LANDTAG STEIERMARK
XV. GESETZGEBUNGSPERIODE


EZ/OZ: 1186/1

Selbstständiger Antrag von Abgeordneten (§ 21 GeoLT)

eingebracht am 30.03.2007, 11:06:43


Landtagsabgeordnete(r): Renate Pacher (KPÖ), Ernest Kaltenegger (KPÖ)
Fraktion(en): KPÖ
Zuständiger Ausschuss: -
Regierungsmitglied(er): Kurt Flecker

Betreff:
Novellierung des Sozialhilfegesetzes

Bei der Gewährung von Sozialhilfe bestehen in der Steiermark regional unterschiedliche Vollzugspraxen. Während einige Sozialhilfebehörden die Bestimmung des § 8 Abs. 6 SHG so auslegen, dass vom Einkommen der vertretbare Wohnungsaufwand abgezogen und nur das dann verbleibende Einkommen dem Richtsatz gegenübergestellt wird, gehen viele andere Sozialhilfebehörden so vor, dass das Einkommen VOR Abzug des Wohnungsaufwandes als Grundlage herangezogen wird.
Dies sei an zwei Bespielen erläutert:
  1. Ein allein stehender Unterstützter hat kein Einkommen oder ein Einkommen unter 507,- Euro monatlich und einen vertretbaren Wohnungsaufwand von 160,- Euro monatlich, so steht ihm monatlich an finanziellen Mitteln ein Betrag von 507,- Euro plus 160,- Euro für den Wohnungsaufwand, gesamt also 667,- Euro monatlich zur Verfügung.
  2. Ein Notstandshilfeempfänger hat ein Einkommen von 508,- Euro monatlich. Er hat keine weiteren Ansprüche nach dem Sozialhilfegesetz und muss mit 508,- Euro sowohl seinen Lebensunterhalt als auch seinen Wohnungsaufwand bestreiten!

Diese Berechnungsmethode führt also dazu, dass all jene Personen benachteiligt werden, die ein Einkommen beziehen, welches gleich hoch oder geringfügig höher ist als der Richtsatz. Eine solche Auslegung des Gesetzes kann aber nur als verfassungswidrig bezeichnet werden, da sie dem Gleichheitsgrundsatz widerspricht.

Nach Beschwerde einer Betroffenen beim Verwaltungsgerichtshof hat die Rechtsmittelbehörde, FA 11A, in einem Fall ihre Berufungsentscheidung (GZ FA11A-32-1190/2006-3, vom 15.9.2006), die sich noch an der für die Betroffenen ungünstigeren Auslegung orientierte, abgeändert und der Berufung gänzlich Folge geleistet (GZ FA11A-32-1190/2006-8, vom 19.2.2007). Dies aber eben erst, nachdem der VwGH die Behörde zur Gegenschrift aufgefordert hatte.

Offenkundig ist die Bestimmung des § 8 Abs. 6 SHG derart missverständlich, dass selbst die zuständige Oberbehörde, die FA 11A, den verfassungskonformen und korrekten Sinn des Gesetzes nicht erfassen konnte. Es ist daher zu erwarten, dass es auch in der Zukunft in den Sozialhilfebehörden zu Fehlern bei der Auslegung dieser Bestimmung kommen wird.

Um sicherzustellen, dass nicht nur in den Fällen, in denen Betroffene bis zum VwGH vordringen, sondern in allen Fällen die korrekte Berechnungsmethode herangezogen wird, ist es unerlässlich den § 8 SHG zu novellieren. Dabei sollte die Regelung des § 11 Steiermärkisches Behindertengesetz als Vorbild herangezogen werden, da diese Bestimmung die nötige Klarheit enthält.  

Es wird daher der

Antrag

gestellt:

Der Landtag wolle beschließen:

Die Landesregierung wird aufgefordert,
  1. dafür zu sorgen, dass die Bestimmungen des Sozialhilfegesetzes von allen Sozialhilfebehörden verfassungskonform ausgelegt werden und
  2. im Interesse der Rechtssicherheit eine Regierungsvorlage zur Novellierung des § 8 Abs. 6 SHG nach dem Vorbild des § 11 Stmk. BHG auszuarbeiten, die die Gleichbehandlung sicherstellt, und diese Vorlage dem Landtag zur Beschlussfassung vorzulegen.


Unterschrift(en):
Renate Pacher (KPÖ), Ernest Kaltenegger (KPÖ)