LANDTAG STEIERMARK
XV. GESETZGEBUNGSPERIODE


EZ/OZ: 2807/1

Selbstständiger Antrag von Abgeordneten (§ 21 GeoLT)

eingebracht am 17.03.2009, 11:52:40


Landtagsabgeordnete(r): Ernest Kaltenegger (KPÖ), Renate Pacher (KPÖ), Claudia Klimt-Weithaler (KPÖ)
Fraktion(en): KPÖ
Zuständiger Ausschuss: -
Regierungsmitglied(er): Franz Voves

Betreff:
Umkehr bei Liberalisierung und Privatisierung im Postbereich

Die Pläne des Managements der Österreichischen Post AG für eine weitere drastische Postamtsschließungswelle sind deutliches Symptom einer schwerwiegenden politischen Fehlentwicklung, nämlich der Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen. Der ursprüngliche Vorstoß des Post Managements, der eine heftige Kontroverse auslöste, wurde durch die am 1. Jänner 2009 in Kraft getretenen Novelle der Post-Universaldienstverordnung nur vorläufig gestoppt. Nach aktuellen Medienberichten ist vorgesehen in der Steiermark 33 Filialen aufzulassen, wobei noch jene hinzuzurechnen wären die bereits 2008 zur Schließung vorgesehen waren.

Landeshauptmann Franz Voves meint dazu in einem ORF Interview Anfang März 2009: "Das Thema der Postdienstleistung und der Telekommunikation, das sind für mich Bereiche, die für mich - neben Wasser, neben Gesundheit, neben Bildung - klassische Bereiche sind, die nach dieser Wirtschaftskrise durch neue Reglements nicht mehr der Privatisierung und Liberalisierung zugeführt werden sollten".

Diese Einschätzung ist vollkommen richtig:
Bei der Bereitstellung von Bildung, Gesundheit, Pensionen, Sicherheit, Trinkwasser, Energie, Mobilität und Kommunikation (Post, Internet) versagt in aller Regel der Markt: Während die öffentliche Hand gemeinnützige Ziele verfolgt - universale Versorgung (auch derer, die es sich nicht leisten können oder die in entlegenen Gebieten wohnen), hohe Qualität, Versorgungssicherheit, Beschäftigung und Umweltschutz bzw. nachhaltiges Wirtschaften -  sind private Unternehmen ausschließlich auf die Maximierung des Gewinnes ausgerichtet.  Gemeinnützige Ziele sind aus betriebswirtschaftlicher Sicht als Managementfehler zu werten und werden auf  den Finanzmärkten bestraft. Wenn der öffentliche Strom-, Telefon-, Post-, Bahn- oder Rundfunk-Monopolist in Wettbewerb mit privaten Konkurrenten tritt, muss er sich zwangsläufig nach rein betriebswirtschaftlichen Effizienzkriterien mit ihnen messen und steht vor der Wahl, seinen gemeinnützigen Auftrag beizubehalten (und im Wettbewerb zu unterliegen) oder aber seinen gesellschaftlichen Aufgaben über Bord zu werfen.

Liberalisierungen und Privatisierungen führen deshalb in aller Regel zu weltweit steigenden Preisen sowie zu sinkender Qualität, sinkender Versorgungssicherheit und sinkender Versorgungsdichte, zur Aufgabe von nachhaltigem und ressourcenschonendem Wirtschaften, sowie zu massivem Abbau von Beschäftigten. Sie führen zwangsläufig zur Enteignung der Gesellschaft, da nicht nur das Eigentum an den Betrieben und die von ihnen die erzielten Gewinne zum Zwecke Budgetsanierung gegen ein Trinkgeld  in die Hände weniger Kapitaleigner wandern, sondern weil die Kostensteigerungen und der Qualitätsverlust von der Gesellschaft zu tragen sind.

Am Beispiel der Österreichischen Post AG zeigt sich deutlich, dass die Gewinner dieses Prozesses ausschließlich die Aktionäre und ein unverschämt hoch bezahltes Management sind. Die bisherige Bilanz zeigt diese skandalöse Entwicklung:
Während die Zahl der Beschäftigte von 35.493 (1999) auf 25.764 und die Zahl der Postämter von 2.468 (2000) auf 1.311 (2007) gesunken ist, stieg der Gewinn (EBIT): von 28 Millionen (2003) auf 163 Millionen (2007) und die Dividende pro Aktie: von 0,51 EUR (2003) auf EUR 1,40 (2007) = plus 275 %.

Motor dieser verheerenden Entwicklung ist die Liberalisierungspolitik der EU, die schon bisher schrittweise die Öffnung der Postmärkte vorgeschrieben hat, was zu einer immer weiteren Ausdünnung des Service geführt hat. Bis 2011 soll die Totalliberalisierung der Postmärkte abgeschlossen sein. Eine Unterordnung unter diese Liberalisierungspolitik führt zwangsläufig dazu, dass einige wenige private Monopole bald den Markt diktieren werden.

Es wird daher der

Antrag

gestellt:

Der Landtag wolle beschließen:

Die Landesregierung wird aufgefordert, an die Bundesregierung heranzutreten,  mit dem Ziel,

1) die raschestmögliche Rücknahme der Teilprivatisierung der Post einzuleiten,

2)  die Aussetzung der EU-Liberalisierungsrichtlinien in Österreich insbesondere im Postbereich zu erreichen,

3) dass diese sich umgehend dafür einsetzt, dass in der Steiermark keine weiteren Postämter mehr geschlossen bzw. zusammengelegt werden.


Unterschrift(en):
Ernest Kaltenegger (KPÖ), Renate Pacher (KPÖ), Claudia Klimt-Weithaler (KPÖ)