Der Landtag Steiermark hat in der 28. Sitzung der XV. Gesetzgebungsperiode vom 20. November 2007 beschlossen, die Steiermärkische Landesregierung aufzufordern
Auszugsweise, ausführlichere Stellungnahmen der FA 6A Kinder- und Jugendanwaltschaft, FA 6B Pflichtschulen und Kinderbetreuung, FA 6C Land- und forstwirtschaftliches Berufs- und Fachschulwesen, FA 13B Bau- und Raumordnung:
FA 6A Kinder- und Jugendanwaltschaft:
Der Menschenrechtskommissar des Europarates, Thomas Hammarberg, hat Anfang Dezember 2007 die österreichischen Behörden aufgefordert, bei der Kodifizierung der Grundrechte im Rahmen der Verfassungsreform Kinderrechte aufzunehmen.
Subjektiv wirksame (und daher auch) einforderbare Kinder-Rechte wurden in Österreich in der Bundesverfassung bisher nicht geschaffen. Dem Landes-Verfassungs-Gesetzgeber bleibt es allerdings unbenommen, Erweiterungen bestehender grundrechtlicher Garantien oder auch autonome Ergänzungen vorzunehmen.
Grundrechte bringen eine Werthaltung zum Ausdruck (die Verweigerung der Aufnahme in die Verfassung ebenfalls).
FA 6B Pflichtschulen und Kinderbetreuung:
Durch die Bestimmungen des Steiermärkischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetzes, LGBl. Nr. 22/2000, zuletzt in der Fassung LGBl. Nr. 69/2007, Qualitätsstandards für den Bereich der Kinderbetreuung vorgegeben werden, die dem Art. 3 Abs. 3 entsprechen.
Im § 15 Steiermärkisches Kinderbetreuungsförderungsgesetz, LGBl. Nr. 23/2000, zuletzt in der Fassung LGBl. Nr. 70/2007 ist vorgesehen, dass Eltern, deren Kinder regelmäßig eine Kinderbetreuungseinrichtung besuchen, unter gewissen Voraussetzungen vom Land eine monatliche Landes-Kinderbetreuungsbeihilfe erhalten.
Durch die Novelle des Stmk. Kinderbetreuungsförderungsgesetzes LGBl. Nr. 111/2006 in § 15 a des Gesetzes ist vorgesehen, dass für Kinder im Kinderbetreuungsjahr vor Eintritt der Schulpflicht eine erhöhte Landes-Kinderbetreuungsbeihilfe gewährt wird.
Erwähnt sollte noch werden, dass in der Steiermark in den Heilpädagogischen Kindergärten auf Kinder mit besonderen Erziehungsansprüchen optimal eingegangen wird.
Geplante Neuerung für die Zukunft - Ausbau der Kinderbetreuungsplätze für die 0-3jährigen.
FA 6C Land- und forstwirtschaftliches Berufs- und Fachschulwesen:
…Das Wohl des Kindes wird bei allen Maßnahmen berücksichtigt. In Verwaltungsverfahren wird das Kind durch die Erziehungsberechtigten vertreten. Es hat das Recht auf Meinungsäußerung, ist aber verpflichtet sich dem Schulbetrieb und der Klassengemeinschaft einzufügen. Das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit ist gewährleistet. … Der Unterricht ist unentgeltlich…
FA 13B Bau- und Raumordnung:
…Im § 10 Steiermärkisches Baugesetz, LGBl. Nr. 59/1995 zuletzt in Fassung LGBl. Nr. 27/2008 ist bestimmt, dass bei der Errichtung von Gebäuden mit mehr als drei Wohnungen sowie bei Zu- oder Umbaumaßnahmen, durch welche ein Gebäude mit mehr als drei Wohnungen geschaffen wird, auf dem Bauplatz ein Kinderspielplatz vorzusehen ist…
…§43 Steiermärkisches Baugesetz besagt dass auf die besonderen Bedürfnisse behinderter und alter Menschen sowie Kleinkinder in ausreichender Weise Bedacht zu nehmen ist…
…§ 55 Steiermärkisches Baugesetz legt fest, dass Geländer so auszuführen sind, dass auch Kinder ausreichend geschützt sind…
…§ 22 des Steiermärkischen Raumordnungsgesetz 1974, LGBl. Nr. 127/1974, zuletzt in der Fassung LGBl. Nr. 47/2007 verankert, dass im Flächenwidmungsplan ein zusammenhängendes Bauland mit mehr als 1000 Einwohnern mindestens ein öffentlicher Kinderspielplatz und eine öffentliche Sportanlage im Bauland oder in zumutbarer Entfernung vom Bauland vorzusehen ist…
Resümierend, darf festgehalten werden, dass die Beantwortung inwieweit die aktuelle steirische Gesetzeslage mit der UN-Kinderrechtskonvention im Einklang steht, nicht ohne weiters zu erbringen ist. Aus den Stellungnahmen der Fachabteilungen kann festgehalten werden, dass es einerseits keine konkreten Anknüpfungs- bzw. Bezugspunkte zu der Kinderrechtekonvention gibt bzw. aufgrund eventuell fehlender Aufmerksamkeit für dieses Thema oder die Zielgruppe, diese nicht wahrgenommen werden.
Obwohl sich das Profil für Kinder- und Jugendthemen in den letzten Jahren geschärft hat und Institutionen wie beispielsweise die Kinder- und Jugendanwaltschaften geschaffen wurden, haben Kinder nach wie vor nur eingeschränkte Möglichkeiten, ihre Forderungen zum Ausdruck zu bringen. Fehlende Rahmenbedingungen in Bezug auf Ausbildung, Arbeit, Mobilität, Gesundheitsversorgung, usw. führen laut Kinder- und Jugendanwaltschaft kurzfristig zu direkten Nachteilen für Kinder und Jugendliche, und somit langfristig zu ernsthaften, gesellschaftlichen Problemen. Wo Erwachsene gesetzlich eingeräumte Möglichkeiten des Einspruchs haben, werden Kinder entweder explizit ausgeschlossen oder aber die vorhandenen Möglichkeiten sind "erwachsenenlastig" und somit für Kinder und Jugendliche ungeeignet.
Seit Mitte der 90er Jahre wurden verschiedene Modelle der Kinder- &\; Jugendgerechtigkeitsprüfung (inhaltliche Prüfkataloge, entwicklungsorientierte Checklisten, Leitfragenmodelle, …) entwickelt, die für spezielle Aufgabenstellungen gedacht waren.
2006 veröffentlichte die Schottische Kinder- und Jugendanwaltschaft (SCCYP - Scotland’s Commissioner for Children and Young People) das Childrens’s Rights Impact Assessment - das Kinderrechte-basierende Prüfmodell für Schottland. Dieses Modell stellt im Moment das vermutlich am vielfältigsten einsetzbare und gleichzeitig umfassendste (Prüf-)Modell für Kindergerechtigkeit dar. Die Kinder- und Jugendanwaltschaft Steiermark ist derzeit dabei, dieses Modell für die Steirischen Rahmenbedingungen zu adaptieren.
Natürlich wird der Effekt dieses Werkzeuges nur dann nachhaltig sein können, wenn die "Kindergerechtigkeitsprüfung" schon im Entwicklungsstadium eines neuen Projekts, eines Gesetzes, einer neuen Verordnung angewandt wird. Denn dadurch kann von Beginn an das Ziel verfolgt werden, eine Entscheidung (Handlungsstrategie, Verfahren, …) so kinder- und jugendgerecht wie möglich zu gestalten.
Einer der Hauptvorteile der Kindergerechtigkeitsprüfung besteht darin, dass vor allem die Betroffenen selbst stark eingebunden werden - Kinder und Jugendliche - und ebenso jene Personen, die mit ihnen arbeiten bzw. die Personen, die für Kinder und Jugendliche (politische oder verwaltungsrelevante) Verantwortung tragen.
Mit einem Kinder- und Jugendgerechtigkeits(prüf)modell haben PolitikerInnen,
BeamtInnen, NGO-MitarbeiterInnen, Kinder- und Jugendanwaltschaften, etc.
die Möglichkeit, die Auswirkungen eines Gesetzes, einer Verordnung oder von Verfahrensweisen bzw. von Handlungsstrategien in Bezug auf Kinder und Jugendliche zu beurteilen. Mit dem Modell sollen Auswirkungen vorhergesagt und beobachtet werden können, gegebenenfalls auch entschärft oder verhindert.
Mit der Kindergerechtigkeitsprüfung hat man also die Möglichkeit, die Auswirkungen von Gesetzen, Verordnungen oder Verfahrensweisen auf Kinder und Jugendliche zu beurteilen. Auswirkungen sollen soweit als möglich vorhergesagt und in weiterer Folge beobachtet werden, sowie negative Auswirkungen entschärft oder im Idealfall von vornherein verhindert werden. Die Kindergerechtigkeitsprüfung wird somit insgesamt das Bewusstsein von EntscheidungsträgerInnen und NGOs für die Rechte und Interessen von Kindern und Jugendlichen schärfen.
Zusammenfassung:
- Aus den Stellungnahmen der Fachabteilungen kann festgehalten werden, dass es einerseits keine konkreten Anknüpfungs- bzw. Bezugspunkte zu der Kinderrechtekonvention gibt bzw. aufgrund eventuell fehlender Aufmerksamkeit für dieses Thema oder die Zielgruppe, diese nicht wahrgenommen werden.
- Mit einem Kinder- und Jugendgerechtigkeits(prüf)modell haben PolitikerInnen,
BeamtInnen, NGO-MitarbeiterInnen, Kinder- und Jugendanwaltschaften, etc.
die Möglichkeit, die Auswirkungen eines Gesetzes, einer Verordnung oder von Verfahrensweisen bzw. von Handlungsstrategien in Bezug auf Kinder und Jugendliche zu beurteilen.
- Zur Umsetzung und Verankerung in der steirischen Landesverfassung ist ein Arbeitsgruppe und Leitung der Kinder- und Jugendanwaltschaft nötig.
- Eine Anpassung der steirischen Landesverfassung - die Verankerung der Kinderrechtekonvention in die steirische Landesverfassung und dies in Verbindung mit einem Kinder- und Jugendgerechtigkeits(prüf)modell wird empfohlen.
Beschluss der Steiermärkischen Landesregierung vom 22. Dezember 2008.
Der vorliegende Bericht zum Beschluss Nr. 824 des Landtags Steiermark vom 20. November 2007 betreffend inwieweit die aktuelle steirische Gesetzeslage mit der UN-Kinderrechtskonvention im Einklang steht wird zur Kenntnis genommen.