Mindestbreite von 4,5 m über das östliche Gebäudeeck bis hin zur Gebäudemitte Richtung südliches Gebäudeeck zu verlängern und zu kennzeichnen und zu erhalten.
· Für folgende Bereiche sind Feuerschutztür in der Feuerwiderstandsklasse EI2 30-C(x) gemäß ÖNORM B 3850 einzubauen: a) Die Einmündung des Fernwärmeinstallationsschachtes im Keller
· Der Müllabwurfschacht im Stiegenhaus ist gegen den Durchtritt von Rauch, sowohl bei Umgebungstemperatur als auch bei 200 °C (Sm) aufzurüsten. Der Nachweis über die rauchdichte Ausführung ist von einem hiezu befugten Sachverständigen oder befugten Unternehmer der Behörde vorzulegen.
· Die Zugänge und Öffnungen im Installationsschacht der Fernwärme sind gegen den Durchtritt von Rauch, sowohl bei Umgebungstemperatur als auch bei 200 °C (Sm) aufzurüsten. Der Nachweis über die Ausführungen ist der Behörde vorzulegen.


Beschluss der Steiermärkischen Landesregierung vom 27. November 2006.


Es wird daher der

Antrag

gestellt:

Der Landtag wolle beschließen:

Der vorliegende Bericht der Steiermärkischen Landesregierung zum Landtagsbeschluss Nr. 123, Einl.Zahl 354/4, betreffend Brandschutz-bestimmungen in bestehenden Hochhäusern (Steiermärkisches Baugesetz) samt BEILAGE (Erlass) wird zur Kenntnis genommen.