LANDTAG STEIERMARK
XVI. GESETZGEBUNGSPERIODE


EZ/OZ: 340/1

Selbstständiger Antrag von Abgeordneten (§ 21 GeoLT)

eingebracht am 01.03.2011, 11:05:35


Landtagsabgeordnete(r): Sabine Jungwirth (Grüne), Lambert Schönleitner (Grüne), Ingrid Lechner-Sonnek (Grüne)
Fraktion(en): Grüne
Zuständiger Ausschuss: Soziales
Regierungsmitglied(er): Elisabeth Grossmann
Beilagen: Juritz, Juritz-RFJ

Betreff:
Streichung der Förderungen für den RFJ

Im November 2007 wurden dem RFJ-Steiermark, der Jugendorganisation der FPÖ, die Förderungen durch die Landesregierung gestrichen. Am 14. Dezember 2010 beschloss der Landtag Steiermark mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP, FPÖ und KPÖ (gegen die Stimmen der Grünen), dem RFJ wieder Förderungen zu gewähren.

Dieser Beschluss ist nicht nachvollziehbar, ist doch der RFJ nach wie vor eng in die Neonazi-Szene verstrickt.

Die Anfang Februar 2011 bekannt gewordene Anklage wegen Wiederbetätigung und schwerer Körperverletzung gegen insgesamt acht Männer, die zu Jahresbeginn 2010 im Grazer Lokal Zeppelin nach AugenzeugInnenberichten zunächst mit einschlägigen Handzeichen "Heil Hitler, Heil Strache” gerufen, Nazi-Lieder gegrölt und dann die TeilnehmerInnen einer Geburtstagsfeierrunde angegriffen und schwer verletzt hatten, zeigt einmal mehr die Nähe des RFJ-Steiermark zur Neonazi-Szene: zwei der Schläger sind Funktionäre des RFJ-Steiermark. Konkret ist einer (Christian Juritz) der beiden Männer stellvertretender Obmann des RFJ Graz (siehe Faksimile auf http://www.stopptdierechten.at/wp-content/uploads/website_lohr_juritz.jpg), ein anderer (Stefan Juritz) Obmann des RFJ Deutschlandsberg, wie RFJ-Steiermark-Obmann LAbg. Hannes Amesbauer gegenüber der Tageszeitung Der Standard bestätigt hat.

Ein dritter der Angeklagten (Richard Pfingstl) war bis 2009 Mitglied des RFJ-Steiermark. Pfingstl war auch gemeinsam mit weiteren Beteiligten an einer Attacke im Grazer Pfauengarten im Juni 2010 gegen NRAbg. Werner Kogler  und dessen Mitarbeiter beteiligt, bei der der Mitarbeiter schwer verletzt wurde.

Stefan Juritz ist trotz seiner seit 2007 bekannten Kontakte in die Neonazi-Szene bis heute Bezirksobmann des RFJ Deutschlandsberg (zumindest noch im September 2010 wurde er auf der Homepage des RFJ als Bezirksobmann des RFJ Deutschlandsberg vorgestellt\; seit einigen Monaten ist die Seite mit den Funktionen "in Bearbeitung").
2007 fiel er durch eine Aussendung auf, in der er die Abschaffung des Verbotsgesetzes forderte und wegen Wiederbetätigung angeklagte BFJ-Kader verteidigte (BFJ-"Bund freier Jugend", neonazistische Jugendorganisation). 2007 nahmen Stefan Juritz und Richard Pfingstl am Fest des BFJ in OÖ teil, zusammen mit dem osteirischen Neonazi Gerhard Taschner und dem Gründer der ehemaligen VAPO und bekennenden Nationalsozialisten Gottfried Küssel. Ihre Aktivität in der Neonazi-Szene hatte keine Konsequenzen. Nur Richard Pfingstl flog 2009 aus dem Vorstand des RFJ, aber nicht wegen Neonazismus, sondern weil er im Namen des RFJ eigenmächtig eine allzu peinliche Presseaussendung verschickt hatte.
 
Christian Juritz wurde 2009 zum stellvertretenden Stadtobmann des RFJ Graz gewählt. Aus seiner Gesinnung hat er zu diesem Zeitpunkt im Internet kein Geheimnis gemacht: Auf seiner Seite bei MySpace bezeichnete er sich selbst 2008/09 (genau in dem Jahr, in dem er zum stellvertretenden Obmann gewählt wurde!) als "rechter Recke", der in der "Stadt der Volkserhebung" zu Hause ist (der NS-Ehrentitel für Graz), nannte Walter Nowotny als "Vorbild der anständigen Jugend" und ließ sich mit "Wotan"-Shirts ablichten. (siehe Beilage: das Login-Datum zeigt, dass er noch 2009 auf dieser Seite aktiv war.)
 
Der Vorfall im Grazer Lokal Zeppelin zeigt, in welcher Szene sich die Brüder Juritz bewegen: Sie wurden nicht mit irgendeinem pubertierenden jugendlichen Neonazi beim Prügeln erwischt, sondern mit dem Aktivisten Taschner, der zum harten Kern der österreichischen Neonazi-Szene gehört. Mit dabei waren außerdem zwei Personen, die sich wenige Monate vorher auch an der Schlägerei beim "Public Viewing" beteiligten (Christoph Sch. und Christoph G.).
 
Gerhard Taschner ist seit Jahren Aktivist der neonazistischen Szene und bewegt sich im Umfeld von deren Führungsfiguren wie Franz Radl und Gottfried Küssel. Im Internet stellt er seine Weltanschauung offen zur Schau, grüßt mit "Heil dir", wünscht "allen Deutschen Volksgenossen Heil Sonnwend", wirbt mit "Rassismus ist gesunder Volkserhaltungstrieb" und definiert sich selbst als "politischer Soldat". Als Lieblingsmusik nennt Taschner die neonazistischen Liedermacher Frank Rennicke und Michael Müller ("Bei 6 Millionen Juden da fängt der Spaß erst an / bis 6 Millionen Juden da bleibt der Ofen an / wir haben reichlich Zyklon B…") oder die verbotene deutsche Band "Landser" ("Adolf Hitler unser Führer unser Held"). Taschners Beteiligung an zentralen Neonazi-Aktivitäten der letzten Jahre ist hinlänglich dokumentiert, u.a. war er 2007 zusammen mit dem ehemaligen VAPO-Gründer Gottfried Küssel beim Fest des neonazistischen "Bundes freier Jugend" (BFJ) anwesend und nahm regelmäßig an den - zweimalig verhinderten - neonazistischen Aufmärschen in Dresden teil, zuletzt 2010 gemeinsam mit Küssel und Radl.

Ein weiteres Indiz für die Verstrickung des RFJ in die Neonazi-Szene: Sascha Ranftl, 2009 zum Finanzreferenten des RFJ Steiermark gewählt, heute sogar Mitglied des Bundesvorstands. Ranftls Freundeskreis auf Facebook umfasst fast alle Personen, nämlich sechs, die wegen des Überfalls im Zeppelin angezeigt sind. 2008 nahm er gemeinsam mit Richard Pfingstl an einer Anti-Antifa-Aktion teil: Beide fotografierten aus nächster Nähe linke DemonstrantInnen, die sich gerade zu einer Kundgebung trafen und provozierten einige TeilnehmerInnen, indem Pfingstl ihnen Tücher vom Gesicht zog und versuchte, Fahnenstangen zu entreißen. Eines der Fotos, die bei diesem Vorfall entstanden, wurde inzwischen bereits zweimal auf alpen.donau-info veröffentlicht.

Wie die Webseite stopptdierechten.at berichtete, verlief der Überfall im Grazer Lokal wesentlich brutaler, als bisher in der Öffentlichkeit bekannt wurde. Der Trupp gab Parolen wie "Heil Hitler" von sich und sang das "Horst Wessel-Lied" ("Die Fahne hoch - SA marschiert!"), um die Musik einer Geburtstagsfeier zu übertönen. Als der Jubilar vermitteln wollte, wurden er und FreundInnen, die zu Hilfe kamen,  krankenhausreif geprügelt und getreten. stopptdierechten.at zitiert aus einem Protokoll: "Einer der Beschuldigten…stampfte mit einem Fuß wuchtig auf den mit dem Gesicht am Boden aufliegenden Kopf von XX und führte spätestens dadurch mehrfache Brüche des Nasenbeines und beider Augenhöhlen herbei sowie einen vom Nacken bis zum Scheitel reichenden Bluterguss am Hinterkopf." Der Tageszeitung Der Standard gegenüber berichtete ein Zeuge: "Sein Gesicht war schon richtiggehend zermatscht. Die haben gewirkt wie komplett Wahnsinnige im Blutrausch."

Langjährige neonazistische Aktivisten und Schlägernazis - das sind die Leute, mit denen RFJ-Funktionäre gemeinsam in einem Lokal SA-Lieder singen.

Für eine solche Jugendorganisation darf es keine Fördermittel des Landes Steiermark geben.

Es wird daher der

Antrag

gestellt:

Der Landtag wolle beschließen:

Die Landesregierung wird aufgefordert, dem Ring Freiheitlicher Jugend aufgrund seiner Verstrickung mit der neonazistischen Szene keine Fördermittel zu gewähren.


Unterschrift(en):
Sabine Jungwirth (Grüne), Lambert Schönleitner (Grüne), Ingrid Lechner-Sonnek (Grüne)