LANDTAG STEIERMARK
XVI. GESETZGEBUNGSPERIODE


EZ/OZ: 3447/1

Dringliche Anfrage (§ 68 GeoLT)

eingebracht am 07.05.2015, 17:00:58


Landtagsabgeordnete(r): Lambert Schönleitner (Grüne), Ingrid Lechner-Sonnek (Grüne), Sabine Jungwirth (Grüne)
Fraktion(en): Grüne
Regierungsmitglied(er): Hermann Schützenhöfer

Betreff:
Verantwortungsloser Umgang mit Steuergeld am Beispiel der Schi-WM in Schladming

Wenn den Verantwortlichen nichts zu teuer ist, dann rechtfertigen Sie sich mit dem "unbezahlbaren Werbewert" von Großevents. Mit diesem Argument werden alle Schleusen für das Geldausgeben geöffnet. Denn der behauptete "unbezahlbare Werbewert" ist immer höher als das, was bezahlt wurde. So rechtfertigt sich niemand, der mit dem Steuergeld der Bürgerinnen und Bürger verantwortungsvoll umgehen will. Auch maßgebliche Vertreter der steirischen Wirtschaft haben im übrigen den lockeren Umgang mit Steuermitteln bei der Schi-WM scharf kritisiert.
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Die Grünen haben die Landesregierung und den Landtag bereits mehrmals mit den dubiosen Finanzierungsvorgängen rund um die Schi-WM in Schladming konfrontiert. Trotz mehrerer schriftlicher und einer dringlichen Anfrage wurde von der rot-schwarzen Landesregierung jede Kritik ohne konkrete Antworten vom Tisch gewischt: Alles sei in bester Ordnung. Der jüngst in Medien bekannt gewordene Rohbericht des Rechnungshofes bringt genau das Gegenteil ans Tageslicht. Während jeder kleine Subventionsempfänger auf Herz und Nieren geprüft wird, gab es beim großen Event Schi-WM kein Halten mehr und war nichts zu teuer. Gleichzeitig wurde in der Regierungs-PR davon gesprochen, dass die Steiermark ein Musterland der Budgetkonsolidierung wäre. Diese Behauptung löst sich nach diesem Bericht in Schall und Rauch auf.
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Es flossen die Millionen - insgesamt 151 vom Land Steiermark - zur gleichen Zeit, als schmerzliche Einschnitte bei jenen SteirerInnen getätigt wurden, die unsere Hilfe und Solidarität am dringendsten gebraucht hätten. 151 Millionen
  • ohne konkrete Planungen,
  • ohne Übersicht,
  • ohne Kostensteuerung,
  • ohne Gesamtkostenverfolgung,
  • ohne Korruptionsprävention, 
  • ohne jede Transparenz,
  • ohne nachvollziehbare Zahlen,
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dafür aber mit geschwärzten Verträgen und mit einem ÖSV-Präsidenten als Gegenüber, der mit LH Voves und LHStv. Schützenhöfer Schlitten gefahren ist.
Der finanzielle Aufwand war für eine Schi-WM enorm - und das vor dem Hintergrund schwerer Budgetnöte. Insgesamt 246 Mio. € kamen von der öffentlichen Hand.
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Nun zu Kritikpunkten des Rechnungshofes im Einzelnen:
  • Infrastrukturinvestitionen sind nur von regionalem Wert und haben keine überregionale Bedeutung
  • Projekte wurden gefördert, die nicht Teil der WM-Bewerbung waren
  • Projekte wurden finanziert, für die der ÖSV ohnehin Geld von der FIS erhielt
  • Zudem erhielt der ÖSV drei Mio. € für die Bewerbe, und es wurde für ein Rennen zu viel bezahlt.
  • Zwischen den verantwortlichen Stellen Stadtgemeinde Schladming, ÖSV, Land Steiermark, Bundesministerien, dem Ausschuss, der WM-Gesellschaft etc. ging der Überblick völlig verloren.
  • Der Vertrag mit dem Skiverband bzw. seiner Veranstaltungsgesellschaft ist Voves/Schützenhöfer geschwärzt vorgelegen - und trotzdem haben sie ihn unterschrieben.
  • Ein mit der Kontrolle beauftragter Planer ist unzulässigerweise ohne Ausschreibung bestellt worden.
  • Das Institut für Sportstättenbau hat seine Aufgaben nur mangelhaft erledigt und wurde nicht ernst genommen - das führte zu Flops wie den Loop, zuerst als Blickfang errichtet und dann aus Platzgründen wieder entfernt. Mängel bei den Entscheidungs- und Planungsunterlagen kosteten 105.000 €.
  • Alle Projekte waren generell überteuert: So kam z.B. das Zielstadion letztlich mehr als doppelt so teuer. Auch Parkhaus und Servicedeck weisen erhöhte Baukosten auf.
  • Projekte waren z.T. sportlich irrelevant.
  • Alternativen zum Mediencenter wurden nicht geprüft.
  • Das Skygate wird als Luxusbau gerügt mit Förderungen über zwei Mio. € Euro.
  • Es gab keine zeitgemäße Antikorruptionsprävention. Spezielle Schulungen gab es erst nach der WM, das Land stellte nur zum Teil Schranken gegen Privilegien auf.
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Als der Landtag Steiermark mit der Finanzierung der Schi-WM 2013 erstmals am 9.2.2010 konkret befasst wurde, wurde ressortübergreifend unter dem Titel "Infrastrukturmaßnahmen Alpine Ski WM 2013 Schladming" ein Betrag von 18,97 Mio. € für die Jahre 2011 und 2012 durch den Landtag genehmigt. In dieser Regierungsvorlage befindet sich auch die Feststellung, dass aus dem Konjunkturausgleichsbudget 2009 und 2010 bereits Finanzmittel in der Höhe von 29,63 Mio. € mit WM-Bezug verplant wurden. Damit ergibt sich ursprünglich eine dem Landtag dargestellte Gesamtbelastung für das Land Steiermark aus der Alpine Ski WM von gesamt 48,6 Mio. €. Geworden sind es 151 Mio. €.
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Dem Landtag wurde nie ein transparentes WM-Gesamtbudget zur Beschlussfassung oder als Bericht vorgelegt. Auch eine Endabrechnung wurde dem Landtag nie vorgelegt. 
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Auch fehlt nach wie vor jede Darstellung der Geldflüsse rund um den ÖSV. Es war für den geschickt agierenden ÖSV-Präsidenten ein Leichtes, die Landesspitze über den Tisch zu ziehen. Der Abriss des Loops belegt dies eindrucksvoll.
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Ein Landeshauptmann und ein Landeshauptmannstellvertreter, die sich mit geschwärzten Verträgen abspeisen lassen, handeln ohne jede Verantwortung für ihr Land. So kann und darf man mit dem anvertrauten Steuergeld der Bürgerinnen und Bürger nicht umgehen.

1. Werden Sie die Inhalte des Rechnungshofberichtes noch vor den Landtagswahlen veröffentlichen, damit die Bevölkerung sich selbst ein Bild machen kann?
2. Welche Feststellungen werden im Rechnungshofbericht im Einzelnen aufgelistet?
3. Warum haben Sie geschwärzte Verträge akzeptiert?
4. Warum haben Sie dem Landtag nie ein Gesamtbudget und nie eine Gesamtabrechnung vorgelegt?
5. Wie rechtfertigen Sie vor dem Hintergrund drastischer Kürzungen im Bildungs-, Sozial-, Gesundheits- und Kulturbereich einen derart lockeren Umgang mit Geld wie bei der Schi-WM?
6. Warum haben Sie bei den seinerzeitigen schriftlichen und dringlichen Anfragen die wahren Abläufe rund um die Schi-WM verschleiert und verschwiegen?


Unterschrift(en):
Lambert Schönleitner (Grüne), Ingrid Lechner-Sonnek (Grüne), Sabine Jungwirth (Grüne)