EZ/OZ: 2084/1
Selbstständiger Antrag von Abgeordneten (§ 21 GeoLT)
eingebracht am 22.04.2008, 15:59:44
Landtagsabgeordnete(r): Walter Kröpfl (SPÖ), Waltraud Bachmaier-Geltewa (SPÖ), Ilse Reinprecht (SPÖ), Klaus Zenz (SPÖ)
Fraktion(en): SPÖ
Zuständiger Ausschuss: -
Regierungsmitglied(er): Franz Voves, Kurt Flecker, Helmut Hirt, Johann Seitinger, Bettina Vollath, Manfred Wegscheider
Betreff:
Zuordnung der AnwältInnen, Ombudsfrauen / -männer und Beauftragten des Landes zum Landtag
Bei der Behandlung des Antrages Einl. Zahl 1110/1 betreffend die Einrichtung einer Landesvolksanwaltschaft für die Steiermark zeigte sich, dass zur Umsetzung dieses Anliegens die erforderliche 2/3-Mehrheit im Landtag nicht gegeben ist.
Im Antrag wurde unter Verweis auf die derartigen Einrichtungen in Tirol und Vorarlberg u. a. ausgeführt, dass dadurch eine bessere Erreichbarkeit dieser Einrichtung gegeben sei. Insbesondere wurde auch darauf hingewiesen, dass die Landesvolksanwaltschaft in Vorarlberg auch Beschwerden entgegennehme, die die Bundesvollziehung betreffen (Weiterleitungsfunktion).
Der Landesvolksanwaltschaft sollen laut Antrag weitgehende Kontrollbefugnisse und die Befugnis der Beantragung der Prüfung der Gesetzmäßigkeit von Verordnungen, die im Bereich des Landes ergehen, zustehen und soll sie zur Weiterleitung von Beschwerden an andere zuständige Stellen verpflichtet sein.
Wie aus der auf den Antrag bezogenen Stellungnahme der Landesregierung hervorgeht, stehen den Bürgerinnen und Bürgern in der Steiermark schon derzeit verschiedene Servicestellen als Anlaufstellen für ihre Anliegen zur Verfügung. Dies sind insbesondere folgende Anwaltschaften, Ombudsschaften und Beauftragte:
· Der Kinder- und Jugendanwalt,
· der Behindertenanwalt,
· die Umweltanwältin,
· der Tierschutzombudsmann,
· die Patientinnen-/Patienten- und Pflegeombudsschaft und
· die Gleichbehandlungsbeauftragte.
Diese Stellen haben im Wesentlichen auch die Funktion einer Beschwerdestelle, bieten umfassende Service- und Beratungsleistungen an und haben in der Regel auch unterstützende Funktionen für das Amt der Landesregierung wahrzunehmen. Dazu gehören beispielsweise die Abgaben von Empfehlungen, die Mitwirkung in diversen Gremien etc.. Teilweise sind sie in Behördenverfahren eingebunden, z. B. die Umweltanwältin sogar mit Parteistellung. Diese Stellen sind fachlich selbständig, weisungsfrei und eigenverantwortlich tätig.
Neben diesen Anwaltschaften und Ombudsschaften gibt es eine Reihe von Servicestellen des Landes, die ebenfalls den BürgerInnen als Anlaufstelle zur Verfügung stehen. Dazu gehören Einrichtungen wie die Sozialservicestelle in der A11 Sozialwesen, das Büro für Bürger(Innen)beratung in der Fachabteilung 1A Organisation und diverse Auskunftsstellen wie z. B. in der Abteilung 15 - Wohnbau. Darüber hinaus gibt es interne Kontrollsysteme.
Im Großen und Ganzen decken diese Servicestellen, Anwaltschaften und Ombudsschaften die wesentlichen Bereiche der Landesvollziehung ab. Diese Stellen sind durch ihre mediale Präsenz und Öffentlichkeitsarbeit in der steirischen Bevölkerung hinreichend bekannt und werden - wie z. B. auch aus diversen Tätigkeitsberichten ersichtlich - umfassend in Anspruch genommen.
Lediglich jene Aufgabe, die aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht der Verwaltung zuzurechnen ist, nämlich die Missstandskontrolle gegenüber der Verwaltung, kann von diesen Stellen nicht wahrgenommen werden. Dazu ist in erster Linie die Volksanwaltschaft berufen. Die Bundesvolksanwaltschaft nimmt in diesem Zusammenhang die Aufgabe der Missstandskontrolle wahr. Dies auch für den Wirkungsbereich der steirischen Landes- und Gemeindeverwaltung.
Recherchen haben ergeben, dass ein Großteil der Volksanwaltschaftsbeschwerden, die die steirische Landesverwaltung betreffen, der Gemeindeverwaltung zuzurechnen ist. Jährlich fallen insgesamt rund 315 Fälle aus der Steiermark an, davon sind rund 11 % berechtigte Beschwerdefälle.
Der Vergleich mit den beiden Bundesländern, die bereits eine Landesvolksanwaltschaft eingerichtet haben (Vorarlberg und Tirol) zeigt in den beiden (relativ kleinen) Bundesländern eine deutlich höhere Zahl von Anlassfällen. Wesentlich ist in diesem Zusammenhang, dass diese beiden Landesvolksanwaltschaften durchwegs auch Beratungsleistungen, Auskunftserteilungen usw. durchführen. Daraus lässt sich schließen, dass gewisse Aufgaben von diesen Landesvolksanwaltschaften wahrgenommen werden, die in der Steiermark derzeit von den bereits genannten Anwaltschaften, Beauftragten und Ombudsschaften bzw. von Service- und Auskunftsstellen wahrgenommen werden.
Zur Frage der Anwesenheit des Volksanwaltes vor Ort ist anzumerken: Im Jahr 2006 fanden in Graz und in den Bezirken 26 Sprechtage statt. Im Berichtszeitraum 2003 bis 2005 waren es 79 Sprechtage.
In der steirischen Landesverwaltung gibt es somit ein umfassendes Angebot an Service- und Beratungsleistungen sowie auch Rechtsschutzeinrichtungen für Bürgerinnen und Bürger. Jene Aufgabe, die diese Stellen nicht durchführen können, nämlich die Missstandskontrolle über die Verwaltung, wird von der Bundesvolksanwaltschaft wahrgenommen.
Die Einrichtung einer Landesvolksanwaltschaft könnte den Effekt haben, dass die Bürgerinnen und Bürger neben der Inanspruchnahme der genannten Einrichtungen eine weitere Einrichtung vorfinden und nicht mehr unterscheiden können, an welche Stelle sie sich in einem konkreten Anlassfall zu wenden haben. Dies könnte zu einer starken Doppelgleisigkeit zwischen den einzelnen Einrichtungen in der Landesverwaltung und einer etwaigen Landesvolksanwaltschaft führen. Diese Problematik könnte verstärkt werden, wenn eine Landesvolksanwaltschaft insbesondere auch die Funktion eines "Weiterleiters" von Beschwerden und Anfragen an zuständige Stellen hätte.
Die Brutto-Personalkosten und die zur Verfügung stehenden Sachbudgets alleine der Anwaltschaften, Ombudsschaften und Beauftragten umfasst ca. 1,5 Millionen Euro jährlich (ohne Pensionstangente und Sachkosten wie z. B. Raumkosten, Verbrauchsmaterialien, Overheadkosten). Derzeit entstehen dem Land für die Einrichtung der Volksanwaltschaft keine Kosten, da diese vom Bund getragen werden.
Die Praxis hat aber öfter gezeigt, dass den Anwaltschaften, Ombudsfrauen / -männern oder Beauftragten die Spielräume im Rahmen des Amtes der Landesregierung eingeengt wurden, wenn sie in Bereichen tätig waren, in denen dieses Einmischen der Vollziehung "nicht passte".
Anstelle der Einrichtung einer Landesvolksanwaltschaft sollten die bestehenden AnwältInnen, Ombudsfrauen / -männer und Beauftragten des Landes möglichst weitgehend organisatorisch dem Landtag zugeordnet werden. Ein Gutachten von Herrn o.Univ.-Prof. Dr. Karl Weber sieht in dieser Zuordnung zum Landtag keine rechtlichen Probleme, der Verfassungsdienst des Landes sieht dies anders. Mit diesem Antrag soll nun der Weg gewählt werden, in einem Unterausschuss Wege zu finden, mit der die AnwältInnen, Ombudsfrauen / -männer und Beauftragten des Landes möglichst weitgehend organisatorisch dem Landtag zugeordnet werden können.
Eine Ausnahme stellt unter den aufgezählten AnwältInnen der Tierschutzombudsmann dar, weil er auf Grund einer bundesgesetzlichen Regelung eingesetzt ist. Damit entzieht sich dieser einer einheitlichen Regelungsmöglichkeit.
Die antragstellende Fraktion hat Gespräche mit den betreffenden AnwältInnen geführt, die ergeben haben, dass ein Großteil dieser FunktionsträgerInnen eine zukünftige Zuordnung zum Landtag sehr begrüßt, zwei davon stehen dieser Zuordnung neutral gegenüber.
Nach einer entsprechenden gesetzlichen Neuregelung, die die AnwältInnen des Landes dem Landtag zuordnet, sollte als einheitliche Anlaufstelle ein "Haus der Landesanwaltschaften" eingerichtet werden.
Es wird daher der
Antrag
gestellt:
Der Landtag wolle beschließen:
1. Im Rahmen eines einzusetzenden Unterausschusses soll eine gesetzliche Regelung gefunden werden, mit der die AnwältInnen, Ombudsfrauen / -männer und Beauftragten des Landes möglichst weitgehend organisatorisch dem Landtag zugeordnet werden können, wobei die bisherigen Tätigkeiten der AnwältInnen, Ombudsfrauen / -männer und Beauftragten möglichst weitgehend erhalten bleiben sowie Doppelgleisigkeiten vermieden werden sollten. Die Berichtspflicht sollte gegenüber dem Landtag bzw. bestimmten Ausschüssen erfolgen, jeweils zugeordneten Ausschüssen sollte eine Steuerungsmöglichkeit gegenüber den AnwältInnen, Ombudsfrauen / -männern und Beauftragten zukommen.
2. Dieses so erarbeitete Gesetz sowie die entsprechenden Novellierungen jener Landesgesetze, die Regelungen über AnwältInnen, Ombudsfrauen / -männer und Beauftragten des Landes vorsehen, sollen sodann noch im Lauf des Jahres 2008 einer Beschlussfassung zugeführt werden.
Unterschrift(en):
Walter Kröpfl (SPÖ), Waltraud Bachmaier-Geltewa (SPÖ), Ilse Reinprecht (SPÖ), Klaus Zenz (SPÖ)