EZ/OZ: 1034/1
Selbstständiger Antrag von Abgeordneten (§ 21 GeoLT)
eingebracht am 25.01.2007, 13:56:30
Landtagsabgeordnete(r): Edith Zitz (Grüne), Peter Hagenauer (Grüne), Ingrid Lechner-Sonnek (Grüne)
Fraktion(en): Grüne
Zuständiger Ausschuss: -
Regierungsmitglied(er): Franz Voves
Betreff:
Willkürliche Zuständigkeiten für Berufungen in der Landesvollziehung
Im Verwaltungsverfahren im Bereich der Landesvollziehung entscheidet in letzter Instanz entweder der Unabhängige Verwaltungssenat (UVS) oder die Landesregierung. Es ist für rechtssuchende Bürgerinnen und Bürger jedoch nicht nachvollziehbar, in welchen Fällen mit dem UVS ein weisungsfreies und unabhängiges Organ und in welchen Fällen mit der Landesregierung eine politische Behörde zuständig ist. Die Zuständigkeitsregelungen, die der Gesetzgeber getroffen hat, müssen daher als mehr oder minder willkürlich angesehen werden. Nicht nachvollziehbare Zuständigkeitsregeln können auch beträchtliche negative Folgen für rechtssuchende Personen haben: Wird die Berufung bei der falschen Behörde eingebracht, muss diese sie zwar an die zuständige Behörde weiterleiten, doch kann in der Zwischenzeit die Frist abgelaufen und die Berufung daher verspätet sein.
Einige Beispiele für willkürliche Kompetenzzuweisungen seien angeführt: So ist in einigen Gesetzen (siehe unten) wie dem Sozialhilfegestz, dem Fischereigesetz oder dem Veranstaltungsgesetz zum Teil die Landesregierung, zum Teil der UVS Berufungsbehörde. Solche Kompetenzzuweisungen sind nicht nur willkürlich, sondern für rechtssuchende Personen höchst verwirrend. Den Gipfel einer nicht nachvollziehbaren Kompetenzzuweisung bietet das Jagdgesetz, in dem für Berufungen bei Verpachtungen teilweise die Landesregierung, teilweise aber der UVS zuständig ist.
Verschärft wird das Problem verwirrender Kompetenzregelungen zusätzlich dadurch, dass der UVS für Akte der unmittelbaren Befehls- und Zwangsgewalt zuständig ist. Das hat zur Folge, dass der UVS jedenfalls Berufungsinstanz ist für behördliche Aufträge, die ohne Bescheid erteilt werden, sowie für Strafsachen.
Das in der Vergangenheit für sachlich nicht rechtfertigbare Kompetenzzuweisungen bemühte (machtpolitische) Argument, dass bei Ermessensentscheidungen die politische Behörde (die Landesregierung) zuständig sein sollte, ist haltlos. Einerseits hat auch der UVS ständig Ermessensentscheidungen zu treffen, andererseits darf auch die politische Behörde bei sonstigem Amtsmissbrauch Ermessen nur im Rahmen der Gesetze ausüben. Zudem hat die politische Behörde nach dem AVG die Möglichkeit, bei Ermessensentscheidungen gegenüber dem UVS einen Entscheidungsvorbehalt zu treffen. Das heißt, dass in diesem Fall der UVS nicht in der Sache selbst entscheiden darf, sondern den Bescheid bei Rechtswidrigkeit nur beheben und die Sache an die Behörde erster Instanz zurückverweisen darf.
Bei Bundesgesetzen ist die Problematik im übrigen die selbe, wie z.B. im Fremdenrecht, in der Gewerbeordnung und im Abfallwirtschaftsrecht. Im Bereich der Gewerbeordnung scheitert seit mehreren Jahren die Verlautbarung eines Bundesgesetzes, mit dem ein einheitlicher Rechtszug zum UVS normiert werden soll, am Einspruch des Bundeslandes Salzburg. Beim AWG 2002 etwa findet sich die nicht nachvollziehbare Kompetenzzuweisung, dass gegen Bescheide des Landeshauptmannes der Rechtszug teilweise zum Bundesminister, teilweise aber zum UVS geht. Oder bei Anlagen, die die Bezirksverwaltungsbehörden genehmigen, geht der Rechtszug an den Landeshauptmann, bei Genehmigungen des Landeshauptmannes aber an den UVS.
Bei folgenden steiermärkischen Landesgesetzen ist der UVS für Berufungen ausschließlich oder zum Teil zuständig:
Gesetz über Einrichtungen zum Schutze der Umwelt: ausschließliche UVS-Zuständigkeit
Vergabe-Nachprüfungsgesetz: ausschließliche UVS-Zuständigkeit
NaturschutzG
Zuständigkeit UVS: § 4 - Ankündigungen
Zuständigkeit Landesregierung: alle übrigen Bestimmungen
Landesfeuerwehrgesetz 1979
Zuständigkeit UVS:
§ 8 Abs. 6 und 7 - Bildung und Auflösung von Betriebsfeuerwehren mit Einsatzbereich über 2 Gemeinden, Entschädigungen für alle Betriebsfeuerwehren.
§ 26 Abs. 2 - Entschädigungen für freiwillige Feuerwehren
§ 30 Abs. 2 -Entschädigungen für Feuerwehrleute.
Zuständigkeit Landesregierung: alle übrigen Bestimmungen.
Die Zuständigkeitsregelung für den Vollzug des § 8 ist besonders paradox, da für die Bildung von Betriebsfeuerwehren, wenn sie lediglich in einer Gemeinde tätig sind, im Berufungsfall die Landesregierung, bei deren Auflösung jedoch der UVS zuständig ist.
Katastrophenschutzgesetz
Zuständigkeit UVS: § 8 Abs. 1, Maßnahmenbeschwerden
Zuständigkeit Landesregierung: alle übrigen Bestimmungen
Sammlungsgesetz: ausschließliche UVS-Zuständigkeit
Gesetz über den Schutz landwirtschaftlicher Betriebsflächen: ausschließliche UVS-Zuständigkeit
FischereiG 2000
Zuständigkeit UVS: § 2 Pachtverträge, § 7 Fischereiaufsicht, § 9 Fischerkarten
Zuständigkeit Landesregierung: alle übrigen Bestimmungen
JagdG 1986
Zuständigkeit UVS: § 10 Eigenjagd, § 15 Zulassung oder Ausschluss von Pächtern, § 16 öffentliche Versteigerung von Jagden, § 18 Kaution für Pachten, § 22 Unterverpachtung, § 29 Auflösung der Jagdverpachtung, § 31 Entstehen einer Eigenjagd während der Pachtperiode, § 32 Teilung einer Eigenjagd, § 34 Jagdschutzpersonal, § 38 Ausstellung von Jagdkarten, § 66 Schäden durch aus Wildgattern ausgebrochenes Wild und dessen Abschuss.
Zuständigkeit Landesregierung: alle übrigen Bestimmungen, z. B. alle anderen Arten der Verpachtung, Entziehung der Jagdkarte, sonstige Änderungen der Eigenjagden.
SozialhilfeG
Zuständigkeit UVS: §§ 28, 29, 30 Ersatz für Aufwendungen der Sozialhilfe
Zuständigkeit Landesregierung: alle übrigen Bestimmungen
GeländefahrzeugG: ausschließliche UVS-Zuständigkeit
VeranstaltungsG
Zuständigkeit UVS: Bei Bescheiden der Bezirksverwaltungs- und Bundespolizeibehörde
Zuständigkeit Landesregierung: Vorstellungsbehörde bei Bescheiden der Gemeinde
Es wird daher der
Antrag
gestellt:
Der Landtag wolle beschließen:
1. Zum Zwecke der rechtlichen Regelung nachvollziehbarer Kompetenzzuweisungen für Berufungen in der Landesvollziehung (zwischen Landesregierung und UVS) ist ein Unterausschuss einzusetzen.
2. Die Landesregierung wird aufgefordert,
a) an die Bundesregierung heranzutreten und von dieser einzufordern, in Bundesgesetzen (wie z.B. im Fremden-, Gewerbe- und Abfallwirtschaftsrecht) nachvollziehbare Kompetenzzuweisungen für Berufungen vorzunehmen, und
b) im Rahmen der Landeshauptleutekonferenz eine länderübergreifende Initiative zur Schaffung nachvollziehbarer Kompetenzzuweisungen im Berufungsverfahren in die Wege zu leiten.
Unterschrift(en):
Edith Zitz (Grüne), Peter Hagenauer (Grüne), Ingrid Lechner-Sonnek (Grüne)