LANDTAG STEIERMARK
XV. GESETZGEBUNGSPERIODE


TOP 32

EZ/OZ 2744/7

Schriftlicher Bericht

Ausschuss: Umwelt

Betreff:
Novelle des Steiermärkischen Starkstromwegegesetzes 1971


zu:


  • 2744/1, Novelle des Steiermärkischen Starkstromwegegesetzes 1971 (Selbstständiger Antrag)


Der Ausschuss "Umwelt" hat in seinen Sitzungen vom 10.03.2009, 03.06.2009 und 30.06.2009 über den oben angeführten Gegenstand die Beratungen durchgeführt.

Der Ausschuss für Umwelt, Natur und Energie hat in seiner Sitzung vom 10. März 2009 den Beschluss gefasst, die Landesregierung um Stellungnahme zum Antrag Einl. Zahl 2744/1 der Abgeordneten Kaltenegger und Klimt-Weithaler betreffend Novelle des Steiermärkischen Starkstromwegegesetzes 1971 binnen 3 Monaten zu ersuchen zu ersuchen. Mit dem am 13. Feber 2009 eingebrachten selbständigen Antrag (§ 21 GeoLT) haben die Abgeordneten Kaltenegger und Klimt-Weithaler den Antrag gestellt, der Landtag wolle beschließen:

"Gesetz vom ......., mit dem das Steiermärkische Starkstromwegegesetz 1971 geändert wird

1. Dem § 7 wird folgender Abs. 3 angefügt:
 
"(3) Parteien im Bau- und Betriebsbewilligungsverfahren sind außer dem Antragsteller die Eigentümer der von der Leitungsanlage unter Berücksichtigung der erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen berührten Grundstücke, Anlagen und Bauwerke."

2. Nach § 7 wird der folgende § 7a eingefügt:

"Erdverkabelung § 7a"

(1) Als ein öffentliches Interesse gelten auch die Vermeidung von Nutzungskonflikten und der Ausgleich von Interessensphären der Leitungsbetreiber einerseits und der Anrainer andererseits.

(2) Zur Wahrung des öffentlichen Interesses gemäß Abs. 1 dürfen zur Errichtung kommende Leitungsanlagen mit einer Nennspannung von mehr als 110 kV in sensiblen Bereichen auf technisch und wirtschaftlich effizienten Teilabschnitten nur als Erdkabel ausgeführt werden. Als sensible Bereiche gelten Bereiche, in denen der von der Achse einer Leitungsanlage gemessene Abstand unterschreiten würde:

1. 400 m zwischen einer Freileitung und den im Flächenwidmungsplan der Gemeinde ausgewiesenen Baugebieten der Kategorien a) Wohngebiete, b) allgemeine Wohngebiete, c) Kerngebiete, f) Dorfgebiete, l) Ferienwohngebiete gem. § 23 Abs. 5 des Steiermärkischen Raumordnungsgesetzes 1974\;

2. 200 m zwischen einer Freileitung und einzelnen der dauernden Wohnnutzung dienenden Bauten.

(3) Abs. 2 gilt auch für wesentliche Änderung einer bestehenden Freileitung mit einer Nennspannung von mehr als 110 kV. Wesentliche Änderungen sind dabei auch Verschwenkungen der Leitungstrasse um mindestens 10m auf einer durchgehenden Länge von 5 km, wobei kürzere Abschnitte innerhalb einer Leitungsanlage auch dann zusammenzurechnen sind, wenn die einzelnen Abschnitte zwar getrennt, aber innerhalb eines Zeitraums von 10 Jahren geändert werden, sowie die Erhöhung der Nennspannungsebene oder eine wesentliche Erhöhung der Übertragungskapazität.

(4) Bei der Beurteilung der technischen und wirtschaftlichen Effizienz von Erdkabel-Teilabschnitten ist insbesondere auf elektrotechnische, geologische sowie betriebs- und gesamtwirtschaftliche Gesichtspunkte abzustellen. Dabei ist auch die Verhältnismäßigkeit zwischen dem Aufwand für die Erdverkabelung und Alternativen, die nur eine möglichst geringe Beeinträchtigung des gemäß Abs. 1 zu schützenden öffentlichen Interesses bewirken, zu berücksichtigen. Bei der Beurteilung des Standes der Technik von Erdverkabelungen ist deren technische und wirtschaftliche Realisierbarkeit unter Berücksichtigung der Erfordernisse der Versorgungssicherheit maßgeblich."

2. Dem § 25a wird folgender Abs. 4 angefügt:

"(4) Die Anfügung des § 7 Abs. 3 und die Einfügung des § 7a durch die Novelle LGBl. Nr. ............., tritt mit dem der Kundmachung folgenden Tag, das ist der ........................, in Kraft."

Begründet wurde der Antrag im wesentlichen damit, dass das Vorhandensein von Freileitungen der Höchstspannungsebenen 220 kV und 380 kV oder mehr angesichts der Masthöhen und Auslegerbreiten von in der Nähe wohnenden Menschen als störend empfunden werde und Unbehagen auslöse. Es komme bei der Neuerrichtung oder bei wesentlichen Änderungen von solchen Leitungen zu Protestverhalten seitens der Anrainer. 110-kV-Leitugnen würden dagegen akzeptiert werden. Unter Hinweis auf eine Novelle des Salzburger Landeselektrizitätsgesetzes mit Beschluss vom 17. Dezember 2008 soll in Anlehnung an diese das Gebot zur Ausführung von Starkstromleitungen über 110-kV-Spannungsebene innerhalb sensibler Bereiche in Form einer Erdverkabelung normiert werden.

Seitens der beauftragten Fachabteilung 13A als Starkstromwegebehörde wird wie folgt berichtet:

Eingangs ist festzuhalten, dass die sogenannte "380-kV-Steiermarkleitung" als Lückenschluss des Höchstspannungsnetzes zwischen dem Umspannwerk Kainachtal (Steiermark) und dem Umspannwerk Rothenturm (Burgenland) dient. Die Fertigstellung dieser Leitungsanlage samt provisorischer Betriebsaufnahme ist mit Ende Juni 2009 vorgesehen. Die hiefür erforderliche anlagenrechtliche Bewilligung wurde seinerzeit im konzentrierten Verfahren nach dem UVP-Gesetz von den beiden Landesbehörden im März 2005 und bestätigend mit den Bescheiden des Bundes-Umweltsenates als Berufungsbehörde im März 2007 unter Mitanwendung des Bundes-Starkstromwegegesetzes 1968 erteilt. Die Grundstücksverfügbarkeit konnte überwiegend im Wege privatrechtlicher Übereinkommen gesichert werden, ergänzend dazu mussten unter Grundlage des Starkstromwegerechtes in Verbindung mit dem Eisenbahnenteignungsrecht zwangsweise Leitungsdienstbarkeiten gegen Entschädigung eingeräumt werden. Seinerzeit gestellte Anträge auf Zuerkennung aufschiebender Wirkung wurden vom Verwaltungsgerichtshof abgewiesen. Einige Beschwerden sind noch vor dem Verwaltungsgerichtshof anhängig.
 
Im einzelnen:

1. Zur Salzburger Landeselektrizitätsgesetz-Novelle 2008:
 
Gegenstand der mit der Landeselektrizitätsgesetz-Novelle 2008 eingefügten Bestimmung des § 54a (hier gleichlautend § 7a) ist die verpflichtende Ausführung von Leitungsanlagen mit mehr als 110 kV Nennspannung als Erdkabel, sofern die Leitungsanlage in bestimmten "sensiblen Bereichen" errichtet bzw. verlegt werden soll. Die Verkabelungspflicht besteht in sensiblen Bereichen auch für wesentliche Änderungen an bestehenden Freileitungen über 110 kV Nennspannung.

Zum Hintergrund der Novelle des Salzburger Landeselektrizitätsgesetzes darf darauf hingewiesen werden, dass die (nunmehrige) Verkabelungspflicht auf weitere Teilabschnitte des im Ausbau befindlichen 380-kV-Rings Anwendung finden soll, dies jedoch mit Einschränkungen. Die erste Einschränkung ergibt sich aus dem Umstand, dass die Bestimmung nur auf zukünftige Hochspannungsleitungsprojekte Anwendung finden kann. Nicht anwendbar ist die Bestimmung auf die sog. "Salzburgleitung", das ist die 46 km lange 380-kV-Teilstrecke zwischen St. Peter am Hart (bei Braunau) und Elixhausen (bei Salzburg), deren Errichtung bereits bewilligt und der Bescheid vom  Umweltsenat im April 2008 letztinstanzlich bestätigt wurde. Die zweite Einschränkung ergibt sich aus der Kompetenzrechtslage, wonach die starkstromwegerechtlichen Bestimmungen im Salzburger Landeselektrizitätsgesetz für Projekte gelten, die das Landesgebiet Salzburg nicht überschreiten. Die Kompetenz für leitungsspezifische Regelungen - das ist die Errichtung, der Betrieb, die Änderung, die Erweiterung und die Abtragung elektrischer Leitungsanlagen sowie die dazu erforderlichen Maßnahmen - ist im Starkstromwegerecht zwischen dem Bund und den Ländern geteilt. Soweit sich eine Leitungsanlage auf zwei oder mehrere Bundesländer erstreckt, ist der Bund für Gesetzgebung und Vollziehung zuständig (Art. 10 Abs. 1 Z. 10 B-VG).  Soweit sich eine Leitungsanlage nicht auf zwei oder mehrere Bundesländer erstreckt, ist der Bund für die Grundsatzgesetzgebung und sind die Länder für die Ausführungsgesetzgebung und die Vollziehung zuständig (Art. 12 Abs. 1 Z. 5 B-VG).

Vor diesem Hintergrund ist das Salzburger Landeselektrizitätsgesetz als Ausführungsgesetz dann nicht anwendbar, wenn sich ein Projekt auf ein weiteres Bundesland erstreckt, sodass auf jenes von Salzburg bis nach Oberösterreich verlaufende Teilstück des 380-kV-Rings das Starkstromwegegesetz des Bundes, BGBl. Nr. 70/1968 idF BGBl. I Nr. 112/2003, (im Folgenden: Bundes-StWG 1968) anzuwenden wäre (arg. § 1 Abs. 1 Bundes-StWG 1968 "Den Vorschriften dieses Bundesgesetzes unterliegen elektrische Leitungsanlagen für Starkstrom, die sich auf zwei oder mehrere Bundesländer erstrecken"). Darüber hinaus vertritt das BMWA (nunmehr BMWFJ) in seiner Stellungnahme im Begutachtungsverfahren zur Salzburger Landeselektrizitätsgesetz-Novelle 2008 den Standpunkt, dass selbst bei Leitungsprojekten innerhalb eines Bundeslandes das Bundes-StWG 1968 anzuwenden sei, wenn es sich dabei um Teilabschnitte des gesamtösterreichischen 380-kV-Rings handelt.

2. Zur Verkabelungspflicht in der Steiermark - grundsätzliche Überlegungen:
 
Der dargestellte eingeschränkte Anwendungsbereich einer landesrechtlichen Verkabelungspflicht ist auf die Situation in der Steiermark übertragbar: Einerseits könnte eine ähnliche Verkabelungspflicht im Steiermärkischen Starkstromwegegesetz 1971, LGBl. Nr. 14/1971 idF LGBl. Nr. 7/2002, (im Folgenden: Stmk. StWG 1971) - die verfassungsmäßige Zulässigkeit vorausgesetzt (vgl. dazu unter 3.) - nur auf künftige Leitungsprojekte Anwendung finden. Somit würde eine Anwendung einer neuen Rechtslage auf die 380-kV-Steiermarkleitung der APG/STEWEAG-STEG von Zwaring-Pöls nach Rotenturm (Burgenland) aufgrund des rechtskräftigen letztinstanzlichen Bewilligungsbescheides grundsätzlich ausscheiden. Selbst für den Fall, dass der Verwaltungsgerichtshof den Bewilligungsbescheid in dem bei ihm anhängigen Verfahren behebt, womit eine neue Rechtslage maßgeblich werden könnte, wäre - und damit ist man bei der zweiten Einschränkung - aufgrund des bundesländerübergreifenden Projekts (der Antrag der APG/STEWEAG-STEG auf Bewilligung der 380-kV-Steiermarkleitung wurde als Gesamtprojekt von Zwaring-Pöls in der Steiermark bis nach Rotenturm im Burgenland gestellt) neuerlich das Bundes-StWG 1968 und keinesfalls das Stmk. Starkstromwegegesetz anzuwenden.

3. Zur Verkabelungspflicht in der Steiermark - kompetenzrechtliche und verfassungsrechtliche Bedenken:
 
Wie schon im Zusammenhang mit der Salzburger Landeselektrizitätsgesetz-Novelle 2008, stellen sich bei der Prüfung der Zulässigkeit der Einführung einer Verkabelungspflicht auf landesgesetzlicher Ebene verfassungsrechtliche Fragen. Fasst man das im Auftrag der Industriellenvereinigung erstellte Gutachten von Univ.-Prof. Dr. Berka vom 14. November 2008 ("Zur Verfassungsmäßigkeit der Verkabelungspflicht nach § 54a des Entwurfs einer Salzburger Landeselektrizitätsgesetz-Novelle 2008") zusammen, ist in mehrfacher Hinsicht von der Verfassungswidrigkeit einer Verkabelungspflicht auszugehen. Auf das Wesentliche zusammengefasst hegt Berka neben dem Widerspruch zum Starkstromwege-Grundsatzgesetz, BGBl. Nr. 71/1968 (im Folgenden Bundes-StWGG) Bedenken unter den Gesichtspunkten des Legalitätsprinzips (Art. 18 B-VG), dem Grundrecht auf Erwerbsausübungsfreiheit  (Art. 6 StGG) und dem Gleichheitsgrundsatz (Art. 7 B-VG). Ferner wird die Neu-Definition des "Standes der Technik" bei der Verkabelung mangels Erprobung ebenso verfassungswidrig wie die vorgesehene Festlegung der Mindestabstände zwischen Freileitungen und Wohngebieten angesehen.

4. Ergebnis:
 
Die Aufnahme einer Bestimmung betreffend eine Verkabelungspflicht von Starkstromleitungen in das Stmk. StWG 1971, könnte nur auf künftige Leitungsprojekte und nur insoweit Anwendung finden, als sich das Projekt auf das Landesgebiet der Steiermark beschränkt.

Auf die 380-kV-Steiermarkleitung hätte eine neue Rechtslage zum Einen schon aufgrund des rechtskräftigen letztinstanzlichen Bewilligungsbescheides keine Auswirkung, zum Anderen wäre - selbst für den Fall, dass der Verwaltungsgerichtshof den Bewilligungsbescheid in dem bei ihm anhängigen Verfahren behebt, womit eine neue Rechtslage maßgeblich werden könnte, aufgrund des bundesländerübergreifenden Projekts (der Antrag der APG/STEWEAG-STEG auf Bewilligung der 380-kV-Steiermarkleitung wurde als Gesamtprojekt von Zwaring-Pöls in der Steiermark bis nach Rotenturm im Burgenland gestellt) neuerlich das Bundes-StWG 1968 anzuwenden.

Abschließend darf festgehalten werden, dass nach Fertigstellung der 380-kV-Steiermarkleitung das Hochspannungsnetz (über 110 kV) in der Steiermark auch langfristig als fertig ausgebaut anzusehen ist. Es ist mit weiteren Vorhaben nicht zu rechnen und kommt auch aus dieser Überlegung dem gegenständlichen Antrag auf Novellierung des Steiermärkischen Starkstromwegegesetzes keine Aktualität zu. Widersprochen muss auch der in der Begründung des Antrages enthaltenen Argumentation werden, 110-kV-Leitungen würden akzeptiert werden. Verwiesen wird auf die nahezu 15-jährige Dauer des Projektes "110-kV-Leitung Merkendorf - Gosdorf" der Steweag-Steg GmbH - auch hier waren Zwangsrechtsverfahren erforderlich - sowie das dzt. zurückgestellte Vorhaben einer 110-kV-Leitung Bergla - Obervogau zur Absicherung des Raumes Deutschlandsberg.


Es wird daher der

Antrag

gestellt:

Der Landtag wolle beschließen:

Der Bericht des Ausschusses für Umwelt, Natur und Energie zum Antrag, Einl.Zahl 2744/1, der Abgeordneten Kaltenegger und Klimt-Weithaler betreffend Novelle des Steiermärkischen Starkstromwegegesetzes 1971 wird zur Kenntnis genommen.