LANDTAG STEIERMARK
XV. GESETZGEBUNGSPERIODE


EZ/OZ: 2212/1

Dringliche Anfrage (§ 68 GeoLT)

eingebracht am 04.06.2008, 16:31:56


Landtagsabgeordnete(r): Ingrid Lechner-Sonnek (Grüne), Edith Zitz (Grüne), Lambert Schönleitner (Grüne)
Fraktion(en): Grüne
Regierungsmitglied(er): Manfred Wegscheider

Betreff:
Verfehlung der Klimaschutzziele durch ein neues Gaskraftwerk in Mellach

Die Entscheidungsgremien des Verbund und der Verbund - Austrian Power GmbH (ATP) haben dem Bau des Gas-Dampfkraftwerkes Mellach grünes Licht gegeben. Sie bewerben ihr Projekt mit den Attributen "sichere und umweltverträgliche Energieversorgung Österreichs und der Steiermark".

In Zeiten des Klimawandels ist dieses Projekt freilich anders zu bewerten.
  • Gas zählt nicht zu den erneuerbaren, sondern zu den fossilen Energiequellen.
  • Gas ist ähnlich wie Erdöl nur begrenzt vorhanden - was sich im Preis auswirkt - und muss importiert werden.
  • Versorgungssicherheit kann auch seit Putins Großmachtstreben nicht mehr wirklich versprochen werden, bzw. wird mit einem politischen Preis zu bezahlen sein.
  • Ein Gaskraftwerk mit einer Leistung von 800MW südlich von Graz kann die erzeugte Wärme, deren Einsatz das Projekt erst wirtschaftlich machen würde, nicht nutzen. Dies wäre nur möglich, wenn die derzeit laufenden Kraftwerke Mellach und Werndorf still gelegt werden würden, was jedoch nicht in Aussicht gestellt wird.
  • Der CO2-Ausstoß wird deutlich ansteigen.
  • Ebenso die Feinstaubbelastung: Bis zu 20% der Abgase (Stickoxide) können sich nachträglich in Feinstaub umwandeln.
  • Beim Klimaschutz auf Großtechnologien zu setzen, die mit fossiler Energie betrieben werden, führt in die völlig falsche Richtung. Laut Prof. Kromp-Kolb handelt es sich bei Mellach um "ein sogenanntes Leuchtturmprojekt, aber eines, das in die falsche Richtung strahlt". Die riesigen Summen, die hier vom Geld der StromkundInnen und SteuerzahlerInnen in ein Großprojekt gesteckt werden, spielen Konzerninteressen in die Hände, sichern aber nicht die nachhaltige Energieversorgung der Bevölkerung zu leistbaren Tarifen und klimafreundlichen Bedingungen.
  • Als Folge dieses Kraftwerks wird weiters eine Gasverdichterstation in Weitendorf erreichtet, mit einer Leistung von 120MW. Für die Zukunft wird vom Betreiber ATP ein weiteres Gaskraftwerk, ebenfalls mit einer Leistung von 800MW mit Standort in Zeltweg "angedacht".

"Während ganz Europa in Sonne, Wind, Wasser und Biomasse investiert, baut Österreich neue Gaskraftwerke" sagte Heinz Kopetz, der Präsident des europäischen und österreichischen Biomasseverbandes im Rahmen der Energiesparmesse 2008 in Wels.

Österreich, alle 9 Bundesländer und eine Vielzahl an Gemeinden haben sich neben zahlreichen Betrieben und Schulen zu den Zielen des Kyoto-Protokolls bekannt und sich damit verpflichtet, den CO2-Ausstoß deutlich zu verringern. In der Steiermark ist dies leider weitgehend ohne Folgen geblieben. Der CO2-Ausstoß steigt jährlich weiter an.

  • Die Klimapolitik des Landes zeichnet sich durch eine Vielzahl von Einzelaktionen, v.a. im Bereich der Alternativenergien aus, die zum Großteil schon gelaufen sind, bevor die Landespolitik den Begriff Klimaschutz für sich entdeckte.
  • Übergeordnete und für alle verbindliche Klimaschutzziele wurden bis heute nicht definiert. Maßnahmen in zentralen Bereichen fehlen völlig,
  • wie etwa Aktionsprogramme für Energieeffizienz,
  • ein landesweites Energiewendeprogramm, das den Umstieg auf erneuerbare Energie herbeiführt,
  • flächendeckende regionale Energiewendeprojekte, die regionale Wertschöpfung, Versorgungssicherheit, Reduktion der nötigen Energietransporte usw. bieten könnten.
  • Die klare Bindung von Fördermitteln des Landes an Klimaschutzkriterien, etwa in Wohnbau und Tourismus fehlt weitgehend,
  • Ebenso die Bindung des Landes und der Gemeinden an Klimaschutzziele im eigenen Wirkungsbereich (Gebäude, Mobilität, Beschaffung, Raumordnung)
  • Die Befassung mit den Folgen des bereits eingetretenen Klimawandels und entsprechende Anpassungsleistungen fehlen, z.B. in den Bereichen Landwirtschaft, Tourismus, Gesundheit, Soziales, Umwelt.
  • Eine offensive Wirtschaftspolitik, die analog zum Vorbild Deutschlands bzw. anderer österreichischer Bundesländer Klimaschutz und Erneuerbare Energien als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt Nummer eins wahrnimmt und forciert, fehlt.
  • Nahversorgung und Öffentlicher Nahverkehr liegen trotz einzelner positiver Schritte weiterhin im Argen.
  • Das an den Universitäten des Landes vorhandene Wissen wird zu wenig genützt. Eine offensive Stärkung von F&\;E im Bereich erneuerbare Energie und Technologieentwicklung ist trotz eines Landtagsbeschlusses nicht ausreichend eingetreten.

Vor dem Hintergrund dieser planlos und bestenfalls halbherzig betriebenen Klimaschutzpolitik verwundert das placet des Landeshauptmannes zum Bau des Kraftwerks Mellach nicht wirklich. Auch dass weitere Gaskraftwerke in Österreich, aber auch in der Steiermark geplant sind, scheint keine Klimaschutzüberlegungen auszulösen.

Der Landeshauptmann, wie auch alle anderen Mitglieder der Landesregierung, sind jederzeit für eine Wortspende über die große Bedeutung des Klimaschutzes für die Steiermark zu gewinnen. So hat sich LH Voves auf EU-Ebene verpflichtet, die Sonnenkollektorfläche der Steiermark auf einen Quadratmeter pro BürgerIn zu erhöhen. Neben der Tatsache, dass zur gleichen Zeit vom Umweltlandesrat das Einstellen der Solarförderung in der Landesregierung beantragt wurde, fehlen auch für das Versprechen des Landeshauptmannes jegliche Umsetzungsschritte.

Die Ankündigungen verschiedener Mitglieder der Landesregierung, entschlossen Klimaschutzpolitik betreiben zu wollen, führen jedoch nicht zu entsprechenden Aktivitäten. Alle Regierungsmitglieder sind in ihrem Aufgabenbereich für Maßnahmen gegen den Klimawandel bzw. die Anpassung an den Klimawandel zuständig, es fehlt jedoch ein schlüssiges Gesamtkonzept und klar formulierte Klimaschutzziele mit Zeithorizont und Maßnahmen - auch als Grundlage für energiepolitische Entscheidungen.

  1. Wie verträgt sich der Neubau des Gaskraftwerks in Mellach mit einer Leistung von 800MW mit der Einhaltung des Kyotoziels, dem sich die Steiermark verpflichtet hat?
  2. Wie verträgt sich der Neubau des Gaskraftwerkes in Mellach mit dem Regierungsprogramm von 2005, in den die Energieautonomie der Steiermark als Ziel definiert ist?
  3. Wie stehen Sie zu den Plänen der Steweag-Steg, ein Gaskraftwerk in Graz zu errichten? Halten Sie beide Kraftwerke für vertretbar in Hinblick auf die Umwelt bzw. die Nutzung der Abwärme?
  4. Wie stehen Sie zu den Überlegungen, in Zeltweg ein 800MW-Kraftwerk zu errichten?
  5. Wer ist in Ihren Augen dafür zuständig, klar definierte Klimaschutzziele mit Maßnahmen und Zeithorizonten zu erstellen und in Umsetzung zu bringen?
  6. Was werden Sie dafür tun, dass ein solches Konzept erstellt und dann auch umgesetzt wird?
  7. Wie definieren Sie die Ziele der Energiepolitik des Landes vor dem Hintergrund der Anforderungen des Klimaschutzes?
  8. Wie gedenken Sie Ihre Verantwortung wahrzunehmen, um alle Mitglieder der Landesregierung in die Arbeit zur Erreichung der Klimaschutzziele einzubinden?


Unterschrift(en):
Ingrid Lechner-Sonnek (Grüne), Edith Zitz (Grüne), Lambert Schönleitner (Grüne)