LANDTAG STEIERMARK
XVI. GESETZGEBUNGSPERIODE


EZ/OZ: 3448/1

Dringliche Anfrage (§ 68 GeoLT)

eingebracht am 08.05.2015, 14:11:21


Landtagsabgeordnete(r): Sabine Jungwirth (Grüne), Ingrid Lechner-Sonnek (Grüne), Lambert Schönleitner (Grüne)
Fraktion(en): Grüne
Regierungsmitglied(er): Michael Schickhofer

Betreff:
Recht auf Kinderbetreuung ab dem zweiten Lebensjahr und bessere Rahmenbedingungen in den elementaren Bildungseinrichtungen

In der Steiermark haben Bundes- und Landesregierung in den letzten Jahren zwar die Krippen- und Kindergartenplätze ausgebaut, angesichts der großen Nachfrage ist jedoch immer noch viel zu wenig Angebot geschaffen worden, und im Bundesländervergleich hinkt die Steiermark hinter den anderen Ländern hinterher:

Bei der Betreuungsquote der über als auch unter dreijährigen Kinder ist die Steiermark im Bundesländervergleich Schlusslicht.

Laut Statistik Austria bildet die Steiermark mit einer Betreuungsquote von 11,2% das österreichweite Schlusslicht bei der Betreuung der unter 3-Jährigen. Zwar erfüllt nur das Bundesland Wien (34,8%) die in den so genannten Barcelona-Zielen der EU geforderte Betreuungsquote von 33% zur Gänze, jedoch liegen beinahe alle anderen Bundesländer (Ausnahme OÖ) bei ca. 20% und das Burgenland sogar bei 30,1%. Der österreichische Durchschnitt bei der Betreuungsquote der unter 3-Jährigen liegt bei 20,8%.

Auch bei der Betreuungsquote der 3- bis 6-Jährigen (Barcelona-Ziel: 90%) bildet die Steiermark (84,3%) gemeinsam mit Kärnten (84,8%) das Schlusslicht. Seit dem Jahr 2010 gab es in der Steiermark sogar einen Rückgang der betreuten 3- bis 6-Jährigen. Laut Land Steiermark ist dieser Rückgang mit dem im Herbst 2011 abgeschafften Gratiskindergarten zu begründen. Alle anderen Bundesländer erfüllen die Barcelona-Ziele bei dieser Altersgruppe, das Burgenland sogar mit 99%.

Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Gallup für den österreichischen Gemeindebund ist auch die Unzufriedenheit der Eltern mit dem Angebot an Kinderbetreuungseinrichtungen in der Steiermark am größten: http://gemeindebund.at/images/uploads/downloads/2015/PK-Unterlagen/PK_Kinderbetreuung/Grafiken_PK_Kinderbetreuung.pdf

Im August 2014 wurde von LR Schickhofer die Schaffung von 4.000 neuen Betreuungsplätzen bis Ende 2017 angekündigt. Dabei sollten Bund und Land dafür finanzielle Mittel in der Höhe von 60 Mio. Euro (20 Mio. Euro davon vom Land) zusätzlich zur Verfügung stellen. Bisher wurden von der Landesregierung jedoch erst Mittel für 1.765 Kinderbetreuungsplätze beschlossen. Eine weitere Ausschreibungsrunde sei laut aktuellen Berichten für Frühsommer geplant.
Im kürzlich von LH Voves als Wahlprogramm präsentierten Impuls-Plan für die Steiermark wird weiterhin so getan, als ob die versprochenen 4.000 zusätzlichen Kinderbetreuungsplätze fix geplant seien.

Aufgrund der Sparpläne der Bundesregierung wackelt nun Medienberichten zu Folge jedoch die geltende Vereinbarung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden, auf deren Basis der Bund 70 Millionen jährlich als Anschubfinanzierung für den Ausbau von Horten und Kindergärten bereitstellt. Es ist somit unklar, ob diese ab Ende August 2015 weiterlaufen wird, was natürlich Auswirkungen auf die Ausbaupläne der Steiermärkischen Landesregierung haben wird. Siehe:
http://diepresse.com/home/bildung/erziehung/4722887/Ausbau-von-Kindergaerten-wackelt?from=suche.intern.portal

In Graz wurde anlässlich der Anmeldungen für das kommende Kinderbetreuungsjahr 2015/16 wieder einmal mehr als deutlich, wie wichtig der Ausbau institutioneller Kinderbetreuungsstätten bzw. Krippen und Kindergärten ist. Im März endete die Anmeldefrist für das Jahr 2015/16, und Mitte April wurden alle Zu- und Absagen der Stadt Graz per Post an die Eltern verschickt.  Es zeigte sich, dass ein weiteres Jahr viele Eltern mit der Tatsache konfrontiert sind, für den Herbst keinen Kindergarten- oder Kinderkrippenplatz bekommen zu haben.

In manchen Kinderkrippen kamen auf wenige freie Plätze zwischen 40 und 80 Anmeldungen. Zusätzlich dazu erhielt beispielweise im Bezirk Lend ein bereits bestehender Kindergarten für den Umzug an eine neue Adresse (der Umzug war aufgrund der Bausubstanz notwendig) keine Bauförderung, obwohl laut Stadt Graz der Bedarf an Betreuungsplätzen gegeben ist. Das hat zur Folge, dass 25 Familien, deren Kinder bereits einen Fixplatz in diesem Kindergarten haben, und weitere 16 Familien, deren Kinder sich auf der Warteliste befinden, nicht wissen, wie es im Herbst weitergehen wird. Es ist völlig unverständlich, warum sich die Stadt Graz und das Land Steiermark in diesem Fall nicht einig sind und warum das Land eine bereits bestehende Struktur nicht weiter fördern will.

Die Problemlage bleibt somit - trotz Investitionen - nahezu unverändert: der Ausbau geht viel zu langsam voran, einen Betreuungsplatz zu finden, ist noch immer ein Hürdenlauf, und dringend notwendige qualitative und quantitative Verbesserungen werden dem Bund-Land Hick-Hack geopfert.

Um für Eltern Planbarkeit bei ihrer Berufstätigkeit und damit hinsichtlich ihrer ökonomischen Absicherung zu schaffen, braucht es einen klaren Rechtsanspruch auf qualitativ hochwertige Kinderbetreuung für Kinder ab dem zweiten Lebensjahr und zumindest in den beiden letzten Kinderbetreuungsjahren kostenlose Kinderbetreuung bei gleichzeitiger Verlängerung der Öffnungszeiten. Es ist für Eltern ein untragbarer Zustand, dass sie nicht sicher sein können, einen ihren Anforderungen entsprechenden Kinderbetreuungsplatz zu finden.

Zudem ist eine qualitativ hochwertige Kinderbetreuung sicherzustellen. Das kann nur gelingen, wenn gleichzeitig auch die Rahmenbedingungen für die Pädagoginnen in den Kinderbetreuungseinrichtungen verbessert werden. Es braucht insbesondere im Bereich der Transition eine geringere Kinderzahl in den Gruppen und längere Vorbereitungs- und Nachbereitungszeiten. Nicht zuletzt sei erwähnt, dass die Gehälter in Kinderbetreuungseinrichtungen beschämend niedrig sind, wenn wir uns vergegenwärtigen, welch wichtige Bildungsarbeit in den elementaren Bildungseinrichtungen zu leisten ist und geleistet wird.

1. Wie erklären Sie sich, dass nach der Studie des Gemeindebundes die Unzufriedenheit der Eltern über die Kinderbetreuung in der Steiermark am Größten ist?
2. Warum ist die Steiermark Schlusslicht bei der Erfüllung der Barcelona-Ziele?
3. Bis wann werden in der Steiermark die Barcelona-Ziele erfüllt werden?
4. Wie viele Kinder haben nach derzeitigem Stand ab Herbst 2015 keinen Kinderbetreuungsplatz in einer institutionellen Einrichtung (keine Tageseltern) bzw. befinden sich auf einer Warteliste? Bitte um Aufschlüsselung nach Alter der Kinder und Bezirken.
5. Wie viele Eltern haben einen höheren Stundenbedarf für die Betreuung Ihres Kindes angemeldet, als ihnen gewährt wurde?
6. Können Sie den Ausbau der angekündigten 4.000 Kinderbetreuungsplätze bis Ende 2017 sicherstellen, auch wenn der Bund seine jährliche Unterstützung von 70 Mio. Euro einstellen sollte?
7. Warum ist der Kindergarten in der Steiermark (abgesehen vom letzten Kindergartenjahr) im Unterschied zu Wien oder Oberösterreich eine kostenpflichtige Bildungseinrichtung?
8. Werden Sie in der nächsten Legislaturperiode zumindest ein zweites kostenloses Kindergartenjahr anbieten können?
9. Ab wann können Sie gewährleisten, dass Eltern für Ihr Kind ab dem zweiten Lebensjahr ein Recht auf einen Kindergartenplatz haben werden?
10. Welche Maßnahmen werden Sie setzen, um im Bereich der Umsetzung der Transition den zeitlichen Mehraufwand zu berücksichtigen?
11. Werden Sie im konkreten eine geringere Kinderzahl in den Gruppen und längere Vorbereitungs- und Nachbereitungszeiten gewähren?
12. Welche Schritte werden Sie setzen, um die Gehälter in den elementaren Bildungseinrichtungen der Wichtigkeit der Aufgabe entsprechend anzuheben? 


Unterschrift(en):
Sabine Jungwirth (Grüne), Ingrid Lechner-Sonnek (Grüne), Lambert Schönleitner (Grüne)