Der Ausschuss "Gesundheit" hat in seinen Sitzungen vom 13.01.2009 und 12.05.2009 über den oben angeführten Gegenstand die Beratungen durchgeführt.
Die Abgeordneten Mag.a Ursula Lackner, Böhmer, Gross, Kolar, Konrad, Kröpfl, Petinger, Prattes, Dr.in Reinprecht, Schleich, Mag.a Dr.in Schröck, Tromaier, Zenz, Dr.in Bachmaier-Geltewa, Breithuber, Detlef Gruber, Kaufmann, Persch, Prutsch, Mag. Rupp, Schrittwieser, Schwarz und Zelisko haben unter der EZ. 2635/1 am 25.12.2008 folgenden selbstständigen Antrag eingebracht:
"Der Landtag wolle beschließen:
Die Steiermärkische Landesregierung wird aufgefordert,
1. eine ressortübergreifende Arbeitsgruppe einzurichten, die sich mit dem Thema Ernährung, Ernährungsstatus und Ernährungssituation in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen befasst mit dem Ziel, dem Landtag Steiermark einen Bericht über Umsetzungsmaßnahmen vorzulegen und
2. mit dem Ersuchen an die Bundesregierung heranzutreten, die Prüfung der derzeitigen Gesetzeslage betreffend Ernährungssituation von PatientInnen und BewohnerInnen von Pflegeeinrichtungen zu veranlassen mit dem Ziel, die gesetzlichen Voraussetzungen zur Einführung von Ernährungsstandards in Krankenanstalten und Pflegeeinrichtungen zu schaffen."
In der Sitzung des Ausschusses für Gesundheit und Sport am 13.01.2009 wurde der Beschluss gefasst, die Landesregierung um Stellungnahme gem. § 30 Abs. 1 GeoLT zu ersuchen.
Mit Schreiben der Landesamtsdirektion vom 21.01.2009 wurde der Antrag der Fachabteilung 8A (Sanitätsrecht und Krankenanstalten, Veterinärrecht) zur federführenden Bearbeitung unter Einbindung des Ressorts von Herrn Landeshauptmannstellvertreter Dr. Flecker übermittelt.
Mit der Stellungnahme der Fachabteilung 11A werden seitens der Amtssachverständigen für den Bereich Betreuung und Pflege die gesetzlichen Grundlagen sowie die erforderlichen Notwendigkeiten zur Ernährungssituation aus fachlicher Sicht wie folgt dargestellt:
Stellungnahme der Fachabteilung 11A - Soziales, Arbeit und Beihilfen vom 04.03.2009 (Ressort Landesrat Dr. Flecker):
"Im Rahmen unserer Tätigkeiten als Amtssachverständige (ASV) für den Bereich Betreuung und Pflege in den steirischen Pflegeheimen und Pflegeplätzen ist im Sinne des Stmk. Pflegeheimgesetz (PHG) für die Wahrung der Interessen, Bedürfnisse und Menschenwürde der HeimbewohnerInnen die angemessene, bedarfsgerechte und ortsübliche Versorgung mit Nahrungsmitteln, welche die transkulturellen Unterschiede in Bezug auf Ernährungsgewohnheiten der BewohnerInnen berücksichtigt, ein wesentlicher Punkt. Schon- und Diätkosten sind auf ärztliche Anweisung für den/die jeweilige/n BewohnerInnen vom Betreiber der Institution zur Verfügung zu stellen.
Leistungen der Verpflegung müssen vom Betreiber einer Institution erbracht werden, auf saisonale und regionale Gegebenheiten wird entsprechend der Trägerphilosophie Rücksicht genommen, die Quantität/Qualität bzgl. Energie/Nährstoffgehalt und ein diätologisch einwandfreies Angebot muss erbracht werden.
Aus fachlicher Sicht wird festgehalten, dass folgende Alarmsignale (Appetitlosigkeit, Schmerzen, Einsamkeit, Schluckstörungen, Teilnahmslosigkeit, Sinnesstörungen, kognitive Störungen, körperliche Einschränkungen/Schwäche, Mangel-/Übergewicht, einseitige Ernährung u.a.) bei BewohnerInnen von Pflegeeinrichtungen vom interdisziplinären Betreuungs- und Pflegeteam unbedingt adäquate Pflege-Maßnahmen im Rahmen des Pflegeprozesses erfordern.
Daraus leitet sich die Notwendigkeit ab, dass entsprechend den Bedürfnissen der BewohnerInnen angepasste Maßnahmen nötig sind, um eine angemessene, bedarfsgerechte und ortsübliche Versorgung mit Nahrungsmitteln erwarten zu können und sicherzustellen. Dies entspricht einer professionellen, dem Stand der Wissenschaft entsprechenden Pflege in den Einrichtungen nach dem Stmk. Pflegeheimgesetz.
Aus fachlicher Sicht der ASV für den Bereich der Pflegeheime und Pflegeplätze nach dem Stmk. PHG ist es nötig,
1. ein konsequentes Transfer-Management für BewohnerInnen von Pflegeeinrichtungen zu installieren, in welchem Ernährungsgewohnheiten/Notwendigkeiten sowie Betreuungsmaßnahmen und Pflegemaßnahmen zeitgerecht mitgeteilt werden,
2. entsprechende Fortbildungen für Betreuungs- und Pflegepersonen, beispielsweise "Ernährung in der Geriatrie", anzubieten, und deren Implementierung zu fördern/fordern,
3. die Interdisziplinäre Herausforderung für konsequente Ernährungskonzepte im Rahmen des Pflegeprozesses für jede/n BewohnerIn einer Betreuungs-/Pflegeinstitution umzusetzen,
um in Pflegeeinrichtungen die Wahrung der Interessen, Bedürfnisse und Menschenwürde der Heimbewohner sicherzustellen.
Jede Unterstützung dieses Prozesses, beispielsweise durch eine ressortübergreifende Arbeitsgruppe, wird auf jeden Fall weiter dazu beitragen, dass BewohnerInnen in Institutionen die angemessene, bedarfsgerechte und ortsübliche Versorgung mit Nahrungsmitteln, entsprechend ihrer Bedürfnisse, in angemessener Qualität erhalten. Die dadurch zu installierenden und dann vorzugebenden Empfehlungen und Qualitätsstandards unterstützen und garantieren eine qualitativ einwandfreie Versorgungsvoraussetzung bzgl. Ernährungsmanagements für BewohnerInnen in Institutionen, in welchem diese Vorgaben installiert und eingehalten werden."
Die Fachabteilung 8B, die PatientInnen- und Pflegeombudsschaft, die KAGes sowie die Geschäftsstelle des Gesundheitsfonds haben im Wesentlichen folgende Stellungnahme abgegeben:
Die Fachabteilung 8 B verweist auf die bestehenden Richtlinien:
Für die Ernährung (in Pflegeheimen), welches ein Grundbedürfnis des Menschen darstellt, gibt es Empfehlungen und Richtwerte seitens der Gesellschaft für Ernährung (DACH - Österreichische, Schweizer und Deutsche Gesellschaft für Ernährung). Zur Umsetzung der diätetischen Erfordernisse in der Gemeinschaftsverpflegung bietet das Rationalisierungsschema der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin notwendige Grundlagen. Ebenso wird im März 2009 im Auftrag des Deutschen Netzwerks für Qualitätssicherung in der Pflege ein evidencebasierter Pflegestandard veröffentlicht werden.
Die PatientInnen- und Pflegeombudsschaft berichtet über die tatsächlichen Rückmeldungen aus der Praxis:
Von den Krankenanstalten gehen kaum isolierte Rückmeldungen bezüglich der Ernährung ein, jedoch die Ernährungssituation in Pflegeheimen und deren Begleiterscheinungen (zB offene Wunden) stellen ein wiederkehrendes Thema dar. Werden auch für die Betreiber von Pflegeheimen durch eine Leistungsverordnung die Mengen der Mahlzeiten vorgegeben, so gibt es einen eklatanten Niveauunterschied im Wissen und Umfang mit der Ernährung. Weiters fehlt es in der Praxis am Erkennen des Zusammenhanges zwischen Ernährung und Gesundheit und demzufolge am angemessenen Reagieren. Auch wenn einige Pflegeeinrichtungen dieser Thematik sehr entgegenwirken, bleibt es letztendlich doch beim Pflegeheimbetreiber, das Thema als wichtig oder weniger wichtig einzustufen.
Die KAGes bestätigt die Daten der Mangelernährung aus dem Projekt "Nutrition Day":
Am LKH-Univ.Klinikum Graz werden bereits regelmäßige Kontrollen des Ernährungszustandes durch ein standardisiertes Ernährungsscreening erhoben. Hingewiesen wird auf die Tatsache, dass ein hoher Prozentsatz der stationär zu betreuenden PatientInnen bereits mit einem Ernährungsdefizit aufgenommen wird. Das Risiko für eine Mangelernährung zeigt dabei eine stark altersabhängige Staffelung mit einer Zunahme bei den betagten PatientInnen. Die Mangelernährung führt nicht nur zu erhöhten Einweisungsraten in Einrichtungen der Akutversorgung, sondern bedingt dazu auch einen erhöhten Pflegeaufwand. Zur Früherkennung müssen flächendeckende Maßnahmen im akuten Spitalsbereich, im ambulanten Bereich sowie in der Langzeitpflege gesetzt werden. Dazu bedarf es notwendiger Struktur- und Prozessmaßnahmen wie die Etablierung von interdisziplinären Ernährungsteams mit validierten Ernährungsspezialisten, der Einführung eines Ernährungsscreenings um RisikopatientInnen rasch zu erkennen und einer Erarbeitung und Umsetzung von Ernährungs(therapie)standards. In der KAGes ist in Anlehnung an europäische Empfehlungen ein entwickeltes Ernährungsscreening seit zwei Jahren implementiert und wird derzeit die flächendeckende Umsetzung der Erarbeitung und Umsetzung von Ernährungs(therapie)standards vorbereitet.
Die Gesundheitsplattform Steiermark berichtet über das bestehende Modellprojekt "Gemeinsam essen":
Mit 06.12.2007 hat die Gesundheitsplattform in ihrer Sitzung beschlossen, im Rahmen der Umsetzung der Gesundheitsziele Steiermark u.a. das Modell Projekt "Gemeinsam essen" durchzuführen. Dieses Projekt zielt auf die Verbesserung der Speisen in Gemeinschaftspflegeeinrichtungen ab und wird derzeit in steirischen Krankenhausküchen umgesetzt. Das Modellprojekt ist auf 6 Jahre geplant und sollten auch schwerpunktmäßig die Küchen der steirischen Pflegeheime in das Projekt einbezogen werden.
Fast einhellig wurde dafür plädiert, eine ressortübergreifende Arbeitsgruppe einzurichten, die sich mit dem Thema Ernährung, Ernährungsstatus und Ernährungssituationen in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen befasst und seitens der KAGes auch darauf hingewiesen, dass im Rahmen der gesetzten ernährungsmedizinischen Interventionen oftmals die Verschreibung von Supplementen oder Produkten der künstlichen Ernährung von Nöten ist und daher auch die Miteinbeziehung von Vertretern der sozialen Krankenversicherung und der Pensionsversicherung in flächendeckenden Planungen/Maßnahmen zweckmäßig erscheint.
Die Notwendigkeit, inwieweit die gesetzlichen Voraussetzungen zur Einführung von Ernährungsstandards in Krankenanstalten und Pflegeeinrichtungen zu prüfen sind, hängt aus Sicht der Fachabteilung 8A vom Ergebnisbericht dieser einzurichtenden Arbeitsgruppe ab. Erst nach Vorliegen dieses Ergebnisses sollte ein entsprechendes Gesuchschreiben an die Bundesregierung gerichtet werden.
Der Bericht des Ausschusses für Gesundheit und Sport zum Antrag, Einl.Zahl 2635/1, der Abgeordneten Mag. Ursula Lackner, Böhmer, Gross, Kolar, Konrad, Kröpfl, Petinger, Prattes, Dr. Reinprecht, Schleich, Mag.Dr. Schröck, Tromaier, Zenz, Dr. Bachmaier-Geltewa, Breithuber, Detlef Gruber, Kaufmann, Persch, Prutsch, Mag. Rupp, Schrittwieser, Schwarz und Zelisko betreffend Ernährungssituation von PatientInnen und BewohnerInnen von Pflegeeinrichtungen wird zur Kenntnis genommen.