LANDTAG STEIERMARK
XV. GESETZGEBUNGSPERIODE


EZ/OZ: 3668/1

Regierungsvorlage

eingebracht am 19.04.2010, 00:00:00


Geschäftszahl(en): A3-A1.70-475/2010-5; A3 - 10.F-11/2010-30
Zuständiger Ausschuss: -
Regierungsmitglied(er): Elisabeth Grossmann

Betreff:
Beschluss des Landtages Steiermark Nr. 1523 betreffend die Errichtung eines Luftfahrttechnik-Kompetenzzentrums

Dem Thema "Luftfahrt/Luftfahrttechnik" widmet sich am Hochschulstandort Steiermark, welcher ua insgesamt 5 Universitäten und 2 Fachhochschulen umfasst, lediglich ein Studiengang an der FH JOANNEUM. An allen übrigen Einrichtungen wird dieses Thema - wenn überhaupt - als Querschnittsmaterie zwischen mehreren Fachbereichen behandelt. Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass die Universitäten als "juristische Personen des öffentlichen Rechts" eingerichtet und somit vollrechtsfähig sind. Die Entscheidung über die Einrichtung von Studienprogrammen wird daher ausschließlich durch die dafür zuständigen Organe der Universität getroffen. Finanziert werden die Universitäten durch den Bund über sog "Leistungsvereinbarungen", die idR für jeweils 3 Jahre abgeschlossen werden.

Im Gegensatz dazu ist die FH JOANNEUM als GmbH errichtet worden, als deren Hauptgesellschafter das Land Steiermark fungiert. Die Finanzierung erfolgt nunmehr beinahe zu gleichen Teilen aus Bundes- als auch Landesmitteln (auf Grundlage des "Steirischen FH-Rahmenplans). Das Land Steiermark kann aufgrund dieser Struktur als Gesellschafter Einfluss auf die Ausrichtung - damit auch des Studienangebots - der FH JOANNEUM nehmen.

Der Diplom-Studiengang "Luftfahrt/Aviation" begann im Wintersemester 2001 mit der Ausbildung der ersten StudentInnen. Pro Jahrgang standen 35 Regelstudienplätze zur Verfügung. Diese Anzahl wurde auf Basis einer Bedarfs und Akzeptanzanalyse festgelegt.
Mittlerweile haben 5 Jahrgänge mit jeweils ca. 20 AbsolventInnen (+/- 5) das Studium abgeschlossen. Davon bleiben etwas mehr als die Hälfte in Österreich. In der Steiermark sind nach aktuell vorliegenden Informationen AbsolventInnen in den folgenden Unternehmen und Institutionen (mit Bezug zur Luftfahrt) beschäftigt:
  • AMES
  • AXIS
  • FH JOANNEUM
  • Flughafen Graz
  • Flying Forever
  • ÖLS (Österreichische Luftfahrt Schule)
  • Porzellanfabrik Frauenthal
  • qpunkt
  • Scotty
  • Siemens
  • TU Graz

Zu beachten ist ein vergleichsweise großes Potential an AbsolventInnen, die aus dem Ausland mit Erfahrungen und Know-How, bei einem entsprechenden Wachstum der Luftfahrtindustrie, gerne in die Steiermark zurückkehren.
Im Jahr 2008 fand die Umstellung auf ein Bachelor/Master-System statt. Im Bachelor-Studiengang "Luftfahrt/Aviation" stehen wieder 35 Regelstudienplätze zur Verfügung. Durch eine verbesserte Abstimmung des Curriculums sowie weitere Maßnahmen werden pro Jahr ca. 30 AbsolventInnen mit dem akademischen Grad "BSc" (Bachelor of Science) erwartet. Im Bachelor-Studium ist die Vorlesungssprache deutsch, es stehen die Vertiefungsrichtungen Luftfahrttechniker und Linienpilot zur Auswahl.
Die BewerberInnenzahlen haben sich, nach Einbrüchen in der Vergangenheit, wieder für einen technischen Studiengang auf einem sehr hohen Niveau mit mehr als 3-facher Überzeichnung stabilisiert. Im Jahr 2009 betrug die BewerberInnenzahl für das Bachelor-Studium 116.

Folgende F&\;E-Schwerpunkte sind am Transferzentrum definiert und mit ProfessorInnen besetzt:
  • Avionik &\; Flugsicherungstechnik
  • Flugführung
  • Flugsimulation und -regelung
  • Aerodynamik, Thermodynamik und Strömungsmechanik
  • Betriebswirtschaftslehre
  • Human Factors und Luftfahrtpsychologie
  • Flugzeugbau

Eine Arbeitsgruppe Luftfahrtantriebe wurde vorerst nicht eingerichtet. Hier wird die Zusammenarbeit mit der TU Graz gesucht. Mit Jänner 2010 wurde eine Arbeitsgruppe Mechanik und Verbundwerkstoffe eingerichtet und stellt ein Angebot zur Unterstützung für Unternehmen im Bereich Kunststoffe und Composites dar. Die Arbeitsgruppen sind bedarfsgerecht mit Laboreinrichtungen ausgestattet, die im Luftfahrtlabor untergebracht sind.
Als einzige Hochschule wurde die FH JOANNEUM als Mitglied in die AAIG (Austrian Aeronautics Industries Group) aufgenommen.

Der Studiengang versucht monatlich eine Abendveranstaltung sowie 2 Konferenzen pro Jahr zu organisieren. Alle 2 Jahre wird das Event "LuftfahrtXX" - als offizielles "Warm-Up" zur AirPower am Fliegerhorst Hinterstoisser (Zeltweg) - veranstaltet.
Die Abendveranstaltungen werden hauptsächlich von regionalen TeilnehmerInnen und Studierenden besucht. Die TeilnehmerInnenzahlen liegen zwischen 50 und 130. Die Themenauswahl umfasst die gesamte Luftfahrt und nimmt auf aktuelle Trends Bezug. Der letzte Vortrag wurde von Herrn Dr. Andreas Bierwirth, Vorstandsdirektor der Austrian Airlines, zum Thema "Sanierung der Austrian" gehalten.
Die Konferenz zum Thema "Unmanned Aircraft Systems - Towards Civil Applications" setzte ein Highlight unter den bisherigen Veranstaltungen. Die Präsentationen der internationalen Vortragenden (diese stammten aus Frankreich, Deutschland, Griechenland und Österreich) wurden von mehr als 200 TeilnehmerInnen (186 deutsch- und 27 fremdsprachig) verfolgt und sehr gut evaluiert.

In den Jahren 2007 bis 2009 wurden folgende weitere Konferenzen durchgeführt:
  • Symposium "Luftfahrt und Umwelt" (17.10.2007)
  • Symposium "Navigation - Entwicklungen und Perspektiven" (03.11.2008\; in Kooperation mit der TU Wien)
  • Symposium "Antriebstechnik in der Luftfahrt" (02.04.2009\; in Kooperation mit JETALLIANCE Flight Training GmbH, Bad Vöslau)

Das Event "Luffahrt09" - das offizielle "Warm-Up" für die AirPower09 - wurde für eine breite Öffentlichkeit am Campus-Gelände der FH JOANNEUM veranstaltet. Es konnten rund 3000 BesucherInnen gezählt werden.
Eine Zusammenarbeit mit dem AC-Styria, die bisher noch nicht stattgefunden hat, kann sicherlich zu einer weiteren Steigerung der Attraktivität der Veranstaltungen beitragen.

Eine auf dem Letztstand befindliche Forschungsinfrastruktur spielt neben den geeigneten Humanressourcen eine entscheidende Rolle für die Umsetzung von Forschungs- und Entwicklungsprojekten mit der Wirtschaft. Am Studiengang "Luftfahrt/Aviation" steht eine umfassende Laborausstattung zur Verfügung:
Das Labor für Avionik und Flugsicherungstechnik dient sowohl der praktischen Ausbildung der Studierenden als auch dem Einsatz in der angewandten Forschung und Entwicklung. Im Rahmen des Luftfahrtstudiums werden hier praktische Übungen zu den Lehrveranstaltungen Elektrotechnik, Nachrichtentechnik, Messtechnik, sowie Avionik und Flugsicherungstechnik durchgeführt.
Das Labor für Flugsimulation verfügt über den neuen Forschungssimulator JFS². Dieser Simulator wurde von den Mitarbeitern und Studierenden des Studiengangs "Luftfahrt/Aviation" geplant und gebaut. Insgesamt waren mehr als 20 Studierende in verschiedensten Projekten im Rahmen der Lehre in die Planung und den Bau involviert. Das Spektrum der Projekte reicht dabei von der Konstruktion der Leinwand und des Cockpits bis hin zur mathematischen Modellierung der Aerodynamik oder des Fahrwerks.
Das Labor für Human Factors und Luftfahrtpsychologie befindet sich im Aufbau und dient derzeit dem Einsatz in der angewandte Forschung und Entwicklung.
Englisch als Vertiefung im Selbststudium - das können Studierende im Labor für Sprachtraining (LTC) verwirklichen.
Die Werkstätte bietet neben einer Reihe modernster Maschinen und Anlagen ein umfangreiches Sortiment an Handwerkzeugen. Damit können sehr viele Arbeiten, die während des ständigen Laborausbaus notwendig sind, eigenständig im Haus durch Angestellte und  Studierende durchgeführt werden.  

Unter Beteiligung des Studienganges "Luftfahrt/Aviation" werden aktuell 8 F&\;E-Projekte durchgeführt\; 6 Projekte wurden bereits abgeschlossen. An diesen Projekten sind insgesamt 28 nationale und internationale Partner beteiligt, 6 Partner stammen aus der Steiermark. Besonders erfolgreich war der Studiengang bei der Einwerbung von Fördermitteln: Alle 8 laufenden Projekte werden durch die FFG (Take-Off-Call) unterstützt.

Mit der Ausschreibung 2007 der FFG für Fachhochschul-Bereich erhielten 3 Josef-Ressel-Zentren Förderungen: Pinkafeld, Hagenberg und Dornbirn. Im Jahr 2009 wurde, als Vorbereitung für eine neue Ausschreibung, vom BMVIT eine Vorerhebung durchgeführt. Dabei wurde auch für die steirische Luftfahrtindustrie und  für die Studiengänge "Luftfahrt/Aviation" Interesse angemeldet. Mit einer Ausschreibung ist, im Jahr 2011 zu rechnen.

Aus-/Weiter-/Fortbildungen werden derzeit für PilotInnen angeboten (MCC - Multi-Crew Coordination und Refresher-Kurse). Mit dem Know-How und dem Netzwerk der Studiengänge kann bei Bedarf mit relativ geringen Vorbereitungszeiten nahezu zu jedem Thema in der Luftfahrt eine Veranstaltung angeboten werden.

Im Rahmen der Erweiterung des AC-Styria in Richtung "Mobilität/Luftfahrttechnik" sollten insbesondere folgende Punkte Eingang finden:
  • Positive Darstellung des bisherigen Zusammenwirkens von Wirtschaft, Forschung und Bildung im Bereich "Luftfahrt"
  • Gemeinsame Planung aller Beteiligten in Bezug auf den Arbeitskräftebedarf und darauf aufbauend Abstimmung des Bildungsangebotes
  • Festlegung von Forschungsschwerpunkten nach dem Bedarf der Industrie unter Einbeziehung der Laboreinrichtungen und des Know-how am Studiengang "Luftfahrt/Aviation" an der FH JOANNEUM
  • Schaffung eines speziellen Angebotes für AbsolventInnen naturwissenschaftlicher und technischer Studien als Einstieg in den Bereich "Luftfahrt"\; dabei könnte auf das bereits vorhandene Netzwerk und Know-how des Studienganges "Luftfahrt/Aviation" zurückgegriffen werden
  • Aufbau einer internationalen Luftfahrtdatenbank als Drehscheibe für internationale Kontakte unter Rückgriff auf das bereits vorhandene Netzwerk des Studienganges "Luftfahrt/Aviation"
  • Gemeinsame Planung von Veranstaltungen (zB Konferenzen, Symposien) aller Beteiligten unter Nutzung der räumlichen Infrastruktur der FH JOANNEUM sowie gemeinsamer Auftritt bei internationalen Veranstaltungen.

Die vorausgegangenen Ausführungen zeigen, dass der Studiengang "Luftfahrt/Aviation" bereits jetzt einen wichtigen Beitrag im wissenschaftlichen/wirtschaftlichen Bereich der Luftfahrttechnik leistet und langjähriges Know-how und Expertise in ein geplantes "Luftfahrttechnik-Kompetenzzentrum" einbringen kann.


Beschluss der Steiermärkischen Landesregierung vom 12. April 2010.


Es wird daher der

Antrag

gestellt:

Der Landtag wolle beschließen:

Der Bericht der Steiermärkischen Landesregierung zum Beschluss des Landtages Steiermark Nr. 1523 betreffend Errichtung eines Luftfahrttechnik-Kompetenzzentrums wird zur Kenntnis genommen.