LANDTAG STEIERMARK
XV. GESETZGEBUNGSPERIODE


TOP 9

EZ/OZ 2550/5

Schriftlicher Bericht

Ausschuss: Agrarpolitik

Betreff:
Vermeidung von Antibiotika-Einsatz zur Bekämpfung des Feuerbrandes


zu:


  • 2550/1, Vermeidung von Antibiotika-Einsatz zur Bekämpfung des Feuerbrandes (Selbstständiger Antrag)


Der Ausschuss "Agrarpolitik" hat in seinen Sitzungen vom 02.12.2008 und 12.05.2009 über den oben angeführten Gegenstand die Beratungen durchgeführt.

Zum Antrag der Landtagsabgeordneten Walter Kröpfl, Monika Kaufmann, Gabriele Kolar, Mag. Ursula Lackner, Erich Prattes, Günther Prutsch, Dr. Ilse Reinprecht, Mag. Gerhard Rupp, Siegfried Schrittwieser, Siegfried Tromaier, Klaus Zenz, Dr. Waltraud Bachmaier-Geltewa, Wolfgang Böhmer, Werner Breithuber, Detlef Gruber, Klaus Konrad, Anton Lang, Ewald Persch, Karl Petinger, Franz Schleich, Mag. Dr. Martina Schröck, Johannes Schwarz und Markus Zelisko liegt seitens der Landesregierung folgende Stellungnahme vor:


"Erwerbsobstbau in der Steiermark:
In der Steiermark befassen sich nach der Erhebung der Erwerbsobstanlagen 2007  durch die Statistik Austria insgesamt 2.110 Betriebe auf einer Fläche von 8.107 ha mit dem Obstbau. 1.378 Betriebe davon haben 5.784 ha Apfelanlagen, 507 Betriebe 291 ha Birnenanlagen. Die Kernobstfläche (Apfel, Birne) - und durch den Feuerband bedrohte Obstanbaufläche - im steirischen Erwerbsobstbau beträgt daher 6.075 ha. Der Erwerbobstbau stellt für viele bäuerliche Familien die Existenzgrundlage dar, ist aber auch für viele Beschäftigte und Betriebe im vor- und nachgelagerten Bereich die wirtschaftliche Basis.

Feuerbrandauftreten 2007:
Aufgrund günstiger Witterungsbedingungen für den Feuerbrand in bestimmten Teilen Europas, wie z.B. in Süddeutschland, in der Schweiz und in Österreich, ist es im Jahr 2007 zum bislang massivsten Feuerbrandauftreten in der Steiermark gekommen. Betroffen waren das gesamte steirische Erwerbsobstbaugebiet sowie Streuobstanlagen und Hausgärten im gesamten Landesgebiet bis in eine Seehöhe von 1.000m.
Von mehr als 540 Erwerbsobstbaubetrieben mit ca. 2.000 ha betroffener Fläche sind  Befallsmeldungen dokumentiert: Beim überwiegenden Anteil der Anlagen wurde versucht, mit Rückschnitt das Auslangen zu finden. Gegenüber 45 Betrieben musste jedoch die Rodung von 24 ha Erwerbsobstanlagen angeordnet werden. Die Schadenshöhe für die gerodeten Flächen wurde mit rd. 1 Mio. Euro ermittelt\; 30% davon wurden als Entschädigung ausbezahlt.
Viele Verfügungsberechtigte von Streuobstanlagen und Hausgärten haben bei mehr als 3.000 Bäumen und Sträuchern die notwendigen Bekämpfungsmaßnahmen (Rodung, Rückschnitt) nach Feststellung des Feuerbrandbefalls und nach Empfehlung der Gemeindebeauftragten sowie nach mündlicher Anordnung der Feuerbrandsachverständigen durchgeführt. Gegenüber 752 Verfügungsberechtigten wurden die erforderlichen Maßnahmen - nach Durchführung von Laboruntersuchungen zur Verdachtsabklärung - schriftlich angeordnet. Für die Rodung einzelstämmiger Wirtspflanzen mit Feuerbrandbefall wurde an 1.170 Antragsteller eine Entschädigung von insgesamt 0,25 Mio. Euro gewährt.

Feuerbrandauftreten 2008:
Im Jahr 2008 ist es in der Steiermark im Vergleich mit 2007 sowohl im Erwerbsobstbau, als auch im Streu- und Siedlungsobstbau sowie im Zierpflanzenbereich zu einem deutlich geringeren Auftreten von Feuerbrand gekommen. Einige inneralpine Gebiete und größere Landesteile - insbesondere im Südosten der Steiermark - sind befallsfrei geblieben. Streu- und Siedlungsobstanlagen waren jedoch besonders in Lagen über 500 m Seehöhe betroffen.
Vor allem auf Grund von Unterlagenbefall mussten in 17 Betrieben mehr als 11 ha Erwerbsobstanlagen gerodet werden. Das Schadensausmaß wurde mit 0,5 Mio. Euro ermittelt. 54 Betriebe hatten ca. 210 ha Erwerbsanlagen mit Rückschnitt zu sanieren Bei etwa 1.000 Bäumen und Sträuchern im Streuobstanlagen und Hausgärten mussten Bekämpfungsmaßnahmen durchgeführt werden.
Unter www.feuerbrand.steiermark.at ist eine Karte abrufbar, aus der das Feuerbrandauftreten in der Steiermark den letzten Jahren zu ersehen ist.

Warndienst und Einsatz streptomycinhältiger Pflanzenschutzmittel 2008:
Insgesamt 27 von der Landwirtschaftskammer Steiermark betreute Wetterstationen im gesamten Obstbaugebiet lieferten die Daten für die täglich aktualisierten Prognosen des Feuerbrandinfektionsrisikos in der Blütezeit (amtl. Warndienst). Die erstmalige Freigabe des Einsatzes von streptomycinhältigen Pflanzenschutzmitteln auf Basis der Prognose eines hohen Risikos für Blüteninfektionen erfolgte für Birne am 2. Mai, für Apfel am 8. Mai. Die Anwendung streptomycinhältiger Pflanzenschutzmittel war bei Birne von 2. bis 14. Mai 2008 und bei Apfel von 8. bis 26. Mai 2008 erlaubt.
Insgesamt 44 Betriebe haben streptomycinhältige Pflanzenschutzmittel auf insgesamt 117,1 ha angewendet und dafür 103,4 kg Pflanzenschutzmittel verbraucht.

Feuerbrandbekämpfungsmaßnahmen:
Die wichtigsten Maßnahmen zur Bekämpfung von Feuerbrand stellen derzeit neben den Verbringungsbeschränkungen, der Einhaltung strenger Importregelungen und anderen vorbeugenden Maßnahmen, die laufende Beobachtung der Feuerbrandwirtspflanzen auf Feuerbrandbefall und die mechanische Bekämpfung dar. Stark befallene Pflanzen müssen gerodet werden, bei weniger geschädigten Pflanzen genügt unter Umständen das Ausschneiden erkrankter Äste. Detaillierte Informationen dazu sind unter www.feuerbrand.steiermark.at abrufbar.

Feuerbrandschutzgebiet:
EU-Mitgliedstaaten und Teilen von Mitgliedstaaten kann in Hinblick auf bestimmte Schadorganismen ein besonderer Schutz z.B. bezüglich der Verbringung von Pflanzen und Pflanzgut gewährt werden. Voraussetzung dafür ist, dass ein bestimmter Schadorganismus in diesen Gebieten nicht vorkommt oder erfolgreich Maßnahmen zur Ausrottung gesetzt werden können. Einige österreichische Bundesländer - darunter die Steiermark - sind bis 31. März 2009 vorläufig als Schutzgebiet betreffend Feuerbrand anerkannt.  Auf Grund des massiven Auftretens im Jahr 2007 sowie der zahlreichen Feuerbrandfälle im Jahr 2008 kann trotz der umfassenden Maßnahmen nicht davon ausgegangen werden, dass eine Ausrottung möglich ist. Eine Verlängerung des Schutzgebietsstatus für diese Bundesländer ist daher nicht möglich.

Landesgesetzliche Grundlagen:
Das Steiermärkische Pflanzenschutzgesetz und die Feuerbrandverordnung stellen - in Ergänzung zu den bundesrechtlichen Vorschriften für das Inverkehrbringen - die rechtlichen Grundlagen für die Bekämpfung des Feuerbrandes dar. So ist  u. a. die Produktion, Auspflanzung und Verbringung bestimmter Wirtspflanzen verboten bzw. eingeschränkt und besteht für die Eigentümer und Verfügungsberechtigten von Feuerbrandwirtspflanzen die Verpflichtung, jeden Verdacht von Feuerbrandbefall der Behörde zu melden. Aber auch die Überwachung, die Vorgehensweise im Verdachtsfall sowie die Bekämpfungs- und Hygienemaßnahmen sind darin geregelt.

Bekämpfungs- und Beratungsorganisation:
Die laufende Beobachtung der Wirtspflanzen auf Feuerbrandbefall, die Abklärung des Verdachts sowie die allenfalls erforderliche Anordnung und Überwachung der mechanischen Bekämpfung erfolgt über einen Sachverständigendienst aus Mitarbeitern der Landesdienststellen FA10B und FA10C sowie der Bezirksverwaltungsbehörden, der von Gemeindebeauftragten unterstützt wird.
Im Bereich des Erwerbsobstbaus werden die Beratungsdienste der Landeskammer für Land- und Forstwirtschaft Steiermark (Kernteam) und der Obst - Partner - Steiermark (OPST) sowie Privatberater zur Begutachtung der Verdachtsfälle und die Erfassung des Feuerbandauftretens beigezogen. Bei Obstanlagen mit starkem Befall erfolgt die Begutachtung durch Mitarbeiter der FA10B und der Beratungsdienste zur Klärung der Notwendigkeit und des Ausmaßes von Rodungen.
Über den Amtlichen Pflanzenschutzdienst und die Beratung wird insbesondere auch gewährleistet, dass die Obstbauern über die vorbeugenden Maßnahmen wie regelmäßige Kontrolle der Anlagen bei trockenem Wetter und Entfernen befallener Stellen vor der Blüte sowie das korrekte Vorgehen  bei der Sanierung (z.B. Rodung bzw. großzügiger Rückschnitt so rasch als möglich durchführen, sofortiges Verbrennen der gerodeten bzw. abgeschnittenen befallenen Pflanzen und Pflanzenteile, gründliches Desinfizieren bzw. Abflammen der Schnittwerkzeuge etc.) informiert werden.

Zusätzlich zu den oben genannten Maßnahmen sind im Erwerbsobstanbau die Bekämpfung des Feuerbrands mit Pflanzenschutzmitteln sowie die Anwendung von Pflanzenstärkungsmitteln mit Anwendungsempfehlungen gegen Feuerbrand möglich. Detaillierte Informationen dazu sind unter www.ages.at (weiterer Pfad=>\; Landwirtschaftliche Sachgebiete =>\; Pflanzengesundheit =>\; Feuerbrand =>\; Bekämpfung)  zu entnehmen.

Entschädigung bei Rodung:
Die Entschädigung bei angeordneter Rodung im Erwerbsobstbau erfolgt auf der Basis einer im Jahr 2003 von der EU genehmigten Richtlinie des Landes. Die Schadensermittlung erfolgt durch Sachverständige des Landes und es werden dabei auf der Grundlage mehrjähriger Durchschnittsernten und Durchschnittspreise Rodekosten, Neuanlagekosten sowie Ertragsausfall berücksichtigt. Die so ermittelten Schadensbeträge belaufen sich bei Apfel auf 40.000 bis 45.000 Euro pro ha Rodefläche und bei Birne auf 50.000 bis 60.000 Euro pro ha. Davon werden nach der Richtlinie 30 % als Entschädigung aus Landesmitteln gewährt.

Feuerbrandbekämpfungsstrategie 2009 - 2013:
Von der AGES wurde eine Strategie zur Feuerbrandbekämpfung 2009-2013 entworfen und in mehreren Schritten mit einem fachlichen Beirat bestehend aus Vertretern des BMLFUW, der Länder, der Landwirtschaftskammern sowie Fachleuten aus den Bereichen Obstproduktion, Imkerei, Pflanzenschutz und Forschung abgestimmt.  Im Jänner 2009 wurden das vorläufige Ergebnis sowie verschiedene dazu gehörige Themen von der AGES präsentiert und im Rahmen eines Forums u. a. mit Vertretern des Handels und der NGO diskutiert.
Diese Feuerbrandbekämpfungsstrategie ist aus der Zusammenarbeit mit Betroffenen hervorgegangen und Ergebnis der mehrjährigen Bearbeitung des Themas im "Feuerbrand - Round Table" und bei koordinierenden Besprechungen in verschiedenen Fachgremien sowie AGES intern.

Maßnahmenbündel:
Feuerbrand ist eine schwer zu bekämpfende Pflanzenkrankheit und es ist daher ein Bündel an Maßnahmen für deren Bekämpfung erforderlich. Das Ziel einer gesamtheitlichen Bekämpfung ist insbesondere die Vermeidung eines Antibiotikaeinsatzes durch die Einhaltung von Vorbeugungs-, Sanierungs- und Hygienemaßnahmen sowie der Anwendung geeigneter Pflanzenschutz- und Pflanzenhilfsmittel. Gleichzeitig sind die Entwicklung von Alternativen zur Antibiotikaanwendung und die Erhaltung der Biodiversität Schwerpunkte der Strategie.

Forschung:
Im Forschungsbereich wird das Thema Feuerbrand mit verschiedenen Fragestellungen wie z.B. Feuerbrandtoleranz verschiedener Kernobstsorten und -unterlagen, Aufklärung der Feuerbrandresistenz, Testung von Mitteln zur Bekämpfung von Blüteninfektionen,  Untersuchungen zu Wirt-Pathogen-Interaktionen, alternative Strategien zur langfristigen Eindämmung von Feuerbrand ohne Antibiotika oder Verbesserung der Feuerbrandprognose intensiv und mit innovativen Ansätzen bearbeitet.
Eine Liste der aktuellen Forschungsprojekte ist unter www.ages.at (weiterer Pfad=>\; Landwirtschaftliche Sachgebiete =>\; Pflanzengesundheit =>\; Feuerbrand =>\; Forschungsprojekte AT) abrufbar.

Streptomycineinsatz:
Die Möglichkeit von Gefahr in Verzug-Zulassungen von Pflanzenschutzmitteln soll derzeit als letztes Instrument einer Bekämpfung dennoch gegeben sein.
Es liegt eine aktuelle Stellungnahme der Arbeitsgruppe österreichischer humanmedizinischer Antibiotikaexperten vor, die zur Auffassung kommt, dass der kontrollierte Einsatz von Streptomycin zur Feuerbrandbekämpfung trotz des Nachweises von Streptomycinspuren in reifen Früchten unverändert kein konkretes Risiko für eine Resistenzentwicklung und für die menschliche Gesundheit darstellt.
Broschüre:
Alle diese Inhalte werden in einer Broschüre zur gesamtheitlichen Strategie der Feuerbrandbekämpfung 2009-2013 dargestellt werden. Die Broschüre wird neben Informationen auch einen Aktionsplan enthalten, der die Umsetzung der Maßnahmen und die dazu erforderlichen Tätigkeiten festlegt. Jährliche Berichte über den Stand der umgesetzten Maßnahmen sind ebenso geplant wie eine umfassende Öffentlichkeitsarbeit. Der Erscheinungstermin für die Broschüre ist für April 2009 geplant.

Einsatz streptomycinhältiger Pflanzenschutzmittel 2009?:
Es ist nach wie vor ein hohes Infektionspotential vorhanden und es muss daher bei  günstiger Witterung für den Feuerbrand wieder mit einem hohen Infektionsrisiko und der Gefahr eines massiven Auftretens gerechnet werden. Weil das Antibiotikum Streptomycin derzeit als einzige Substanz mit einem beständigen Wirkungsgrad von über 70 Prozent gegen den Feuerbranderreger gilt, wird im Jahr 2009 wiederum die Zulassung streptomycinhältiger Pflanzenschutzmittel durch das Bundesamt für Ernährungssicherheit (BAES) für die Anwendung im Kernobst während der Blütezeit erwartet.

Der Einsatz wird allerdings an strenge Auflagen gebunden sein wie z.B.:

· Bezug nur gegen amtl. Bestätigung über die erforderliche Menge
· Einsatz nur in Erwerbskernobstanlagen (Apfel, Birne)
· Anwendung nur bei akuter Feuerbrandgefahr nach amtl. Warndiensthinweis
· Einsatz nur während der Blütezeit mit begrenzter Zahl der Anwendungen
· Meldung der einzelnen Anwendungen an die zuständige Behörde

In der Steiermark wird der Einsatz dieser Pflanzenschutzmittel nur in den Bezirken DL, FB, FF, G, GU, HB, LB, RA, VO und WZ zulässig sein.

Die genauen Bestimmungen für die Anwendung allenfalls zugelassener streptomycinhältiger Pflanzenschutzmittel werden dem Pflanzenschutzmittelregister (www.psm.ages.at) zu entnehmen sein.

Unter www.feuerbrandbekaempfung.steiermark.at ist eine Karte mit Informationen über das steirische Erwerbsobstbaugebiet einzusehen. Im Falle der Zulassung streptomycinhältiger Pflanzenschutzmittel werden in dieser Karte auch die möglichen Einsatzgebiete (Basis: ausgestellte Bezugsbestätigungen) sowie gegebenenfalls die tatsächlichen Anwendungsgebiete dieser Pflanzenschutzmittel dargestellt.

Zusammenfassung:
 
Zusammenfassend wird unter Bezugnahme auf die obigen Darlegungen festgestellt, dass den Forderungen des gegenständlichen Antrags mit den durchgeführten und laufenden Maßnahmen sowie mit den geplanten Maßnahmen bereits weitestgehend entsprochen wird. "


Es wird daher der

Antrag

gestellt:

Der Landtag wolle beschließen:

Der Bericht des Ausschusses für Agrarpolitik zum Antrag, Einl.Zahl 2550/1, der Abgeordneten Kröpfl, Kaufmann, Kolar, Mag. Lackner, Prattes, Prutsch, Dr. Reinprecht, Mag. Rupp, Schrittwieser, Tromaier, Zenz, Dr. Bachmaier-Geltewa, Böhmer, Breithuber, Gruber, Konrad, Lang, Persch, Petinger, Schleich, Mag. Dr. Schröck, Schwarz und Zelisko betreffend Vermeidung von Antibiotika-Einsatz zur Bekämpfung des Feuerbrandes wird zur Kenntnis genommen.