LANDTAG STEIERMARK
XV. GESETZGEBUNGSPERIODE


EZ/OZ: 2539/1

Selbstständiger Antrag von Abgeordneten (§ 21 GeoLT)

eingebracht am 17.11.2008, 14:37:06


Landtagsabgeordnete(r): Lambert Schönleitner (Grüne), Ingrid Lechner-Sonnek (Grüne), Edith Zitz (Grüne)
Fraktion(en): Grüne
Zuständiger Ausschuss: -
Regierungsmitglied(er): Kristina Edlinger-Ploder (ÖVP), Christian Buchmann

Betreff:
Nein zum Gigaliner-60-Tonnen-Lkw

Seit einiger Zeit wird auf EU-Ebene massiv für die Einführung einer neuen Generation überschwerer und überlanger Lkw (bis 60 Tonnen und bis 25,25 m), sogenannter "Gigaliner", lobbyiert. Damit sollen, so die Befürworter, die Kosten im Straßengüterverkehr um bis zu einem Drittel gesenkt werden. Offizielle Studien rechnen für den Fall der europaweiten Zulassung solcher Lkw-Monster jedoch mit einer Zunahme der Lkw-Lawine von mindestens fünf Prozent über dem ohnehin dramatischen Wachstumsszenario ohne 60-Tonner. Zwei Studien im Auftrag des deutschen Verkehrsministeriums prognostizieren, dass ein Drittel des Kombi-Verkehrs und ein Viertel des Wagenladungsverkehrs von der Bahn auf die Straße verlagert würde. Österreichs Bahnverkehr weist einen besonders hohen Anteil gerade dieser Verkehre auf. Es käme also zu massiven Verlagerungen von Güterverkehr von der Schiene auf die Straße.

Daneben spricht eine Vielzahl an Fakten gegen 60-Tonnen-Gigaliner:
60-Tonnen-LKW würden durch ihre höhere Fahrzeuglänge die Unfallgefahr erhöhen.
  • Das weit höhere Ladegewicht würde für schwerere Unfälle sorgen.
  • Auf Grund der im Fall des Falles weit höheren Brandlast sind auch die derzeitigen Standards der Tunnelsicherheit gefährdet.
  • Auf die Straßenerhalter - ASFINAG, Länder, Gemeinden - und damit letztlich auf die SteuerzahlerInnen kämen gewaltige Folgekosten zu, denn die Straßeninfrastruktur in Österreich ist für Gigaliner nicht eingerichtet: Brücken, Kurvenradien, Rastplätze, Auf- und Abfahrten sowie Knotenbauwerke sind selbst bei Autobahnen und Schnellstraßen nicht auf eine Gesamtlänge von 25,25 Meter und 60 Tonnen Gewicht ausgelegt. Abseits des hochrangigen Netzes wären Abbiegespuren, Kreisverkehre und Kurvenradien teils unüberwindliche Hindernisse. Österreichs hochrangiges Straßennetz besteht auf Grund der Topographie zu rund 15% aus Kunstbauten (Tunnel, Brücken). Ausbau und Straßenerhalt würden sich erheblich verteuern.
  • Die Bevölkerung steht in Österreich wie europaweit der Einführung von Gigalinern mit überwältigender Mehrheit ablehnend gegenüber, zahlreiche Institutionen sind klar gegen die Einführung von Gigalinern in Österreich.
  • Selbst der zuständige Fachverband Güterbeförderungsgewerbe in der WKÖ steht Gigalinern ablehnend gegenüber.

Bislang sind Gigaliner nur in weitgehend unbewohnten Regionen Skandinaviens im Einsatz, sowie im Rahmen von Pilotversuchen, etwa in den Niederlanden. Eine potente Lobby aus Großfrächtern und Lkw-Herstellern arbeitet jedoch intensiv daran, die EU-Kommission zu einer Änderung der Richtlinie 96/93/EG zu bringen, Gigaliner zumindest auf Teilen des EU-Straßennetzes zuzulassen. Eine diesen Wünschen gemäß von der EU-Kommission tendenziös "pro Gigaliner" beauftragte Studie wurde am 10. Juli 2008 präsentiert.

Die Autoren heben darin hervor, der Gütertransport würde billiger, die CO2-Emissionen gingen leicht zurück und die Verkehrssicherheit würde sich statistisch aufgrund der Tatsache verbessern, dass weniger Lkw unterwegs wären. Im Einzelfall jedoch sei ein Megatruck wegen seiner größerer Masse gefährlicher als ein herkömmlicher Lkw. Nachteilig würden sich die Megatrucks außerdem auf die Straßeninfrastruktur auswirken, vor allem auf Straßenbelag und Brücken. Allein in Deutschland könnte die Verstärkung der Brücken Mehrkosten von 4 bis 8 Mrd. Euro verursachen, räumen die Autoren der Studie ein. Das Frachtvolumen von Bahn und Binnenschifffahrt würde ebenfalls durch den Einsatz von Gigalinern leicht geschmälert, ist dem Gutachten zu entnehmen. Trotz dieser offensichtlichen Nachteile fällt die Kosten/Nutzen-Analyse von TMLeuven dennoch zugunsten einer Einführung von Gigalinern aus - ein unglaublicher und aus Verkehrssicherheitssicht äußerst gefährlicher Treppenwitz!

Für Österreich besteht dringender Handlungsbedarf, um die Zulassung von Gigalinern auf dem TEN-Netz oder auch "nur" in anderen Staaten Europas zu unterbinden: Selbst wenn Gigaliner in Österreich selbst nicht fahren dürften, würde durch Verlagerungen zB. in Nachbarstaaten massive Rückschläge für den Schienenverkehr und zugleich Lkw-Mehrverkehr auch im Land erfolgen - Gigaliner müssten dann ja an Österreichs Grenze geteilt und von zwei Lkw getrennt weitergeführt werden.

Zugleich soll jedoch glaubwürdigen Informationen aus Brüssel zufolge von Österreichs Regierung bereits angedeutet worden sein, dass man im Gegenzug zu einer akzeptablen neuen Wegekostenrichtlinie bereit wäre, bei den Gigalinern über Zugeständnisse nachzudenken. Ein "Kuhhandel" in Brüssel, der 60-Tonnen-Lkw-Monster ins Land bringt, wäre geradezu ein Verrat an der Lkw-geplagten Bevölkerung!

Es wird daher der

Antrag

gestellt:

Der Landtag wolle beschließen:

Die Landesregierung wird aufgefordert, an die Bundesregierung heranzutreten und von dieser einzufordern, auf EU-Ebene der Zulassung von Gigalinern (60-Tonnen-Lkw mit über 25 Meter Länge) in Österreich und in Europa massiv entgegenzutreten.


Unterschrift(en):
Lambert Schönleitner (Grüne), Ingrid Lechner-Sonnek (Grüne), Edith Zitz (Grüne)