LANDTAG STEIERMARK
XV. GESETZGEBUNGSPERIODE


TOP 27

EZ/OZ 879/5

Schriftlicher Bericht

Ausschuss: Umwelt

Betreff:
Verbesserung der Gewässeraufsicht.


zu:


EZ/OZ 879/5

Schriftlicher Bericht

Ausschuss: Umwelt

Betreff:
Verbesserung der Gewässeraufsicht


zu:


  • 879/1, Verbesserung der Gewässeraufsicht (Selbstständiger Antrag)


Der Ausschuss "Umwelt" hat in seinen Sitzungen vom 28.11.2006 und 17.04.2007 über den oben angeführten Gegenstand die Beratungen durchgeführt.

Der Antrag der Abgeordneten Lechner-Sonnek, Mag.a Zitz und Hagenauer wurde in der Sitzung des Landtages am 28.11.2006 der Landesregierung zur Einholung einer Stellungnahme zugewiesen.
 
Hiezu erstattet die Steiermärkische Landesregierung folgenden Bericht:

In der Begründung des ggst. Antrages betreffend "Verbesserung der Gewässeraufsicht" wird unter Bezugnahme auf den Rechnungshofbericht betreffend die Umweltsituation in der Grenzregion zu Ungarn und Slowenien, im Vergleich zum Burgenland von bedauerlichen Kontrolldefiziten bei der Gewässeraufsicht gesprochen und darauf hingewiesen, dass weniger Abwasserproben als in früheren Jahren genommen und untersucht werden. Vor dem Hintergrund der wieder steigenden Nitratbelastung sei dies inakzeptabel und müsse die Überwachung der Kläranlagen in der Steiermark flächendeckend gewährleistet sein. Zudem müssten die Kontrolltätigkeiten vor dem Hintergrund der Schongebietsverordnungen, der Überprüfung der Aufzeichnungspflichten der landwirtschaftlichen Betriebe, der Einhaltung der Verbotszeiträume im Frühjahr und im Herbst verstärkt werden. Offensichtlich sei die Gewässeraufsicht in der Steiermark personell nicht in der Lage, den gesetzlichen Kontrollaufgaben nachzukommen. Eine flächendeckende und umfassende Kontrolle sei jedoch unbedingt erforderlich, um die Bemühungen zur Senkung der Nitratbelastung im Leibnitzerfeld und im Unteren Murtal den entsprechenden Nachdruck zu verleihen.

Dazu ist aus fachlicher Sicht folgendes grundsätzlich festzustellen:

Die gereinigten Abwässer von Kläranlagen werden, abgesehen von kleineren Einzelanlagen mit Versickerung in den Untergrund, in Fließgewässer eingeleitet und besteht nachweislich kaum ein Zusammenhang zwischen diesen Einleitungen  und der Qualität des Grundwassers. Die aktuell nachgewiesenen Beeinträchtigungen des Grundwassers werden im Wesentlichen von menschlichen Tätigkeiten verursacht, die mit der Ausbringung von wassergefährdenden Stoffen (z. B. Düngemittel oder Pestizide) auf landwirtschaftlichen Nutzflächen verbunden sind. Direkte Einbringungen von wassergefährdenden Stoffen ins Grundwasser oder Aufbringungen von Abwässer auf Böden liegen heutzutage in einer vernachlässigbaren Größenordnung und spielen bestenfalls in lokal begrenzten Einzelfällen eine Rolle.

Bei der Überprüfung der Abwasserreinigungsanlagen und der Grundwasserreinhaltung handelt es sich um zwei miteinander kaum zusammenhängende Bereiche, die im Folgenden auch getrennt dargestellt werden.

Erläuternd wird noch ausgeführt, dass die Gewässeraufsicht in den §§ 130 ff. Wasserrechtsgesetz 1959 i.d.g.F. geregelt ist. Der Gewässeraufsicht obliegt im Hinblick auf Reinhaltung und Schutz die Kontrolle des ökologischen und chemischen Zustandes der Gewässer (ökologische und chemische Gewässeraufsicht). Der Umfang der Aufsicht umfasst auch den Schutz des Grundwassers, insbesondere in Grundwasser-Schongebieten. Eine weitere Tätigkeit ist die Überwachung zu Ermittlungszwecken. Für die Gewässeraufsicht sind besondere Aufsichtsorgane zu bestellen und zu vereidigen.

I Kontrolle: Abwasserreinigungsanlagen

Die Überprüfung von Abwasserreinigungsanlagen gründet sich nach den gesetzlichen Vorgaben auf drei Säulen:
1. Eigenüberwachung durch die Betreiber, (Umfang und Frequenz gesetzlich festgelegt)
2. Fremdüberwachung durch beauftragte Untersuchungsanstalt, (Umfang und Frequenz gesetzlich festgelegt)
3. Kontrolltätigkeiten durch Gewässeraufsicht (Umfang und Frequenz gesetzlich nicht näher bestimmt).
Abgesehen von der wesentlich höheren Anzahl von Kläranlagen in der Steiermark im Vergleich zum Burgenland sieht die steirische Gewässeraufsicht im Gegensatz zum Burgenland nicht so sehr in der Untersuchung einer möglichst großen Anzahl von übermittelten Proben (Probennehmer: Betreiber der Anlage), sondern in einer Kombination von Überprüfungen der Eigen- und Fremduntersuchungsbefunde, von Untersuchungen übermittelter Proben  und Überprüfungen an Ort und Stelle die optimale Vorgangsweise, um eine effiziente Überwachung sicherzustellen.
Die Überwachung mittels übermittelter Proben wird in Form des so genannten Kurztestes 4 x jährlich flächendeckend für kommunale Kläranlagen größer 500 EW (derzeit 255 Anlagen) durchgeführt. Vorortüberprüfungen mit Probenahmen durch die Gewässeraufsicht konnten im Jahre 2006 bei 65 kommunalen Anlagen größer 5000 EW und bei 42 Betriebsanlagen (teilweise mit mehreren Untersuchungsterminen) vorgenommen werden.
 
Auf Grund der derzeitigen personellen Situation im Bereich Anlagenüberprüfung der Gewässeraufsicht (1 Planposten wird seit Jahren nicht nachbesetzt) ist leider ein eindeutiges Vollzugsdefizit hinsichtlich der Überprüfung der zahlreichen Anlagen unter 5000 EW gegeben, die derzeit, aktuelle Anlassfälle ausgenommen, nicht einmal stichprobenartig vor Ort überprüft werden können. Die diesbezüglichen Kontrollen müssen sich auf die Überprüfung der übermittelten Befunde der Eigen- und Fremdüberwachungen bzw. auf den Kurztest im Bereich 5000 - 500 EW beschränken.

Zur Kontrolle der Abwasserreinigungsanlagen könnten zur Sicherung der notwendigen Qualität von der Behörde bzw. Gewässeraufsicht auch Kontrolluntersuchungen über private Untersuchungsanstalten zu Lasten der Anlagenbetreiber organisiert werden. Dabei könnten in Verbindung mit der Durchführung von im Bescheid vorgeschriebenen Fremduntersuchungen durch den Anlagentechniker gesamtheitliche Lösungen entwickelt werden (z.B. Ausschreibung und Vergabe der Kontrolluntersuchungen für Bezirke bzw. Regionen), die eine effiziente Überwachung der Funktionsfähigkeit der Kläranlagen sowie entsprechende Berichte an die Behörde und Gewässeraufsicht sicherstellen und auch keine Mehrkosten für die Anlagenbetreiber verursachen. Darüber hinaus sollte die Gewässeraufsicht bei erkennbar problematischen Emittenten gezielte Kontrollen durchführen.

Auch eine derart durchgeführte Kläranlagenüberwachung setzt qualifiziertes Personal in der Gewässeraufsicht voraus.

II Kontrolle: Reinhaltung des Grundwassers (Grundwasserqualität, Einhaltung der Schongebietsverordnungen, der Verordnungen betreffend Maßnahmengebiet und Beobachtungsgebiet und des Nitrataktionsprogrammes 2003)

1.Grundwasserqualität: Untersuchungstätigkeit in den belasteten Bereichen Grundwasserkörper "Leibnitzer Feld" und "Unteres Murtal"

Untersuchungen nach der Gewässerzustandsüberwachungsverordnung (GZÜV) zur Erstellung des Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplanes (NGP, Umsetzung der EU - Wasserrahmennrichtlinie): je 28 Messstellen befinden sich im Grundwasserkörper "Leibnitzer Feld" und "Unteres Murtal" mit jeweils vierteljährlicher Beprobung.
 
Eigenuntersuchungen der Gewässeraufsicht:
In den Schongebieten des Leibnitzerfeldes werden 17 Messstellen (nicht ident mit GZÜV - Messstellen) monatlich beprobt, der Brunnen Ragnitz wird vierteljährliche beprobt. Im Bereich Wagendorf/St. Veit/Vogau befinden sich 7 Messstellen mit vierteljährlicher Probenentnahme.
 
Im Unteren Murtal erfolgt eine vierteljährliche Beprobung von ca. 45 Messstellen (42 nicht ident mit GZÜV - Messstellen). Bei den Brunnen Radkersburg, Dedenitz, Halbenrain und Mureck 1 - 3 (kommunale Wasserversorgungsanlagen) werden vierteljährlich Proben entnommen.

Die Messungen entsprechend GZÜV (vormals WGEV, Wassergüteerhebungsverordnung) werden seit 1992 in etwa im gegenwärtigen Umfang durchgeführt.
 
Die Eigenuntersuchungen der Gewässeraufsicht werden systematisch im Leibnitzerfeld seit 1988, im Unteren Murtal  im unterschiedlichen Ausmaß ebenfalls ab 1988 vorgenommen. Im derzeitigen Umfang erfolgen die Untersuchungen seit 1998.

Die Überwachung des qualitativen Zustandes des Grundwassers im Leibnitzerfeld und im Unteren Murtal kann als flächendeckend bezeichnet werden. Ein diesbezügliches Defizit wird nicht gesehen und ist auch kein Erfordernis zur Ausweitung der Untersuchungstätigkeit, abgesehen von Adaptionen der Untersuchungsprogramme aus aktuellem Anlass, zu erkennen.

2. Kontrollen der Tätigkeiten im Leibnitzerfeld und Unteren Murtal, die Auswirkungen auf die Qualität des Grundwassers haben können, insbesondere hinsichtlich Nitrat- und Pestizidbelastung:

Kontrolle der Nutzungsbeschränkungen nach den Bestimmungen der Schongebietsverordnungen und des Nitrataktionsprogrammes 2003:

1. Ganzjährig erfolgen stichprobenartige Kontrollen der Aufbringungsverbote innerhalb und außerhalb der Schongebiete (ohne mengenmäßige Kontrollen der aufgebrachten Düngemittel), auch im Zusammenhang mit Probenentnahmen und anderen Überwachungstätigkeiten

2. Verdichtete Stichproben: Seit 1991 werden jedes Jahr im Frühjahr Spritzmittelkontrollen auf Einhaltung der entsprechenden Bestimmungen der Schongebietsverordnungen (Kalsdorf bis Radkersburg) und Kontrollen des generellen Verbotes von Atrazin - Ausbringung außerhalb von Schongebieten durchgeführt, wobei das Schwergewicht der Überprüfungstätigkeit in den Hauptmaisanbaugebieten liegt. Mit diesen Kontrollen sind in den Monaten April und Mai insgesamt 5 Gewässeraufsichtsorgane befasst.
 
3. Flächendeckende Überprüfungen: Auf Grund der angestiegenen Nitratbelastung werden seit Frühjahr 2006 in den Schongebieten Haslacher-Au, Leibnitzer Feld-West, Nordöstliches Leibnitzer Feld, Ragnitz, Ehrenhausen, Mureck, Gosdorf und Radkersburg flächendeckende Kontrollen der Ausbringungszeiten und der ausgebrachten Mengen von wirtschaftseigenem Dünger und Handelsdünger auf landwirtschaftlichen Nutzflächen (Ackerflächen) nach den Bestimmungen der Schongebietsverordnungen vorgenommen. Die Überprüfungen wurden im Jahr 2006 in der Zeit vom 1.April bis zur 1.Maiwoche und vom 1.Oktober bis 30.November einschließlich Nachstunden und Wochenenden von zwei Gewässeraufsichtsorganen durchgeführt. Diese umfangreiche Tätigkeit machte die Leistung von ca. 250 Überstunden im Frühjahr und von 200 Überstunden im Herbst je Gewässeraufsichtsorgan erforderlich. Im Herbst 2006 wurden zusätzlich stichprobenartige Kontrollen auf Einhaltung des Aktionsprogramm Nitrat 2003 außerhalb der Schongebiete in den angrenzenden Maisanbaugebieten der Bezirke Feldbach, Radkersburg und Leibnitz durchgeführt.

4. Die Kontrolle der Aufzeichnungspflichten wurde im Zuge der o. a. Überprüfungen aus gegebenen Anlass in Einzelfällen durchgeführt.

5. Weiters werden Überprüfungen von landwirtschaftlichen Betrieben auf Grund von Anzeigen der AMA (Agrarmarktverwaltung Austria) betreffend Nichteinhaltung der Bestimmungen des Aktionsprogrammes Nitrat 2003 durchgeführt. Insgesamt liegen derzeit 81 Anzeigen vor, denen nachgegangen werden muss.

Die unter Punkt 3 dargestellten erstmaligen Überprüfungen haben für das Jahr 2006 ergeben, dass in den Schongebieten 50 % der Überprüften die Bestimmungen der Schongebietsverordnungen missachtet haben. Außerhalb der Schongebiete musste bei 77% der Überprüfungen eine Nichthaltung des Aktionsprogrammes Nitrat 2003 festgestellt werden, wobei sich kein einziger der Überprüften an die Vorgaben der "Guten Landwirtschaftlichen Praxis" hinsichtlich einer bedarfsgerechten Düngung gehalten hat. Flächendeckende Kontrollen sind daher als unbedingt erforderlich zu bezeichnen, damit die entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen einigermaßen beachtet werden. Die physische und psychische Belastung der Erhebungsorgane ist allerdings derart groß, dass fraglich erscheint, ob eine derartig intensive Tätigkeit auf Dauer erbracht bzw. den beiden Kontrollorganen zugemutet werden kann. Diesbezüglich besteht ein akuter Personalbedarf, wobei festzuhalten ist, dass für diese Art der Tätigkeit landwirtschaftliche Fachkenntnisse unbedingt erforderlich sind.
 
Eine systematische Kontrolle der Aufzeichnungspflichten nach den Bestimmungen der Schongebietsverordnungen und der Grundwasserschwellenwertverordnung (Maßnahmen- bzw. Beobachtungsgebiete) ist beim derzeitigen Personalstand der Gewässeraufsicht nicht möglich. Ebenso kann eine Kontrolle der Einhaltung des  Nitrataktionsprogramm 2003 außerhalb der Schongebiete derzeit aus personellen Gründen nur im äußerst eingeschränkten Ausmaß stichprobenartig durchgeführt werden.

Die verstärkte, eventuell auch flächendeckende Kontrolle von Tätigkeiten in Schongebieten aber auch außerhalb von Schongebieten, die negative Auswirkungen auf die Grundwasserbelastung haben, werden sinnvollerweise von der Behörde dann anzuordnen sein, wenn bedenkliche Konzentratswerte überschritten werden. Wie bereits ausgeführt, besteht eine durchaus zufrieden stellende Beobachtung der Grundwasserverhältnisse in Qualität und Quantität. Die von der Behörde angeordnete Kontrolle z.B. der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung ausschließlich mit Personal der Gewässeraufsicht, müsste zu einer deutlichen Personalaufstockung der Gewässeraufsicht führen.

Zu prüfen wäre, ob neben einer Personalaufstockung in der Gewässeraufsicht auch die Möglichkeit des Einsatzes privater Kontrollorgane bestünde, wobei die Kostenvorschreibung sicherlich schwieriger zu regeln wäre, als dies bei Untersuchungen von Kläranlagen möglich ist.

Abschließend wird festgestellt, dass eine ausreichende personelle Ausstattung der Gewässeraufsicht im besonderen Interesse der Erhaltung bzw. Erreichung des guten Zustandes der Gewässer liegt und einen unverzichtbaren Bestandteil einer nachhaltigen Wasserbewirtschaftung darstellt.

Es wird daher der

Antrag

gestellt:

Der Landtag wolle beschließen:

Der Bericht des Ausschusses für Umwelt, Natur und Energie zum Antrag, Einl.Zahl 879/1, der Abgeordneten Ingrid Lechner-Sonnek, Mag.a  Zitz und Hagenauer, betreffend Verbesserung der Gewässeraufsicht, wird zur Kenntnis genommen.