LANDTAG STEIERMARK
XV. GESETZGEBUNGSPERIODE


EZ/OZ: 2884/1

Selbstständiger Antrag von Abgeordneten (§ 21 GeoLT)

eingebracht am 29.04.2009, 10:51:49


Landtagsabgeordnete(r): Ernest Kaltenegger (KPÖ), Claudia Klimt-Weithaler (KPÖ), Renate Pacher (KPÖ), Edith Zitz (Grüne)
Fraktion(en): KPÖ, Grüne
Zuständiger Ausschuss: -
Regierungsmitglied(er): Kurt Flecker

Betreff:
Zuerkennung von Hinterbliebenenrenten an Waisen von ermordeten NS-Opfern

Im Dezember 2007 wurde der Obmann des KZ-Verbandes in einem Schreiben des steirischen Opferfürsorgereferates im Zusammenhang mit der Novelle des OFG auf folgenden Sachverhalt hingewiesen:
"gemäß § 11 Abs.6 erhalten Witwen (Witwer), Lebensgefährten (Lebensgefährtinnen) und Waisen nach Opfern, die Inhaber einer Amtsbescheinigung waren oder nach Opfern, die, wenn sie noch am Leben wären, einen Anspruch auf Ausstellung einer Amtsbescheinigung hätten, ohne dass ein Anspruch auf Zuerkennung einer Amtsbescheinigung gegeben ist, Hinterbliebenenrente gem. Abs. 3 und Unterhaltrente gemäß Abs. 5.
Es haben somit auch Waisen Anspruch auf Hinterbliebenenrente. § 1 Abs. 3 lit. b Opferfürsorgegesetz (Anerkennung als Hinterbliebene bis zum 24. Lebensjahr) bleibt bei der Zuerkennung der Hinterbliebenenrente gemäß § 11 Abs. 6 leg. cit. außer Betracht. Bei niedrigen Einkommen (Richtsatz 2007 für Unterhaltsrente gemäß § 11 Abs. 5 Euro 868,20) besteht auch Anspruch auf Unterhaltsrente."

Einige der anspruchsberechtigten Mitglieder haben in der Folge formlose Ansuchen gestellt, die allesamt abgelehnt wurden, wobei die Berufung eines Falles in einer Sitzung Opferfürsorge-Kommissionssitzung im Herbst 2008 erneut negativ beschieden wurde.

Auch gleich gelagerte Anträge von Opfern aus Oberösterreich sind abgelehnt worden, was zu einer entsprechenden Initiative im Oberösterreichischen Landtag führte die von allen im Landtag Fraktionen abgesehen von der FPÖ angenommen wurde.

Der genaue Sachverhalt stellt sich wie folgt dar:

Bei der Vollziehung des Opferfürsorgegesetzes kommt es bis dato zu Unwägbarkeiten bei der Zuerkennung von Hinterbliebenenrenten an Personen, deren Eltern oder ein Elternteil vom NS-Regime in Konzentrationslagern ermordet, Opfer anderer NS-Organisationen wurden oder aus anderen Gründen als Opfer im Sinne der Bestimmungen des Opferfürsorgegesetzes (OFG), BGBl. Nr. 183/1947, in der Fassung BGBl. I Nr. 16/2008, anzusehen sind. Auf Grund der geltenden Rechtslage wird ihnen von der Republik Österreich eine Rente verweigert, obwohl dies bei objektiver Betrachtung und aus moralisch-ethischen Gründen nur schwer nachvollziehbar ist.
Mit einer mit 1. Juli 2005 in Kraft getretenen Gesetzesänderung des Opferfürsorgegesetzes (BGBl. Nr. 86/2005) wurden im § 11 Abs. 6 Opferfürsorgegesetz (OFG) die Leistungen der Hinterbliebenenrenten und Beihilfen (§ 11 Abs. 7 OFG in der Fassung vor der Novelle 2005) an "Waisen" nach solchen Opfern, die Inhaberinnen oder Inhaber einer sogenannten Amtsbescheinigung waren oder dazu berechtigt gewesen wären, zu Rentenleistungen vereinheitlicht. Im Anschluss daran traten jedoch verschiedentlich Auslegungs- und Auffassungsunterschiede bei der Auslegung der gesetzlichen Vorschriften - vor allem in der Zusammenschau mit dem Kriegsopferversorgungsgesetz 1957 (KOVG), BGBl. Nr. 152/1957 (WV), in der Fassung BGBl. I Nr. 16/2008 - auf und zwar in Bezug auf die Interpretation des Begriffes "Waise".
Durch einen Erlass des Bundesministeriums für Soziales und Konsumentenschutz vom 22. Jänner 2008 wurde unter Verweis auf die §§ 39 bis 41 des Kriegsopferversorgungsgesetzes die Zuerkennung von Hinterbliebenenrenten an Waisen von ermordeten NS-Opfern unterbunden, sofern nämlich solche Waisen die vorgesehenen Altersgrenzen überschritten haben und die sonstigen - sehr eingeschränkten - Voraussetzungen nicht vorliegen. Dies führt beispielsweise dazu, dass die Behörde unter Umständen die Frage zu klären hat, ob Beeinträchtigungen von solchen Hinterbliebenen vor oder nach dem 18. Lebensjahr eingetreten sind, was einerseits nur durch aufwändige medizinische Gutachten zu klären ist, andererseits auf Grund fehlender oder zwischenzeitlich verloren gegangener Unterlagen nicht mehr nachgewiesen werden kann.
Bei den betroffenen "Waisen" handelt es sich auch um Männer und Frauen im Alter von bis zu 65 und 75 Jahren, deren Eltern aus politischen oder rassistischen Gründen verfolgt wurden bzw. religiösen oder militärischen Widerstand leisteten und deshalb ermordet wurden. Die Schädigung dieser Waisen erfolgte zum Beispiel durch die Verhängung von Schulverboten bzw. dem Verweis von der Schule auf Grund der "Sippenhaftung", wodurch nahezu irreversible Ausbildungsnachteile entstanden, welche bis heute nachwirken, oder vor allem auch im Zusammenhang mit solchen körperlichen oder seelischen Gebrechen, welche unter Umständen erst im Laufe der Zeit auftreten, die zum Teil jedoch in einem ursächlichen Zusammenhang mit der Situation und den Leiden des Opfers stehen. In jenen Fällen, in denen Kinder nach Opfern im Sinne des OFG selbst unter seelischen oder körperlichen Beeinträchtigungen im Zusammenhang mit der Leidensgeschichte eines oder beider Elternteile leiden, erscheint es allein auf Grund des kausalen Zusammenhanges untragbar, Entschädigungsleistungen vom Auftreten der Beeinträchtigung vor oder nach Erreichung einer bestimmten Altersgrenze anhängig zu machen.
In diesem Zusammenhang soll im Übrigen nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Leistungen an Hinterbliebene nach § 11 OFG ohnehin durch Anrechnung des Einkommens der Höhe nach begrenzt sind. Betroffen sind daher von der jetzigen gesetzlichen Situation konkret bedürftige Personen, nicht zuletzt wegen der genannten Lebensumstände. Auf Grund der besonderen Wertschätzung und der geschichtlichen Verantwortung gegenüber jenen Österreicherinnen und Österreichern, die ihr Leben für andere und nicht zuletzt für die Befreiung Österreichs eingesetzt haben, ist hier eine Lösung im Sinne der Hinterbliebenen - auch im Hinblick auf das hohe Alter der Betroffenen - rasch herbeizuführen.

Es wird daher der

Antrag

gestellt:

Der Landtag wolle beschließen:

Die Landesregierung wird aufgefordert, bei der Bundesregierung dafür einzutreten, dass diese sämtliche erforderliche Maßnahmen ergreift, damit die Anspruchsvoraussetzungen für Waisen nach Opfern im Sinne des Opferfürsorgegesetzes (OFG) für eine Entschädigungsleistung in Form einer Hinterbliebenenrente gemäß § 11 Abs. 3 OFG erweitert werden und auch solche Waisen eine Hinterbliebenenrente erhalten, welche das 18. oder das 24. Lebensjahr bereits vollendet haben und bei denen die sonstigen Voraussetzungen - vor allem die begrenzte Einkommenssituation - gegeben sind, insbesondere bei solchen Waisen nach Opfern, deren Beeinträchtigung in einem ursächlichen Zusammenhang mit der Situation des Opfers besteht oder bei denen die Situation des Opfers in der Person der Waisen noch immer nachwirkt.


Unterschrift(en):
Ernest Kaltenegger (KPÖ), Claudia Klimt-Weithaler (KPÖ), Renate Pacher (KPÖ), Edith Zitz (Grüne)