LANDTAG STEIERMARK
XV. GESETZGEBUNGSPERIODE


EZ/OZ: 2562/1

Selbstständiger Antrag von Abgeordneten (§ 21 GeoLT)

eingebracht am 20.11.2008, 16:02:24


Landtagsabgeordnete(r): Claudia Klimt-Weithaler (KPÖ), Ernest Kaltenegger (KPÖ)
Fraktion(en): KPÖ
Zuständiger Ausschuss: -
Regierungsmitglied(er): Franz Voves

Betreff:
Änderung der Landesverfassung zur Sicherung der demokratischen Kontrolle über das Landeseigentum

Ausgliederungen sind in der Steiermark in der jüngsten Vergangenheit zu einem beliebten und immer öfter gebrauchten Instrument der Budgetkonsolidierung geworden. Vermögenswerte werden in Gesellschaften eingebracht, die zunächst vollständig im Besitz des Landes verbleiben, um unter Umgehung der Maastricht-Kriterien Geld auf dem Kapitalmarkt aufzunehmen oder defizitäre Bereiche der Verwaltung in eigenen Bilanzierungskreisläufen zu parken. Es hat sich an zahlreichen aktuellen Beispielen auch gezeigt, dass die Vehikel dieser Transaktionen, die Landesimmobiliengesellschaft, die Energie Steiermark AG, die Steiermärkische Krankenanstaltengesellschaft und ähnliche Unternehmen dazu benutzt werden, um die mittelfristige Veräußerung öffentlicher Güter vorzubereiten, die der Lukrierung von Einmaleffekten, also der Budgetkosmetik, dienen.
Am Beispiel der Energie Steiermark AG lässt sich auch beobachten, dass die ausgegliederten Unternehmen jeder demokratischen Kontrolle entzogen sind und die Unternehmenspolitik den Interessen der BürgerInnen, denen sie eigentlich zu dienen haben, diametral gegenübersteht.
Auch der Landesvoranschlag 2009/2010 wird mit einer solchen Transaktion finanziert: Es ist geplant, die den Landeskrankenanstalten zugeordneten Liegenschaften der KAGes zu überlassen, die diese an eine Tochtergesellschaft weiterveräußert. Diese Tochtergesellschaft soll die Liegenschaften mit Krediten im Umfang von 1,2 Milliarden Euro Kapital aufnehmen, für das Land die Haftung übernimmt. In der Stellungnahme der Landesregierung zum Antrag der KPÖ unter der Einl. Zahl 2230/3 wird dazu bemerkt:
"Die Beteiligung des Landes an Kapitalgesellschaften in Form von Geschäftsanteilen oder Aktien stellt Landesvermögen dar, sodass die Veräußerung von Aktien oder Geschäftsanteilen, die den Betrag von 50.000 Euro übersteigt, entsprechend der Bestimmung des § 15 Abs. 2 lit. c der Landesverfassung der Beschlussfassung des Landtages bedarf.
Anders verhält es sich, wenn Kapitalgesellschaften, an denen das Land beteiligt ist, im nicht hoheitlichen Bereich privatrechtlich handeln und Transaktionen tätigen (z. B. Verkauf von Liegenschaften oder Verkauf von sonstigem Anlagevermögen der Gesellschaft) […] Selbst wenn es bei derartigen Rechtshandlungen um einen 50.000 Euro übersteigenden Wert geht, bedarf es dafür nach der geltenden Rechtslage keiner Beschlussfassung des Landtages."

Sollte also aufgrund der heute bereits absehbaren Entwicklung dieser neuen KAGes Tochtergesellschaft oder der LIG die Veräußerung von öffentlichem Gut im Wert von hunderten Millionen Euro durchgeführt werden, oder, wie es beim Verkauf der Kraftwerke von Steweag und Steg passiert ist, könnten ohne Rücksicht auf die berechtigten Interessen der steirischen Bevölkerung am Landtag vorbei Millionenwerte den Besitzer wechseln.

In der Stellungnahme der Landesregierung zum Antrag der KPÖ unter der Einl. Zahl 2230/3 wird dazu bemerkt: "Die Ziele von Privatisierungen oder Ausgliederungen sind vielfältig und reichen von der Entlastung des öffentlichen Haushalts, der Effizienzsteigerung in der Leistungserbringung, über die Forcierung kaufmännischer und wirtschaftlicher Denkweisen, bis hin zur Schaffung höherer Flexibilität in der Organisation und Unternehmensführung. Mit diesen Zielen und der Übertragung von Aufgaben auf Unternehmen sind gleichzeitig Nachteile verbunden: Nur "Verwaltung" im Sinne des B-VG unterliegt den dafür vorgesehenen spezifischen rechtsstaatlichen und demokratischen Bindungen, die die Verfassung der Tätigkeit der Verwaltung auferlegt. Das hat zur Folge, dass im Bereich privatisierter oder ausgegliederter Unternehmen weder die Budgethoheit des Landtages, noch dessen politische und staatsrechtliche Kontrollrechte oder sonstige Mitwirkungsrechte am Landesvermögen zum Tragen kommen."

Es zeigt sich allerdings, dass sich zwar die oben beschriebenen Nachteile - nämlich der vollständige Verlust parlamentarischer Kontrolle und die drastische Einschränkung staatlicher Mitwirkungsrechte - unmittelbar manifestieren, während sich die angeblichen Vorteile oft nicht einstellen. Managementfehler vernichten in der Praxis per Federstrich Millionenwerte und bleiben folgenlos. Als Beispiel sei hier die lapidare Mitteilung des Vorstands der ESTAG im Rahmen der Beantwortung einer Anfrage der KPÖ an LH Voves bezüglich der Strompreisentwicklung durch die Abgabe der Wasserkrafterzeuger im Landesbesitz an die Austrian-Hydro-Power AG zitiert: "…die Abgabe der direkten Verfügungsgewalt über die Erzeugung sich aus heutiger Sicht jedoch als nachteilig darstellt und somit als Fehlentscheidung zu sehen ist".

Es wird daher der

Antrag

gestellt:

Der Landtag wolle beschließen:

Die Steiermärkische Landesregierung wird aufgefordert,

1) neu zu errichtende Gesellschaftsverträge so zu gestalten, dass Rechtshandlungen der Gesellschaft ab einer zu bestimmenden Wertgrenze genehmigungspflichtige Vorhaben sind, sodass das jeweilige Organ der Gesellschaft (Aufsichtsrat und Hauptversammlung ) zu befassen wäre,

2) bei bereits bestehenden Gesellschaftsverträgen eine Änderung im Sinne von 1) zu prüfen, und Vorschläge für die dort beschriebenen Wertgrenzen zu erstatten,

3) zu prüfen, ob sich Entscheidungsbefugnisse von Organen der Landesregierung als Gesellschafterrechte in bestimmten Fällen an die Zustimmung des Landtages binden lassen, indem entsendete Mitglieder der Landesregierung - um in diesem Organ wirksam von ihrem Stimmrecht betreffend das genehmigungspflichtige Vorhaben Gebrauch zu machen - die Beschlussfassung des Landtags einzuholen haben,

4) dem Landtag eine allfällige Novelle des L-VG 1960 im Sinne von 3) vorzulegen.


Unterschrift(en):
Claudia Klimt-Weithaler (KPÖ), Ernest Kaltenegger (KPÖ)