LANDTAG STEIERMARK
XV. GESETZGEBUNGSPERIODE


TOP 31

EZ/OZ 1568/6

Schriftlicher Bericht

Ausschuss: Infrastruktur

Betreff:
Novellierung des Stmk. Abfallwirtschaftsgesetzes 2004


zu:


  • 1568/1, Novellierung des Stmk. Abfallwirtschaftsgesetzes 2004 (Selbstständiger Antrag)


Der Ausschuss "Infrastruktur" hat in seinen Sitzungen vom 09.10.2007 und 04.03.2008 über den oben angeführten Gegenstand die Beratungen durchgeführt.

Der Ausschuss für Infrastruktur hat am 9. Oktober 2007 den Beschluss gefasst, zum Antrag der Abgeordneten Dr. Werner Murgg und Ernest Kaltenegger betreffend eine Novellierung des Steiermärkischen Abfallwirtschaftsgesetzes 2004, Einlagezahl 1568/1, eine Stellung­nahme der Landesregierung einzuholen.

Mit diesem Antrag wird die Steiermärkische Landesregierung aufgefordert, eine Regierungsvorlage zur Novellierung des Steiermärkischen Abfallwirtschaftsgesetzes 2004 in bestimmten Punkten auszuarbeiten und dem Landtag zur Beschlussfassung vorzulegen.

Seitens der Landesregierung wird zum Antrag über die Fachabteilung 13A folgende Stellungnahme abgegeben:

Das Steiermärkische Abfallwirtschaftsgesetz 2004, LGBl. Nr. 65, in der geltenden Fassung LGBl. Nr. 56/2006 ist mit 1. November 2004 in Kraft getreten und hat das Steiermärkische Abfallwirtschaftsgesetz 1990 abgelöst.

Die Neuerlassung des Abfallwirtschaftsgesetzes war u. a. deshalb notwendig, da mit Inkrafttreten des Bundesabfallwirtschaftsgesetzes (AWG), BGBl. I 2002/102, gerade im Bereich der nicht gefährlichen Abfälle die Bedarfskompetenz des Bundes gemäß Art. 10 Abs. 1 Z. 12 B-VG stark in Anspruch genommen wurde. Auf Grund der bundesgesetzlichen Regelungen verbleibt dem Landesgesetzgeber im Bereich der Abfallwirtschaft nur noch eine Regelungskompetenz im Hinblick auf die Siedlungsabfälle (nur ein bestimmtes Segment der nicht gefährlichen Abfälle), die Organisation der Abfuhr von Siedlungsabfällen, die Anschlusspflicht zur öffentlichen Abfuhr von Siedlungsabfällen, die Gebühren über die Siedlungsabfälle und Regelungen über Abfallwirtschaftsverbände.

Das Segment der Siedlungsabfälle, das durch Landesrecht geregelt werden kann, beschränkt sich auf die nicht gefährlichen Abfälle gemäß Gruppe 20 des Europäischen Abfallverzeichnisses. Danach fallen beispielsweise Verpackungsabfälle (Gruppe 15 des Europäischen Abfallverzeichnisses) nicht in den Regelungsbereich eines Landesabfallgesetzes.

Auf Grund der Inanspruchnahme der Bedarfsgesetzgebungskompetenz des Bundes ist auch der Bereich des Anlagenrechtes bzw. der Bereich des Maßnahmenrechtes (abfallpolizeiliche Maßnahmen) nicht mehr durch das Landesrecht zu regeln.

Darüber hinaus wäre anzumerken, dass die Problemstoffsammlungen der Gemeinden bzw. Gemeindeverbände sehr wohl durch bundesrechtliche Bestimmungen (und daher nicht freiwillig) durchzuführen sind. Diesbezüglich wird  auf § 28 AWG 2002 hingewiesen. Demnach hat eine Gemeinde (ein Gemeindeverband) bei Bedarf, jedoch mindestens zweimal jährlich eine getrennte Sammlung von Problemstoffe durchzuführen.

Bei der Erarbeitung des Steiermärkischen Abfallwirtschaftsgesetzes 2004 spielten die Themen Liberalisierung, Andienung, Planwirtschaft etc. eine bedeutende Rolle und zeigte sich dies insbesondere im Zusammenhang mit der Textierung von § 6.

Letztlich hat sich der Landesgesetzgeber jedenfalls nicht für eine Liberalisierung im Bereich der Siedlungsabfälle entschieden, sondern durch Aufgabenzuordnung bei der Sammlung und Abfuhr der Siedlungsabfälle die jeweilige Gemeinde und für die Behandlung (Ver­wer­tung und Beseitigung) den jeweiligen Abfallwirtschaftsverband in Pflicht ge­nommen. Gleichzeitig hat der Gesetzgeber die Möglichkeit eingeräumt unter Beachtung der Gebührengestaltung durch die Gemeinden (Gebührenhoheit) bzw. der Abfallverbände und nach Maßgabe der Bestimmungen des Vergaberechtes, die Erfüllung dieser Verpflichtungen auch an befugte Dritte (Entsorgerwirtschaft) zu übertragen. Durch die gegenwärtige Gesetzeslage ist sichergestellt, dass die Gebührenhöhen über die Sammlung und Behandlung der Siedlungsabfälle jedenfalls von den Kommunen und den Abfallwirtschaftsverbänden gestaltet und bestimmt werden.

Neben diesen grundsätzlichen Aspekten ist darauf hinzuweisen, dass auf Grund von Art. 116 Abs. 2 B-VG eine Gemeinde in ihrer wirtschaftlichen Betätigung nicht schlechter gestellt werden darf, als andere Rechtssubjekte\; dies schließt auch eine Beschränkung der wirtschaftlichen Betätigung der Gemeinde durch das Subsidiaritätsprinzip aus. Wie der wirtschaftlichen Betätigung des Bundes und der Länder sind auch jener der Gemeinden, nur durch die Grundrechtsordnung im B-VG und im Staatsgrundgesetz Grenzen gesetzt.

Daher wird auch ohne eine (im Antrag beabsichtigte) ausdrückliche landesgesetzliche Ermächtigung das Recht der Gemeinde (oder eines Gemeindeverbandes) sich beim Betrieb einer Gemeindeeinrichtung eines Dritten z. B. eines privaten Abfallentsorgers zu bedienen, nicht ausgeschlossen werden können.

Das im Finanzausgleichsgesetz festgelegte und durch das Erkenntnis des VfGH vom 10.10.2001, GZ: B 260/01 als verfassungskonform anerkannte doppelte Äquivalenzprinzip besagt, dass der mutmaßliche Jahresertrag der Gebühren das doppelte Jahreserfordernis für die Erhaltung und den Betrieb der Einrichtung oder Anlage sowie für die Verzinsung und Tilgung der Errichtungskosten nicht übersteigen darf, wobei die Ausschöpfung dieses Rahmens nur aus Gründen in Betracht kommt, die mit der betreffenden Einrichtung in einem inneren Zusammenhang stehen, sei es, dass Folgekosten der Errichtung finanziert werden, Lenkungsziele verfolgt oder Rücklagen für eine Ausweitung bzw. Sanierung der Einrichtung oder Anlage gebildet werden  sollen.

Wenn auch die Ausschöpfung des doppelten Äquivalenzprinzips im Hinblick auf die Gebührengestaltung lediglich eine Ermächtigung darstellt, so ist sehr wohl von einem Gebot der Einhaltung des einfachen Kostendeckungsprinzips auszugehen. Die Gemeindebehörden haben sich daher bei der Gestaltung jener Gebührenregelungen, die im freien Beschlussrecht der Gemeinden liegen, an dem Grundsatz zu orientieren, dass mit dem Jahresertrag der Benützungsgebühren Kostendeckung erreicht wird. Daher erscheint es unter dem Gesichtspunkt sozialer Staffelungen rechtlich nicht zulässig, vom gesetzlich bestimmten (zumindest einfachen) Äquivalenzprinzip abzugehen.
 
Zur Frage, nach welchen Grundsätzen der Gebührengesamtbetrag auf die einzelnen BürgerInnen aufzuteilen ist, vertritt der VfGH in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass die gesamt zulässigen Gebühren auf die einzelnen BenützerInnen oder Benützungskategorien nach sachlichen Kriterien zu verteilen sind. Der VfGH hat hierbei auf das Verhältnis auf Leistung und Gegenleistung abgestellt und dabei sowohl die verursachten Kosten als auch den erzielten Nutzen beachtet. Es kommt bei der Gebührenkalkulation nur eine Aufteilung auf die BenützerInnen nach Maßstäben in Frage, die im Zusammenhang mit der Benützung der Einrichtung oder Anlage stehen. Als solche kommen insbesondere die von den einzelnen BenützerInnen verursachten Kosten (im weitesten Sinn) oder der ihnen zugute kommende Nutzen in Betracht.

Die Abfallwirtschaft hat sich in Österreich und insbesondere der Steiermark in den letzten 20 Jahren außerordentlich positiv entwickelt. Einschlägige Indikatoren wie z. B. das Ergebnis getrennt gesammelter Altstoffe, Rücklaufraten, Verwertungsraten,  spezifische Kosten­entwicklung der Abfallentsorgung und das in der Steiermark vorhandene Innovations- und Entwicklungspotenzial  im Bereich der Abfallwirtschaft dokumentieren diese positive Entwicklung, die im übrigen in den von der FA 19D herausgegeben Publikationen
  •     50 Jahre Abfallwirtschaft in der Steiermark, Graz, Juni 2005
  •     Die Steirische Abfallwirtschaft, Graz, Oktober 2006

beschrieben wurde.

Weiters wird drauf hingewiesen, dass bei der Überprüfung der Abfallwirtschaft in den Bundesländern im Jahr 2006 durch den Bundesrechnungshof die abfallwirtschaftliche Situation in der Steiermark, die landesgesetzlichen Grundlagen (StAWG 2004) und der Landes-Abfallwirtschaftsplan 2005  positiv beurteilt wurden (Rechnungshofbericht Reihe Bund 2007/06).

Die aktuelle Entwicklung der Abfallwirtschaft wurde in dem im Herbst 2007 veröffentlichten Umweltschutzbericht des Landes Steiermark - Band 21 - dokumentiert,  der vom Steiermärkischen Landtag in seiner Sitzung am 11.12.2007 nach einer ausführlichen Debatte einstimmig zur Kenntnis genommen wurde.

Ein wesentlicher  Anteil an dieser erfolgreichen Entwicklung geht in der Steiermark auf das Engagement der privaten Entsorgungswirtschaft zurück. Die rund 300 privaten Entsorgungsunternehmen sammeln, transportieren, behandeln, verwerten und entsorgen mit den etwa 3000 MitarbeiterInnen rund 80% des gesamten Abfallaufkommens in der Steiermark. Die private Entsorgungswirtschaft hat insbesondere im Zuge der Anpassungserfordernisse an die Deponieverordnung 1996 für die Vorbehandlung von Abfällen für Forschung und Entwicklung und für die Errichtung von Abfallbehandlungsanlagen nach dem Stand der Technik in den letzten 10 Jahren etwa 150 Mio. € investiert.

Auch in Belangen der Bewusstseinsbildung (Aufklärung in Kindergärten und Schulen, überregionale Informationsveranstaltungen und Kampagnen) hat die private Entsorgungswirtschaft in guter Zusammenarbeit mit der zuständigen Fachabteilung Pionierarbeit geleistet. Von den steirischen Entsorgungs- und Verwertungsunternehmen wird ein hoher Aufwand betrieben, um als Nahentsorger den BürgerInnen ein gutes Service und eine nahezu lückenlose Verwertungskette von der Abfalltonne über die Abholung, Weiterverarbeitung bis hin zum umweltfreundlichen Recycling zu bieten.

Die Entsorgungswirtschaft hat sich zu einem bedeutendem Wirtschaftsfaktor entwickelt, dessen Know How nicht nur bei uns im Land sondern mittlerweile auch international sehr gut nachgefragt wird. Von den insgesamt 542 steirischen Gemeinden haben im Jahr 2005 insgesamt 522 (97 %) die Sammlung von gemischten Siedlungsabfällen privaten Entsorgungsunternehmen übertragen, in 16 Gemeinden erfolgt die Sammlung durch kommunale Betriebe und in drei Gemeinden werden diese Aufgaben im Rahmen eines Private-Public-Partnership-Modells (PPP) erfüllt.

Aus der Begründung des ggstl. Landtagsantrages und aus einer vom Landtagsklub der KPÖ im Sommer 2007 herausgegebenen Broschüre mit dem Titel "Wege aus der Abfallmisere" könnte der Schluss gezogen werden, dass die Abfallwirtschaft in der Steiermark sich in einem kritischen Zustand befindet. Die ins Detail gehende Recherche bezieht sich vor allem auf die internationale Entwicklung, wonach mit der Globalisierung auch ein Konzentrierungsprozess im Bereich der Entsorgungswirtschaft  einhergeht. Aufgrund des von der EU-Kommission geschätzten EU-Marktvolumens von 75 Milliarden € wird auf die Strategie international tätiger französischer, deutscher und spanischer Entsorgungskonzerne und deren Macht in Form erfolgreichen Lobbyings in den EU-Institutionen hingewiesen.

Um diesen aufgezeigten Entwicklungen entgegenzusteuern hat die KPÖ mit dem vorliegenden Landtagsantrag die Änderung des Steirischen Abfallwirtschaftsgesetzes dahin gehend vorgeschlagen, die Sammlung, Abfuhr und Behandlung aller Abfälle aus Haushalten, Gewerbe und Industrie an öffentliche Entsorgungseinrichtungen verpflichtend anzudienen und die Besorgung dieser Aufgaben durch private Entsorger zu unterbinden.

Abgesehen von der kompetenzrechtlichen Problematik - die abfallwirtschaftliche Regelungskompetenz für das Land beschränkt sich ausschließlich auf den Bereich der Siedlungsabfälle - sei darauf hingewiesen, dass seit dem Jahr 1995 in der Steiermark im Verhältnis zum Restmüllaufkommen über die getrennte Sammlung mehr Altstoffe (Altpapier, Altglas, Altmetalle, Altkunststoffe, Sperrmüll, Altholz, Elektroaltgeräte, Baum- und Strauchschnitt - Christbaumsammlung - haushaltsnahe biogene Abfälle (Küchen und Gartenabfälle aus den Haushalten) biogene Abfälle aus dem gewerblichen Bereich (Gastroabfälle aus Großküchen und Kantinen),  Problemstoffe (gefährliche Abfälle aus dem Bereich der Haushalte) erfasst werden.  Aufgrund neuer Sortier- und Aufbereitungstechniken können mittlerweile auch heizwertreiche Anteile aus dem kommunalen Restmüll zu qualitätsdefinierten Ersatzbrennstoffen für die Industrie aufbereitet werden. Aus heutiger Sicht ist Abfall eine Ressource geworden, ist zu einem sehr beträchtlichen Anteil wieder verwertbar und kann somit als Sekundärrohstoff in die Wertschöpfungskette einfließen.

Im Sinn des ggstl. Landtagsantrages könnte daraus abgeleitet werden, dass unter Beachtung der geforderten gesetzlichen Änderungen, hinkünftig auf Ebene der Abfallwirtschaftsverbände u. a. auch Anlagen zur Aufbereitung und Verwertung von Altpapier, Altglas, Altmetallen, Altkunststoffen, heizwertreichen Abfällen zu errichten und zu betreiben wären.

Die Abfallwirtschaft hat sich in den letzten 20 Jahren in der Steiermark von einer primitiven deponiebasierten Entsorgung zu einer komplexen ressourcenorientierten Aufbereitungs- und Verwertungswirtschaft entwickelt. Den komplexen Produktions- und Distributionsstrukturen auf der Versorgungsseite, steht heute eine technisch basierte Verwertungs- und Entsorgungslogistik gegenüber, die mit den von der KPÖ geforderten regionalen Strukturen auf Verbandsebene nicht mehr zukunftsorientiert bewerkstelligt werden könnte. Die Konsumwelt von heute mit der Vielzahl von Produkten und Stoffen, die sich spiegelbildlich nun mittlerweile auch auf der Entsorgungsseite wieder finden, müssen mit speziell geschulten Fachleuten und mit hohem technischem Aufwand in Bezug auf die anzuwendende Sortier-, Zerlege- und Aufbereitungstechnik die komplexen Anforderungen an die in den Abfällen enthaltenen unterschiedlichsten Stoffe  erfüllen. Diesem Grundverständnis folgend, müssen spiegelbildlich zur Versorgungsstruktur im Bereich der Entsorgung die Güter und Stoffe ebenso komplex in ähnlich anspruchsvollen Prozessen der Wiederverwendung, der stofflichen oder der thermischen Verwertung zugeführt werden. Je anspruchsvoller technische Lösungen zur Aufbereitung und Verwertung sind, umso weniger kann damit der grundsätzlichen Forderung nach regional basierten Entsorgungsstrukturen entsprochen werden.

Im Licht der aktuellen Entwicklung bei den Rohstoffpreisen stellen Abfälle wertvolle Ressourcen dar (Abfälle sind Rohstoffe am falschen Platz) die in der Steiermark zu einem bereits überwiegendem Anteil (>\; 60%) einer stofflichen oder thermischen Verwertung zugeführt werden. Im internationalen Vergleich liegt Österreich beispielsweise beim Altglasrecyling und beim Papier- und Kartonagenrecycling nach einem aktuellen OECD-Bericht weltweit im Spitzenfeld (OECD Environmental Data 2007).

Der im Landtagsantrag in der Begründung enthaltenen Einschätzung, wonach Abfälle ein "negatives Gut" darstellen, kann mit Hinweis auf den dargelegten Sachverhalt aus fachlicher Sicht nicht gefolgt werden. Die Bestrebungen der steirischen Abfallwirtschaft gehen jedenfalls in jene Richtung, durch bestmögliche Verwertung einzelner Abfallfraktionen eine Entlastung bei den Entsorgungskosten herbeizuführen.

Der Darstellung in KPÖ-Publikation "Wege aus der Abfallmisere", dass steirische Haushalte unter horrenden Müllgebührenbelastung leiden, die durch Privatisierung und Liberalisierung der Abfallentsorgung verursacht wird, ist ebenfalls zu relativieren.

Nach einer Studie der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Steiermark (Abfallentsorgungsgebühren in den steirischen Gemeinden, Graz, September 2006) liegen für einen durchschnittlichen steirischen Haushalt mit drei Personen die Abfallentsorgungsgebühren bei 115 € pro Jahr. Auf Basis der steirischen Abfallerhebung 2007 durch die FA 19D lagen nach Auswertung von Daten aus 468 Gemeinden die spezifischen Gesamtentsorgungskosten im Jahr 2006 bei 57 € pro EW.

Nach Auswertungen der Statistik Austria (Projektbericht Öko-Steuern 1995 - 2006, Wien 2007) beliefen sich im Jahr 2005 bundesweit die kommunalen Müllgebühren auf rd. 550 Mio. €, was österreichweit einer spezifischen Müllgebühr von etwa 66 € pro EW entspricht.

In Bayern lagen die Entsorgungsgebühren im Jahr 2006 nach Angaben des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz für einen durchschnittlichen 4-Personen-Haushalt bei 171 €  (Kosten und Gebühren der Abfallwirt­schaft in Bayern, München 2006).
 
Bedenkt man, dass aufgrund gesetzlicher Änderungen (Deponieverordnung 1996) ab dem 1.1.2004 Siedlungsabfälle nicht mehr ohne Vorbehandlung deponiert werden dürfen und in der Steiermark flächendeckend das Konzept der mechanisch-biologischen Abfallbehandlung in Form der Schaffung neuer und zusätzlicher Abfallbehandlungsanlagen umgesetzt worden ist, ist auch die Erhöhung der Müllgebühren in der Steiermark moderat ausgefallen. Als Beispiel wird die Situation in der Stadt Graz angeführt. Für die 14-tägige Entleerung einer 240 Liter Restmülltonne wurde bzw. wird im Jahr
  •     1995 eine Müllgebühr von 252,24 € (exkl. Ust)
  •     2006 (und 2007 unverändert!) eine Müllgebühr von 303,60 € (exkl.Ust)
verrechnet.  Über einen Zeitraum von 13 Jahren ergibt sich somit in der Stadt Graz eine Erhöhung der Müllgebühr am Beispiel der 240-Liter-Restmülltonne von 20,3%!  

Aus Sicht der FA 19D kann daher zusammenfassend festgestellt werden, dass die abfallwirtschaftliche Entwicklung in der Steiermark in den letzten Jahren eine sehr erfreuliche Entwicklung genommen hat und die Innovation und die Kompetenz in diesem Bereich als Exportartikel erfolgreich vermarktet werden kann. Die Bedenken der KPÖ, dass Privatisierung und Liberalisierung in der Abfallwirtschaft zu einer unsozialen Umverteilung führen, die GroßkundInnen mit entsprechender Marktmacht in die Lage versetzen, Preissenkungen auf Kosten der Haushalte auszuverhandeln und die Befürchtung, dass "Müll" zu einer immer größeren Profitquelle für Abfallwirtschaftskonzerne wird, können aus fachlicher Sicht für die Abfallwirtschaft in der Steiermark nicht geteilt werden.
 
Im Zuge der sich über zwei Jahre hinziehenden Verhandlungen zum StAWG 2004 wurden aus Sicht der Gemeinden und Abfallwirtschaftsverbände Befürchtungen artikuliert, wonach eine Liberalisierung bei der Entsorgung von Siedlungsabfällen aus dem gewerblichen Bereich dazu führen könnte, dass in Gunstlagen die private Entsorgungswirtschaft im Sinn einer "Rosinenpickerei" den Gemeinden und Abfallwirtschaftsverbänden Abfallmengen und Ertragsanteile abspenstig machen könnte und in Ungunstlagen jeweils immer die Gemeinde im Sinn der Daseinsvorsorge ihren Sammel- und Entsorgungsverpflichtungen nachzukommen hat.

Die langwierigen Verhandlungen mit der privaten Entsorgungswirtschaft, den Gemeinden - vertreten durch Gemeindebund und Städtebund - und den Abfallwirtschaftsverbänden haben zu einem Ergebnis geführt, wonach durch Verankerung der Andienungspflicht an die Gemeinden  (§ 6 Abs. 3 StAWG 2004), gewerbliche Siedlungsabfälle jedenfalls über die Gemeinde zu sammeln und in weiterer Folge über den jeweils zuständigen Abfallwirtschaftsverband zu verwerten oder zu entsorgen sind.  Sowohl für gewerbliche und industrielle produktionsspezifische nicht gefährliche Abfälle als auch für gefährliche Abfälle ergibt sich auf Landesebene keine Regelungskompetenz!

Der Landtagsantrag ist auch in Hinblick auf geltendes EU-Recht als problematisch anzusehen. In Bezug auf Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse wird auf die Zusammenfassung der aktuellen Diskussion über Leistungen der Daseinsvorsorge in der umfassenden Publikation des Österreichischen Städtebundes (Daseinsvorsorge - Dienstleistungen von allgemeinem Interesse, Wien, September 2005) verwiesen.

Abschließend wird zu den einzelnen Änderungspunkten Folgendes ausgeführt:

zu § 6:
Die Abfallwirtschaft verzeichnet seit dem Jahr 1990 eine intensive Entwicklung der getrennten Sammlung. Die Schaffung von neuen öffentlichen Unternehmungen für die Sammlung, Abfuhr und Behandlung von Abfällen auf Ebene der Abfallwirtschaftsverbände ist definitiv nicht zielführend. Im Hinblick auf die notwendigen Veränderungen in Richtung Abfallverwertung ist eine Kooperation mit bestehenden - überwiegend gewerblichen und industriellen Einrichtungen, erforderlich. Es kann nicht ernsthaft die Forderung erhoben werden, zusätzlich zu den bereits vorhandenen gewerblichen und industriellen Anlagen parallel neue, öffentliche Anlagen zu errichten und zu betreiben.

zu § 7 und § 14:
 Die private Entsorgungswirtschaft hat in der Steiermark entscheidend daran mitgewirkt, die Vorgaben der Deponieverordnung 1996 termingerecht zu erfüllen. Sie hat dazu enorme Aufwendungen für die Planung, Genehmigung und Errichtung von Anlagen getätigt. Den Kommunen zu verbieten, sich privater Entsorgungsunternehmen zu bedienen, widerspricht den Gemeinschaftsregeln der EU. Die Abfallwirtschaftsverbände und Gemeinden haben durch Anwendung der vergaberechtlichen Bestimmungen (Bundesvergabegesetz 2006) die Möglichkeit, über Ausschreibungen und den Wettbewerb bestmögliche Resultate zu erzielen.

zu § 13:
Mit Hinweis auf die durchschnittliche kommunale Müllgebühr von etwa 4,75 € pro Person und Monat (bzw. 0,15 € pro Person und Tag) verglichen mit den durchschnittlichen monatlichen Brutto-Medianeinkommen  in der Steiermark im Jahr 2006  in der Höhe von 2.031 €  (Steirische Statistiken, Heft 7 - 2007) dann kann daraus nicht der Bedarf sozialpolitischer Maßnahmen im Weg der Abfallwirtschaft abgeleitet werden.

Mit dem derzeit gültigen Steiermärkischen Abfallwirtschaftsgesetz (StAWG 2004) und insbesondere mit den Bestimmungen zur Andienungspflicht wird eine transparente und gerechte Gebührengestaltung gewährleistet und werden die öffentlichen Interessen bei der Abfallbewirtschaftung wahrgenommen.

Es wird daher der

Antrag

gestellt:

Der Landtag wolle beschließen:

Der Bericht des Ausschusses für Infrastruktur zum Antrag, Einl.Zahl 1568/1, der Abgeordneten Dr. Werner Murgg und Ernest Kaltenegger betreffend eine Novellierung des Steiermärkischen Abfallwirtschaftsgesetzes 2004 wird zur Kenntnis genommen.