LANDTAG STEIERMARK
XVI. GESETZGEBUNGSPERIODE


EZ/OZ: 43/1

Selbstständiger Antrag von Abgeordneten (§ 21 GeoLT)

eingebracht am 09.11.2010, 16:42:39


Landtagsabgeordnete(r): Lambert Schönleitner (Grüne), Sabine Jungwirth (Grüne), Ingrid Lechner-Sonnek (Grüne)
Fraktion(en): Grüne
Zuständiger Ausschuss: Soziales
Regierungsmitglied(er): Siegfried Schrittwieser

Betreff:
Armutsvermeidende und existenzsichernde Mindestsicherung

Im Regierungsübereinkommen zwischen der SPÖ und der ÖVP ist zur Mindestsicherung folgendes festgehalten:

"Die bedarfsorientierte Mindestsicherung als Instrument der Armutsbekämpfung,
aber auch der Integration in den Arbeitsmarkt, ist so rasch wie möglich einzuführen, wobei grundsätzlich eine 12-malige, für den Kinderzuschlag eine 14-malige Auszahlung verankert wird. Die Administration der bedarfsorientierten
Mindestsicherung wird möglichst schlank und arbeitsmarktnah gestaltet."

Diese Einigung ist ein bedauerlicher Kniefall der SPÖ vor der ÖVP. Eine nur 12-malige Auszahlung - wie von der steirischen ÖVP verlangt und durchgesetzt - würde für die Betroffenen eine Verschlechterung um 16% gegenüber der jetzigen Sozialhilfe bedeuten.

Damit wäre die Mindestsicherung weder armutsvermeidend noch existenzsichernd.

Es ist äußerst bedauerlich, dass sich die SPÖ in der letzten Gesetzgebungsperiode geweigert hat, gemeinsam mit Grünen und KPÖ ein fortschrittliches steirisches Mindestsicherungsgesetz zu beschließen. Die steirische SPÖ hat ein Verhandlungsangebot der Grünen und der KPÖ ausgeschlagen und ist lieber im Proporz zusammen mit der ÖVP gescheitert, als gemeinsam mit Grünen und KPÖ einen sozialpolitischen Fortschritt zu beschließen. Die von der SPÖ damals selbst gewählte Lähmungssituation mit der ÖVP bedeutet nun, dass es zu Verschlechterungen gegenüber dem jetzigen Sozialhilfesystem trotz all seiner Schwächen kommen kann.

Konkrete Kritikpunkte an der geplanten Mindestsicherung sind:

1.  Der Betrag von 744,- Euro muss generell 14 Mal ausbezahlt werden, damit es zu keinen Einbußen gegenüber der jetzt ebenfalls 14-maligen Auszahlung der Sozialhilfe kommt.
2. Es darf zu keinen Kürzungen kommen bei Personen, die in einem gemeinsamen Haushalt leben, da gerade armutsgefährdete Menschen sich mit anderen zu Wohngemeinschaften zusammenzuschließen.
3. Die Verpflichtung, dass der ehemalige Partner auf Unterhalt zu klagen ist, ist zu streichen, da dies - etwa aus Scham oder aus Angst - dazu führt, dass Menschen nicht zu ihren Rechten kommen. 
4. Frauen die für Kinder ab dem 3. Lebensjahr keinen Betreuungsplatz finden, müssen einen Zugang zur Mindestsicherung erhalten.
5. Freibeträge und Vermögensfreigrenzen sind zu erhöhen, weil ansonsten gerade jene, die mit wenig Geld sorgsam umgegangen sind, bestraft werden würden.
6. Die Möglichkeit, die Mindestsicherung auf die Hälfte zu kürzen, muss gestrichen werden, da es unmöglich ist, mit 372,-- Euro im Monat zu leben und damit den Menschenrechten widerspricht. Es braucht im Gegenteil andere unterstützende Maßnahmen, wenn festgestellt wird, dass jemand nicht "arbeitswillig" ist.
7. Bei den Beratungs- und Betreuungsleistungen ist darauf Bedacht zu nehmen, dass sie auf der Basis eines Vertrauensverhältnisses und nicht eines Zwangssystems erfolgen.

Es wird daher der

Antrag

gestellt:

Der Landtag wolle beschließen:

Die Landesregierung wird aufgefordert, dem Landtag einen Entwurf eines Mindestsicherungsgesetzes vorzulegen, das auf der Basis einer 14-maligen Auszahlung armutsvermeidend und existenzsichernd ist.


Unterschrift(en):
Lambert Schönleitner (Grüne), Sabine Jungwirth (Grüne), Ingrid Lechner-Sonnek (Grüne)