LANDTAG STEIERMARK
XV. GESETZGEBUNGSPERIODE


EZ/OZ: 2643/1

Selbstständiger Antrag von Abgeordneten (§ 21 GeoLT)

eingebracht am 29.12.2008, 11:53:14


Landtagsabgeordnete(r): Renate Pacher (KPÖ), Werner Murgg (KPÖ)
Fraktion(en): KPÖ
Zuständiger Ausschuss: -
Regierungsmitglied(er): Franz Voves, Christian Buchmann

Betreff:
Abhaltung einer Enquete zum Thema „Die Auswirkungen der Maastricht-Kriterien auf den Landeshaushalt und die Gebarung der Gemeinden“

Die Konvergenzkritierien des Maastricht Vertrages (gemeinhin Maastricht Kriterien genannt) verpflichten Österreich zu einer Begrenzung des Defizits der öffentlichen Hand auf drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Der Bund teilt diese Last im Binnenverhältnis mit den Ländern und Gemeinden durch den so genannten innerösterreichischen Stabilitätspakt (dessen Ziele im übrigen von der Steiermark seit Jahren verfehlt werden).

Allerdings führen die Maastricht-Kriterien nicht zu einem Abbau der Verschuldung öffentlicher Haushalte, sondern zu höheren Ausgaben und Geldverschwendung:

Öffentliche Haushalte werden zu Privatisierungen gedrängt, um Finanzbedarf decken zu können. An die Stelle von Darlehen die durch die Gebietskörperschaften direkt aufgenommen werden, treten zu schlechteren Bedingungen aufgenommene Kredite ausgegliederter Gesellschaften, für die das Land oder Gemeinden haften, oder denen öffentliche Güter zur Besicherung gegenüberstehen.
Die öffentlichen Haushalte werden dazu gedrängt, ihren tatsächlichen Schuldenstand zu verschleiern und intransparente Regelungen zu treffen, um Projekte maastricht-konform abwickeln zu können\; Heerscharen von Beraterfirmen und Anwälten werden benötigt, um immer kompliziertere und undurchschaubarere Modelle zur Finanzierung von Großprojekten entwickeln. Durch Maastricht werden nicht weniger Schulden gemacht, sie werden nur besser versteckt und gleichzeitig teurer. Der innerösterreichische Stabilitätspakt geht vor allem auf Kosten der Gemeinden, die als schwächstes Glied in der Kette die Kosten für diese Fehlentwicklung tragen müssen. Die jüngste Entwicklung sind die Planungen für die Realisierung ausgewählter Streckenteilen des steiermärkischen Straßennetzes als PPP-Modell.
Wie sich am Beispiel des DKH Schladming gezeigt hat, geraten diese Konstruktionen regelmäßig zu Desastern, und werden dadurch Gegenstand vernichtender Kritik durch den Rechnungshof, da die abenteuerliche Finanzkonstruktionen und PPP-Modelle schwer administrierbar sind und enormen Verwaltungsaufwand erzeugen.  
Mit dieser Entwicklung geht auch eine gewisse Entdemokratisierung und Entmündigung durch Ausgliederungen Hand in Hand: Die gewählte Vertretung der Bevölkerung hat immer weniger bzw. stark eingeschränkte Gestaltungsmöglichkeiten, da die ausgegliederten Gesellschaft (von privatisierten ganz zu schweigen) nach betriebswirtschaftlichen und nicht gemeinnützigen Gesichtspunkten geführt werden, und das Kontrollrecht der Parlamente und Gemeinderäte dem Geschäfts- und Betriebsgeheimnis weichen muss.  Während die öffentliche Hand gemeinnützige Ziele verfolgt - universale Versorgung (auch derer, die es sich nicht leisten können oder die in entlegenen Gebieten wohnen), hohe Qualität, Versorgungssicherheit, Beschäftigung und Umweltschutz bzw. nachhaltiges Wirtschaften -  sind private Unternehmen ausschließlich auf die Maximierung des Gewinnes ausgerichtet.  Gemeinnützige Ziele sind aus betriebswirtschaftlicher Sicht als Managementfehler zu werten und werden auf  den Finanzmärkten bestraft.

Es ist dringend erforderlich aus der passiven Rolle herauszufinden, in der das Land gezwungen ist, auf budgetäre Zwänge, die als naturgesetzlich wahrgenommen werden, mit untauglichen Rezepten zu reagieren.

Es wird daher der

Antrag

gestellt:

Der Landtag wolle beschließen:

Der Landtag wird 2009 unter Einbindung aller wesentlichen Akteure eine Enquete zum Thema "Die Auswirkungen der Maastricht-Kriterien auf den Landeshaushalt und die Gebarung der Gemeinden" abhalten, um sich einen Überblick über das Problemfeld und alternative Handlungsmöglichkeiten zu den bisher verfolgten Strategien in diesen komplexen budgetpolitischen Zusammenhängen zu verschaffen.


Unterschrift(en):
Renate Pacher (KPÖ), Werner Murgg (KPÖ)