LANDTAG STEIERMARK
XV. GESETZGEBUNGSPERIODE


TOP 22

EZ/OZ 2732/5

Schriftlicher Bericht

Ausschuss: Umwelt

Betreff:
Schrumpfung des Landschaftsschutzgebietes Nr. 16 (Ennstaler und Eisenerzer Alpen)


zu:


  • 2732/1, Schrumpfung des Landschaftsschutzgebietes Nr. 16 (Ennstaler und Eisenerzer Alpen) (Selbstständiger Antrag)


Der Ausschuss "Umwelt" hat in seinen Sitzungen vom 10.03.2009 und 03.06.2009 über den oben angeführten Gegenstand die Beratungen durchgeführt.


Der Ausschuss für Umwelt, Natur und Energie hat in seiner Sitzung vom  10. März 2009 den Beschluss gefasst, die Landesregierung um Stellungnahme zum Antrag Einl. Zahl 2732/1 der Abgeordneten Schönleitner, Mag. Zitz und Lechner-Sonnek betreffend Schrumpfung des Landschaftsschutzgebietes Nr. 16 (Ennstaler und Eisenerzer Alpen) zu ersuchen.

Hierzu wird seitens der Landesregierung (Fachabteilung 13C) nachfolgende Stellungnahme abgegeben:

Diesem Begehren kann von der Steiermärkischen Landesregierung nicht Rechnung getragen werden, weil die Voraussetzungen im Sinne des § 6 Abs.1 lit.a und b des Stmk. NSchG 1976, LGBL. Nr. 56, für jene Teile, die aus dem "alten" Schutzgebiet aus 1956 herausgenommen wurden, nicht mehr gegeben sind. § 18 Abs. 1 des Stmk. NSchG 1976 sieht diesbezüglich keinen Ermessensspielraum vor. "Eine Verordnung ist aufzuheben, wenn die für ihre Erlassung maßgebend gewesenen Voraussetzungen weggefallen sind."

Die Änderung des Landschaftsschutzgebietes Nr. 16 war bereits Gegenstand einer schriftlichen Anfragenbeantwortung der Fraktion Grüne im Steiermärkischen Landtag. Die Beweggründe für die Änderung des Landschaftsschutzgebietes Nr. 16 seien bezüglich des Antrages nochmals dargelegt.
Die Revision der steirischen Landschaftsschutzgebiete erfolgte und erfolgt auf der Grundlage der gesetzlichen Kriterien und Definitionen sowie auf Grund von Analysen über die Wirksamkeit von Landschaftsschutzgebietsverordnungen.
Die Naturschutzabteilung nimmt die Revision von Amts wegen wahr\; insbesondere bedient sie sich dazu des qualifizierten Fachpersonals der Fachstelle Naturschutz.

Die Vorgangsweise ist seit vielen Jahren die Gleiche:
Es wird die Methode definiert, die Untersuchungs- und Vergleichsgebiete ausgewählt und im Detail die Veränderungen analysiert. Die erarbeiteten Ergebnisse werden in Form von thematischen Karten und erläuternden Texten ausführlich dargestellt.
In einem ersten Schritt werden die Untersuchungsgebiete samt Vergleichsgebieten ausgewählt.
Im zweiten Schritt wird die landschaftliche Ausstattung erhoben. Dies erfolgt durch Luftbildauswertungen, Auswertung vorhandener Unterlagen und überblicksmäßige Geländebegehungen. Dabei werden im Besonderen naturnahe und/oder extensiv genutzte Lebensräume (Biotope, Kleinstrukturen, etc.) und soweit möglich, ihr Zustand bewertet.
Im dritten Arbeitsschritt wird auf Basis von Luftbildmaterial die landschaftliche Ausstattung zum Zeitpunkt der Unterschutzstellung sowie der Vergleichsgebiete zum selben Zeitpunkt erhoben. Miteinbezogen werden die in der Zwischenzeit vollzogenen Vorhaben (z.B. Straßen, Bauten, Agrarumwandlungen u. dgl.). Diese werden auf ihre landschaftlichen Auswirkungen geprüft.
Im vierten Arbeitsschritt werden durch einen Vergleich des Zustandes zum Zeitpunkt der Ausweisung und heute die landschaftlichen Veränderungen in den Landschaftsschutzgebieten ermittelt, dargestellt und interpretiert. Die festgestellten Veränderungen werden am jeweiligen Schutzzweck des Gebietes gemessen, bewertet und auch insbesondere interpretiert, ob
- die entsprechenden Bestimmungen der Schutzgebietsverordnungen wirksam waren,
- der Schutzzweck bzw. das Schutzziel der betreffenden Landschaftsschutzgebiete heute noch gegeben ist und
- die ökologische und landschaftsästhetische Ausstattung insgesamt oder in Teilbereichen eine Aufwertung erfahren hat.

Die revidierten Landschaftsschutzgebiete in der Steiermark wurden vor mehr als 50 Jahren "erlassen", so auch das Landschaftsschutzgebiet Nr. 16.
Diese Schutzgebiete, auch das Landschaftsschutzgebiet Nr. 16 - so die Ergebnisse - haben bis heute wesentliche Veränderungen erfahren.

Dies durch folgende Tätigkeiten:
Veränderungen durch Bautätigkeiten
- Ausdehnung von Siedlungsflächen
- Bau von Sportplätzen
- Bau von Kläranlagen
- Bau oder Ausbau von größeren Verkehrsflächen
- Bau oder Ausbau von Land- und Forstwirtschaftswegen
- Errichtung von Sendemasten und Freileitungen
- Errichtung von Bauschuttdeponien
- Errichtung von Materialentnahmestellen
- Erstellung von Aufschüttungen

Veränderungen durch Land- und Forstwirtschaft oder deren Folgewirkungen
- Wiederaufforstungen
- Erstaufforstungen
- Gehölzpflanzungen
- Rodungen
- Entfernung von Feldgehölzen
- Entfernung von Einzelbäumen
- Entfernung von Rainen
- Großflächige Kahlhiebe
- Entwässerung
- Umbruch von Grünland
- Intensivierung von Magerstandorten
- Zuwachsen offener Magerstandorte, natürliche Sukzession

Veränderungen, die nicht im Luftbild erkennbar sind
- Erholungsbetriebe, z.B. Auswirkungen durch Schilifte
- Folgewirkungen aus Bautätigkeiten, z.B. Lärmemissionen, Gewässerbelastungen, Zerschneidung von Lebensräumen.

In nahezu allen untersuchten Landschaftsschutzgebieten hat es sich gezeigt, dass die Gebiete durch Siedlungsausdehnungen erheblichst verändert wurden. Darüber hinaus durch Baumaßnahmen, die der Infrastruktur zuzurechnen sind.
In einigen Landschaftsschutzgebieten waren die Auswirkungen landschaftlicher Tätigkeiten wesentlich (Umbruch von Grünland zu Acker und Intensivierung von Lebensraumstandorten).
In nahezu 75 % aller untersuchten Gebiete waren es die durch die Forstwirtschaft verursachten Veränderungen, wie Rodung, Wieder- und Erstaufforstung sowie Intensivierung der Waldstandorte (auf Fichtenwirtschaftswälder), welche zu einer Zurücknahme der Schutzgebiete führten.
Die Analyse hinsichtlich der Wirksamkeit der Schutzverordnungen hat gezeigt, dass durch die Schutzform Landschaftsschutzgebiet in der alten Konstruktion in vielen Fällen die erfolgten Veränderungen nicht zu verhindern waren.

Es dürfen diesbezüglich die Gründe für diese Veränderungsvorgänge dargelegt werden:
Für die Ausdehnung von Siedlungsflächen und den Ausbau der Infrastruktur wurden Sonderregelungen getroffen (bspw. unterliegen Maßnahmen im Siedlungsbereich keiner Bewilligung).
Der Bau oder Ausbau von größeren Verkehrsflächen lag im überregionalen Interesse. Diesem wurde der Vorrang eingeräumt.
Der Bau oder Ausbau von Land- und Forstwirtschaftswegen wurde vom Schutz ausgenommen.
Die gesamte land- und forstwirtschaftliche Nutzung und auch Bewirtschaftung, wo notwendig, wurde ausgenommen. Die Vorgänge Wiederaufforstung, Entwässerung, Umbruch, Intensivierung und Zuwachsen offener Standorte sind in den meisten Fällen keine erlaubnispflichtigen Tatbestände. Das Gleiche gilt für die landschaftsbildwirkenden Faktoren der Feldgehölze und Einzelbäume.
Die Errichtung der Infrastruktur (Sendemasten, Freileitungen u. dgl.) wurde für volkswirtschaftlich notwendig erachtet.
Summarum: Es musste zur Kenntnis genommen werden, dass wichtige Veränderungsprozesse hinsichtlich der landschaftlichen Ausstattung, des ökologischen Potenzials und auch des Landschaftsbildes in den revidierten Landschaftsschutzgebieten durch die Schutzbestimmungen nicht beeinflusst werden konnten.
Das Instrumentarium "Landschaftsschutzgebiet" in seiner alten Konstruktion konnte somit nicht jene Forderungen erfüllen, die von Seiten des "Naturschutzes" gestellt wurden und heute werden.
Es konnte aber auch die Erkenntnis gewonnen werden, dass das Instrumentarium Landschaftsschutzgebiet bei einer veränderten Handhabung durchaus in der Lage ist, eine wichtige Funktion bei der Verwirklichung von Naturschutzzielen zu erfüllen.
Es wurde erkannt, dass neben einer qualitativen Bestandsaufnahme die Verordnungsinhalte zu verbessern sind, um zu mehr Wirksamkeit zu gelangen.

Anlässlich der Revision des Landschaftsschutzgebietes Nr. 16 wurde die generelle Problem- und Aufgabenstellung bezüglich der Landschaftsschutzgebiete wiederum analysiert.
Die hochqualifizierten Fachexperten der Naturschutzabteilung haben, um den Anforderungen des Naturschutzgesetzes und den neuen Entwicklungen hinsichtlich des Instrumentariums Landschaftsschutz zu entsprechen, die folgende Fachkonzeption hinsichtlich Methode und Entscheidungskriterien für die

Neuabgrenzung von Landschaftsschutzgebieten in der Steiermark erarbeitet:

PHASE 1:
GIS-ANALYSE UND LUFTBILDAUSWERTUNG

PHASE 2:
LUFTBILDANALYSE, BEWERTUNG UND ZONIERUNGSKONZEPT

PHASE 3:
VERIFIZIERUNG UND ABSCHLIESSENDE BEWERTUNG DURCH ORTSBESICHTIGUNG

PHASE 4:
FESTLEGUNG DER NEUEN GRENZEN, FORMULIERUNG DER SCHUTZZIELE UND EINES INHALTLICHEN KONZEPTS FÜR DIE VERORDNUNG

Die Revision des Landschaftsschutzgebietes Nr. 16 erfolgte entsprechend der inhaltlichen Neukonzipierung. Das Ergebnis ist bekannt.
Auf Grund der gesetzlichen Vorgaben, die hinsichtlich der Änderung eines Schutzgebietes keinen Ermessensspielraum zulassen, kann dem Antrag nicht entsprochen werden.

Es wird daher der

Antrag

gestellt:

Der Landtag wolle beschließen:

Der Bericht des Ausschusses für Umwelt zum Antrag, Einl.Zahl 2732/1, der Abgeordneten Schönleitner, Mag. Zitz und Lechner-Sonnek  betreffend  Schrumpfung des Landschaftsschutzgebietes Nr. 16 (Ennstaler und Eisenerzer Alpen) wird zur Kenntnis genommen.