LANDTAG STEIERMARK
XVI. GESETZGEBUNGSPERIODE


TOP 5

EZ/OZ 48/3

Schriftlicher Bericht

Ausschuss: Umwelt

Betreff:
Bekämpfung der LKW-Mautflucht durch eine gesamtsteirische Mautausweichverordnung


zu:


EZ/OZ 48/3

Schriftlicher Bericht

Ausschuss: Umwelt

Betreff:
Bekämpfung der LKW-Mautflucht durch eine geamtsteirische Mautausweichverordnung


zu:


  • 48/1, Bekämpfung der LKW-Mautflucht durch eine geamtsteirische Mautausweichverordnung (Selbstständiger Antrag)


Der Ausschuss "Umwelt" hat in seinen Sitzungen vom 16.11.2010 und 15.03.2011 über den oben angeführten Gegenstand die Beratungen durchgeführt.

Mit Beschluss des Ausschusses für Umwelt und Verkehr vom 16.11.2010 wurde die Steiermärkische Landesregierung ersucht eine Stellungnahme zum Antrag, Einl.Zahl 48/1/1, abzugeben.

Aufgrund dieses Beschlusses erstattet die Steiermärkische Landesregierung folgende Stellungnahme:

Seitens der zuständigen Fachabteilung 18E des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung wird nachfolgende Stellungnahme abgegeben:

1.)
Für die Erlassung einer flächendeckenden LKW-Maut ist aufgrund des österreichischen Finanzverfassung der Bund zuständig. Dieser hat bis dato nicht erkennen lassen, ob er der Einführung einer flächendeckenden LKW-Maut näher treten wird.

2.)
Die Einführung von LKW-Fahrverboten unterliegt, wie jede Einführung von dauernden oder vorübergehenden Verkehrsbeschränkungen oder -verboten dem § 43 Straßenverkehrsordnung 1960.

Abgesehen von der Erlassung von Verkehrsbeschränkungen oder Verkehrsverboten aus Anlass von Elementarereignissen hat die zuständige Behörde in folgenden gesetzlich genau definierten Fällen die Möglichkeit Verkehrsbeschränkungen oder Verkehrsverbote zu erlassen.

a) § 43 Abs. 1 lit. b StVO 1960: Verkehrsbeschränkungen bzw. Verkehrsverbote aus Gründen der Leichtigkeit, Sicherheit und Flüssigkeit des Verkehrs.

b) § 43 Abs. 2 StVO 1960: Verkehrsbeschränkungen und Verkehrsverbote zur Fernhaltung von Gefahren oder Belästigungen, insbesondere durch Lärm, Geruch oder Schadstoffe.

Bei einer Verordnung nach § 43 Abs. 2 StVO 1960 ist allerdings zusätzlich einerseits auf den angestrebten Zweck der Verordnung und andererseits auf die Bedeutung der Verkehrsbeziehungen und Verkehrserfordernisse Bedacht zu nehmen. Der Verfassungsgerichtshof verlangt hier (im Gegensatz zu § 43 Abs. 1 lit. b StVO 1960) in ständiger Rechtsprechung zusätzlich eine Interessenabwägung zwischen dem Schutzzweck der Verordnung und der Bedeutung der Straße für den Verkehr.

Die Praxis im Zusammenhang mit der Erlassung derartiger Verordnungen nach Straßenverkehrsordnung zeigt, dass der Verfassungsgerichtshof im Fall von Anfechtungen derartiger Verordnungen, was leider nicht selten ist, einen sehr strengen Maßstab anlegt.

Nach Meinung des Verfassungsgerichtshofes ist generell für die Erforderlichkeit einer Verordnung nach § 43 StVO 1960 zu prüfen, ob die für den spezifischen Inhalt einer Verordnung relevanten Umstände mit jenen Umständen zu vergleichen sind, die für eine nicht unbedeutende Anzahl anderer gleichartiger Straßen zutreffen. Sollte dabei festgestellt werden, dass es durch die Erlassung zum Beispiel eines Fahrverbotes nur zu einer Verlagerung von Transporten auf andere Straßen kommt, wäre diese Verordnung gesetzwidrig (Verbot des Florianiprinzips).

Für die Erlassung von Verkehrsbeschränkungen und -verboten aus Verkehrssicherheitsgründen ist jedenfalls ein schlüssiges Sachverständigengutachten erforderlich, in dem die besondere Gefahrensituation im Vergleich mit anderen gleichartigen Straßen begründet wird (z.B. Unfallhäufungsstellen).

Für die Erlassung von Verkehrsbeschränkungen und -verboten aus Umweltschutzgründen müsste durch Gutachten belegt sein, dass die Umweltbelastung im spezifischen Fall deutlich größer ist als die Umweltbelastung auf anderen gleichartigen Straßen. Außerdem ist noch im Sinne des § 43 Abs. 2 StVO 1960 eine Interessenabwägung dahingehend vorzunehmen, dass das Interesse an der Fernhaltung von Gefahren und Belastungen aus Umweltgründen das Interesse des Verkehrs an der ungehinderten Benutzung deutlich überwiegt. Ein Blick auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes betreffend § 43 Abs. 2 StVO 1960 (Umweltbelastungen) zeigt, dass derartige Verordnungen, wenn sie angefochten werden - und dies ist häufig der Fall - nahezu fast immer behoben werden.

Die Verordnungen wären außerdem von den gemäß Straßenverkehrsordnung zuständigen Behörden zu erlassen. Diese sind im Falle der Rechtswirksamkeit der Verordnung in nur einem Bezirk die örtlich zuständige Bezirksverwaltungsbehörde, im Falle der Rechtswirksamkeit über mehrere Bezirke die Landesregierung.

Diese Behörden sind dabei gemäß dem verfassungsrechtlich gebotenen Legalitätsprinzip an die gesetzlichen Vorgaben gebunden und existiert kein politischer Ermessensspielraum.

Ganz grundsätzlich ist außerdem zu berücksichtigen, dass bei der Überlegung, welche Maßnahmen
gesetzt werden sollen, nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes das gelindest mögliche Mittel anzuwenden ist. Die in den Verordnungen vorzusehende Ausnahme des betroffenen Ziel- und Quellverkehrs ist dabei gleichfalls gutachterlich zu begründen und eng auszulegen.

3.)
Bezüglich des LKW-Verkehrs auf den Straßen im Ennstal und Salzkammergut liegen bereits ausführliche Untersuchungen bezüglich der möglichen Erlassung von LKW-Fahrverboten vor.

a) B 320: Für den gesamten steirischen Bereich der B 320 von Liezen-West bis Mandling liegt ein sehr ausführliches Gutachten des Ziviltechnikers und gerichtlich beeideten Sachverständigen Dipl.-Ing. Heinrich Fritzer vor, welches zu folgendem Schluss kommt:

"Ein Verbot des Fahrens mit LKW mit einem höchstzulässigem Gesamtgewicht von mehr als 7,5 Tonnen nach § 43 Abs. 1 lit. b Z. 1 StVO 1960 (Leichtigkeit, Flüssigkeit und Sicherheit des Verkehrs) kann als Ergebnis der gegenständlichen Untersuchung nicht ausreichend begründet werden."

Betreffend die Belastung der Bevölkerung durch Schadstoffe und Lärm wurden von der zuständigen Bezirkshauptmannschaft Liezen ein lärmtechnisches und ein immissionstechnisches Gutachten eingeholt. Die Ergebnisse dieser Gutachten sollen nun einem Sachverständigen für Humanmedizin vorgelegt werden, um beurteilen zu können, ob eine Gefahr oder Belästigung der Bevölkerung im Sinne des § 43 Abs. 2 StVO gegeben ist. Die Ergebnisse dieses Gutachtens sind abzuwarten.

b) B 145: Hinsichtlich der Salzkammergut-Bundesstraße wurde gleichfalls die Situation durch ein verkehrstechnisches Gutachten eines Amtssachverständigen der Fachabteilung 18A analysiert. Auch dieses Gutachten aus dem Jahre 2009 mit Aktualisierungen vom Sommer 2010 kommt zum Ergebnis, dass die Erlassung eines LKW-Fahrverbotes, ausgenommen Ziel- und Quellverkehr, nicht ausreichend begründbar ist. Kern des im Jahre 2010 ergänzten Gutachtens ist außerdem eine umfassende Befragung von LKW-Lenkern durch das Kuratorium für Verkehrssicherheit am 30. Juni 2010.

Der Schwerverkehrsanteil (Fahrzeuge größer als 7,5 Tonnen) betrug 10,7 %. Es wurden insgesamt 188 LKW angehalten und deren Fahrer befragt. Von diesen konnte ein LKW dem Transitverkehr zugeordnet werden, 10 LKW hat ihr Ziel oder ihre Quelle außerhalb des angenommenen Ziel- und Quellverkehrsgebietes (Bezirke Liezen und Gmunden). Dies zeigt, dass ein sehr großer Teil des Schwerverkehrsaufkommens Ziel- und Quellverkehr ist, der durch LKW-Fahrverbote nicht merkbar reduziert werden kann. Ein LKW-Fahrverbot im steirischen Abschnitt der B 145 ist somit nicht ausreichend begründbar.

4.) Die Erlassung von Verkehrsbeschränkungen und Verkehrsverboten ist injedem einzelnen Fall zu prüfen und auf der Basis von Sachverständigengutachten zu begründen. Die Behörde hat dabei immer von Amts wegen vorzugehen und je nach Erfordernis ein entsprechendes Ermittlungs- und Anhörungsverfahren durchzuführen. Einzelpersonen haben jedoch keinen Rechtsanspruch auf Erlassung einer entsprechenden Verordnung.

In der Steiermark wurde in zahlreichen Fällen durch die örtlich zuständigen Bezirksverwaltungsbehörden an den Parallelstrecken zum hochrangigen Straßennetz (A2, A9, S6, S36) bereits entsprechende Verordnungen erlassen.

Eine gesamtsteirische Mautausweichverordnung würde nicht nur möglicherweise den Kompetenzbestimmungen der Straßenverkehrsordnung zuwiderlaufen und damit diese Verordnung anfechtbar machen. Sie ist auch inhaltlich aufgrund der zahlreichen kleinräumig bereits vorhandenen LKW-Fahrverbote weitgehend nicht mehr erforderlich. Die Behörden des Landes Steiermark haben bereits jetzt ihre rechtlichen Möglichkeiten zur Erlassung von LKW-Fahrverboten sehr umfassend ausgenützt und sind weitere LKW-Fahrverbote aus heutiger Sicht nur noch in einigen wenigen Einzelfällen rechtlich denkbar.

Zweifellos besteht jedoch ein Bedürfnis nach österreichweit einheitlichen Lösungen, um Mautausweichverkehre Bundesländer übergreifend zu verhindern und damit die betroffene Bevölkerung vor Belastungen mit Lärm- und Schadstoffen zu schützen. Der Verkehrsreferent der Steiermärkischen Landesregierung wird sich daher an die Bundesministerium für Verkehr wenden und vorschlagen, dass in die Straßenverkehrsordnung 1960 eine Verordnungsermächtigung des Bundesministers aufgenommen wird, um in dieser Frage österreichweit einheitliche Lösungen herbeizuführen. Nachdem auch in anderen Bundesländern (z.B. Oberösterreich und Salzburg) ähnliche Probleme bestehen, und jede landesinterne Verordnung zwangsläufig auch Auswirkungen auf andere Bundesländer hat, ist dies dringend erforderlich, sowohl im Interesse der betroffenen Bevölkerung entlang der Straßenstrecken als auch im Interesse der regionalen Wirtschaft.

Es wird daher der

Antrag

gestellt:

Der Landtag wolle beschließen:

Der Bericht des Ausschusses für Umwelt und Verkehr zum Antrag,  Einl.Zahl 48/1, der Abgeordneten Lambert Schönleitner, Ingrid Lechner-Sonnek und Ing. Sabine Jungwirth betreffend Bekämpfung der LWK-Mautflucht durch eine gesamtsteirische Mautausweichverordnung wird zur Kenntnis genommen.