LANDTAG STEIERMARK
XV. GESETZGEBUNGSPERIODE


EZ/OZ: 3845/1

Regierungsvorlage

eingebracht am 15.06.2010, 00:00:00


Geschäftszahl(en): FA17A-A1.70-354/2010-30; FA17A01-14/2010-57
Zuständiger Ausschuss: -
Regierungsmitglied(er): Manfred Wegscheider
Beilagen: Klimaschutzplan Steiermark

Betreff:
Klimaschutzplan Steiermark

Das globale Klima ändert sich, und was noch vor wenigen Jahren vorsichtig prognostiziert wurde verdichtet sich zusehends: die Erdatmosphäre erwärmt sich schneller und die Auswirkungen sind dramatischer geworden. Verursacher dafür ist der Mensch. Insbesondere durch die Verbrennung fossiler Energieträger wie Erdöl, Erdgas oder Kohle kommt es zur stetigen Erhöhung der Treibhausgase in der Atmosphäre und damit zu einem "global warming". Diese globale Bedrohung stellt Wissenschaft, Politik und Gesellschaft vor neuen Herausforderungen, denn Klimawandel macht nicht halt vor Kontinenten, Ländern oder Regionen. Wir alle sind Betroffene und VerursacherInnen zugleich und daher sind wir auch gefordert, wenn es gilt, Maßnahmen zum Klimaschutz zu treffen.

Mit dem Klima- und Energiepaket im Dezember 2008 hat die Europäische Union bereits eine Neu-Orientierung für weiteste Teile der EU-Politik gegeben. Dieses Paket ist aber nicht nur aus Gründen des Klimaschutzes konsensfähig geworden. Der argumentative Unterbau für das EU-Politikpaket basiert auf gewichtigen politischen und wirtschaftlichen Faktoren: die zunehmende Verletzbarkeit der Energieversorgung, die steigende Auslandsabhängigkeit von fossilen Energieträgern, wie auch die krassen unvorhersehbaren Ausschläge der Energiepreise. Das EU-Klimapaket bedingt daher eine Umstrukturierung des Energiesystems, sodass eine weitgehende Loslösung von fossilen Energieträgern erreicht wird.

Wie hoch der Reduktionsbedarf bei Treibhausgasemissionen sein muss und was das globale Ökosystem noch an Treibhausgasemissionen aufnehmen kann, diesen wesentlichen Aspekt liefert die Klima-Wissenschaft. Aktuellste Einschätzungen gehen davon aus, dass 10 Prozent der heutigen Emissionen das verträgliche Limit sind, wenn der Temperaturanstieg auf 2 Grad Celsius begrenzt werden soll. Dies bedeutet langfristig eine Verminderung unserer jährlichen Treibhausgasemissionen um 90 Prozent.

Angesichts dieser Entwicklungen hat daher das Land Steiermark im Jahr 2009 begonnen, einen umfassenden Klimaschutzplan für das Land zu erstellen. WissenschafterInnen aus 5 steirischen Forschungseinrichtungen, über 100 Stakeholder aus Politik und Interessenvertretungen, Umwelt- und Naturschutzorganisationen, sowie ein breit angelegter Beteiligungsprozess im Rahmen der Landesverwaltung, haben einen für Österreich einzigartigen Klimaschutzplan für die Steiermark entwickelt.


Ziele Klimaschutzplan Steiermark

Das relevante Ziel ist die Entwicklung eines Masterplans für das Land Steiermark, damit nicht nur die im Energie- und Klimapaket der EU für 2020 formulierten Ziele für weniger Treibhausgas-Emissionen und mehr erneuerbare Energieträger erreicht werden, sondern auch Gesellschafts- und Wirtschaftsstrukturen gefördert werden, um zukünftigen Krisen resistenter begegnen zu können.

Eine aktive steirische Klimapolitik basiert daher auch auf der Wettbewerbsfähigkeit ihrer Wirtschaft. Die Basis- und Innovationsziele, die sich an einer Erhöhung der Produktivität aller Ressourcen - vom Boden bis zu energetischen Rohstoffen - orientieren, generieren dabei vielfältigen Nutzen: Lokale Wirtschaftskreisläufe werden gestärkt, Energieeinsparung und deren effizientere Verwendung senken Kosten und schaffen Unabhängigkeiten. Zusätzlich werden Technologien und Produkte mit einem geringen ökologischen Fußabdruck an Treibhausgasen weltweit wettbewerbsfähiger. Jene Regionen, die früher auf diese Innovationstrends setzen, werden auch die Vorteile von First Movers lukrieren.

Der Klimaschutzplan Steiermark hat anhand von 2 Zielformulierungen Optionen für einen klimaschonenden und nachhaltigen Weg in der Steiermark ausgemacht und in 26 Maßnahmenbündel zusammengeführt. Das Basisziel geht vom derzeit in der EU bestehenden verbindlichen Rahmen bis 2020 aus und schreibt das indikative Ziel der EU von minus 50% gegenüber 1990 bis 2030 fort. Das Innovationsziel entspricht den derzeit in Diskussion befindlichen Zielhorizonten auf EU-Ebene. Das Basisziel stellt somit die Untergrenze des zu erreichenden Wertes dar, während das Innovationsziel im Hinblick auf die Wettbewerbsfähigkeit richtungsweisend ist.


1. Basisziel Steiermark

Für den Nicht-Emissionshandels-Bereich übernimmt das Basisziel den österreichischen Zielwert des EU Energie- und Klimapakets von minus 16 Prozent THG-Emissionen bis 2020 gegenüber 2005. Dieser Wert ist in der "Entscheidung Nr.406/2009/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über die Anstrengungen der Mitgliedstaaten zur Reduktion ihrer Treibhausgasemissionen mit Blick auf die Erfüllung der Verpflichtungen der Gemeinschaft zur Reduktion der Treibhausgasemissionen bis 2020" festgelegt und damit verbindlich.

Für das Jahr 2030 wird das indikative Ziel der EU von minus 50 Prozent bis 2050 gegenüber 1990 übernommen. Bei Unterstellung eines linearen Reduktionspfades von 2020 bis 2050 ergibt sich damit der Zielwert für 2030 von minus 28 Prozent.

Dieses Basisziel-Szenario stellt somit die Grundlage dar, um die ansetzenden Verpflichtungen des Landes Steiermark entsprechend erfüllen zu können.
 
 
2. Das ambitioniertere Innovationsziel Steiermark

Das globale Langfrist-Ziel der Emissionsreduktion ist natürlich deutlich höher als die derzeitigen 2020-Vorgaben. Im Sinne einer zukunftsorientierten Klimapolitik bietet das Innovationsziel daher schon frühzeitig entsprechende Weichenstellungen, um damit zukünftige Klimaziele zu erreichen und dabei die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber anderen Regionen zu steigern. Als eine Orientierung der Größenordnung wird hier das von der EU 2007 postulierte 2020 Ziel für den Fall eines globalen Klimaabkommens herangezogen, das eine 30% Reduktion der THG-Emissionen bis 2020 gegenüber 1990 vorsieht und eine 80% Reduktion bis 2050 gegenüber 1990. Diese Zielformulierungen sind derzeit auch aktueller Bestandteil einer Aussendung der EU-Klima-Kommissarin Hedegaard vom 26. Mai 2010.

Es kann daher schon heute davon ausgegangen werden, dass die derzeit vereinbarten Reduktionsziele von 16% des Basisszenarios sicherlich nicht auf Dauer halten werden und auch nicht hinreichend genug sein werden, um die erwarteten Folgen des Klimawandels zu bewältigen. Daher ist es besonders wichtig, bereits heute Strategien und Maßnahmen in entsprechendem Ausmaß vorrätig zu haben, um das Innovations- und Exportland Steiermark mit jenen Wirtschaftsstrukturen auszustatten, die mit ambitionierten Klimazielen und erhöhter Wettbewerbsfähigkeit kompatibel sind. Das Innovationsziel stellt genau dafür eine gute Orientierung dar.

Zudem hat der Landtag Steiermark in seiner Sitzung vom 17.11.2009 die Steiermärkische Landesregierung mit Beschluss Nr.1706 aufgefordert, an die Bundesregierung u.a. mit der Bitte heranzutreten, international jene Klimaschutzziele zu vertreten, die sich nunmehr im Innovationsziel des Klimaschutzplanes wiederfinden.


26 Maßnahmenbündel für eine zukunftssichernde Klimapolitik in der Steiermark

Um diese Ziele erreichen zu können, wurden im Klimaschutzplan Steiermark sechs Bereiche mit insgesamt 26 Maßnahmenbündeln erarbeitet. Dabei wurden bewusst nicht nur jene Bereiche angesprochen, die außerhalb des EU-Emissionshandelsregimes stehen (Gebäude, Mobilität, Land-, Forst- und Abfallwirtschaft), sondern mit der Produktion und der Energiebereitstellung der Tatsache Rechnung getragen, dass die Steiermark eine starke Industrie und ein hohes Potenzial an erneuerbarer Energie und den dazugehörigen Technologien aufweist. Im Kapitel "Klimastil- Ein Lebensstil für unsere Zukunft" werden darüber hinaus jene Maßnahmen zusammengefasst, die notwendig sind, damit alle Steierinnen und Steirer ihre wirtschaftlichen Aktivitäten mit einem Lebensstil vereinbaren können, der viel sparsamer und effizienter mit den Ressourcen umgeht und somit die Klimaziele unterstützt.


Mit der Umsetzung des in der Anlage enthaltenen Klimaschutzplans Steiermark unter Einbindung der betroffenen Stakeholder kann unser Bundesland zeigen, dass es Vorreiter im Klima- und Energiebereich ist, vorausschauend gegenüber Bevölkerung und Wirtschaft agiert, der globalen Gefahr einer Erderwärmung bewusst entgegentritt und diese Herausforderung annimmt.

Besonders zu berücksichtigen ist dabei, dass der Klimaschutzplan einer Dynamik durch die sich permanent verändernden Rahmenbedingungen unterliegt und so in seinen einzelnen Maßnahmen im Zuge des Beteiligungsproszesses laufend kalibriert werden muss.

Über das Basisziel hinaus sollen daher mit einer Innovationsstrategie rechtzeitig die Weichen für eine zukunftsgerichtete Klimapolitik ohne überschießende Regelungen gestellt werden.


Beschluss der Steiermärkischen Landesregierung vom 14. Juni 2010.


Es wird daher der

Antrag

gestellt:

Der Landtag wolle beschließen:

Der Klimaschutzplan Steiermark wird als Grundlage für die Klimapolitik des Landes Steiermark erlassen. Über das verbindlich zu erreichende Basisziel hinaus ist die Erreichung des ambitionierten Innovationszieles des Klimaschutzplanes anzustreben.