EZ/OZ: 1963/1
Selbstständiger Antrag von Abgeordneten (§ 21 GeoLT)
eingebracht am 07.03.2008, 10:07:36
Landtagsabgeordnete(r): Ingrid Lechner-Sonnek (Grüne), Peter Hagenauer (Grüne), Edith Zitz (Grüne)
Fraktion(en): Grüne
Zuständiger Ausschuss: -
Regierungsmitglied(er): Franz Voves
Betreff:
AKW Mochovce
Im Jahr 1983 begann die damalige tschechoslowakische Regierung mit dem Bau eines AKW in Mochovce mit vier Reaktoren der sowjetischen Baureihe WWER 440/213. Diese Baureihe weist gravierende Sicherheitsdefizite auf, wie das Fehlen einer druckfesten Schutzhülle. Dies ist mit dem Risiko einer wesentlich höheren Wahrscheinlichkeit verbunden, dass im Fall eines Störfalls oder dem Absturz eines Flugzeuges größere Mengen radioaktiver Substanzen freigesetzt werden. Auf Grund fehlender Finanzierung wurden in den 80er Jahren nur zwei der geplanten vier Reaktoren fertig gestellt. Die Realisierung dieser beiden Reaktoren wurde nun, 15 Jahre nach dem Baustopp und 20 Jahre nach Erteilung der Bauerlaubnis wieder in Angriff genommen. Die Menschen in Mitteleuropa werden dadurch einem erheblichen Sicherheitsrisiko ausgesetzt, obwohl dies durch die Erhöhung der Energieeffizienz, den Ausbau erneuerbarer Energiequellen oder der Kraft-Wärme-
Kopplung nicht erforderlich wäre.
In einer Volksabstimmung entschied sich das italienische Volk 1987 für den Ausstieg aus der Atomstromproduktion. Die italienische Regierung ist Großaktionär des Unternehmens Enel, welches Mehrheitseigentümer des slowakischen Stromversorgers SE a.s. ist, und umgeht durch die Erweiterung in Mochovce den Volksentscheid von 1987 über den Ausstieg aus der zivilen Nutzung der Kernenergie.
Am 25. Februar 1991 wurde in Espoo (Helsinki) die Konvention der UNECE (United Nations Economic Commission for Europe) über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) im grenzüberschreitenden Rahmen (Espoo-Konvention) unterzeichnet. Die Espoo-Konvention ist ein Instrument der UN-Wirtschaftskommission für Europa, das die Beteiligung betroffener Staaten und deren Öffentlichkeit an UVP-Verfahren bei Vorhaben in anderen Staaten mit möglicherweise erheblichen grenzüberschreitenden Auswirkungen zwischen den ECE-Staaten regelt. Durch die
Verwendung bzw. Erneuerung einer Baugenehmigung aus der Zeit des kommunistischen Regimes unternimmt der Atomstromkonzern den Versuch, die EU-UVP-Richtlinie sowie die Espoo-Konvention zu umgehen.
Es wird daher der
Antrag
gestellt:
Der Landtag wolle beschließen:
Die Steiermärkische Landesregierung wird ersucht, die Bundesregierung aufzufordern,
I. sie möge an die slowakische Regierung offiziell herantreten und
1. auf die gravierenden Sicherheitsdefizite der am Standort Mochovce verwendeten Reaktoren der sowjetischen Baureihe WWER 440/213 hinweisen,
2. ersuchen, von der geplanten Fertigstellung der Blöcke 3 und 4 des AKW Mochovce mit Rücksicht auf die Sicherheit der Menschen in Mitteleuropa Abstand zu nehmen,
3. auf den völlig inakzeptablen Versuch der Umgehung der EU-UVP-Richtlinie sowie der Espoo-Konvention durch die Verwendung bzw. Erneuerung einer Baugenehmigung aus der Zeit des kommunistischen Regimes hinweisen,
II. sie möge an die italienische Regierung offiziell herantreten und
1. in Zusammenhang mit den erwähnten Sicherheitsdefiziten und dem geplanten Ausbau auf die besondere Verantwortung als Großaktionär von Enel, dem Mehrheitseigentümer des slowakischen Stromversorgers SE a.s. aufmerksam machen,
2. auf die Unvereinbarkeit dieses besonders risikoreichen Projektes mit dem von Italien beschlossenen und realisierten Ausstieg aus der Nutzung der Kernenergie hinweisen,
3. auf den völlig inakzeptablen Versuch der Umgehung der EU-UVP-Richtlinie sowie der Espoo-Konvention hinweisen, sowie
III. auf EU-Ebene folgende Initiativen zu setzen:
1. über Kontakte auf der Ebene der Umweltminister gemeinsam die Umgehung der EU-UVP-Richtlinie und der Espoo-Konvention zu unterbinden,
2. den Rat, die Europäische Kommission sowie die Abgeordneten des Europäischen Parlaments auf die bereits angesprochenen Sicherheitsdefizite der am Standort Mochovce verwendeten Reaktoren und auf den völlig inakzeptablen Versuch der Umgehung der EU-UVP-Richtlinie sowie der Espoo-Konvention hinweisen.
Unterschrift(en):
Ingrid Lechner-Sonnek (Grüne), Peter Hagenauer (Grüne), Edith Zitz (Grüne)