LANDTAG STEIERMARK
XV. GESETZGEBUNGSPERIODE


EZ/OZ: 3469/1

Regierungsvorlage

eingebracht am 18.01.2010, 00:00:00


Geschäftszahl(en): A9-01.Ue-1/2009-108
Zuständiger Ausschuss: -
Regierungsmitglied(er): Bettina Vollath

Betreff:
comparative analysis/Aufnahme der Riegersburg in die Liste des UNESCO-Welterbes

Der Landtag Steiermark hat am 9. Juni 2009 den Beschluss (Nr. 1562) gefasst, die Steiermärkische Landesregierung aufzufordern, erneut und verstärkt mit dem Ersuchen an die Bundesregierung heranzutreten, dass diese sich dafür einsetze, die Riegersburg in die Liste des UNESCO-Welterbes aufzunehmen.

Zuvor hat die Abteilung 9-Kultur am 4. Juni 2009 im Auftrag des damaligen Landeskulturreferenten Dr. Flecker die Fachabteilung 1F, Verfassungsdienst und zentrale Rechtsdienste ersucht zu prüfen, inwieweit das Land Steiermark im eigenen Wirkungsbereich tätig werden kann, um eine Aufnahme der Riegersburg in die Liste des UNESCO-Welterbes zu erwirken.
Die Fachabteilung 1F teilte dazu am 30. Juni 2009 mit, dass die Rechtsgrundlage für eine Aufnahme in die Liste des Welterbes ein multilateraler Staatsvertrag ist: das Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt, nach dem Beitritt Österreichs kund gemacht im Bundesgesetzblatt Nr. 60/1993. Die Modalitäten für die Aufnahme in die Welterbeliste sind durch die Operational Guidelines for the Implementation of the World Heritage Convention konkretisiert, wobei im Zusammenhang mit der Riegersburg Artikel 11 des Übereinkommens von besonderer Bedeutung ist. Dieser besagt, dass die Aufnahme ausschließlich auf Basis von diesbezüglichen Vorschlägen der Vertragsstaaten möglich ist\; eine regionale Gebietskörperschaft kann nicht unmittelbar an das zur Entscheidung berufene Welterbekomitee herantreten. Ohne Mitwirkung des Bundes ist die Aufnahme der Riegersburg in die Liste des UNESCO-Welterbes demnach nicht möglich.
Bemühungen des Landes können nur dahin gehen, innerstaatlich die Aufnahme der Riegersburg in die nationale Vorschlagsliste (tentative list) zu betreiben, was die Voraussetzung für die Aufnahme in die Welterbeliste ist. Die nationale Vorschlagsliste ergibt sich aus einer institutionalisierten Zusammenarbeit zwischen dem Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur sowie den Bundesländern und anderen beteiligten Stellen.
Am 15. Juni 2009 nahm die Kulturabteilung des Landes Steiermark Kontakt mit dem österreichischen Welterbebeauftragten am Bundesministerium für Unterricht Kunst und Kultur, Dr. Bruno Maldoner, auf, mit dem Ziel, Möglichkeiten und Kosten einer internationalen Vergleichsstudie zwecks Aufnahme der Riegersburg in die Liste des UNESCO-Welterbes zu ergründen, mit folgendem Ergebnis:
Grundsätzlich müsste eine internationale Vergleichsstudie daran arbeiten, die Stellungnahme des österreichischen Welterbebeauftragten zu evaluieren. Ein internationaler Experte sei einzuladen, mit der Aufgabe die Riegersburg zu besichtigen und idealerweise unter Einbeziehung von ExpertInnen der angrenzenden Nachbarländer eine fachliche Einschätzung zu formulieren. Die Kosten für eine internationale Vergleichsstudie sind vom Land Steiermark zu tragen.
In der Folge könnte auf Basis dieser zusätzlichen Expertise ein neuerlicher Antrag auf Aufnahme in die Liste des UNESCO-Welterbes gestellt werden. Als entsprechend renommierter Experte wurde HR Univ.-Prof. Dr. Wilfried Lipp, Landeskonservator in Oberösterreich, Präsident von ICOMOS Österreich, Vizepräsident von ICOMOS Europa, namhaft gemacht.
Prof. Lipp hat in einem Informationsgespräch, das am 11. November 2009 in der Abteilung 9 auf Grund einer Einladung der Abteilung 9 zur Erstellung einer internationalen Vergleichsstudie stattfand, bekundet, dass er keine Möglichkeit sähe, eine internationale Vergleichsstudie (comparative analysis) zur Riegersburg vorzunehmen, zumal er selbst Berater in UNESCO-Gremien sei und eine Aufnahme der Riegersburg in die Liste des UNESCO-Welterbes auf Grund der aktuellen UNESCO Aufnahmepolitik pessimistisch beurteile.
Eine derartige comparative analysis könnte Dr. Helmut Stampfer, ehemals Landeskonservator von Südtirol, Autor der Zeitschrift ARX, wissenschaftlicher Berater des Südtiroler Burgeninstituts als ausgewiesener Experte, verfassen.
Inhalt der Studie wären folgende Fragenstellungen:
Was gibt es anderes Vergleichbares im europäischen Kontext, was würde für eine Aufnahme der Riegersburg im europäischen (!) Kontext gesehen sprechen.
Nach Verfassung des Gutachtens sei folgender Weg zu beschreiten, um eine Aufnahme zu betreiben:
Nachdem der Bund Vertragspartner der UNESCO ist, müsste die Steiermärkische Landesregierung an den Bundeskanzler und die Bundesministerin für Kunst und Kultur unter Beilage des Gutachtens schreiben, die Riegersburg sollte auf die österreichische tentative list gesetzt und eine Eintragung auf die weltweite Liste des UNESCO-Welterbes von Bundesseite angestrebt werden.
In diesem Zusammenhang machte Prof. Lipp darauf aufmerksam, dass die Aufnahmepolicy der UNESCO bereits in den 90er Jahren vom Einzeldenkmal zum Ensemble übergegangen sei. Seit den 2000er Jahren würden vorwiegend Kulturlandschaften aufgenommen und auch in diesem Bereich sei Europa im globalen Kontext nunmehr überrepräsentiert. Reelle Chancen gäbe es noch im Bereich "Industrieerbe, wirtschaftsgeschichtliches Erbe, cultural routes".
In der Folge wurde Dr. Helmut Stampfer eingeladen, die Verfassung der angestrebten internationalen Vergleichsstudie vorzunehmen. Nach eingehender Beschäftigung mit der Sachlage hat Dr. Stampfer in Anbetracht des negativen Bescheids des Ministeriums abgesagt. Auch aus seiner Erfahrung bestehen für die Eintragung einer einzelnen Burg in die Welterbeliste geringe Erfolgschancen.
Die Sondierung zwecks Verfassung einer internationalen Vergleichsstudie zur Aufnahme der Riegersburg in die Liste des UNESCO-Welterbes hat ergeben, dass die Chance auf eine positive Erledigung überaus gering ist. Dem gegenüber steht ein hoher Aufwand an Mitteln für die Verfassung dieser wissenschaftlichen Studie und deren geforderter Übersetzung ins Englische (ein Kostenaufwand von zumindest € 30.000,-- wird angenommen).
Es soll daher von weiteren Schritten für eine Aufnahme der Riegersburg in das UNESCO-Welterbe Abstand genommen werden.


Beschluss der Steiermärkischen Landesregierung vom 11. Jänner 2010.


Es wird daher der

Antrag

gestellt:

Der Landtag wolle beschließen:

Die Umsetzung des Beschlusses des Landtages Steiermark Nr. 1562 vom 9. Juni 2009 betreffend das Projekt "Aufnahme der Riegersburg in das UNESCO-Welterbe", die Absage der eingeladenen Experten zur Verfassung einer internationalen Vergleichsstudie und die daraus folgende Einstellung weiterer Schritte auf Grund eines zu hohen Aufwands (min. € 30.000,--) für überaus geringe Chancen auf Erfolg wird zustimmend zur Kenntnis genommen.