LANDTAG STEIERMARK
XV. GESETZGEBUNGSPERIODE


TOP 20

EZ/OZ 2083/8

Schriftlicher Bericht

Ausschuss: Agrarpolitik

Betreff:
Beimischung von Agro-Treibstoff


zu:


  • 2083/1, Beimischung von Agro-Treibstoff (Selbstständiger Antrag)


Der Ausschuss "Agrarpolitik" hat in seinen Sitzungen vom 06.05.2008, 09.09.2008 und 14.10.2008 über den oben angeführten Gegenstand die Beratungen durchgeführt.

Die Abgeordneten Kaufmann, Schwarz, Detlef Gruber, Böhmer, Dr. Bachmaier-Geltewa, Gessl-Ranftl, Gross, Kolar,  Konrad, Kröpfl, Mag.  Lackner, Persch, Prattes, Tromaier und Zenz haben unter der Einl.Zahl 2083/1 am 22.04.2008 einen selbstständigen Antrag eingebracht.
 
Im gegenständigen Antrag wurde die Steiermärkische Landesregierung deshalb ersucht, die Bundesregierung aufzufordern,
  • die geplanten, über die Vorgaben der EU hinaus gehenden Beimischungsanteile von Agro-Treibstoffen auszusetzen,
  • die Erreichung der Klimaziele durch volkswirtschaftlich sinnvolle Maßnahmen wie vor allem Förderung und Ausbau des öffentlichen Verkehrs, Forcierung der Fernwärme aus Abwärme und massive Steigerung der Wärmedämmung von Gebäuden voranzutreiben,
  • durch ordnungs- und technologiepolitische Maßnahmen eine Senkung des Benzinverbrauches von Autos in Österreich durchzusetzen sowie

auf EU-Ebene einzufordern,

  • eine Evaluierung des wirklichen Nutzens von Biosprit vorzulegen, statt immer höhere Prozentsätze für Agrotreibstoff-Anteile festzulegen.
  
In der Sitzung des Ausschusses für Agrarpolitik am 06.05. 2008 wurde der Beschluss gefasst, die Landesregierung um Stellungnahme gem. § 30 Abs. 1 GeoLT zu ersuchen. 

Zu den einzelnen Punkten wird aus energiewirtschaftlicher Sicht seitens der FA17A wie folgt Stellung genommen:

Aussetzung der geplanten Beimischungsanteile

Im gegenständlichen Antrag wird gefordert, die "über die Vorgaben der EU hinaus gehenden Beimischungsanteile vom Agro-Treibstoffen auszusetzen". Österreich verfolgt ein ambitioniertes Programm zur Beimischung von Biotreibstoffen, das über die EU-Quoten hinaus reicht: Für die dabei verwendeten Biotreibstoffe sollte der Nachweis erbracht werden, dass sie - wie von Seiten des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Wasserwirtschaft mehrfach postuliert - aus nachhaltiger Bewirtschaftung stammen und keine allzu langen Transportwege für ihre Beschaffung notwendig sind, das heißt, dass die für die Erreichung der Quoten aufzubringenden Mengen zumindest aus den Nachbarländern Österreichs aufgebracht werden können und jeweils deren verpflichtende Quoten damit nicht negativ beeinflussen.

Es braucht hier besonders eine klare Differenzierung zwischen dem Überbegriff Agrartreibstoffe und steirischem Biodiesel, vor allem in Bezug auf unsere heimischen Pioniere und technologischen Marktführer (Biodiesel International/BDI, StyrianBioFuels GmbH/SBF) die weltweit als einzige über das Know how verfügen, praktisch aus allen Rohstoffen bis hin zu tierischen Risikofetten Biodiesel herzustellen.

Für die Produktion von Biodiesel werden vorwiegend pflanzliche Öle und tierische Fette sowie aber auch Abfallstoffe (z.B. Altspeiseöle) verwendet. Diese Substanzen stellen keinen Hauptbestandteil der menschlichen Ernährung dar und können daher nicht als Grundnahrungsmittel bezeichnet werden. Somit werden in der Biodiesel-Produktion (nicht wie bei der Ethanol-Produktion) keine Grundnahrungsmittel als Rohstoffe verwendet.

Es entspricht den Tatsachen, dass Biodiesel, welcher für die Beimengung in der Mineralölindustrie bestimmt ist, hauptsächlich aufgrund seiner natürlichen Eigenschaften aus Rapsöl hergestellt wird. Da jedoch der Raps im Anbau mit sich selbst unverträglich ist (Selbstunverträglichkeit) unterliegt er einer Fruchtfolge in welcher weitere Nutzpflanzen (vor allem Lebensmittel) angebaut werden müssen. Aus diesem Grund kann der Anbau von Raps nicht zu Monokulturen und Flächenkonkurrenz mit Lebensmitteln führen.

Die derzeit in der Steiermark verwendeten Biotreibstoffe stammen in erster Linie aus regionalen Kreisläufen, wie dies das Projekt Mureck der SEEG eindrucksvoll nachweist. Allerdings ist eine signifikante Erhöhung der Biotreibstoffproduktion in der Steiermark geplant, für welche die angeführten Forderungen ebenfalls Gültigkeit haben.

Erreichung der Klimaziele durch volkswirtschaftlich sinnvolle Maßnahmen

In der österreichischen Klimastrategie wird sehr detailliert ausgeführt, was seitens der Länder und des Bundes an Maßnahmen getroffen werden muss, um die Klimaziele zu erreichen. Es ist davon auszugehen, dass nicht zuletzt zur Vermeidung von Strafzahlungen in exorbitanter  Höhe diese von den Ländern und vom Bund vorgeschlagenen Maßnahmen allmählich ihre Wirkung entfalten werden. Die im Antrag aufgezählten Maßnahmen zur Förderung und Ausbau des öffentlichen Verkehrs zur Forcierung der Fernwärme aus Abwärme und die massive Steigerung der Wärmedämmung von Gebäuden ist in diesem Maßnahmenkatalog enthalten und wird diesen Maßnahmen dahin auch eine ganz besondere Bedeutung zugedacht.

Für einen verstärkten Einsatz von Fernwärme vor allem in feinstaubbelasteten Gebieten in der Steiermark wurde eine Anschlussförderung eingeführt, mit deren Hilfe zunächst vor allem in Graz Gebäude (mit großteils Einzelheizungen) auf Fernwärme umgestellt werden konnten, eine Erweiterung auf andere Gemeinden ist in Vorbereitung.

Für die Verbesserung der Wärmedämmung von Gebäuden wurde in der Steiermark im Zuge der Umsetzung der EU-Richtlinie 2002/91/EG zur Energieeffizienz in Gebäuden und einer damit verbundenen Änderung des steirischen Baugesetzes eine wesentliche Voraussetzung geschaffen, eine geplante weitere umfassende Änderung voraussichtlich Anfang 2009 soll dies noch verstärken.

Ordnungs- und technologiepolitische Maßnahmen zur Senkung des Benzinverbrauchs

Es ist nicht möglich, den Benzin- oder besser Treibstoffverbrauch von Fahrzeugen durch ordnungs- oder technologiepolitische Maßnahmen in einem einzelnen Mitgliedsstaat der Europäischen Union isoliert von den anderen durchzusetzen, da der Benzin- oder besser Treibstoffverbrauch zum Einen vom Fahrverhalten der NutzerInnen abhängt, die freie Entscheidungen treffen können über die gefahrenen Strecken und über ihre eigenen Art zu fahren und zum Zweiten von der jeweils eingesetzten Technologie, auf die Österreich kaum Einfluss nehmen kann, da in Österreich (außer von Ablegern großer Automobilfirmen) kaum eigene Kraftfahrzeuge hergestellt werden. Eine Einflussnahme auf das Fahrverhalten ist lediglich über Geschwindigkeitsbegrenzungen möglich, die gefahrenen Kilometer könnten über eine kilometerbezogene Maut eingeschränkt werden. Beide zuletzt genannten Maßnahmen erscheinen eine notwendige Voraussetzung, um den Treibstoffverbrauch insgesamt nicht weiter wie bisher massiv steigen zu lassen. Eine Aufforderung der Bundesregierung, hier entsprechende Maßnahmen zu setzen, muss in diesem Zusammenhang unterstützt werden.

Evaluierung des Nutzens von Biosprit auf EU-Ebene

An derartigen Evaluierungen wird derzeit in der Kommission der EU gearbeitet, da die Frage der Einflussnahme von "Agro-Treibstoffen" auf die Nahrungsmittelverfügbarkeit von ganz besonderer Bedeutung für die gesamte Europäische Union ist.

In einer Kurzstudie des Joanneum Research soll die derzeitige Situation der Biotreibstoffproduktion der Steiermark  (unter Einschluss von Produktionsanlagen, die noch in diesem oder im nächsten Jahr in Betrieb gehen sollen) beleuchtet werden, wobei hier ganz besonderer Wert auf die Verwendung von nachhaltig verfügbaren Ressourcen, die keinen negativen Einfluss auf die Nahrungsmittelbereitstellung nehmen, gelegt wird. Diese Studie wird voraussichtlich im Sommer dieses Jahres vorliegen.
  
Die Fachabteilung FA18A führt aus, dass gemäß des Antrages in der Regierungssitzung vom 30. Juni 2008 Schreiben an Verkehrsminister Werner Faymann und Umweltminister Josef Pröll gerichtet wurden.
Die bereits eingelangte Antwort von Bundesminister Pröll darf als Zwischenbericht übermittelt werden. Sobald eine Stellungnahme von Bundesminister Faymann vorliegt, wird diese selbstverständlich nachgereicht.
 
Ergänzend zu den Stellungnahmen der Fachabteilung 17A - Energiewirtschaft und allgemeine technische Angelegenheiten und der Fachabteilung 18A - Gesamtverkehr und Projektierung wird zum ggstl. Landtagsantrag aus dem Fachbereich der Fachabteilung 19D - Abfall- und Stoffflusswirtschaft, abgestimmt mit der Fachabteilung 10A - Agrarrecht und ländliche Entwicklung, zu den einzelnen Punkten des Antrags wie folgt Stellung genommen. Die nunmehr vorliegenden Ergebnisse der gemeinsam von der FA17A und FA19D in Auftrag gegebenen Kurzstudie des Joanneum Research sind in diese Stellungnahme eingearbeitet:

1. Aussetzung der geplanten Beimischungsanteile
Die EU-Biokraftstoffrichtlinie (RL 2003/30/EG) schreibt bis 2010 einen Anteil von 5,75 % Biokraftstoffanteile vor. Im "Fahrplan für erneuerbare Energien" (KOM(2006)848) wird als Ziel für 2020 eine Erhöhung des Anteils auf 10 % angeführt. Österreich verfolgt das ambitionierte Ziel, bereits im Jahr 2010 einen Biokraftstoffanteil von 10 % sowie von 20 % im Jahr 2020 zu erreichen. In diesem Zusammenhang sei angemerkt, dass der Bereich Biokraftstoffe nur ein Teil des nationalen Biomasseaktionsplans ist. Gemäß dem Szenario, welches im österreichischen Biomasseaktionsplan gezeichnet wird, soll der Anteil an erneuerbaren Energieträgern am Gesamtenergieverbrauch in Österreich 25 % im Jahr 2010 und 45 % im Jahr 2020 betragen[1]. Das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung (Wifo) stellt dazu fest, dass sich daraus ein zusätzlicher Bedarf an erneuerbarer Energie von 33 PJ (2010) bzw. 327 PJ (2020) ergibt, der "annahmegemäß ausschließlich durch Biomasse aufgebracht werden soll", wobei " in jedem Fall mehr als 90 % der zusätzlich notwendigen Biomasse in diesem Szenario importiert werden müssen".1

Die aktuelle Situation in der Steiermark bezüglich Biokraftstoffe stellt sich am Beispiel Biodiesel wie folgt dar:

Aktuell wird in der Steiermark an vier Standorten (Mureck, Graz/Puntigam, Fehring und Gaishorn am See) Biodiesel erzeugt. Gemäß einer von der FA17A und FA19D gemeinsam beauftragten Studie[2] der Joanneum Research Forschungsges.m.b.H. werden im Jahr 2008 voraussichtlich ca. 49.000 t Biodiesel mit einem Energieinhalt von 1.800 TJ erzeugt (gemäß Datenerhebung bei drei Anlagen\; bei der Anlage in Fehring konnten keine Daten erhoben werden). Der Anteil des in der Steiermark erzeugten Biodiesels beträgt somit 4,4 % des  gesamten steirischen Kraftstoffbedarfs. Der Bedarf an landwirtschaftlichen Flächen zum Anbau der dafür erforderlichen Rohstoffe beträgt ca. 47.000 ha. Die Erfüllung der geplanten Beimischung von 10% Biokraftstoffen würde, auf Basis von Biodiesel aus Rapsöl, einen Flächenbedarf von ca. 104.000 ha nach sich ziehen. Demgegenüber beträgt die gesamte landwirtschaftliche Agrarfläche in der Steiermark ca. 146.000 ha.
Dieselbe Studie2 zeigt auch, dass im Jahr 2007 in der Steiermark 8.800 t Biodiesel erzeugt wurden, was einem Anteil von 0,8 % am steirischen Kraftstoffbedarf entspricht. Dafür wurden als Rohstoffe  8.700 t Altspeiseöle und 800 t Pflanzenöle (davon 99 % Rapsöl und 1 % Sojaöl) eingesetzt. Für die im Jahr 2008 voraussichtlich erzeugte Menge von 49.000 t Biodiesel werden hingegen als Rohstoffe 17.600 t Altspeiseöle und 34.200 t Pflanzenöle eingesetzt. 30 % der dabei eingesetzten Pflanzenöle stammen nicht aus heimischen Ölpflanzen (21 % Sojaöl und 9 % Palmöl). Angaben zur Herkunft der eingesetzten Rohstoffe und der damit verbundenen Transportwege werden in der zitierten Studie nicht gemacht.
In Fachkreisen besteht Einigkeit darüber, dass zur Bewertung der unterschiedlichen  Biokraftstoffe bezüglich ihres Potenzials zur Reduktion von Treibhausgasemissionen die vollständige Prozesskette (z.B. in Form von  Lebenszyklusanalysen) betrachtet werden muss. Im Bereich der Ressourcen-bereitstellung für die Herstellung von biogenen Kraftstoffen weisen beispielsweise Abfälle keinen "ökologischen Rucksack" auf, während bei landwirtschaftlichen Produkten je nach Voraussetzungen und Methoden der landwirtschaftlichen Erzeugung (z.B.: Flächenertrag, Düngemitteleinsatz, Brandrodung, etc.) die Bewertungen um einen Faktor 8 voneinander abweichen können[3]. Verdeutlicht wird dies beispielsweise auch durch die Feststellung des Umweltbundesamtes[4]: "Um eine möglichst hohe Reduktion des Treibhausgaspotentials zu erzielen ist es notwendig, beim Anbau von Raps eine umweltschonende und düngerextensive Bewirtschaftung der Ackerflächen sicherzustellen und die Nebenprodukte der Herstellung von Biokraftstoffen (Glycerin, Futtermittel) einer sinnvollen Verwertung zuzuführen."

[1] D. Kletzan, K. Kratena, I. Meyer, F. Sinabell, E. Schmid, B. Stürmer: Volkswirtschaftliche Evaluierung
eines nationalen Biomasseaktionsplans für Österreich. Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung, Wien, 2008.
[2] G. Jungmeier: Umweltbewertung von der Biodieselproduktion in der Steiermark im Vergleich zu mineralischem Diesel. Bericht zum vorläufigen Endergebnis, Joanneum Research Forschungsgesellschaft mbH, 2008.
[3] M. Faist: Umweltauswirkungen von Agrotreibstoffen. Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (EMPA), Schweiz. Vortrag bei "Agrotreibstoffe - Lösung oder Problem?", 27.05.2008, Wien\; http://www.oekobuero.at/start.asp?showmenu=yes&\;fr=&\;b=424&\;ID=222519 [11.08.2008].
[4] Umweltbundesamt: Biodiesel. http://www.umweltbundesamt.at/umweltschutz/landwirtschaft/bio_energie/biodiesel/ [10.08.2008].

Die aus fachlicher Sicht jedenfalls notwendige und auch von Seiten des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft geforderte nachhaltige Entwicklung setzt im Bereich der Erzeugung von Biokraftstoffen daher voraus, dass einerseits Augenmerk gelegt wird auf den

- effizienzgesteigerten Einsatz von Abfallstoffen (Altspeiseöle und -fette), und dass andererseits
- regionale Kreisläufe geschlossen werden.

Der Import von landwirtschaftlichen Produkten, welche aus nicht nachvollziehbaren oder aus nachweislich nicht nachhaltigen Quellen stammen, zur Biokraftstofferzeugung leistet höchstens geringfügige Beiträge zur Reduktion der Treibhausgasemissionen und ist aus fachlicher Sicht daher abzulehnen.
Unzweifelhaft kann durch die Erzeugung von Biokraftstoffen ein wesentlicher Beitrag zur Reduktion von Treibhausgasemissionen erreicht werden, wenn die oben erwähnten Voraussetzungen (Einsatz von Abfällen und Umsetzung regionaler Energiekonzepte) erfüllt werden. Bereits der derzeitige Anteil von 4,4 % Biodiesel in der Steiermark kann jedoch nur durch Verarbeitung von geschätzten 10.000 t Soja- und  Palmöl, welche traditionellerweise nicht aus der steirischen landwirtschaftlichen Produktion stammen, erreicht werden. Aus welchen Quellen (Ursprungsländern) die in der Steiermark eingesetzten Rapsöle (24.000 t) und Altspeiseöle (17.600 t) stammen, müsste im Detail erhoben werden, eine vollständige Deckung aus heimischer Produktion bzw. heimischem Anfall darf jedenfalls bezweifelt werden.

In der Steiermark ist eine Beimischung von 10 % Biokraftstoffen auf Basis von in der Steiermark erzeugten Rohstoffen nicht möglich. Es wird in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass diese Aussage auf Grundlage des o.a. Szenarios für Biodiesel in der Steiermark getroffen wird. Eine fachliche Aussage für Österreich kann anhand des vorhandenen Datenmaterials nicht getroffen werden. Nach Aussage der Landwirtschaftskammer Niederösterreich betragen die "Produktionsreserven" für agrarische Rohstoffe ca. 100.000 ha stillgelegte Flächen in Österreich bzw. ca. 7 Mio. ha stillgelegte Flächen in der Europäischen Union (EU-27). Eine allfällige Betrachtung für Österreich bzw. für die EU-27 (siehe dazu Punkt 4.: Evaluierung des Nutzens von Biokraftstoffen auf EU-Ebene) könnte somit auch zu einem abweichenden Ergebnis führen.

Grundsätzlich ist aus fachlicher Sicht zur Zielerreichung einer Reduktion von Treibhausgasemissionen jedenfalls weniger der zahlenmäßige Anteil an Biokraftstoffen ausschlaggebend als vielmehr die tatsächliche Reduktion der relevanten Emissionen. Eine Aussetzung von Biokraftstoff-Beimischungsmengen, die über die Vorgaben der EU hinaus gehen, erscheint somit aus fachlicher Sicht dann gerechtfertigt, wenn für die zusätzlichen Biokraftstoffmengen Rohstoffe verarbeitet werden, deren nachhaltige Erzeugung (z.B. durch die Nutzung österreichischer oder europäischer Brachflächen) nicht gewährleistet werden kann. Aus fachlicher Sicht sollten daher vorrangig regionale Energiekonzepte, wie beispielsweise durch die SEEG Mureck verwirklicht,  umgesetzt und die vorhandenen (nationalen) Ressourcen effizienter genutzt werden.

2. Erreichung der Klimaziele durch volkswirtschaftlich sinnvolle Maßnahmen
Die eingangs zitierte Studie des Wifo1 errechnet die volkswirtschaftlichen Gesamtkosten für die Einsparung von CO2 auf Basis des nationalen "Biomasseaktionsplan Szenarios" mit 180 bis 200 € pro t CO2.

Volkswirtschaftlich sinnvoller und im Hinblick auf die Erreichung der Klimaziele relevanter ist die Reduktion von Emissionen durch  erzeuger- und verbrauchsseitige Maßnahmen zur Energieeffizienzsteigerung. Dafür seien beispielhaft die Wärmedämmung von Gebäuden, der Ausbau des öffentlichen Verkehrs oder die Forcierung von Fernwärme aus bisher ungenutzter Abwärme genannt.
Unter Betrachtung der Lebenszyklusanalysen ist die Energiegewinnung aus Abfällen generell  effektiver als jene aus eigens dafür erzeugten (landwirtschaftlichen) Rohstoffen. Im Bereich der Abfallwirtschaft sind aus fachlicher Sicht zielgerichtete Maßnahmen

- zur möglichst vollständigen getrennten Erfassung der energetisch verwertbaren Fraktionen und
- zur weiteren Effizienzsteigerung bei den Verwertungsprozessen

verstärkt umzusetzen. So fallen beispielsweise in der Steiermark jährlich ca. 3.600 t Altspeiseöle und -fette in Haushalten an. Davon wird derzeit nur ca. ein Drittel (1.200 t pro Jahr bzw. ca. 1,4 Mio. l) durch die getrennte Sammlung erfasst und einer Verwertung, etwa durch Verarbeitung zu Biodiesel, zugeführt. Vor allem im Hinblick auf den steigenden Bedarf an Rohstoffen für die Erzeugung von Biokraftstoffen sollten aus abfallwirtschaftlicher Sicht entsprechende Aufklärungsarbeiten und zusätzliche Anreize zur getrennten Sammlung der Altspeiseöle und -fette aus Haushalten geschaffen werden, um eine noch bessere Erfassung zu erreichen.
Darüber hinaus wird die Machbarkeit innovativer Maßnahmen zum Klimaschutz im Rahmen der steirischen Abfallwirtschaft, wie z.B. die verstärkte Nachnutzung der Energieinhalte von bereits geschlossenen Deponieabschnitten, aktuell geprüft.

3. Ordnungs- und technologiepolitische Maßnahmen zur Senkung des Treibstoffverbrauchs
Die effektivste Methode zur Erreichung der Klimaziele ist naturgemäß die Senkung des Energieverbrauchs. Vorrangig sollte daher der Bogen politischer Handlungsoptionen - von der Bereitstellung energiesparender Alternativen (z.B. öffentlicher Verkehr) über die Förderung entsprechender Technologieentwicklungen (z.B. Entwicklung von "Biokraftstoffen 2. Generation" aus Zellulose) bis hin zu gesetzlichen Vorgaben für den Betrieb von Fahrzeugen (z.B. Tempolimits) - ausgenützt werden.

4. Evaluierung des Nutzens von Biokraftstoffen auf EU-Ebene
Die im Auftrag der FA19D / FA17A erstellte Studie über die "Umweltbewertung der Biodieselproduktion in der Steiermark im Vergleich zu mineralischem Diesel"2 zeigt deutlich, dass die Biodieselerzeugung aus Abfällen sowie aus landwirtschaftlichen Produkten, sofern regionale Kreisläufe geschlossen werden, einen wesentlichen Beitrag zur Reduktion der Treibhausgasemissionen darstellt. Nach geltender Expertenmeinung auf diesem Gebiet tragen auch andere Biokraftstoffe wie Bioethanol oder Biogas -  unter der Voraussetzung einer nachhaltigen Produktion der Ausgangsstoffe - zur Reduktion von Treibhausgasemissionen bei. Im Hinblick auf die für eine 10%ige Beimischungsrate voraussichtlich notwendigen Importe von landwirtschaftlichen Rohstoffen ist aus fachlicher Sicht die Beurteilung der jeweiligen landwirtschaftlichen Produktionsmethoden im Hinblick auf die damit verbundenen Schädigungen von Boden und Ökologie sowie Eingriffe in den Wasserhaushalt durchzuführen.
Ohne Evaluierung der globalen ökologischen, ökonomischen und sozialen Auswirkungen, welche die Erzeugung von Biokraftstoffen nach sich ziehen, lässt sich der durch die Beimischung erreichte Nutzen nicht quantifizieren. Bis zum Vorliegen einer entsprechenden Evaluierung sollte daher aus fachlicher Sicht auf eine Anhebung der Beimischungsanteile, welche mit nationalen Ressourcen nicht erreicht werden können, verzichtet werden.

Es wird daher der

Antrag

gestellt:

Der Landtag wolle beschließen:

Der Bericht des Ausschusses für Agrarpolitik zum Antrag, Einl.Zahl 2083/1, der Abgeordneten Kaufmann, Schwarz, Detlef Gruber, Böhmer, Dr. Bachmaier-Geltewa, Gessl-Ranftl, Gross, Kolar, Konrad, Kröpfl, Mag. Lackner, Persch, Prattes, Tromaier und Zenz betreffend Beimischung von Agro-Treibstoff wird zur Kenntnis genommen.