LANDTAG STEIERMARK
XV. GESETZGEBUNGSPERIODE


EZ/OZ: 1108/1

Regierungsvorlage

eingebracht am 28.02.2007, 00:00:00


Geschäftszahl(en): FA1F-41.00-15/2002-6, FA1A-20.00-16/1999-10, FA7A-534-4/1995-243
Zuständiger Ausschuss: -
Regierungsmitglied(er): Franz Voves

Betreff:
Bericht zum Landtagsbeschluss Nr. 243, Einl.Zahl 590/6, betreffend Verständlichkeit von Bescheiden.

I. Landtagsbeschluss Nr. 243, Einl. Zl 590/1:
Der Steiermärkische Landtag hat in seiner Sitzung vom 4. Juli 2006 folgenden Beschluss gefasst:

"Die Steiermärkische Landesregierung wird aufgefordert,
1. Maßnahmen zu setzen, die die Verständlichkeit von Bescheiden auf Landesebene erhöhen,
2. an die Bundesregierung mit dem Ersuchen heranzutreten, dass diese Maßnahmen setze, die die Verständlichkeit von Bescheiden auf Bundesebene erhöhen,
3. an die steirischen Gemeinden mit dem Ersuchen heranzutreten, dass diese Maßnahmen setzen, die die Verständlichkeit von Bescheiden auf Gemeindeebene  erhöhen, und die Gemeinden in der Sache zugleich zu unterstützen (z.B. durch schriftliche Unterlagen, Seminare) sowie
4. dem Landtag über Maßnahmen bzw. Ergebnisse zu den Punkten 1 bis 3 zu berichten."

II. Bericht:
1. Maßnahmen zur Verständlichkeit von Bescheiden auf Landesebene:
a) Herausgabe eines Erlasses:
Die Fachabteilung 1F hat auf Grund des Landtagsbeschlusses am 5. Dezember 2006 einen Erlass herausgegeben (siehe Erlass-Sammlung im Intranet). Diesem Erlass wurde eine Punktation zur sprachlichen Gestaltung von Bescheiden angeschlossen. Im Übrigen wurde auf die sehr umfangreichen Ausführungen zur sprachlichen Gestaltung von Rechtsvorschriften im Legistischen Handbuch verwiesen (siehe Intranet, Legistik, Legistischen Handbuch, Abschnitt C). Die Dienststellenleiter wurden angewiesen, diesen Erlass ihren Mitarbeiterinnen/Mitarbeitern zu Kenntnis zu bringen und die Einhaltung des Erlasses durch entsprechende Maßnahmen zu überwachen.

b) Bescheidseminare:
Die FA1F hat in den Jahren 2004, 2005 und 2006 für die Landesbediensteten insgesamt neun zweitägige Bescheidseminare an der Landesverwaltungsakademie abgehalten. Ein wesentlicher Schwerpunkt dieser Seminare war die sprachliche Gestaltung und Verständlichkeit von Bescheiden.

c) Kurse im Rahmen der Grundausbildung:
Neu in den Landesdienst aufgenommene Landesbedienstete müssen nach dem Dienst- und Besoldungsrecht des Landes Steiermark zur Vorbereitung auf die Dienstprüfung eine Grundausbildung absolvieren. Ein Gegenstand der Kurse II, III und IV ist das Verwaltungsverfahren. Im Rahmen des Vortrags dieses Prüfungsgegenstandes wird vom Verfassungsdienst auch der sprachlichen Gestaltung und Verständlichkeit von Bescheiden besonderes Augenmerk geschenkt.

d) Projekte:
  • Im Rahmen des Verfahrensmanagements "Durchführung von Betriebsanlagenverfahren innerhalb von drei Monaten" wurden Vorgaben für die Verständlichkeit von Bescheiden erstellt. Insbesondere wurde ein Projekt "Bescheid-Feedback" durchgeführt. In diesem Projekt wurden den Bescheidadressaten mit dem Bescheid Feedback-Bögen übermittelt. Die Fragen dieser Feedback-Bögen bezogen sich auf die Verständlichkeit von Bescheiden. Die Rücklaufquoten waren sehr gut, die Verständlichkeit der Bescheide wurde durchschnittlich sehr gut bis gut bewertet. An diesem Versuch haben mehrere Bezirkshauptmannschaften sowie auch die für diese Verfahren zuständige Oberbehörde teilgenommen. Den Dienststellen steht es jederzeit offen, derartige Feedbacks durchzuführen.
  • In der Fachabteilung 7C (Staatsbürgerschaftswesen) wurde mit Unterstützung eines Experten die Verständlichkeit von Bescheiden hinterfragt. Auf Grund der Ergebnisse dieser Überprüfungen wurden in den Bescheiden Adaptierungen durchgeführt. Damit sollte in diesem Bereich das Ziel besserer Akzeptanz und besserer Verständlichkeit erreicht werden.
  • Regelmäßig gibt es Initiativen zur sprachlichen Gestaltung von Erledigungen (Stichwort "Amtsdeutsch"). Im Rahmen der Landesverwaltungsakademie werden im Rahmen von Rechtschreibkursen auch Elemente der verständlichen Formulierung von Erledigungen behandelt. Auch die sprachliche Gestaltung von Informationen im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit ist ein besonderes Anliegen.
  • Die Abteilung 5-Personal hat im Sommer 2006 ein internes Qualitätssicherungsprojekt mit dem Ziel der Verbesserung der spachlichen Gestaltung und Verständlichkeit ihrer Erledigungen, insbesondere Bescheide, durchgeführt.

Auch künftig wird die Verständlichkeit von Bescheiden und Erledigungen thematisiert werden. Schwerpunkte werden derzeit vorbereitet. Im Zusammenhang mit den Aufgaben der Oberbehörden in Bezug auf die Unterbehörden sollen bspw. die Oberbehörden gemeinsam mit den Bezirkshauptmanschaften verständliche und sprachlich gut aufbereitete Bescheidmuster entwickeln.


2. Maßnahmen zur Verständlichkeit von Bescheiden auf Bundesebene:
Die Steiermärkische Landesregierung hat Herrn Landeshauptmann Mag. Franz Voves in ihrer Sitzung vom 10. Oktober 2006 ermächtigt, den Beschluss des Landtags Steiermark an die Bundesregierung weiterzuleiten. Das diesbezügliche Schreiben von Herrn Landeshauptmann Mag. Voves an die Bundesregierung wurde am 11. Oktober 2006 entfertigt.

Das Bundeskanzleramt hat zunächst mit Schreiben vom 26. Oktober 2006 mitgeteilt, dass Herr Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel die Mitglieder der Bundesregierung in der Sitzung des Ministerrates vom 26. Oktober 2006 von dieser Eingabe in Kenntnis gesetzt habe.

Mit Schreiben Schreiben vom 27. Dezember 2006 wurde vom Bundeskanzleramt zum Beschluss des Landtages folgende inhaltliche Stellungnahme abgegeben:

"Zu Ihrem Schreiben von Herrn Landeshauptmann Mag. Voves vom 11. Oktober 2006, GZ FA1F-41.00-15/2002-6, mit dem er einen Beschluss des Steiermärkischen Landtages vom 4. Juli 2006 zur Verständlichkeit von Bescheiden vorlegt, kann ich Ihnen Folgendes mitteilen:
Bereits bei Mayerhofer/Pace (Handbuch für den politischen Verwaltungsdienst I5 [1895], 1186) wird zum "Amtsstyl" ausgeführt, dieser solle "s p r a c h r i c h t i g, k u r z und d e u t l i c h" sein. Es bedürfe keiner näheren Erörterung, dass "Verstöße gegen die S p r a c h  r i c h t i g k e i t nicht nur den Verfasser des Conceptes, sondern unter Umständen auch die Behörde selbst bloßzustellen geeignet sind". Die "K ü r z e des Styls" bestehe
"in der Vermeidung alles Ueberflüssigen, d. i. all' desjenigen, was hinwegbleiben kann, ohne daß von Seite des Lesers in Bezug auf den behandelten Gegenstand oder auf den Zweck, den der Aufsatz verfolgt, eine Lücke empfunden wird. Tautologien und sonstige unnöthige Wiederholungen sind unbedingt zu vermeiden. Die Kürze des Styls ist der Probirstein, an welchem sich die richtige Auffassungsgabe eines Beamten offenbart. Der Beamte, der kurz zu schreiben versteht und dabei vollständig erschöpft, was im Zwecke seines Aufsatzes liegt, der beweist, daß er Wesentliches von Unwesentlichem zu unterscheiden vermag, und liefert Ueberdachtes, Reifes."
Die "D e u t li c h k e i t des Styls erfordere, "daß man den Gegenstand, worüber man schreibt, erfasst hat" und hänge
"endlich auch von der Wahl des r i c h t i g e n  A u s d r u c k s ab. Hiebei ist darauf zu achten, daß Fremdwörter, dann Ausdrücke, welche der K a n z l e i s p r a c h e (Kanzleiterminologie) angehören, namentlich im Geschäftsverkehr mit Parteien mög­lichst vermieden werden."

Sieht man vom Erfordernis der Sprachrichtigkeit ab, welche sich von selbst verstehen sollte, ist all dies im Jahr 1925 in den Bestimmungen des AVG über Inhalt und Form der Bescheide auch verankert worden: § 59 Abs. 1 AVG bestimmt, dass der Spruch die Sache "in möglichst gedrängter, deutlicher Fassung … zu erledigen" hat\; gemäß § 60 AVG sind in der Begründung die maßgeblichen Informationen "klar und übersichtlich zusammenzufassen". Eine Gesetzesänderung ist daher nicht notwendig.
Die Beachtung der geschilderten rechtlichen Rahmenbedingungen kann von Seiten der Behörden etwa durch Schulungs- und Fortbildungsmaßnahmen sichergestellt werden. Beispielsweise hat erst kürzlich das Präsidium des Bundeskanzleramtes die Broschüre "Kommunikation im Bundeskanzleramt" herausgegeben, die ich Ihnen im Anhang übermitteln darf."


3. Maßnahmen zur Verständlichkeit von Bescheiden auf Gemeindeebene:
Es ist seit jeher ein Anliegen der Gemeindeabteilung (FA7A) die steirischen Gemeinden bei ihren umfassenden Tätigkeiten und Aufgabenerfüllungen soweit wie möglich und rechtlich zulässig zu unterstützen. Die im vorliegenden Antrag enthaltene Absicht, lässt sich im Wesentlichen durch eine gute und praxisnahe Ausbildung der im Gemeindedienst stehenden Mitarbeiter - speziell der Personen, die im Bereich der Hoheitsverwaltung tätig sind - erreichen.

Bei der Schulung von Gemeindebediensteten wirken zahlreiche Mitarbeiter der Gemeindeabteilung federführend in der beim Steiermärkischen Gemeindebund angesiedelten Gemeindeverwaltungsschule und Gemeindeverwaltungsakademie mit. In der Gemeindeverwaltungsschule werden neu eintretende Gemeindebedienstete in zwei Modulen, deren Dauer insgesamt 4 Wochen beträgt, auf den Dienst in der Gemeinde selbst, aber im Speziellen auch auf die Dienstprüfung vorbereitet. Wesentliche Gegenstände dabei sind das Verwaltungsrecht und im Besonderen das Verwaltungsverfahrensrecht. In diesen Fächern wird von den Vortragenden der Gemeindeabteilung besonders darauf geachtet, die im AVG enthaltenen Bestimmungen über Inhalt und Form der Bescheide sowie die Regeln über die allgemeine Verständlichkeit von Erledigungen den Teilnehmern im Sinne von "Bürgerfreundlichkeit" näher zu bringen.

Die Gemeindeverwaltungsakademie hingegen dient als weiterführende Aus- und Fortbildungseinrichtung für Gemeindebedienstete sämtlicher Verwendungs- und Entlohnungsgruppen. Hier wird ein breites Spektrum von gemeindespezifischen Themen angeboten, das Hilfestellung für eine praxisorientierte Umsetzung bieten soll. In allen Bereichen, die in einem engeren oder weiteren Zusammenhang mit der Erlassung von Bescheiden stehen, wird auch hier - jedenfalls von den Referenten der Gemeindeabteilung - auf die große Bedeutung der Verständlichkeit von Bescheiden hingewiesen und werden praxisbezogene Fallbeispiele erörtert. Neben den dazu rechtlich erforderlichen Vorgaben wird ebenso intensiv auf die sprachliche Gestaltung von Erledigungen eingegangen.

Durch die Mitwirkung bei den genannten Lehrgängen, Seminaren und Kursen und durch die in diesem Zusammenhang aufgelegten Arbeitsunterlagen und Skripten leistet die Gemeindeabteilung einen wesentlichen Beitrag zur Erhöhung der Verständlichkeit von Bescheiden auf Ebene der steirischen Gemeinden.


Beschluss der Steiermärkischen Landesregierung vom 26. Februar 2007.


Es wird daher der

Antrag

gestellt:

Der Landtag wolle beschließen:

Der vorstehende Bericht wird zur Kenntnis genommen.