LANDTAG STEIERMARK
XVI. GESETZGEBUNGSPERIODE


EZ/OZ: 427/1

Selbstständiger Antrag von Abgeordneten (§ 21 GeoLT)

eingebracht am 01.04.2011, 09:56:22


Landtagsabgeordnete(r): Klaus Zenz (SPÖ), Gabriele Kolar (SPÖ), Barbara Riener (ÖVP), Christopher Drexler (ÖVP), Erwin Dirnberger (ÖVP), Johannes Schwarz (SPÖ), Wolfgang Böhmer (SPÖ), Martin Weber (SPÖ), Franz Schleich (SPÖ), Angelika Neuhold (ÖVP), Eva Maria Lipp (ÖVP), Bernhard Ederer (ÖVP), Peter Tschernko (ÖVP), Maximilian Lercher (SPÖ), Renate Bauer (SPÖ), Manuela Khom (ÖVP)
Fraktion(en): SPÖ, ÖVP
Zuständiger Ausschuss: Soziales
Regierungsmitglied(er): Siegfried Schrittwieser
Beilagen: Behindertengesetz.pdf

Betreff:
Novellierung des Steiermärkischen Behindertengesetzes

Im Zug der Beschlussfassung der Landesvoranschläge 2011 und 2012 sind auch Anpassungen im Bereich des Behindertengesetzes erforderlich. Diese werden mit dieser Gesetzesnovellierung umgesetzt.

1.         Anlass und Zweck der Neuregelung:

In das Steiermärkische Behindertengesetz (Stmk. BHG), LGBl. Nr. 26/2004, zuletzt in der Fassung LGBl. Nr. 81/2010, wird mit vorliegender Novelle die Rechtsgrundlage für die Zuerkennung einer neuen Hilfeleistung eingefügt: Menschen mit Sinnesbeeinträchtigungen und/oder erheblichen Bewegungsbehinderungen sollen durch die Gewährung einer Geldleistung in die Lage versetzt werden, ihre Beeinträchtigungen durch den Einsatz von persönlichen Assistenten auszugleichen, um somit eine gleichberechtigte Teilhabe an der Gesellschaft zu erreichen.
Des Weiteren wurden aufgrund von Vollzugsproblemen im Bereich des Behindertenwesens einige Bestimmungen legistischen Klarstellungen unterzogen.
Rechtsgrundlage ist Art. 15 Abs. 1 B-VG.

2.         Inhalt:

Mit der Gesetzesnovelle werden insbesondere folgende Änderungen vorgenommen:
·        Einführung der Geldleistung "Persönliches Budget"\;
·        Legistische Anpassungen bzw. Klarstellungen\;
·        Einfügung eines neuen Straftatbestandes betreffend die Verpflichtung der Träger zur Datenbekanntgabe\;
·        Präzisierung des § 7 (Erziehung und Schulbildung)\;
·        Änderung des Einberufungszeitraumes der paritätischen Kommission.

3.         Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Die vorgesehenen Regelungen fallen nicht in den Anwendungsbereich des Rechts der Europäischen Union.

4.         Kostenfolgen der beabsichtigten Regelung:

Es darf davon ausgegangen werden, dass das ‚Persönliche Budget’ weitgehend die bislang gewährten ‚Geldleistungen für Persönliche Assistenz’ gemäß § 4 Abs. 2 iVm § 22 ersetzt und es dadurch zu keinen Mehrkosten kommen wird.
Die Präzisierung des § 7 bewirkt landesanteilige Kostenreduzierungen in der Höhe von EUR 318.000,-- (60%-iger Landesanteil) bzw. EUR 212.000,-- (40%-iger Gemeindeanteil).
 
5.         Zu den einzelnen Bestimmungen wird angemerkt:

Zu 1. (§ 2 Abs. 6):

Angesichts der Tatsache, dass die örtliche Behördenzuständigkeit für die Leistungsgewährung an den Wohnsitz bzw. in Ermangelung eines solchen an den gewöhnlichen Aufenthalt des Menschen mit Behinderung anknüpft (§ 42 Abs. 2), würde diese Zuständigkeit der Erstgewährungsbehörde bei einer Verlegung des Hauptwohnsitzes des Menschen mit Behinderung in ein anderes Bundesland verloren gehen. Gemäß Abs. 6 leistet aber weiterhin ausschließlich das Bundesland Steiermark Behindertenhilfe. Daher soll nunmehr ausdrücklich die weiterhin bestehende Zuständigkeit der für die Zuerkennung der Leistung vor der Verlegung des Hauptwohnsitzes zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde normiert werden. Dies gilt natürlich nur solange, solange die Leistung, die Grund der Verlegung des Hauptwohnsitzes war, gewährt wird.

Zu 2. bis 5. (§ 3 Abs. 1 lit. q und Abs. 2, § 4 Abs. 1a Z. 5 und Abs. 2):

Durch die Einführung einer neuen Hilfeleistung ‚Persönliches Budget‘, die eine Geldleistung darstellt, wurden weitere legistische Anpassungen notwendig.

Zu 6. (§ 5 Abs. 1):

"Heilmittel" sowie die "Pflege in Kranken-, Kur- oder sonstigen Anstalten" wurden mangels praktischer Bedeutung aus der Bestimmung gestrichen.

Zu 7. (§ 7):

Die Präzisierung des § 7 hat den Zweck Klarheit für den Vollzug zu bewirken, sowie die Subsidiarität des Stmk. Behindertengesetzes zu unterstreichen. Durch die Streichung des Wortes "insbesondere" wurde eine taxative Aufzählung der finanzierbaren Leistungen erreicht.
Weiters erfolgte die Klarstellung, dass Leistungen im Zusammenhang mit der Schulpflicht nur außerhalb der regulären Schulzeit zuerkannt werden können (z.B. Nachmittagsbetreuung). Dies folgt der Subsidiarität des Stmk. BHG gegenüber den zuständigen Materiengesetzen (z.B. StPEG).
Durch die Neuformulierung wird sichergestellt, dass nur mehr Leistungen i.Z.m. dem Besuch einer öffentlich-rechtlichen Schule übernommen werden können. Dies deckt sich auch mit der Grundaussage der Bestimmung, dass nur der "Zusatzaufwand" finanzierbar ist. Der § 7 geht davon aus, dass eine Grundausstattung durch das zuständige Materiengesetz abgesichert ist. Dies ist in Schulen, die ihre Grundlage im Privatschulgesetz haben, nicht immer der Fall.

Zu 8. und 9. (§ 11 Abs. 2 Z. 4 und Abs. 3 Z. 4 lit. a):

Analog dem Steiermärkischen Mindestsicherungsgesetz, LGBl. Nr. 14/2011, bleiben bei der Feststellung des Gesamteinkommens freiwillige Leistungen Dritter, die ohne rechtliche Verpflichtung erbracht werden, außer Betracht, es sei denn, diese erreichen ein Ausmaß oder eine Dauer, dass keine Leistungen nach diesem Gesetz mehr erforderlich wären.
Die Konkretisierung des § 11 Abs. 3 Z. 4 lit. a hat ihren Grund in der Gleichstellung mit der StBHG-Richtsatzverordnung.

Zu 10. (§ 19):

Das Pflegeheim muss für eine Kostenübernahme über die entsprechenden personellen und fachlichen Voraussetzungen für eine adäquate Betreuung (entsprechend der LEVO-BHG Hilfeleistung I A) der Menschen mit Behinderung verfügen. Die Landesregierung hat die Einhaltung dieser Voraussetzungen zu überprüfen.
Die Ergänzung des § 19 durch einen Abs. 2 erfolgte aufgrund auftretender Auslegungsprobleme im Rahmen des Vollzuges. Nunmehr wird klargestellt, dass eine Kostenübernahme von Entgelten für Pflegeheime aus Mitteln der Behindertenhilfe nur dann erfolgen kann, wenn die adäquate Betreuung des Menschen mit Behinderung durch entsprechende personelle und fachliche Voraussetzungen gewährleistet ist. Wird die Kostenübernahme nach § 19 beantragt, so hat die Bezirksverwaltungsbehörde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens mit dem Ersuchen an die Landesregierung heranzutreten, das Vorliegen dieser Voraussetzungen zu überprüfen. Eine Kostenübernahme kann bescheidmäßig nur dann zuerkannt werden, wenn die Landesregierung die notwendigen personellen und fachlichen Voraussetzungen bestätigt.

Zu 11. und 12. (§ 21 Abs. 1 und Abs. 2):

Die missverständliche Formulierung der "persönlichen Assistenzleistung" wurde gestrichen, um Unklarheiten im Vollzug zu beseitigen.

Zu 13. (§ 22a):

Mit der Einführung des § 22a in das Stmk. BHG wird eine Leistung geschaffen, die Menschen mit Sinnesbeeinträchtigungen und/oder erheblichen Bewegungsbehinderungen (das Ausmaß der erheblichen Bewegungsbehinderungen orientiert sich an § 20 Stmk. BHG, wonach von einer erheblichen Bewegungsbehinderung gesprochen werden kann, wenn der Mensch mit Behinderung dauerhaft auf einen Rollstuhl angewiesen ist) in die Lage versetzen soll, ihre Beeinträchtigungen durch den Einsatz von persönlichen Assistenten auszugleichen um somit eine gleichberechtigte Teilhabe an der Gesellschaft zu erreichen.
Es handelt sich hierbei um eine Geldleistung, die als Nachfolgeregelung der entfallenen "Geldleistung anstatt Familienentlastungsdienst bzw. Freizeitassistenz" (§ 4 Abs. 2) angesehen werden kann. Die Bezirksverwaltungsbehörde hat diese Geldleistung in Form eines Stundenkontingents zuzuerkennen. Das Stundenkontingent richtet sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls. Bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen ist je nach Lebenssituation und Unterstützungsbedarf (Pflegestufe) ein in der Anlage 1 zur LEVO-StBHG festgesetztes Stundenkontingent bescheidmäßig zuzusprechen. Die Geldleistung ist monatlich im Nachhinein, nach Rechnungslegung durch den Menschen mit Behinderung, auszubezahlen.
Auszubezahlen ist der in der Anlage 2 der LEVO-StBHG festgesetzte Stundensatz. Ein Selbstbehalt des/der Anspruchsberechtigten ist nicht vorgesehen.
Die Verrechnung hat sich nach den Grundsätzen der Verrechnungsbestimmungen der Anlage 3 der LEVO-StBHG zu richten.
Die Bezirksverwaltungsbehörde kann die zweckentsprechende Verwendung des Geldes überprüfen. Sie kann sich hierbei jeglicher beweiskräftiger Nachweise bedienen. Kommt die Bezirksverwaltungsbehörde zu dem Schluss, dass die Geldleistung zweckentfremdet verwendet wurde, so hat sie diese gemäß § 35 Abs. 1 Z. 3 Stmk. BHG bescheidmäßig einzustellen und zurückzufordern.

Zu 14. (§ 29 Abs. 1):

Im Dienste der Erleichterung des Vollzuges und einer höheren Transparenz wurden Parameter für die Höhe der zuerkennbaren Stunden der Leistungen der §§ 21 und 22 Stmk. BHG festgelegt. Diese dienen als Grundlage für die in den Anlagen der LEVO-StBHG festgesetzten Stundenkontingente.

Zu 15. und 16 (§§ 32 und 35):

Die Neuformulierung der §§ 32 und 35 ist durch die Einführung der neuen Hilfeleistung ‚Persönliches Budget‘ bedingt (vgl. die Ausführungen zu 13. - § 22a)

Zu 17. (§ 37):

Die Neuformulierung des § 37 erfolgte aufgrund von Vollzugsproblemen infolge der Erlassung der Beitragsverordnung zum Steiermärkischen Behindertengesetz.

Zu 18. (§ 39 Abs. 5):

Klarstellend wird nunmehr auch gesetzlich vorgesehen, dass im Eintritts- und Austrittsmonat der Beitrag entsprechend der Dauer der in Anspruch genommenen Hilfeleistung zu aliquotieren ist. Ebenso zu aliquotieren sind die Ansprüche, die gemäß Abs. 3 und 4 auf den Sozialhilfeträger übergehen. Ein Anspruchsübergang entfällt auf Antrag für die Monate Juli, August und September, wenn der Mensch mit Behinderung in einer Einrichtung untergebracht ist, deren Öffnungszeiten sich nach dem Steiermärkischen Schulzeitausführungsgesetz richten.

Zu 19. (§ 39a Abs. 2):

Aufgrund von Vollzugsproblemen wurde vorliegende Vorschrift klarstellend novelliert. Gemäß § 42 Abs. 4 lit. g ist eine Ersatzpflicht mit Bescheid vorzuschreiben.

Zu 20. (§ 40 Abs. 2):

Durch die Novelle LGBl. Nr. 74/2007 wurde § 40 novelliert. Die Novellierungsvorschrift lautete: "In § 40 Abs. 2 wird im ersten und zweiten Satz die Wortfolge "der gestützten Arbeit" durch die Wortfolge "des Lohnkostenzuschusses" ........... ersetzt." Da diese Wortfolge im 2. Satz nicht vorkommt, aber im 3. Satz, ging die Novellierungsanordnung diesbezüglich ins Leere. Daher wurde nunmehr eine Korrektur vorgenommen.

Zu 21. (§ 42 Abs. 2a zweiter Satz):

Durch die Novelle LGBl. Nr. 69/2010 wurde ein Beitragssystem in das Stmk. BHG eingeführt. Im Zuge der Einführung dieses Beitragssystems wurde auch § 42 derart novelliert, dass einem Antrag auf Hilfeleistung die für die Ermittlung des Gesamteinkommens erforderlichen Nachweise anzuschließen sind. Die aufgezählten Hilfeleistungen waren allerdings nicht vollständig, weshalb sie nunmehr ergänzt wurden.
Bei einer Angehörigenvertretung reichen die Nachweise aus, die für eine Registrierung notwendig wären.

Zu 22. bis 24. (§ 43 Abs. 1, 3 und 5):

Aufgrund von Vollzugsproblemen wurde vorliegende Vorschrift klarstellend novelliert.
Da ein Pilotprojekt der Erprobung einer Leistung dient und diese damit nicht flächendeckend angeboten werden kann, wird klargestellt, dass auf eine Kostenübernahme bzw. Unterbringung kein Rechtsanspruch besteht.
Nunmehr ist gesetzlich klargestellt, unter welchen Voraussetzungen eine Kostenübernahme für Einrichtungen in anderen Bundesländern erfolgen kann. Weiters wurde festgehalten, dass auf eine Kostenübernahme in einem anderen Bundesland kein Rechtsanspruch besteht.

Zu 25. (§ 44 Abs. 1):

Eine Bewilligung ist erst zu widerrufen, wenn einem Mängelbehebungsauftrag nach § 48 Abs. 2 nicht oder nicht fristgerecht entsprochen wird.

Zu 26. bis 30. (§ 45 Abs. 1 erster Satz, Abs. 2 lit. a, Abs. 6, 7 und 9):

Aufgrund von Vollzugsproblemen wurde vorliegende Vorschrift klarstellend novelliert (siehe Ausführungen zum § 43 Stmk. BHG).

Zu 31. (§ 46):

Die Überschrift wurde dem Inhalt der Bestimmung entsprechend angepasst.

Zu 32. bis 34. (§ 47 Abs. 1 erster Satz, Abs. 1 Z. 4):

Durch die Neuregelung der mobilen Leistungsarten sowie die Einführung der Leistung ‚Persönliches Budget‘ wurde eine Anpassung des Abs. 1 erforderlich.

Zu 35. (§ 47a Abs. 4):

Die bisherige Regelung sieht vor, dass die paritätische Kommission bereits im Jänner Sitzungen zur Preisfindung für das darauf folgende Jahr einzuberufen und bis Ende März einen Vorschlag zu erwirken hat. Aus Praktikabilitätsgründen wird dieser Zeitraum auf September bis November verschoben.

Zu 36. und 37. (§ 48 Abs. 2 und 3):

Zur Absicherung einer gesetzmäßigen Kontrolle wurde der § 48 Abs. 2 um die Pilotprojekte der §§ 43 und 45 erweitert.
Des Weiteren wurde die Kontrollmöglichkeit der Organe der Landesregierung um eine Auskunftsverpflichtung der Einrichtungen/Dienste sowie um eine Einsicht in deren Akten und Bilanzen erweitert. Eine Einschau in Bilanzen hat den Zweck, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Träger (§§ 43 und 45) zu überprüfen.
Weiters wurde die Möglichkeit eines Mängelbehebungsbescheides geschaffen, um die gesetzmäßige Leistungserbringung durch Träger der Behindertenhilfe sicherzustellen.

Zu 38. (§ 49 Abs. 1):

Die Träger (§§ 43 und 45) sollen nunmehr gesetzlich verpflichtet werden, in die von der Landesregierung eingerichtete Datenbank die geforderten Daten einzutragen.

Zu 39. und 40. (§ 55 Abs. 1 Z. 5 und Abs. 2):

In die Strafbestimmungen wird ein Tatbestand eingefügt, wonach eine Verwaltungsstrafe dann begangen wird, wenn Daten (§ 49 Abs. 1) trotz Verlangen der Behörde nicht vorgelegt sowie vollständig und wahrheitsgemäß in die von der Landesregierung eingerichtete Datenbank eingetragen werden.

Es wird daher der

Antrag

gestellt:

Der Landtag wolle beschließen:

Gesetz vom ..... , mit dem das Steiermärkische Behindertengesetz geändert wird
 


Unterschrift(en):
Klaus Zenz (SPÖ), Gabriele Kolar (SPÖ), Barbara Riener (ÖVP), Christopher Drexler (ÖVP), Erwin Dirnberger (ÖVP), Johannes Schwarz (SPÖ), Wolfgang Böhmer (SPÖ), Martin Weber (SPÖ), Franz Schleich (SPÖ), Angelika Neuhold (ÖVP), Eva Maria Lipp (ÖVP), Bernhard Ederer (ÖVP), Peter Tschernko (ÖVP), Maximilian Lercher (SPÖ), Renate Bauer (SPÖ), Manuela Khom (ÖVP)