EZ/OZ: 577/1
Dringliche Anfrage (§ 68 GeoLT)
eingebracht am 16.06.2011, 12:32:53
Landtagsabgeordnete(r): Sabine Jungwirth (Grüne), Ingrid Lechner-Sonnek (Grüne)
Fraktion(en): Grüne
Zuständiger Ausschuss: -
Regierungsmitglied(er): Siegfried Schrittwieser
Betreff:
Lösungen für durch die Budgetkürzungen verursachte Härtefälle
Die Plattform 25 hat am 10. Juni in einem "Tag der einzelnen Härtefälle" 87 Härtefälle dokumentiert und damit aufgezeigt, dass es sich eben nicht um einzelne Härtefälle handelt, sondern dass die Budgetkürzungen generell zu Härtefällen führen.
Sie haben zugesichert, dass Sie bei jedem einzelnen Härtefall um Lösungen bemüht sein werden.
Folgende Härtefälle wurden durch die Plattform 25 dokumentiert:
Budgetkürzungen in der steirischen Behindertenhilfe
Entgegen den Jubelmeldungen der Landesregierung war die Einigung über die neue Leistungs- und Entgeltverordnung (LEVO) alles andere als ein fairer Kompromiss: Von den ursprünglich geplanten 22 Millionen Euro an Budgetkürzungen wurden lediglich 4 Millionen zurückgenommen, bleibt ein Kürzungsvolumen von 18 Millionen Euro! Das bedeutet nach wie vor einschneidende Reduktionen in der Quantität und Qualität der Leistungen für Menschen mit Behinderung, sowie den Verlust von hunderten Arbeitsplätzen und eine massive Verschlechterung der Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten der steirischen Behindertenhilfe. In folgenden Bereichen gibt es besonders gravierende Einschnitte:
· Die Betreuungsschlüssel werden drastisch verschlechtert: In den Wohneinrichtungen und in den Tageswerkstätten liegen die Kürzungen der Betreuungsschlüssel meist zwischen 8 und 20 %, in Einzelfällen bei 30 %, in der beruflichen Eingliederung bei 12 bis 14 %, im selben Ausmaß muss das Personal reduziert werden. Besonders stark werden die Betreuungsschlüssel für Menschen mit hohem und höchstem Hilfebedarf, sowie mit Verhaltensauffälligkeiten herabgesetzt. Die pädagogisch besonders wertvolle Arbeit in Kleingruppen und in Einzelbetreuung wird dadurch extrem erschwert, ein individuelles Eingehen auf die Bedürfnisse der KundInnen ist nur mehr sehr eingeschränkt möglich. Die Arbeitsbelastung für das Personal steigt deutlich an.
· Bei der Wohnassistenz wird eine Obergrenze von maximal 480 Assistenzstunden pro Jahr eingeführt, bisher gab es keine Obergrenze. Das bedeutet für Menschen mit Behinderung, die mehr als 480 Wohnassistenzstunden im Jahr benötigten, dass sie möglicherweise aus der eigenen Wohnung in ein (teureres!) Wohnheim umziehen müssen. Zudem wird die Freizeitassistenz auf maximal 200 Stunden pro Jahr beschränkt.
· Der Familienentlastungsdienst leistete bisher Angehörigen von Menschen mit Behinderung, die im Familienverband leben, wertvolle Unterstützung. Auch diese Leistung wird drastisch eingeschränkt: Künftig gilt eine Obergrenze von maximal 600 Stunden jährlich, wenn der betroffene Familienangehörige tagsüber eine Schule besucht oder in einer Tageswerkstatt betreut wird, reduziert sich die Obergrenze nochmals auf bis zu maximal 173 Stunden jährlich.
· Die ersatzlose Streichung der Entwicklungsförderung gefährdet die Zukunftschancen von schulpflichtigen Kinder und Jugendlichen mit Behinderung.
· Die mittelbaren Zeiten für Vor- und Nachbereitung, Teamsitzungen, Supervisionen und Fortbildungen werden in der Frühförderung von 100 auf 50 % und bei der Familienentlastung von 50 auf 18 % gekürzt. Das führt zur Reduktion des Personalstandes, massiven Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen und in der Folge zu einem Absinken der Betreuungsqualität.
Fazit: Der Verlust von hunderten Arbeitsplätzen und die einschneidende Verschlechterung der Arbeitsbedingungen werden die ohnehin große Belastung der Beschäftigten in der Behindertenhilfe dramatisch erhöhen. Entgegen allen anderslautenden Behauptungen ist es völlig unmöglich, die Betreuungsqualität unter diesen Bedingungen aufrechtzuerhalten - zumal viele Leistungen auch im Umfang massiv gekürzt werden. Viele Menschen mit Behinderung und deren Angehörige werden einen drastischen Verlust an Lebensqualität hinnehmen müssen. Die Steiermark wird ihre Vorreiterrolle bei der Betreuung und Begleitung von Menschen mit Behinderung verlieren.
Härtefälle infolge der Streichung der Entwicklungsförderung:
Die Entwicklungsförderung wird im Zuge der Kürzungsmaßnahmen ersatzlos gestrichen. Sie bot Förderung und Begleitung für schulpflichtige Kinder und Jugendliche mit Behinderung oder Entwicklungsverzögerung und deren Familien. Durch die Streichung der Entwicklungsförderung verlieren 37 MitarbeiterInnen ihren Job und 100 Familien ihre Förderung.
Martina Spitzer - Entwicklungsförderin - gelöscht?
Entwicklungsförderung wächst, entwickelt und formt sich seit rund 10 Jahren - aus dem Bedarf der Bevölkerung heraus.
Entwicklungsförderung heißt ganzheitliche Förderung und Begleitung von Kindern und Jugendlichen und deren Familien.
Entwicklungsförderung, das ist eine Leistung des Behindertengesetzes.
Seit 2007 - endlich - der gesetzliche Anspruch erleichtert vieles!
Bis 2011.
Plötzlich: Eingestellt! Gestrichen!
Nicht gekürzt, nicht gespart, nicht geschmälert: GELÖSCHT!
MINUS 100 Prozent.
10 Jahre Fortschritt: gelöscht.
10 Jahre Entwicklung: gelöscht.
10 Jahre Investition: gelöscht.
10 Jahre Wissen: gelöscht.
10 Jahre Ressourcenaufbau, Förderung, Hoffnung: gelöscht.
Gelöscht?
Aus dem Gesetz. Also auf dem Papier.
Aber auch aus den Köpfen der rund 100 betroffenen Familien?
Aus den Köpfen der 37 EntwicklungsförderInnen, die ihre Arbeitsplätze verlieren?
Aus den Köpfen der Menschen, die diese Leistung auch in Zukunft brauchen und auf sie angewiesen sind?
Aus unser aller Köpfe?
Wir werden uns nicht in Luft auflösen, liebe verantwortliche Politikerinnen und Politiker.
Weder der (WACHSENDE!) Bedarf in den rund 100 betroffenen Familien, noch die 37 betroffenen Arbeitsplätze der EntwicklungsförderInnen.
Löschen bedeutet nicht Veränderung, wie Sie es uns weis machen wollen.
Löschen bedeutet Rückschritt.
Wir alle sind aber Menschen und lassen uns daher nicht einfach löschen.
Es reicht - für alle. Fair teilen statt kürzen.
Nur hohle Worte? Nicht für mich!
Die Wirtschaft floriert und schreibt Gewinne. Wozu also kürzen? Es ist genug für alle da!
Der Reichtum wächst - die Armut steigt! Das ist KEIN Naturgesetz!!! Das kann anders sein!!!
Sparen kann ich, wenn ich im Überfluss lebe.
Den gibt es hier nicht.
Hier gibt es noch nicht einmal Gleichstellung.
Und solange es keine Gleichstellung gibt, solange gleiche Rechte für Minderheiten noch nicht selbstverständlich sind, solange lasse ich es mir nicht nehmen zu sagen:
Bleiben Sie bei der Wahrheit!
Sie löschen Fortschritt.
Sie löschen Arbeitsplätze.
Sie löschen Gleichstellung.
Sie löschen Gleichberechtigung.
Sie löschen Ressourcen.
Kurzsichtig.
Langfristig bedeutet das: mehr Kosten.
Präventive Arbeit im Kinder- und Jugendbereich ist kostengünstig, effektiv und sinnvoll.
Gelöscht???
Wohl kaum.
Fortschritt, Hoffnung, Entwicklung und Werte lassen sich nicht einfach so löschen.
Nicht durch eine Reformpartnerschaft.
Nicht durch Kürzungen.
Nicht durch Sie.
Wir bleiben!
In dieser Welt. In diesem Land. In dieser Stadt. In dieser Gesellschaft. In Ihren Köpfen. Jeden Tag.
Es gibt eine Alternative.
Wir bleiben.
Ich - Martina Spitzer - bleibe.
Und jetzt?
Texte einer Arbeitnehmerin in der Entwicklungsförderung:
Heutzutage ist Veränderung eben manchmal notwendig
sagte Herr Schrittwieser sinngemäß in einem Gespräch mit einigen meiner KollegInnen.
Ich bin Mitte 40 und war einige Jahre als Lern- und Sozialbetreuerin tätig. Seit 2005 arbeite ich als Entwicklungsförderin. Beide Tätigkeiten empfand und empfinde ich als überaus sinnvoll.
In der Lern- und Sozialbetreuung stand schulisches Lernen im Vordergrund. Spannungen mit Eltern, Konflikte in der Familie machte es manchmal notwendig, Jugendlichen zur Seite zu stehen, Verständnis für "unverstandenes" Verhalten auf beiden Seiten herzustellen.
Ein ehemaliger Schüler von mir, heute ein 20-jähriger junger Mann, hat mit Hilfe der Lern- und Sozialbetreuung die Matura geschafft. Das eröffnet ihm neue Möglichkeiten, die er nützen wird - da bin ich mir sicher. Vor ein, zwei Monaten haben wir das groß gefeiert: A, seine erleichterte Mutter und ich. Das war sehr schön!
In der Entwicklungsförderung und Familienbegleitung steht nicht die Schule im Vordergrund. Was braucht ein Kind für seine Entwicklung zu dem Zeitpunkt, da ich als Förderin in die Familie komme? Was halten Mütter und Väter für notwendig? Wie sehen Lehrerinnen das Kind? Und was wünscht sich das Kind von mir?
Sie sehen schon, Entwicklungsförderung bedeutet Austausch mit vielen Beteiligten und im Zentrum steht das Kind bzw. der oder die Jugendliche.
In meiner bisherigen Arbeit habe ich die Erfahrung gemacht, dass Eltern häufig besorgt sind. Da sitzt ein Kind in der zweiten oder dritten Klasse Volksschule und Eltern fragen sich, wie die Zukunft ihres Kindes wohl aussehen wird und gemeint ist die Frage nach einer Berufsausbildung, nach einem selbständigen Leben. Ich habe dann stets versucht zu beruhigen und zu ermutigen: "Ihr Kind hat noch Zeit - Zeit, sich zu entwickeln. Es bekommt Unterstützung in der Schule, es bekommt Unterstützung durch Sie und durch mich. Die Steiermark hat außerdem ein gutes Unterstützungssystem." - Letzteres sage ich mittlerweile nicht mehr.
Mein letzter Entwicklungsförderungsbescheid wird am 4.11. dieses Jahres auslaufen. Wenn Eltern mich fragen, warum es keine Entwicklungsförderung mehr gibt, dann sage ich, dass scheinbar kein Geld mehr da ist. Dass die Steiermark nicht Griechenland werden soll, sage ich nicht. In solchen Gesprächen habe ich mir schon oft Herrn Schrittwieser an meine Seite gewünscht. Wie würde er das wohl betroffenen Eltern erklären?
Am schwersten fällt es mir, Eltern und Kindern nichts anbieten zu können. Es gibt einfach nichts, keine Alternative - klingt irgendwie bekannt oder? "Die Betreuungsqualität sei zu 100% gesichert, meint Herr Zenz." Was meint er damit?
Für mich persönlich bedeutet diese Situation Neuorientierung.
Um ganz ehrlich zu sein, denke ich mir manchmal: Raus aus dem Sozialbereich. So viel Engagement für wenig Geld. Die Arbeitsbedingungen waren bisher nicht gerade rosig und sie werden nicht besser. Ich denke, Menschen in Sozialberufen arbeiten gerne mit Menschen. Ihre Arbeit ist aber kein selbstloser Akt der Nächstenliebe und sie passiert nicht aus Mitleid. Das soll auch nicht so sein oder? Menschen in Sozialberufen müssen von ihrer Arbeit leben können wie andere auch!
Faktum ist also: Ich werde im Spätherbst arbeitslos sein. Meine Familie bestehend aus 4 Personen wird von einem Gehalt leben müssen. Mein Mann ist ebenso im Sozialbereich tätig - also kein üppiges Gehalt. Finanziell wird es knapp.
Im Laufe des Sommers werde ich mir überlegen wie’s weitergehen soll.
"Heutzutage ist Veränderung eben manchmal notwendig" sagte Herr Schrittwieser sinngemäß. Eine Idee habe ich schon: Ich werde Schlosserin und peile die Karriere einer Soziallandesrätin an. Das wär doch was, Herr Schrittwieser oder?!
Härtefall A., bisher Kundin der Entwicklungsförderung:
A. ist eines von sechs Kindern/Jugendlichen, die ich im Rahmen der Entwicklungsförderung begleitete.
A. ist 11 Jahre und geht in die vierte Klasse Volksschule. Sie war dort vier Jahre lang "still integriert", d.h. ohne sonderpädagogische Förderung. Ich kann mich an die erfreute Reaktion der Klassenlehrerin erinnern, als ich A.s ältere Schwester zu einem Elternabend begleitete. Sie sah in mir wohl die Chance, mit den Eltern besser kommunizieren zu können. Und das war ich dann auch: Sprachrohr zwischen Schule und Elternhaus. Einiges ist da besprochen worden. Verständnis für die Situation der Eltern und jene der Lehrerin konnte hergestellt werden. Die Eltern von A. kommen ursprünglich aus einem Land, in dem Bürgerkrieg herrscht. Vieles in Zusammenhang mit Schule war und ist einfach unklar.
Die Förderung von A. - das bedeutete zwei Jahre lang 1 mal 90 Minuten pro Woche - war hilfreich. Eine für mich ganz wesentliche positive Veränderung ist, dass A.s Motivation in der Schule deutlich angestiegen ist. Sie sitzt nicht mehr teilnahmslos und abwartend da. Ihr Interesse wurde geweckt. A. fragt von sich aus nach Aufträgen. Sie will lernen!
A. wird kommendes Schuljahr in eine Hauptschule wechseln, diesmal in eine Integrationsklasse, was erfreulich und wichtig für sie ist. Eine darüber hinausgehende Unterstützung wird es für sie nicht mehr geben! Die Entwicklungsförderung ist Mitte April ausgelaufen. Auch in Sachen Hausaufgaben gibt es keine Hilfe. Die Eltern sind aus finanziellen Gründen nicht in der Lage, eine Nachmittagsbetreuung zu bezahlen. In einem langen Gespräch mit der zuständigen Sozialarbeiterin bat ich, diese Familie finanziell zu unterstützen. Das wurde abgelehnt. Die Stadt Graz sieht sich nicht in der Lage, die Kosten von 25 € im Monat für eine Nachmittagsbetreuung zu übernehmen.
Für A. bedeutet das, dass es außerhalb der Schule keine Unterstützung mehr gibt und geben wird. Die Eltern sind nur bedingt in der Lage, ihrer Tochter zu helfen.
Diese Entscheidung, Eltern und Kind in dieser Phase (Wechsel von der Volksschule zur Hauptschule) alleine zu lassen, bedeutet aus meiner Sicht einen massiven Einschnitt in die Zukunftschancen eines Mädchens, das aus meiner Sicht weiteres Entwicklungspotential hat!!!
Härtefall B., bisher Kunde der Entwicklungsförderung:
Zwei Jahre bin ich bald bei B., einem Buben mit Entwicklungsverzögerung, Schüler einer dritten Klasse VS. B.s Mutter ist häufig besorgt: Wie wird es mit B. weitergehen? Was passiert nach der 4.Klasse Volksschule? Was bedeutet "Unterricht nach dem Sonderschullehrplan" Hilft B. das? Wie selbständig wird B. einmal leben können? …
Beruhigende, klärende, ermutigende Gespräche mit der Mutter waren bzw. sind in dieser Familie besonders wichtiger Teil meiner Arbeit.
B. ist ein freundlicher, verspielter, sehr phantasievoller Bub. Er hat drei Geschwister. Seine Familie, 6 Personen, lebt in einer kleinen Wohnung. 90 Minuten (pro Woche) ungeteilte Aufmerksamkeit in einem Raum ganz allein nur für uns ist etwas Besonderes, etwas ganz Besonderes. Das ist deutlich spürbar. Wenn B.s kleine Schwester plötzlich hereinplatzt, weil auch sie ein bisschen mitnaschen will an dem, was da passiert, verteidigt er dieses "kleine Privileg".
Eine selbst gebastelte Schatzkiste für Dinge, die nur für B. bestimmt sind und für die wir gemeinsam einen "sicheren" Ort suchen, ist ein Versuch, ein kleinwenig wettzumachen, was hier dringend gebraucht wird.
"Was mag ich und was mag ich nicht und wie sage ich das?", "Der Umgang mit anderen", "Sich mitteilen und erzählen" sind unter anderem Themen der Entwicklungsförderung bei B.. Über Geschichten ist vieles möglich. B. steigt gerne drauf ein, weil er Geschichten mag. Dann erzählt er, dann reden wir über die Personen oder Figuren der Geschichten und dann bekommt B. oft Lust, selbst zu lesen. Und manchmal ergeben sich daraus Rollenspiele oder wir malen oder …
Es ist ein offenes Miteinander-Tun und Lernen. Am Ende unserer Einheit folgt stets meine Frage: Und was wünscht du dir fürs nächste Mal? Wenn dann Antworten kommen, freue ich mich und die kommen praktisch immer!
Mitte Juli ist die Entwicklungsförderung bei B. zu Ende. Gerade in der heiklen und für Eltern meist sorgenvollen Zeit des Wechsels von Volksschule zu Hauptschule wird es für diese Familie keine Unterstützung geben. Für B. geht etwas Wertvolles verloren und für mich auch.
Vor kurzem fragte mich B.: "Wer kommt, wenn du nicht mehr kommst?" "Niemand", sagte ich. "Leider niemand, B.!"
Brief einer Mutter, deren Sohn Entwicklungsförderung bezog:
An Herrn Schrittwieser!
Mein Sohn Jakob musste sich mit 11 Monaten einer schweren Kopfoperation unterziehen. Bei ihm waren die Schädelnähte zu früh verschlossen und der Kopf daher verformt. In einer 6-stündigen Operation wurden die Schädelknochen abgenommen und umgeformt. Es folgte ein 5-tägiger Aufenthalt auf der Intensivstation im Tiefschlaf.
Bis zu seiner Operation war er seinem Alter entsprechend entwickelt, jedoch zeigten sich im Laufe der Jahre immer größere Entwicklungsverzögerungen.
Mit dem Eintritt in die Schule stellte sich bald heraus, dass er ohne entsprechende Förderung nicht mit anderen Kindern mithalten kann.
Es folgte eine lange Suche nach geeigneten Förderungen.
Durch Zufall kamen wir dann zur Entwicklungsförderung durch die Lebenshilfe.
Hier muss ich ihnen auch widersprechen, dass Institutionen Menschen mit besonderen Bedürfnissen die Türen einrennen. Ich musste mich stets selber um Fördermöglichkeiten umschauen und vieles auch durch Zufall erfahren. Da kommt niemand und hilft.
Die Entwicklungsförderung hat man Sohn sehr geholfen. Es wurde vieles aufgeholt und hat auch mich als Mutter sehr entlastet. Durch den Mehraufwand den mein Sohn braucht, musste ich meinen Beruf aufgeben. Seither lebt meine Familie am Existenzminimum.
Sollte es in Zukunft keine Entwicklungsförderung für meinen Sohn geben, wäre für die ganze Familie das eine extreme Belastung.
Nur mit der Entwicklungsförderung hat mein Sohn eine Chance, einmal einen Beruf zu erlernen und selbstständig für seinen Lebensunterhalt aufzukommen.
Härtefälle Wohnassistenz:
Wohnassistenz bietet Menschen mit Behinderung Hilfeleistungen, um ihnen ein Wohnen in ihrer eigenen Wohnung zu ermöglichen. Bisher gab es bei der Wohnassistenz keine Höchstgrenze für die jährlich zuerkannten Stunden, nun wurde eine Höchstgrenze von maximal 480 Stunden Wohnassistenz im Jahr eingeführt.
Falldarstellung von Frau Katrin Poleßnigg
Katrin lebt in einer Integrativen Wohngemeinschaft zusammen mit Studierenden und erhält von ihren MitbewohnerInnen und von professionellen WohnassistentInnen Assistenzleistungen für ihr tägliches Leben. Katrin sitzt im Rolli und kommt ursprünglich aus Kärnten. Sie ist in die Steiermark, da sie hier ihren Job als Evaluatorin nachgehen kann. Katrin ist 31 Jahr alt und lebte bis Ende 2010 bei ihren Eltern. Also bildete die Wohnform der Integrativen Wohngemeinschaften ein optimales Angebot. Zumal sie auch eine Ausbildung als Evaluatorin absolvierte, es diesen Job aber nur mehr in der Steiermark gibt.
Mit 480 Wohnassistenzstunden kommt sie nicht aus - wir sind wegen dem aktuellen Bescheid schon in Berufung, da dieser auf 480 Wohnassistenzstunden ausgestellt wurde. Auch diese Berufung dauert bereits Monate. Würden ihr nur 480 Wohnassistenzstunden zugesprochen werden, würde es heißen, dass eine Wohnassistentin komplett wegfallen würde, dass die StudentInnen in der Wohngemeinschaft nicht mehr genug Zeit hätten, um mit ihr optimal zu Arbeiten. Katrin braucht Unterstützung im Alltag, bei Behörden, im Kontext der Beziehung(en), bei Haushalt üblichen Erledigungen (Waschen, Putzen, ...), bei der Körperpflege,...
Würde sie nicht mehr Wohnassistenzstunden zugesprochen bekommen, müsste sie aus der Integrativen Wohngemeinschaft ausziehen und wieder zurück
nach Kärnten zu ihren Eltern, da eine mobile Betreuung mit diesem Stundenausmaß in keinstem Fall befriedigend wäre!!!!!!
Eine der schlimmsten Vorstellungen für sie!!
Härtefall Roman:
Mein Name ist Roman, ich bin 26 Jahre alt und ich wohne seit 5 Jahren in einer Integrativen Wohngemeinschaft. Aufgrund meiner Behinderung -spastische Tatraplegie- sitze ich in einem E-Rollstuhl. Um meinen Alltag zu bewältigen, erhalte ich Unterstützung von meinen MitbewohnerInnen und von mobilen WohnassistentInnen. Da ich körperlich stark eingeschränkt bin, brauche ich in vielen lebenspraktischen Dingen Unterstützung\; auch bei der Körperpflege. Bis jetzt habe ich Wohnassistenz im Ausmaß von 734 und Freizeitassistenz im Ausmaß 440 Jahresstunden erhalten. In diesen Rahmen war es möglich, meinen Alltag zu bewältigen und mein Leben so zu gestalten, wie ich mir das vorstelle. Sollte ich jetzt nur noch 480 Jahresstunden Wohnassistenz bewilligt bekommen, heißt das für mich, dass ich in der Integrativen Wohngemeinschaft nicht mehr betreut werden kann und ausziehen muss. Meine Alternativen sind Vollzeitbetreutes Wohnen oder das Leben in einem Pflegeheim. Beides sind Wohnformen, in denen ich nicht leben will.
Härtefall Christian Grübl, 25 Jahre
Herr Grübl wohnt seit Oktober 2008 in einer Integrativen Wohngemeinschaft (IWG) der alpha nova Betriebs GesmbH, gemeinsam mit 2 StudentInnen. In der Integrativen Wohngemeinschaft Menschen mit Behinderung wird er von den StudentInnen und von WohnassistentInnen und FreizeitassistentInnen unterstützt. Da Herr Grübl an einer spastischen Zerebralparese mit Tetrasymptomatik leidet, daher einen Elektrorollstuhl benötigt, ist ihm eine selbstständige Bewältigung des Alltags nicht möglich. Herr Grübl möchte möglichst selbstbestimmt und eigenständig leben, die IWG bietet ihm trotz seines hohen Hilfebedarfs ein hohes Maß an Selbstständigkeit und Integration. Herr Grübl hat bis jetzt Wohnassistenz im Ausmaß von 734 Stunden und Freizeitassistenz von 240 Stunden erhalten. Wenn Herr Grübl in Zukunft nur mehr 480 Stunden Wohnassistenz zugesprochen bekommt, ist es nicht mehr möglich weiterhin in der IWG zu wohnen. Seine Alternativen sind Vollzeitbetreutes Wohnen oder ein Pflegeheim. Beides sind Wohnformen, die für ihn nicht in Frage kommen und einen Rückschritt in seiner Selbstständigkeit bedeuten würden. Herr Grübl wird am Tag der "einzelnen" Härtefälle selbst sprechen und hat folgende Stellungnahme für die Homepage der Plattform 25 verfasst:
Stellungnahme von Christian Grübl für die Homepage der Plattform 25
Mein Name ist Christian. Ich bin ein Mensch mit Behinderung. Zusammen mit einem Kollegen und zwei Studenten, die sich um uns kümmern lebe ich in einer integrativen Wohngemeinschaft von alpha nova. Alpha nova ist eine der großen Einrichtungen, die sich um Menschen mit Behinderung kümmern.
Ich arbeite in einer Werkstatt. Ich kümmere mich um die Bibliothek, ordne Bücher und Zeitschriften und rede mit den Leuten, die sich Bücher ausleihen.
Bis vergangenen Montag war mein Leben ganz normal. Ganz normale Sorgen: ” Mögen mich die Eltern meiner Freundin? Wird Sturm auswärts gegen Rapid gewinnen?” Ganz normale Wünsche: "Am Wochenende meine Freundin sehen, aufs Ostergeselchte freuen, nur mehr 52 Tage bis zum Urlaub, Sturm gewinnt” Und den Oberwunsch: "Mal mit meiner Freundin zusammenziehen.”
Am vergangenen Montag wurden die Einsparungen des Landes im Sozialbereich bekannt. Ich habe die Behinderungseinstufung hoch, bei den Einstufungen hoch und höchst gibt es die meisten Einsparungen.
Seither hab ich andere Sorgen: "Wer hilft mir in der Früh bei der Körperpflege, wenn das Land die Stunden für mobile Betreuung kürzt? Kann ich mich dann nur mehr jeden dritten Tag duschen? Verliere ich meinen Job? Nimmt die Werkstätte dann zwei Leute mit der Einstufung mittel? Und die größte Sorge, verliere ich meine Wohnung? Muss alpha nova die integrativen Wohngemeinschaften schließen, weil sie sie sich nicht mehr leisten kann? Wo soll ich dann hingehen? Nachhause kann ich nicht, meine Eltern sind einfach mit meiner Pflege überfordert. In ein Pflegeheim? Oder gar in ein Auffanglager für Menschen mit Behinderung? Werden wir nach und nach abtransportiert, raus aus der Gesellschaft? Wohin???
Wir müssen ein Zeichen setzen!
Nach dem Motto: "Hier regiert die Menschlichkeit!”
Härtefall Herr H., Bewohner einer integrativen Wohngemeinschaft:
Herr H. wohnt nun seit fast 10 Jahren in einer Integrativen Wohngemeinschaft der alpha nova Betriebs Gesmbh. In der IWG leben Menschen mit Behinderung und Menschen ohne Behinderung, meist StudentInnen, gemeinsam in einer Wohnung. Die StudentInnen unterstützen Herrn H. in verschiedenen Bereichen seines Alltags (Haushalt, Freizeitgestaltung,…). Weiters wird Herr H. von mobilen AssistentInnen (WohnassistentInnen, FreizeitassistentInnen) unterstützt. Herr H. braucht in seinem Tagesablauf viel Struktur und Regelmäßigkeit, welche durch die engmaschige Betreuung gewährt werden. Diese Wohnform ist sehr gut für Herrn H. geeignet, da er einen relativ großen Bedarf an Unterstützung braucht, jedoch durch diese Struktur ein hohes Maß an Eigenständigkeit und Integration leben kann. Herr H. nutzt außerdem viele Angebote im Bereich der Freizeitassistenz und ist jedes Jahr bei Sommercamps usw. dabei.
Herr H. hat bis 2013 Wohnassistenz im Ausmaß von 780 Stunden und bis 2012 Freizeitassistenz von 600 Stunden zugesprochen bekommen. Werden diese Bescheide gekürzt, bedeutet dies für Herrn H., dass er nicht länger in der IWG, seiner vertrauten Umgebung, leben kann. Was sind seine Alternativen?
Härtefälle beim Familienentlastungsdienst:
Der Familienentlastungsdienst unterstützt Angehörige von Menschen mit Behinderung, die im Familienverband leben, bei der Betreuung. Beim Familienentlastungsdienst gab es bisher keine Höchstgrenze für die jährlich zuerkannten Stunden, nun wurde eine Höchstgrenze von maximal 600 Stunden Familienentlastung im Jahr eingeführt. Wenn der Mensch mit Behinderung tagsüber z.B. in einer Tageswerkstätte betreut wird oder in die Schule geht, wird die Höchstgrenze auf bis zu 173 Familienentlastungsstunden jährlich reduziert. Für die im Familienentlastungsdienst Beschäftigten werden die mittelbaren Zeiten - das sind Zeiten für Vor- und Nachbereitungen, Teamsitzungen, Supervision, etc. von 50 % auf 18 % reduziert.
Erster Härtefall Familienentlastungsdienst:
Sehr geehrter Herr Landesrat Schrittwieser! Graz, Mai 2011
Ich möchte zur Kürzung des Budgets im Behindertenbereich aus persönlicher Betroffenheit Stellung nehmen.
Meine Tochter ist aufgrund der Diagnose "frühkindlicher Autismus" in Pflegegeldstufe 4. Sie braucht eine ständige Betreuung.
Das Krankheitsbild meiner Tochter wurde leider erst sehr spät (mit 10 Jahren) fix diagnostiziert, Dadurch hatte sie viele Fördermöglichkeiten erst sehr spät nutzen können und diese konnten dann erst zielorientiert angewendet werden.
Aufgrund intensiver Therapien konnte sie vieles aufholen. Meine Tochter erlernte unter anderem das Lesen. Lesen ist übrigens heute eine ihrer Lieblingsbeschäftigungen. Hätte ich diese therapeutische und finanzielle Unterstützung nicht gehabt, könnte meine Tochter nicht lesen. Weitere Therapien und gute Integration in der Schule haben dazu geführt, dass sie heute - gut betreut - am Arbeitsleben erfolgreich teilnehmen kann.
Durch ca. 400 Stunden Familienentlastung im Jahr war es mir möglich, als alleinerziehende Mutter mit dieser Situation fertig zu werden. Im Besonderen ist dann Bedarf an einer Hilfe gegeben, wenn meine Tochter oder ich krank sind. Meine Tochter bekommt teilweise ihre Urlaubstage zugewiesen und ich kann dann die Betreuung aufgrund meiner beruflichen Tätigkeit nicht übernehmen. Soweit möglich habe ich meinem Urlaub mit dem Urlaub meiner Tochter koordiniert. Sie hat allerdings eine Woche mehr Urlaub als ich und braucht in dieser woche volle Betreuung.
Da ich alleinerziehend bin, brauche ich für jeden Arztbesuch, Amtsweg oder Friseurbesuch eine Betreuung für meine Tochter. Sie kann und will mich aufgrund ihrer Krankheit nicht immer begleiten. Da ich mir keine Sonderstellung an meinem arbeitsplatz erlauben kann, beziehungsweise haben will, ist es für meine Sicherheit, den Arbeitsplatz behalten zu können, wichtig, für meine Tochter immer eine Betreuung in Anspruch nehmen zu können.
Kurz zusammengefasst möchte ich sagen:
Ohne Hilfen (therapeutisch, menschlich, finanziell, etc.) wäre diese Entwicklung bei meiner Tochter nie möglich gewesen. Daher weiß ich, dass diese Unterstützungen für Menschen mit Behinderung und deren Umfeld in kontrolliertem Ausmaß erhalten werden müssen.
Mit freundlicher Hochachtung
eine Mutter
PS.: Durch die neue LEVO droht meiner Tochter und mir eine Reduktion der Familienentlastungsstunden auf ca. die Hälfte des bisherigen Wertes. Der Betreuungsschlüssel für ihre Arbeitsbegleitung wird um ein Viertel reduziert.
Zweiter Härtefall Familienentlastungsdienst:
Sehr geehrte Damen und Herren! Graz, April 2011
Ich bin alleinerziehende Mutter von zwei Söhnen im Alter von 16 und 6 Jahren. Mein älterer Sohn ist seit seiner Geburt schwerstbehindert, Pflegestufe 7. Er hat eine spastische Tetraparese, das heißt, er kann keine Handlung selbstständig ausführen, sitzt im Rollstuhl, muss gefüttert, gewickelt, an- und ausgezogen, gewaschen, gebadet, therapiert,…werden. Aufgrund seiner extremen Spastizität ist jede dieser Tätigkeiten für mich alleine nicht mehr zu bewältigen. Für das Jahr 2010/2011 bekamen wir 600 Jahresstunden Familienentlastungsdienst und 300 Stunden persönliche Assistenz zugesprochen. Ich hatte Hilfe bei der Morgen- und Abendpflege, konnte hin und wieder abends ausgehen und konnte an den Wochenenden mit meinem jüngeren Sohn etwas unternehmen. Mein älterer Sohn ist unter Tags in einer Einrichtung der Lebenshilfe, von Montag bis Donnerstag bis 15.30 und am Freitag bis 13h. In dieser Zeit muss ich zu Ämtern um Anträge zu stellen, Hilfsmittel beantragen, Arzttermine ausmachen und wahrnehmen, Überweisungen für Therapien besorgen, Rechnungen einreichen, Verordnungen (z.B. für Windeln, Rezepte,….besorgen, Geld für nicht finanzierte Hilfsmittel beantragen, bei privaten Geldgebern Zuschüsse aufstellen (zuletzt für einen Rollstuhl, der 20.000 Euro kostete), uvm. Außerdem muss ich mich um meinen jüngeren Sohn kümmern, der auch unter meiner schwierigen Situation leidet. Aufgrund einer psychischen Erkrankung und der ständigen Überbelastung bin ich in Berufsunfähigkeitspension.
Nach der neuen LEVO würde ich, da mein Sohn unter Tags auch in einer Einrichtung betreut wird, nur mehr maximal 218 Stunden Familienentlastung bekommen. Weiters würden mir die 300 Stunden persönliche Assistenz gestrichen, da persönliche Assistenz und Familienentlastung nicht mehr kombiniert werden dürfen. Diese Situation wäre für mich untragbar. Ich hätte in der Früh, am Abend, an Feiertagen und den Wochenenden keinerlei Unterstützung mehr, was erstens körperlich nicht mehr machbar ist und zweitens meine psychische Situation noch verschlechtern würde. Außerdem würde mein jüngerer Sohn noch mehr unter diesen Umständen leiden. Da ich aufgrund der ständigen Überforderung bereits viermal stationär im LSF war, befürchte ich, dass das aufgrund der extremen Verschlechterung erneut notwendig sein könnte. Zusätzlich hat mein Sohn zu seiner Betreuerin eine gute und intensive Beziehung aufgebaut, wenn diese wegfiele, würde er sehr darunter leiden.
Mein einziger Ausweg wäre, meinen Sohn in eine vollzeitbetreute Einrichtung zu geben, was für mich und ihn eine viel zu frühe und drastische Trennung wäre, mit unabsehbaren Folgen für alle Beteiligten. Und nicht zuletzt würden die Kosten für die Vollzeitunterbringung, die der mobilen Dienste um ein vielfaches übersteigen. Dieses Gesetz würde sich tiefgreifend negativ auf mein Leben und das meiner Kinder auswirken. Ich bin in Hinblick auf diese Veränderung verzweifelt, und hoffe, dass meine Situation als Härtefall angesehen wird und ich weiterhin die bisher genehmigten Stunden erhalte.
Mit freundlichen Grüßen
eine Mutter
Härtefall Arbeitnehmerin im Familienentlastungsdienst:
Ich arbeite im Familienentlastungsdienst, hier werden sich die Arbeitsbedingungen erheblich verschärfen.
Wie wir mit 18% statt 50% mittelbare Zeiten für Teambesprechungen, Supervision, Diensteinteilung, Supervision, Fallbesprechung… auskommen sollen, ist uns noch nicht klar. Es wird sich auf jeden Fall Richtung "Informationsweitergabe" entwickeln, inhaltliche Gespräche werden zur Ausnahme. Wenn es also Probleme gibt, werden wir das schließlich mit uns selber ausmachen, dadurch bekommen wir weniger Impulse, wir entwickeln uns mehr Richtung Aufsichts- und Versorgungsperson. Mit den pädagogischen Aufgaben zunehmend alleingelassen, finden wir uns schon strukturell auf der ersten Burnoutstufe. Und die Reduktion auf 18% stellt bereits eine Arbeitszeitverkürzung mit einem entsprechendem Lohnverlust dar, denn die Lücke lässt sich nicht durch mehr direkte Betreuung schließen, denn diese wird ebenfalls eingeschränkt.
Durch die Erschwerung des Zugangs zur Leistung und durch die Verminderung des Stundenkontingentes für die KundInnen werden klipp und klar weniger FamilienentlasterInnen ("gebraucht" werden wir schon!) beschäftigt werden können. Das heißt, es müssen welche gehen oder alle reduzieren ihre Wochenarbeitszeit. Da werden wir als Gesamtgruppe Federn lassen müssen. Wenn KollegInnen wirklich gehen müssen, wohin als in die Dauerarbeitslosigkeit? Denn in anderen Sparten des Sozialbereichs wird ebenfalls gespart und entlassen…
Aber von was soll dann die einzelne Arbeitnehmerin leben? Nun, ich habe meiner Chefin angeboten, ab Oktober für 10 Monate in Bildungskarenz gehen, damit da Druck herausgenommen wird und ich auf echte Arbeitslosigkeit keine Lust habe. Ich würde einfach das nächstbeste Fach inskribieren (habe glücklicherweise Matura), obwohl es mich gar nicht freut (mit 48). Hoffentlich könnte ich geringfügig im Team weiterarbeiten, damit ich dann wieder gut einsteigen kann und meine Lebenshaltungskosten abdecken kann. Zu hoffen ist, dass sich die Lage in der Zwischenzeit etwas entspannt (wir kämpfen weiter!) oder dann eine andere Kollegin in Bildungskarenz oder Ähnliches geht. Darauf muss sich mein Arbeitgeber halt auch einlassen - wenn bei den Verwaltungskosten auch gespart werden soll, kostet das Herumtüfteln mit verschiedenen Arbeitszeitmodellen der Firma auch mehr als wenn sie gleich Kündigungen ausspricht.
Was mich daran am Meisten ärgert und traurig macht ist die Tatsachen, dass die öffentliche Hand sich dadurch nichts erspart (Arbeitslosengeld + Studienplatz = ein Gehalt, nur werden die Kosten dafür vom Land Steiermark auf den Bund abgewälzt), aber viel sinnvoller angelegt wäre, wenn es in die Betreuung von Menschen investiert würde. Aber nein, viel lieber ist es den Politikern offenbar, wenn Menschen mit Behinderung schlechter versorgt werden und sich die Angehörigen in der täglichen, jahrzehntelangen Pflegeroutine und Zwangsanwesenheit aufreiben!
Brief einer Mutter:
Sehr geehrter Herr Landesrat Siegfried Schrittwieser!
Zu Ihrer Absicht, im Sozialbereich, speziell in der Unterstützung für behinderte Menschen, drastische Sparmaßnahmen zur Konsolidierung des Budgets vorzunehmen, möchte ich hiermit Stellung nehmen und aus der Sichtweise einer Betroffenen den Appell an Sie und die entscheidungsführenden Personen richten, Ihr Vorgehen nochmals zu überdenken:
Da ich vermute, dass Sie in mangelnder Kenntnis der realen Lebenssituationen von Menschen mit Beeinträchtigungen im geistigen, seelischen und körperlichen Bereich sowie deren Angehörigen ungewollt Gefahr laufen, menschliche Katastrophen und dem sozialen Ideal unserer Gesellschaft widersprechende Szenarien heraufzubeschwören, will ich Ihnen einige Aspekte übermitteln.
Da ich selbst Mutter eines mehrfach behinderten Kindes bin, kenne ich die Erfahrung, dass diese Menschen, die in wichtigen Bereichen begrenzt funktionsfähig sind und daher von den betreuenden Personen diese Funktionen ersetzt bekommen müssen - unter Umständen zum Schutz vor sich selbst - einen hohen Aufwand an Energie, Zeit und Kraft abfordern. Ich selbst habe seit über 10 Jahren keine Nacht durchgeschlafen, bin Alleinerzieherin, habe keinen Familienanschluss und kann mein behindertes Kind auch keiner Privatperson zumuten. Ich bin nicht mehr berufsfähig (chronische Erschöpfung), muss für meinen Sohn, der nichts ohne Unterstützung ausführen kann und selbstgefährdent ist, trotz 700 Stunden FED pro Jahr und schulischer Betreuung mehr als 60% seiner Wachzeiten - die unterbrochenen Nächte gar nicht eingerechnet - für ihn zur Verfügung stehen und Pflege, Aufsicht, Erziehung etc. gewährleisten.
Dazu kommen noch etliche Behördenkontakte zusätzlich zum allein zu verwaltenden Familienleben mit den beiden minderjährigen Kindern, mit denen ich noch im Haushalt lebe. Aufgrund dieser langanhaltenden hohen Belastung, die ich zu tragen habe - ich bin 5-fache Mutter und durch die Umstände seit 20 Jahren Alleinerzieherin - benötige ich täglich zumindest eine entsprechende Mittagspause für Schlaf und Erholung. An ca. 200 Tagen im Jahr (schulfrei bzw. krankheitsbedingt) muss währenddessen eine weitere Betreuungsperon die Aufsicht über das behinderte (hyperaktive, autistische) Kind übernehmen.
Mit der bestehenden Familienentlastung kann ich - zwar immer wieder am Rand meiner Kräfte - mir noch vorstellen, meinem Sohn weiterhin ein Aufwachsen im Familienverband zu bieten, was für ihn sicher am förderlichsten und wünschenswertesten ist. Die gutachterliche Befürwortung des betreffenden Stundenausmaßes des FED entspricht unserer realen Situation. Für unser Familienleben gewährleistet dieses eine gewisse Annäherung an so etwas wie "Normalität".
Da auch in anderen Fällen das Ausmaß des bisher gewährten Umfangs des FED und anderer unterstützender Leistungen sicher nicht leichtfertig und oft eher am unteren Limit der Betroffenen festgelegt worden sind, sehe ich die von Ihnen angedachte Kürzung in diesem elementaren Bereich als einen katastrophalen Rückschritt, nicht zuletzt angesichts der grenzgängerischen Leistungen der pflegenden Angehörigen, die keinerlei Absicherung und Ersatzregelung im Krankheitsfall, keinen Urlaub sowie keinen Anspruch auf Entgeltung ihres Einsatzes über Jahre haben, was die leider vorhandene Tendenz, die sich auch auf anderen Gebieten zeigt, dass Menschen vor Erschöpfung ("Burn-out") zusammenbrechen und ausfallen, unterstreicht. Nicht zuletzt fördert und birgt ein permanentes Aufeinander-"Hocken" ein Aggressionspotential.
Ich meine außerdem, dass die sogenannte "Behinderung" der betreffenden Menschen durchaus für uns "Gesunde" als Chance gesehen werden kann, einen anderen Zugang, eine andere Sichtweise der uns umgebenden Welt ansatzweise zu erkennen, und uns dadurch nicht nur etwas "kostet", sondern uns auch etwas Neues dazugeben kann, wenn wir uns darauf einlassen können, entgegen dem Leistungsstress und chronischen Zeitmangel.
Vielleicht kennen Sie auch den Spruch: "Um ein Kind aufzuziehen, braucht man ein ganzes Dorf." Es scheint, um ein behindertes Kind aufzuziehen, braucht es wohl ein etwas größeres "Dorf", dh einen Umkreis aus Personen, die in Ergänzung hoffentlich vorhandener Familienmitglieder als "Institution" diesem Menschen helfen, verdeckte und verkümmerte Fähigkeiten doch noch aufzufinden und zu entwickeln.
In diesem Sinne hoffe ich, dass es nicht in Ihrer Absicht liegt, Mitglieder unseres Bundeslandes, die ohnehin schon eher am Rande des Lebensspektrums stehen, noch weiter in eine extreme Randexistenz zu befördern. Im Namen der pflegenden Angehörigen bitte ich Sie zu berücksichtigen, dass wir - auch ohne Berufstätigkeit - keine Pflege-, Haushalts- und Organisationsmaschinen sind und vielleicht auch ein Anrecht auf eigenes Leben neben der Betreuung haben.
Mit freundlichen Grüßen,
Sabine Binder
Härtefall Familie V.:
Kundin: geistig retardiert, 18 Jahre, besucht eine Tagesstruktur.
Der Vater ist Alleinerzieher.
Der Vater hat seine Arbeit soweit als möglich reduziert. Da seine Arbeitszeiten aber auf den Nachmittag bzw. auf den Abend ausgelegt sind, ist er in dieser Zeit zu 100% auf die Betreuung über den FED angewiesen. Die Mutter kann aus gesundheitlichen Gründen nicht für die Betreuung herangezogen werden. Die Betreuung über den FED findet an drei Tagen in der Woche im Anschluss an die Tagesstruktur statt. Bei Verringerung der Stunden droht Arbeitslosigkeit bzw. das wirtschaftliche Überleben der Familie ist gefährdet.
Härtefall Familie St.:
Kunde: schwere körperliche Behinderung, 16 Jahre, Rollstuhl
Dem Kunden ist es durch die schwere körperliche Behinderung nicht möglich, länger als eine Stunde im Rollstuhl zu sitzen. Die Permanentpflege hat vor allem der Mutter psychisch und physisch in den letzten Jahren sehr zugesetzt. Durch den hohen Pflegeaufwand kann sie keiner Arbeit nachgehen. Die Familie ist vom Einkommen des Vaters abhängig, der dadurch sehr viel Zeit in der Arbeit verbringen muss. Verwandte sind mit der Pflege überfordert. Die einzige Möglichkeit Freiräume für die Mutter zu schaffen um Energie zu tanken, Wege zu erledigen, Sozialkontakte zu pflegen, stellt die Familienentlastung dar.
Härtefall Herr Krispel:
Herr Erich Krispel ist Vater von zwei Töchtern:
Karin, 38 Jahre, 100% Invalidität, Pflegestufe 4, Autistin, spastisch, Gleichgewichtsstörungen. Momentan 600 Stunden Familienentlastungstunden, bewilligt bis Juli 2013. Kam mit 18 Jahren in die Jugend-am-Werk -Werkstätte St. Peter (Taschengeld € 54). Karin muss gefüttert und gewickelt werden.
Jüngere Tochter Christine, 35 Jahre, 70% Invalidin, Pflegestufe 3 - jährlich 600 Stunden von Juli 2011 bis Juli 2012. Mit 18 Jahren in die Werkstätte Mosaik (Taschengeld € 54).
Da seine Töchter tagsüber an Wochentagen in Werkstätten betreut werden, ist aufgrund der neuen Obergrenze mit einer Reduzierung der Familienentlastungsstunden auf ein Drittel zu rechnen.
Ehefrau hat kein Einkommen, musste sich immer um die Kinder kümmern. Die Kinder waren immer zu Hause. Pflegegeld, erhöhte Kinderbeihilfe, Alimentation (von der Gemeinde, wenn die Kinder in der Werkstätte sind und dort arbeiten). Brutto € 1400, netto € 1187,-
Die größte Sorge von Herrn Krispel: "Sollte meine Frau einmal alleine sein, fehlt das Einkommen. Maximales Einkommen der Frau wäre dann € 1100,-." Die Zukunft macht Angst, die Frau ist mit der Bürokratie total überfordert.
Jugend am Werk hatte vorher ca. 40 Betreuer zur Familienentlastung. Jetzt sind es nur mehr ca. 18-20 Personen. Auf Urlaub war die Familie noch nie. Beim Roten Kreuz oder Caritas mussten die Krankenkassenbeiträge für die freiwilligen Helfer gezahlt werden, seither sind gemeinsame Ausflüge gestrichen. (Es war für eine Woche möglich.)
Ein Garten ist die einzige Möglichkeit aus der Wohnung zu kommen. Er kostet im Jahr jedoch € 1.100,-- (incl. Wasser, Strom, Grundsteuer).
Die Angst ist so groß, weil man nicht weiß, wird die Bewilligung auch wieder gewährt. Die Kinder und die Frau sind alle mitversichert. Im Augenblick rezeptgebührenbefreit (nur durch Zufall draufgekommen, das das möglich ist).
Herr Krispel wünscht sich: psychologische Betreuung, medizinische Betreuung und für die Behördenwege Zivildiener oder Sozialarbeiter. Und für die Angehörigen von Behinderten eine übergeordnete Schiedsstelle, die die Kompetenz eines Volksanwalts hat: eine zentrale Anlaufstelle beim Land für alle Anliegen und die unabhängig sind. In Schweden soll es so sein.
Härtefälle bei der Frühförderung:
Die mittelbaren Zeiten für Vor- und Nachbereitung, Teamsitzungen, Supervisionen und Fortbildungen werden in der Frühförderung von 100 auf 50 % gekürzt. Das führt zur Reduktion des Personalstandes, massiven Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen und in der Folge zu einem Absinken der Betreuungsqualität.
Härtefall Frühförderung:
Frühförderung ist ein mobiler Dienst für Familien mit Kindern mit Behinderung, Kindern die von Behinderung bedroht sind oder eine Entwicklungsverzögerung haben.
Die Aufgaben der IFF sind sehr vielfältig und umfangreich.
Neben der ganzheitlichen Entwicklungsförderung des Kindes begleiten wir die Familien in ihrer besonderen Situation. Ein weiterer Aufgabenbereich ist die interdisziplinäre Vernetzung - das heißt Unterstützung beim Erstkontakt und in Folge Zusammenarbeit mit Kindergärten, Logopädinnen, Ergotherapeutinnen, PhysiotherapeutInnen, SozialarbeiterInnen und vielen mehr.
Frühförderinnen haben nach einer fachspezifischen Grundausbildung den Universitätslehrgang für interdisziplinäre Frühförderung absolviert.
Um die Arbeit qualitätvoll leisten zu können bilden sich Frühförderinnen regelmäßig fort. Weiters gibt es wöchentlich eine Teamsitzung oder Supervision.
Frühförderinnen werden nach geleisteten Einheiten in der Familie bezahlt und so kann das Gehalt monatlich schwanken (z.B.: bei Urlaub einer Familie, Krankheit eines Kindes, kurzfristige Absagen…). Auch die vereinbarte Auslastung ist nie garantiert und kann immer schwanken und so Gehaltseinbußen verursachen.
In der neuen Leistungsverordnung des Landes (LEVO)werden 50% unserer mittelbaren Arbeitszeit gekürzt - dies ist die Zeit die wir nicht direkt mit den Familien verbringen (z.B. Teamzeit, Supervision, interdisziplinäre Arbeit, Materialwartung, Dokumentation (Vor- und Nachbereitung, Berichte, Abrechnung…) und vieles mehr.)
In Folge müssen Frühförderinnen für das gleiche Gehalt 25% mehr Familien betreuen oder sie verdienen für die bis jetzt geleistete Arbeit 25% weniger. Damit wird die Qualität unseres Dienstes massiv beschnitten und der Beruf weiter abgewertet.
Da sich die Auftragslage nicht um 25% erhöht hat, verursachen die Kürzungen eine Kündigungswelle in unserer Berufsgruppe.
Neben den Ängsten über die eigene Zukunft beschäftigen uns auch folgende Fragen:
Statistiken zeigen, dass es immer mehr Bedarf an Förderung gibt. Schlagworte sind: >\; immer mehr Frühgeburten
>\; immer mehr Kinder mit Wahrnehmungsproblematik
>\; immer mehr Kinder mit Verhaltensauffälligkeiten
Wer wird diese Kinder qualitativ gut fördern und auf den Kindergarten und die Schule vorbereiten? Internationale Studien zeigten, dass frühe Förderung nachhaltig wirkt! Sparen bei Kindern sind Kosten für die Zukunft !!!
Härtefall ältere FrühförderInnen:
Einige der Auswirkungen für ältere Diplomierte FrühförderInnen
Das Sparpaket der Landesregierung betrifft besonders die älteren FrühförderInnen besonders die, die über 50 Jahre sind oder kurz vor der Pension sind.
Weitere Auswirkungen:
- Gehaltskürzungen, werden in die Teilzeit "gedrängt"
- dadurch auch Auswirkungen auf die Pension, auch Drohung der Arbeitslosigkeit
- betrifft meist die Frauen\; -auch meist Alleinverdienerinnen
- "Fixkosten" können kaum mehr bezahlt werden (Folge:-Versicherungen müssen gekürzt oder gekündigt werden
- Sorgen (persönliche "Kränkung") führen zu mehr Krankenständen und zur Gefahr der Depressionen, Burnout usw.
Brief einer Frühförderin:
Sehr geehrte Damen und Herren!
Ich möchte keinesfalls behaupten, dass speziell mein Fall ein "besonderer Härtefall" ist, trotzdem möchte ich Ihnen meine Geschichte erzählen, gerade weil ich glaube dass sehr viele Frauen, die im Sozialbereich tätig sind nun gleich wie ich dieses Sparpaket finanzieren müssen.
Vor ca. fünf Jahren arbeitete ich in einem Gemeindekindergarten mit 40 Stunden. Für diese Vollzeitbeschäftigung bekam ich zum damaligen Zeitpunkt 1145 Euro. Aufgrund einer Änderung des Dienstrechts der KindergartenpädagogInnen wurde ohne jegliche Lohnerhöhung oder sonstige Begünstigung die Ferienzeit (11 Wochen) der KindergartenpädagogInnen gestrichen und ein fünfwöchiger Urlaub eingeführt. Ich konnte diese Sparmaßnahmen am Rücken vieler Frauen (Männer können es sich gar nicht leisten 40 Stunden zu arbeiten für diesen Lohn) gar nicht verstehen.
Nun arbeite ich nach einer eineinhalb jährigen Ausbildung (noch immer im Sozialbereich) als Frühförderin bei der Alpha Nova. Bisher betreute ich 8 Familien für 70%. Das heißt acht verschiedene Systeme mit unterschiedlichen Problemen. Dazu ist es notwendig interdisziplinäre Treffen zu organisieren, Dokumentationen zu schreiben, Berichte zu verfassen, Spielzeug vorzubereiten und zu pflegen, und vieles mehr. Das Sparpaket stellt mich nun vor die Wahl:
Entweder ab Oktober 10 Familien zu betreuen. Diese zehn Familien sollten laut Leistungsverordnung und Durchführungsverordnung mit gleich hoher Qualität betreut und gefördert werden, wie zuvor die acht Familien.
Die zweite Möglichkeit wäre mein Stundenausmaß zu verringern auf 60%, was natürlich auch ein niedrigeres Einkommen bewirken würde.
Ich lebe mit meinen beiden wundervollen Kindern in einer Mietkaufwohnung in einem Vorort von Graz. Das Einkommen, das ich mit einem Anstellungsverhältnis von 70% bekomme ist gerade ausreichend für uns drei, keinesfalls zu viel, aber unseren eher bescheidenen Ansprüchen gerecht.
Würde ich mich, angenommen, für ein geringeres Stundenausmaß entscheiden, frage ich mich wo ich bei einem Einkommen von 1050 Euro noch sparen kann? Beim Essen, bei der Miete, beim Strom, beim Benzin,...???
Oder werde ich ab Herbst zehn Familien betreuen, und so am Rücken meines Familienlebens und besonders meiner bald schon jugendlichen Kinder, das Budget unseres Landes zu sanieren???
Eine Frühförderin
Mein persönlicher Härtefall (eine Frühförderin und Mutter):
Ich bin Mutter einer mittlerweile erwachsenen Tochter mit Doppeldiagnose. Ich habe meine Tochter als alleinerziehende Mutter groß gezogen, konnte wegen des erhöhten Betreuungsaufwandes in den ersten Jahren gar keiner beruflichen Tätigkeit nachgehen und danach immer nur Teilzeitbeschäftigungen. Meine finanziellen Mittel sind daher nicht gerade üppig. Trotzdem habe ich es immer wieder geschafft, meiner Tochter Fördermöglichkeiten und Therapien zu finanzieren, die sie in ihrer Entwicklung unterstützten und weiter brachten, die aber von keiner Seite finanziert wurden (schon vor dem Sparpaket!).
Jetzt wohnt meine Tochter in einer vollzeitbetreuten Trainingswohnung, ist in einer integrierten Arbeitsgruppe beschäftigt und erhält zusätzlich eine Psychotherapie. Seit diese Hilfsangebote stimmen - was nicht immer der Fall war und bis zu Suizidversuchen geführt hat - ist sie stabil und macht in ihrer Entwicklung große Fortschritte.
Nun wird der Betreuungsschlüssel sowohl im Wohn- als auch im Arbeitsbereich gekürzt!
Das bedeutet im Wohnbereich: Bei Arztbesuchen, Behördengängen u.ä. kann meine Tochter nicht mehr von einem/einer BetreuerIn begleitet werden, denn in der Zwischenzeit wären die anderen BewohnerInnen unbetreut. An eine intensive, manchmal Stunden dauernde Betreuung und Begleitung in einer Krisensituation ist gar nicht mehr zu denken - all diese Betreuungsaufgaben bleiben an mir hängen!
Und im Arbeitsbereich müssen auch mehr KlientInnen als bisher von einem/einer BetreuerIn begleitet werden, was das Erreichen des individuellen Zieles meiner Tochter, nämlich bald fit für eine Tätigkeit mit weniger Betreuungsbedarf zu sein, wieder weiter in die Ferne rücken lässt.
Den Restbetrag für die Psychotherapie meiner Tochter trage natürlich ich, da sie sich auch diesen Restbetrag von dem Taschengeld, das sie für ihre Arbeit bekommt, nicht leisten könnte, diese Psychotherapie aber wesentlich dazu beiträgt, sie emotional und psychisch so weit zu stabilisieren, dass (suizidale) Krisen seither gottlob eine Ausnahme sind. -
- Und ich arbeite als Frühförderin und bin somit nicht nur persönlich sondern auch beruflich vom Sparpaket betroffen! Im Frühförderbereich wurde die mittelbare Zeit um die Hälfte gekürzt. Das bedeutet, dass mein Beschäftigungsausmaß heruntergestuft werden muss, wenn die Anzahl der von mir betreuten Kinder gleich bleibt. Da ich nun nicht annehme, dass im Gegenzug zum Sparpaket plötzlich viel mehr Kinder als bisher Frühförderung benötigen werden, um dieses "Loch", das ja nicht nur bei mir sondern bei allen FrühförderInnen entsteht, aufzufüllen, bedeutet das weitere finanzielle Einbußen oder sogar den Verlust des Arbeitsplatzes für mich. Meine Zuzahlung zur Wohnunterbringung meiner Tochter und zu ihrer Psychotherapie bleiben jedoch gleich und meine zusätzlichen Aufwendungen für diverse Unterstützungen werden steigen, da ich die oben bereits beschriebenen Ausfälle durch die geringeren Betreuungsschlüssel in den Einrichtungen auffangen muss.
Zum Glück habe ich - trotz finanziell angespannter Lage - in der Vergangenheit für meine Altersversorgung vorgesorgt, denn einerseits wird meine Pension durch die jahrzehntelange Teilzeitbeschäftigung nicht gerade üppig ausfallen und andererseits kann ich hier von meiner Tochter auch keine Hilfe erwarten. Diese finanziellen Reserven werde ich in den nächsten Jahren aber wohl für die Abfederung der Rückschritte in der Betreuung meiner Tochter aufwenden müssen, was allerdings zur Folge hat, dass - wenn ich dann im Rentenalter angekommen bin, der Staat wohl für meine Tochter und für mich wird aufkommen müssen.
Härtefall Frau B. E., Frühförderin:
Guten Tag. Ich freue mich sehr, dass ich hier zu Wort kommen darf und möchte mich dafür herzlich bedanken!
Ich bin 58 Jahre alt, Frühförderin, Alleinverdienerin. Mein 24 jähriger studierender Sohn wohnt noch bei mir, weil wir uns für ihn schon bisher keine WG leisten konnten.
Ja, ich bin jetzt ein "Härtefall" geworden, und zwar durch die Kürzungen der Landesregierung.
Wir Frühförderinnen und Frühförderer bekommen in Zukunft um 25% weniger Gehalt, falls wir nicht"mehr" arbeiten. Bis jetzt habe ich bei 100 %-er Einstellung in der Woche 12 Kinder bzw. Familien betreut. Zukünftig soll ich 16 Kinder in der gleichen Zeit und mit derselben Qualität betreuen, um gleich viel zu verdienen.
Doch Familien sind keine Akten, liebe Landesregierung! Ich kann sie nicht vom Stapel nehmen und bearbeiten wenn es mir passt! Frühförderung ist Beziehungsarbeit und da kann man nicht schneller tun! Und Kinder sind keine Maschinen. Sie können sich nicht an die Zeitpläne der Landesregierung halten. Es gibt nur bestimmte Tageszeiten, zu denen sie aufnahmefähig sind. Bei 16 Kindern in der Woche ist es unmöglich, für alle eine geeignete Förderzeit zu finden.
Jedoch ist das noch nicht das gesamte Problem.
Denn mir, sowie meinen Kolleginnen und Kollegen ist es gar nicht möglich, mehr zu arbeiten. Wieso? Ich erkläre es Ihnen. Die Landesregierung möchte uns mit ihrer Politik in die Teilzeitarbeit und in die Arbeitslosigkeit drängen.
Folgendes ist nämlich der zweite Teil unseres Problems: Im Bereich der Jugendwohlfahrt in Graz werden keine Frühförderinnen und Frühförderer mehr eingesetzt. Also fehlen uns die Aufträge und wir können bereits jetzt nicht mehr die 100% erreichen. Ich kann nicht "mehr" arbeiten, weil uns die Aufträge fehlen. Die Folge sind Kündigungen. Wir werden zum Teil in die Teilzeit gedrängt und zum Teil unsere Jobs verlieren.
Nur von Teilzeit kann ich nicht leben und meinem Sohn eine gute Ausbildung garantieren. Meine Fixkosten bleiben gleich. Sie sind nichts Außergewöhnliches, ich habe die gleichen Kosten wie jede und jeder von uns: Wohnung, Heizung, Strom, Auto (ohne Auto kann ich nicht frühfördern), Versicherung, Zeitung, Internet, Essen, Kleidung.
20 Monate vor der Pensionierung sehe ich keine Möglichkeit, woanders eine Arbeit zu finden. Ich möchte auch nicht woanders arbeiten. Ich bin gerne Frühförderin, es ist eine sehr anspruchsvolle, abwechslungsreiche, problemlösungsorientierte Arbeit. Die Bezahlung ist im Sozialbereich zwar nicht hoch, aber dreimal pro Tag kann ich mir über die Dankbarkeit der Kinder sicher sein.
Ich habe meine Pension schon ausrechnen lassen. Sie wird, wenn mein Einkommen bis 31.03.2013 gleich bleibt,1.119 Euro betragen. Recht wenig. Man merkt, wir Frühförderinnen und Frühförderer zählten schon bisher nicht zu den superreichen im Land.
Wie niedrig wird sie nach dem Kürzungen sein? Und was passiert, falls ich arbeitslos werde?
Alles was ich will ist folgendes: in Würde -und ohne Angst, ein Sozialfall zu werden, -meine Arbeit als Pädagogin fortsetzen.
Danke für ihre Aufmerksamkeit
Graz, 2011.06.10
Härtefälle bei der Freizeitassistenz:
Freizeitassistenz bietet Menschen mit Behinderung Begleitung und Hilfeleistungen bei der Freizeitgestaltung. Bisher gab es bei der Freizeitassistenz keine Höchstgrenze für die jährlich zuerkannten Stunden, nun wurde eine Höchstgrenze von maximal 200 Stunden Freizeitassistenz im Jahr eingeführt.
Härtefall Herr Moser:
Herr Moser ist Kunde der Mobilen Dienste der Lebenshilfe Graz Umgebung/Voitsberg und leidet unter fortgeschrittenem Spasmus. Er erhielt bisher 400 Stunden Freizeitassistenz im Jahr. Die neue LEVO beschränkt das Höchstausmaß auf 200 Stunden im Jahr.
Folgenden Text würde Herr Moser gerne selbstständig vortragen:
"Mein Name ist Franz Moser bin 53 Jahre alt. Wohne am Stadtrand von Graz. Hiermit möchte ich eine Stellungnahme zum Thema "Härtefälle" machen.
Mich betrifft es bei der Freizeitassistenz. Ich habe bisher pro Jahr 400 Stunden in Anspruch nehmen können. Das sind 32 Stunden im Monat. Bis jetzt kann ich bei Gruppenaktivitäten wie z.B. Kegeln, Tagesausflüge, Thermenbesuche, Abendprogramme, z.B. Kreativ Workshop, Tanzen, Kochen, usw. teilnehmen.
(Sehr gerne habe ich auch die Einzelassistenzen wobei ich mit meinem/er AssistentIn Einkaufen gehe, Kino, Malen…)
Sehr dankbar war ich immer für die Kurzurlaube! Z.B. 2-3 Tage nach Osttirol.
Im Falle der neuen LEVO würden einige Stunden, vor allem die Assistenz im Urlaub, wegfallen.
Das bedeutet in meinem Fall, ich kann keinen Urlaub mehr machen, da ich auf Unterstützung angewiesen bin.
Unter anderem, wenn mir die Stunden gekürzt werden, muss ich meine Freizeit alleine Zuhause verbringen.
Wer verbringt schon gerne seine Freizeit immer allein Zuhause?"
Härtefall Frau B.:
Zu meiner Person: Arbeit im Kulturbereich\; Einsparungsmaßnahmen 2003 im Jahr der Kulturhauptstadt Europas von - 20%, Auswirkungen auf meine Anstellung\;
Tochter mit Trisomie 21 Kürzung der Pflegegeldstufe 3 auf 1, weil so gut gefördert, Bestrafung für Arbeit im Sinne einer Integration, die so gut wie vollständig in den Zuständigkeitsbereich der Eltern, in diesem Fall AlleinerzieherIn fällt. Erzähle gerne, welchen Marathonlauf ich aufgrund meines Wunsches nach wahrer Integration hatte, als ich den Anspruch erhob meine Tochter in einen ganz normalen Kindergarten zu integrieren und den damit verbundenen Demütigungen.
Bei einer Halbtags-Anstellung, die aufgrund der Voraussetzungen nicht anders möglich gewesen wäre, und den mangelnden sozialen Kontakten (meine Tochter wurde nicht eingeladen, Kontakte erfolgten, wenn die Einladungen von mir ausgeganen sind) sind die finanziellen Voraussetzungen so, dass ich eine Wohnbeihilfe bezog, nun habe ich bereits die Wohnbeihilfe neu gewährt bekommen.
Ich möchte auf die Situation hinweisen, der ich mich gegenüber sehe, wenn meine pubertierende Tochter sich von den Eltern abgrenzen will (normale Entwicklung in diesem Alter) und das nur mit Hilfestellung möglich ist (mobile Betreuung), die dann wiederum eingeschränkt zur Verfügung gestellt wird. Es war in Diskussion, dass die Freizeitassistenz an die Pflegegeldstufe gekoppelt werden soll. Laut Frau Mag. Nina Pölzl mit der ich ein Gespräch führte, würde sie sich bei mir melden (voraussichtlich Mitte, spätestens Ende Mai) bis dato keine Rückmeldung!!
Härtefall C.L., Persönliche Assistenz und Freizeitasstisenz
Ohnmächtig nehme ich die unglaublich unfaire Tatsache der LEVO neu zur Kenntnis.
Wie soll ich meinen Alltag mit Behinderung in Zukunft finanzieren, ohne nicht wieder zur "Bittstellerin" zu werden?
Es ist ein Alptraum und ein Rückschritt - ich lebe nun bereits das 14. Jahr alleine in meiner Wohnung, all die Jahre habe ich mich so bemüht aus dieser Situation herauszukommen.
Da ich alleine lebe hatte ich NIE Anspruch auf Familienentlastung (FED).
Von 1996 - 2002 habe ich gekämpft. Mein körperlicher Zustand verschlimmerte sich nach meiner Scheidung so, dass ich seither im Rollstuhl sitze. Es stand mir nur das Pflegegeld zur Verfügung und zum Teil ehrenamtliche Unterstützung, aber dies bedeutete sehr viele Entbehrungen und unfreiwillige "Einsamkeit".
Trotzdem nutzte ich die Chance Beruflich wieder einzusteigen.
Ab 2002 gab es für mich erstmals Möglichkeit einer Freizeitassistenz. Von 2002 - 2006 absolvierte ich berufsbegleitend die Ausbildung zur Dipl. Lebensberaterin. Ab 2004 dann eine Kombination zwischen Freizeitassistenz und Wohnassistenz.
Durch das Budget der Persönliche Assistenz (PA), das ich seit Mai 2008 erhalte wurde es mir ermöglicht, ein weitgehend unabhängiges Leben und vor allem SELBSTBESTIMMTERES LEBEN zu leben.
Ohne den ständigen Druck, mir die zuerkannten Freizeitassistenz- und Wohnassistenzstunden so einzuteilen, dass ich für dieses Monat auskomme und außer der Körperpflege und Alltagshilfe auch am Wochenende Begleitung habe und nicht wieder "unfreiwillig" allein bin.
Dank der PA habe ich eine ganz andere Lebensqualität erfahren, ich konnte einen Dienst in Anspruch nehmen ohne das Gefühl zu haben wieder bei jemandem um einen "Gefallen" zu betteln. Eben ein "SELBSTBESTIMMTES LEBEN" leben!
Ich habe in all den Jahren mich immer wieder neu bemüht nach vorne zu schauen und nicht aufzugeben! Sie können mir glauben, dass dies im Alltag mit meiner schweren körperlichen Einschränkung auf Grund der PCP an der ich seit meinem 18. Lebensjahr erkrankt bin, nicht immer einfach war und ist!
Die niederschmetternde Nachricht, dass die Persönliche Assistenz in so rigoroser Form gekürzt wird, ist ein extremer Schock und ruft große Existentielle Ängste hervor. Ich empfinde es als zutiefst unmenschlich, dass man uns dieses Budget zuerst zuerkennt und es uns nun einfach wieder streicht!
Die Bewältigung meines Alltags mit Behinderung ist für mich täglich eine "riesige Herausforderung", die mich immer wieder an meine physischen und psychischen Grenzen bringt. Jetzt bestimmen wieder Menschen (wahrscheinlich ohne Behinderung) über unsere Köpfe hinweg, was wir brauchen dürfen!
Ich habe nach Ermittlung des IHB - Teams einen "Individuellen Hilfebedarf" zuerkannt bekommen. In meinem Fall waren dies 6 PA Std. täglich. Nun wären dies 2 Stunden täglich!
Wobei meine aktuelle Situation mit Juni 2011 so aussieht, dass mein Bescheid mit 31. März dieses Jahres ausgelaufen ist. SEITHER ERHALTE ICH AUSSER DEM PFELGEGELD KEINE UNTERSTÜTZUNG!!! Auch nach mehrmaligen Vorsprechen bei den Behörden kann mir noch immer niemand sagen, WANN ich WELCHE LEISTUNG weitererhalten werde.
SO BIN ICH GEZWUNGEN MIR MEINE TÄGLICHEN ASSISTENHZLEISTUNGEN ZURZEIT VON MEINEM ERSPARTEN ZU BEZAHLEN!!!
Wissen Sie, was dies bedeutet, wenn man bedingungslos auf Hilfe angewiesen ist und alleine in seiner Wohnung lebt und trotzdem berufstätig ist? Wie viel Kraft mir die Organisation meiner Assistenzen Monat für Monat kostet? Ich kann weder gehen noch stehen. Mich nicht selber an- bzw. auskleiden. Mich nicht selber duschen. Alle meine Gelenke sind auf Grund der primär chronischen Arthritis verformt und versteift! Ich benötige Hilfe im gesamten Haushalt, aber organisiere alles selber.
Erschwerend kommt für mich zurzeit dazu, dass ich jetzt nach den beiden Knieoperationen weit aus mehr Hilfe benötige und zurzeit zwischen 6 und 10 Std. Assistenz bezahle.
Laienhaft frage ich, kann man uns diese Leistung wirklich so von heute auf morgen streichen?
Das Stundenausmaß, das einem allein lebenden Menschen gewährt wird, ist gering.
Mein Beispiel (Pflegestufe 5): Ich brauche mindestens 180 Stunden Assistenz pro Monat. Bei 800 Stunden pro Jahr maximal Persönliches Budget sind das 66,6 Stunden pro Monat, dazu kommen 32 Stunden zum gleichen Stundensatz (22,52€) aus dem Pflegegeld finanziert (80% von 902€/22,52€= 32). Das sind 98,6 Stunden. Bitte sagen Sie mir, wie ich die restlichen 81 Stunden finanzieren soll?
zu LEVO Anlage 1, ad Persönliches Budget, S. 165ff.
Ich lehne die Formulierung unter 1.2.2. ab "Das persönliche Budget kann nicht der Finanzierung von Pflegeleistungen dienen.”
Ja wozu denn dann? Was glauben Sie, was Persönliche Assistenten machen müssen?
Sie alle wissen, dass das Pflegegeld in der jetzigen Höhe ein Hohn ist. Z.B. Stufe 5: 902,30/180 Std. Mindestbedarf = 5 Euro pro Stunde
Nennen Sie mir die Organisation, bei der ich um 5 Euro pro Stunde Pflege einkaufen kann!
Bisher wurden mir 1565 und 240 F_ASS gewährt
Nun 800Std. jährlich - OHNE FREIZEITASSISTENZ das sind:
2,19 Std. am Tag
66,66 Std. im Monat
32 Std. Pflegegeld (5)
98,66 Std. im Monat Gesamt >\; fehlen auf 180 Std. 81 Std.
Dies bedeutet eine Kürzung von 51 %!
Bitte erklären Sie mir, warum ich als alleinlebende schwer körperlich beeinträchtigte Frau ab jetzt plötzlich keinen Anspruch mehr auf die mir bis jetzt gewährten 240 Freizeitassistenzstunden /Jahr habe?
Ich lebe allein - bin hochgradig bewegungseingeschränkt und benötige deshalb Unterstützung, möchte aber eigenständig etwas unternehmen. Unter 1.3 heißt es: Die Freizeitassistenz ist eine ergänzende Dienstleistung, die neben jeder Arbeits- und Beschäftigungssituation in Anspruch genommen werden kann.
Es ist mir schon klar, dass in Zeiten wie diesen gespart werden muss, auch im Behindertenbereich. Aber das Leistungen, die wir unbedingt benötigen um selbständig leben zu können einfach gestrichen werden, das kann es doch nicht sein. Da muss es doch irgendwo Kompromisse geben. Oder müssen wir alle "INS HEIM"? Wo dann die Kosten noch weitaus höher werden.
Es geht hier nicht um Luxus, sondern um Grundbedürfnisse von Menschen mit Behinderung!
Am 30. März 2007 hat Sozialminister Dr. Erwin Buchinger (SPÖ) für Österreich die Konvention der UNO über die Rechte von Menschen mit Behinderung unterschrieben.
Die Konvention hält fest, "dass alle Menschenrechte und Grundfreiheiten allgemein gültig und unteilbar sind" und dass Menschen mit Behinderungen "der volle Genuss dieser Rechte und Freiheiten ohne Diskriminierung garantiert werden muss". Weiters heißt es: "Behinderung entsteht, wenn Menschen mit Beeinträchtigungen auf einstellungs- und umweltbedingte Barrieren stoßen, die sie an der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilnahme am gesellschaftlichen Leben" hindern
So appelliere ich an die FA 11a und an alle an dieser Entscheidung mitverantwortlichen PolitikerInnen: Überdenken Sie diese harten und diskriminierenden Verordnungen in der LEVO neu! Sie stürzen uns Betroffene in einen wahren Sumpf der Verzweiflung!
Frau C.L.
Härtefälle beim vollzeitbetreuten Wohnen für Menschen mit Behinderung:
In vollzeitbetreuten Wohnhäusern und Wohnheimen werden Menschen betreut, die aufgrund der Schwere ihrer Behinderung rund um die Uhr Betreuung brauchen. Gerade für Menschen mit hohem und höchstem Hilfebedarf und/oder Verhaltensauffälligkeiten werden hier die Betreuungsschlüssel um 12 bis 19 %, im selben Ausmaß muss das Personal reduziert werden. Die pädagogisch besonders wertvolle Arbeit in Kleingruppen und in Einzelbetreuung wird dadurch extrem erschwert, ein individuelles Eingehen auf die Bedürfnisse der KundInnen ist nur mehr sehr eingeschränkt möglich. Die Arbeitsbelastung für das Personal steigt deutlich an.
Härtefall Frau M., Bewohnerin in einem vollzeitbetreuten Wohnhaus für Menschen mit Behinderung:
Ich bin jetzt 35 Jahre alt und wohne seit 2007 im Wohnhaus Nestelbach der alpha nova BetriebsgesmbH.
Im Alter von drei Jahren wurde ich das erste Mal in das Landessonderkrankenhaus Sigmund Freud eingewiesen. Es folgten Jahre\; in denen ich immer wieder stationär aufgenommen werden musste, da meine Oma, bei der ich teilweise aufgewachsen bin, nicht allein mit mir klargekommen ist.
Letztendlich wurde ich jahrelang im Landessonderkrankenhaus betreut und von dort wurde ich vom Pflegeheim Schwanberg übernommen. In Schwanberg war ich jedoch nur ca. 1 ½ Jahre und wurde wieder ins Landessonderkrankenhaus zurückverwiesen.
Im Jahr 1996, also im Alter von 21 Jahren\; wurde ich im Pflegezentrum der Barmherzigen Brüder in Kainbach aufgenommen. Dort verbrachte ich 11 Jahre und wurde 2007 aufgrund von unzähligen aggressiven Übergriffen auf meine MitbewohnerInnen und den daraus resultierenden Forderungen der Familien und Sachwalterinnen aus dem Pflegezentrum verwiesen. Die ganzen vielen Medikamente haben nichts geholfen.
Im Wohnhaus der alpha nova BetriebsgesmbH wurde für mich ein Wohnplatz gefunden Durch ein Sonderbudget, mit dem eine 1:1 Betreuung ermöglicht wurde, konnte ich im Wohnhaus aufgenommen werden.
Die vergangenen vier Jahre waren dennoch nicht immer leicht. Die Aggressionen und die daraus resultierenden Übergriffe auf meine MitbewohnerInnen und auch BetreuerInnen, konnten zwar in den letzten Jahren enorm reduziert werden, doch zeitweise kommt es trotzdem noch zu Übergriffen. Nicht nur meine Aggressionen sondern auch meine Epilepsie, die scheinbar auch durch Fachärzte (regelmäßiger Kontakt und medikamentöse Einstellungen), nicht in den Griff zu bekommen ist, führen dazu, dass ich immer jemanden brauche. Manchmal falle ich einfach um, hab mich auch schon öfter dabei verletzt. Es muss immer jemand auf mich aufpassen. Oft kann ich in der Nacht nicht schlafen, dann muss auch jemand da sein. Ich gehe auch selten aus dem Haus, nur zur Werkstatt, alles andere wird mir zuviel. Wenn nur noch ein Betreuer in der Gruppe ist, heißt das, auch die anderen müssen zu Hause bleiben.
Bis jetzt war immer jemand für mich da, wenn ich jemanden gebraucht habe. Jetzt soll ich mit der Hälfte der Betreuungszeit auskommen. Das geht aber nicht, ich brauche ja für alles Unterstützung, obwohl ich auch schon ganz viel gelernt habe.
Wenn die BetreuerInnen nicht mehr genug Zeit für mich haben, weil es nicht bezahlt wird, muss ich ausziehen. Aber wohin??? Ich war schon überall, nirgends konnte ich bleiben, weil niemand mit mir zurande kam. LSF, Kainbach, Schwanberg - nirgends konnte ich bleiben. Ich weiß nicht, wo ich dann hin soll. Außerdem hab ich hier endlich ein zuhause gefunden. Ich möchte bleiben!
Härtefall Betreuerin im vollzeitbetreuten Wohnen:
Ich bin eine Mitarbeiterin von alpha nova und im Vollzeitbetreuten Wohnen tätig, es
kann sein, dass ich durch dieses Sparpaket meinen Arbeitsplatz verliere und mache mir so meine Gedanken darüber, was das heißen könnte für mich und für die KlientInnen, und vor allem welche längerfristigen Auswirkungen wird es haben.
Härtefall, wer oder was ist ein Härtefall, und wer bestimmt wann es sich um einen Härtefall
handelt? Ich will hier nur von einem einzigen Härtefall sprechen, nämlich der gesamten Situation.
Was heißt minus 15 bis 20 Prozent Betreuungsschlüssel in unserer Einrichtung, einer Einrichtung, in der 12 Menschen wohnen mit völlig verschiedenen Bedürfnissen?
Das heißt:
· dass unser Team spürbar kleiner werden wird,
· 1:1 Betreuung absolut unmöglich werden wird,
· größere Wohneinheiten mit weniger Betreuung,
· das komplette Wegfallen der Freizeitassistenz,
· den KlientInnen wird es nicht mehr möglich sein im Sommer Urlaub zu machen,
· Wochenendausflüge können nicht mehr spontan stattfinden,
· nicht einmal mehr Spaziergänge sind möglich, all das was "WOHNEN” ausmacht ist mit diesem Sparpaket quasi gestorben!
In kürzester Zeit werden Strukturen, die durch jahrelange Begleitung erarbeitet wurden, um den KlientInnen ein Gefühl von Sicherheit und Stabilität zu bieten, einfach nicht mehr weitergeführt werden können. Jede/r einzelne KlientIn wird um die Aufmerksamkeit der/s BetreuerIn "feilschen” egal mit welchen Mitteln! Die Übergriffsrate und die Autoaggression werden speziell bei uns im Wohnhaus wieder ansteigen, nicht auszudenken wie die "Arbeit” ausschaut, wenn es auch noch Krankenstände gibt.
Ich frage mich, wie wo und wann Psychohygiene für jeden Einzelnen und für das Team noch möglich sein wird.?
Sollte ich ein "Opfer” dieses Sparpaketes werden, dann bin ich EINE 24 jährige arbeitslose Behindertenpädagogin VON VIELEN, die weder in Graz noch sonst wo in der Steiermark in diesem Bereich so schnell wieder Arbeit finden wird.
Abschließen möchte ich mit einem Zitat des US-Regisseurs und Schauspielers Orson Welles der sagte:
"Viele Menschen sind gut erzogen, um nicht mit vollem Mund zu sprechen,
aber sie haben keine Bedenken, es mit leerem Kopf zu tun.”
Sorgen der Eltern einer Bewohnerin in einem vollzeitbetreuten Wohnhaus:
Unsere Tochter ist seit September 2010 in der Einrichtung Lebenshilfe Lehrwerkstatt und Betreutes Wohnen. Sie ist in der Pflegestufe 5. Sie braucht rund um die Uhr Hilfe, Pflege und Betreuung. Da sie geistig schwer behindert ist und ohne Betreuung den Alltag nicht bewältigen kann, würde dieses Sparpaket für ihr Leben noch viel mehr Einschränkungen und Monotonie bedeuten. Zum Beispiel erkennt sie die Gefahr der Straße (Autos usw.) nicht. Wie soll sie in unserer Wohlstandsgesellschaft mit so stark reduzierter Betreuung durchs Leben gehen? Sie kann nicht sprechen und sich nicht artikulieren und somit auf die Probleme ihres Schicksals nicht hinweisen. Deshalb müssen wir, ihre Eltern, ihr eine Stimme geben, um zu verhindern, dass sie irgendwo ohne Betreuung weggesperrt wird. Für viele Freiwillige und Berufliche Helfer sind diese Kürzungen ein großer Rückschritt ihrer Arbeit. Wir als Eltern der Betroffenen machen uns große Sorgen über die Zukunft unserer Kinder! Was wird sein, wenn wir für unsere Kinder nicht mehr da sein können?
Wie kann es sein, dass in einem der reichsten Länder auf dieser Erde, drastische Kürzungen gerade die schwächsten Mitglieder unserer Gesellschaft betreffen?
Wir appellieren an die Menschlichkeit unserer Gesellschaft und somit an unsere Vertreter (Politiker), dieses Unrecht nicht zuzulassen!
Schließlich kann niemand in unserer Gesellschaft die Augen vor diesem Problem schließen. Wir wünschen niemandem dieses Schicksal, jedoch sollte sich jeder vor Augen halten, dass sie, er, oder ein Familienmitglied, zum Pflegefall werden und somit selbst von den drastischen Kürzungen betroffen sein könnte.
Stellungnahme eines Vaters einer Bewohnerin eines vollzeitbetreuten Wohnhauses:
Unsere Tochter ist nach einem Komafall mit 20 Jahren seit 19 Jahren schwerste Epileptikerin. Kein Arzt konnte uns bis heute die Ursache für dieses Ereignis schlüssig erklären. Nach Behandlungen in den Krankenanstalten LKH Knittelfeld, KH der Barmherzigen Brüder Graz, LKH Graz und Wagner Jauregg Krankenhaus in Linz und bis zu 1000 schwersten Stürzen konnte die Epilepsie medikamentös halbwegs in Griff bekommen werden (2-5 Anfälle pro Monat).
Am 8.5.2010 erlitt unsere Tochter eine Gehirnblutung mit schwersten Einblutungen ins Zentralhirn und anschließender halbseitiger Lähmung. Nach mehreren Aufenthalten in Rehabzentren in der Steiermark und Wien wurde unsere Tochter in der Simultania in Judenburg bei Tag und im Wohnhaus der Lebenshilfe Knittelfeld untergebracht, wobei sie auf den bisherigen Betreuungsschlüssel angewiesen ist. Kurzzeitgedächtnis ist nicht mehr vorhanden. Die Mutter von Claudia ist knapp vor dem 60-sten Lebensjahr und ich bin im 67-sten. Eine Pflege im eigenen Haushalt ist aus baulichen und Altersgründen nicht möglich. Auf Grund der Geldmittelkürzung im Sozialbereich des Landes Steiermark würde meiner Tochter die ihr bis jetzt zuerkannte Pflege massiv gekürzt werden. Wir bitten daher die verantwortlichen Politiker um ein Umdenken.
Härtefall einer Bewohnerin des vollzeitbetreuten Wohnhauses:
Frau F. wurde am 12. Jänner 1984 in Judenburg geboren. Ihr Vater verstarb kurz nach ihrer Geburt bei einem Verkehrsunfall. Ihre Mutter lernte dann einen neuen Mann kennen, zu dem sie auch gleich hinzogen. Frau F. besuchte die Volks- und dann die Hauptschule in Knittelfeld. Anschließend noch 1 Jahr die Haushaltungsschule. Sie war eine sehr gute Schülerin. Ihre Kindheit war dennoch nicht beneidenswert. Frau F. musste den Haushalt machen, und sie wurde von ihrem Stiefvater geschlagen. Als sie endlich alt genug war, zog sie nach Kärnten und machte eine Ausbildung zur Restaurantfachfrau in einem 4 Sterne Hotel. Sie liebte ihre Arbeit. Dort lernte sie auch ihren Partner kennen. Die beiden wurden ein Paar und liebten sich sehr. Ihr Leben bekam endlich eine gute Wende. Sie nahmen sich eine Wohnung und waren sehr glücklich! Doch 2001 widerfuhr ihnen der nächste, harte Schicksalsschlag. Auf dem Weg von Knittelfeld nach Kärnten hatten sie aufgrund zu hoher Geschwindigkeit einen Verkehrsunfall, bei dem sie in ein anderes Auto prallten. Ihr Partner verstarb bei diesem Unfall, und Frau F. kam schwerverletzt ins Krankenhaus. Sie war zu diesem Zeitpunkt im siebenten Monat schwanger. Ihr Sohn wurde noch am Unfalltag entbunden und lebt seither bei Frau F.s Schwiegermutter in Kärnten. Frau F. selbst lag nach diesem Unfall zirka ein Jahr lang im Koma. Insgesamt war sie ca. 3 Jahre lang im Krankenhaus. Was muss ein Mensch noch ertragen? Jetzt lebt Frau F. bei uns, in der Lebenshilfe Knittelfeld im Betreuten Wohnen, wo sie ein einigermaßen normales Leben führen kann. Mit unserer Hilfe und Anleitung ist es Frau F. wieder möglich, sich teilweise selbstständig zu versorgen und zu pflegen. Sie fährt jeden Tag in die Lebenshilfe Werkstatt zur Arbeit und sie meistert ihr Leben gut. Würde Frau F. aufgrund des Sparpaketes nicht mehr die Betreuung bekommen, die sie benötigt, würde das fatale Auswirkung haben, geistige wie auch körperliche Fortschritte würden wieder verloren gehen. Wollen unsere Politiker das wirklich?
Leserbrief von Erich Bacher, betreut von der Lebenshilfe Knittelfeld:
In der Zeitung habe ich gelesen, dass Bürgermeister Siegfried Schafarik und Vizebürgermeister Markus Schöck es in der letzten Knittelfelder Gemeinderatssitzung "geradezu pietätlos gefunden haben, dass man Menschen mit Behinderung zu Demonstrationen mitnimmt, obwohl diese nicht begreifen können, worum es eigentlich geht."
Ich bin seit meiner Geburt behindert, war bei der Demo gegen den Sozialabbau und weiß sehr wohl, um was es geht, Herr Bürgermeister schafarik und Herr Vizebürgermeister Schöck. Ich bin sehr enttäuscht über ihre Wortwahl bei der Gemeinderatssitzung. Bei feierlichen Veranstaltungen da gibt es immer wieder verständnisvolle Reden über behinderte Menschen und nun so etwas, da sieht man, wie sie über behinderte Menschen denken.
Meine Chefin, Frau Daniela Gruber, hat vor kurzem einen Leserbrief über die Behandlung eines behinderten Menschen im Landeskrankenhaus geschrieben. Sie hat Mut gezeigt und dafür bin ich dankbar und darum geht es mir auch. MUT zu machen, um zu demonstrieren gegen das Ungerechte im Sozialbereich und wie man sieht, hat die Demo etwas bewirkt. Ich bin sehr stolz darauf, dass viele behinderte Menschen, egal welche Behinderung sie haben, dort waren. Denn zu demonstrieren ist ein Menschenrecht, um den Menschen zu zeigen - aha, sie kämpfen um etwas und da frage ich jetzt: Wo sind ihre sozialen und christlichen Werte?
Erich Pacher, Lebenshilfe Knittelfeld
Härtefall Frau D., Bewohnerin eines Wohnhauses der Lebenshilfe:
Frau D. ist 1968 geboren. Sie ist an einem Gendeffekt, Trisomie 21 erkrankt. Aufgrund dieser Krankheit ist sie geistig beeinträchtigt, zudem hat sie eine angeborene Schilddrüsenüberfunktion und leidet an der Fettsucht.
Ich begleite Frau D. nun seit zwei Jahren. Mir und ihr bereiten unsere Ausflüge besondere Freude. Sie ist ein sehr aufgeweckter, neugieriger und fröhlicher Mensch.
Wir unternehmen sehr viel im sportlichen Bereich (aufgrund ihres hohen BMI), spielen aber auch sehr viel und musizieren und basteln auch gemeinsam. Frau D. liebt diese Ausflüge und freut sich jedes Mal etwas unternehmen zu können.
Frau D. lebt in einem Wohnhaus der Lebenshilfe. Sie ist auf die Freizeitassistenz angewiesen, da es zu wenige Betreuer im Wohnhaus für Einzelunternehmungen gibt. Zudem lässt sie sich kaum bis gar nicht für Gruppenunternehmungen motivieren. Sie benötigt Einzelassistenz damit man auf ihre individuellen Bedürfnisse eingehen kann.
Hätte Frau D. keine Freizeitassistenz, würde sie viel weniger im sportlichen Bereich unternehmen. Dies wäre natürlich fatal. Diana benötigt dringend Bewegung damit die körperlichen Auswirkungen ihres Gewichts möglichst gering bleiben.
Jedoch ist ihr Gewicht nicht das Einzige an dem wir gemeinsam arbeiten. Diana neigt dazu in ihre Traumwelt abzudriften, in welcher sie umringt von Stars davon träumt als fünftes Mitglied der Edelseer auf der Bühne zu stehen. Es mag vielleicht ganz nett klingen, wenn sie ihrer Fantasie freien Lauf lassen kann. Jedoch hat dies verheerende Nachteile für sie, wenn sie da nicht "rausgeholt" werden kann. Diana benötigt klare Strukturen. Da sie mit dem Alter geistig abbaut, vergisst sie schnell und kann sich von ihrer Fantasiewelt kaum lösen.
Unsere Ausflüge sind deswegen auch so wichtig. Wir spielen oft Mensch ärgere dich nicht. Eines ihrer Lieblingsspiele. Hier ist rechnerisches Können gefragt. Ich bemerke auch, dass sich ihre Fähigkeiten zu zählen und zu rechnen gebessert haben. Ich erzähle ihr auch immer wieder Geschichten und frage sie beim nächsten Treffen was ich ihr erzählt habe. Sie kann sich immer besser erinnern.
Wir arbeiten gemeinsam an ihrer Angst vor Hunden und Rolltreppen. Frau D. kann kaum Treppen gehen und wenn dann nur eine Rolltreppe vorhanden ist packt sie die Angst. Jedoch haben wir dieses Problem miteinander überwunden.
Sie geht mittlerweile auch gerne spazieren, eine Tätigkeit die aufgrund ihres hohen Gewichts nicht so einfach für sie ist. Anfangs musste ich sie länger davon überzeugen, dass Bewegung für sie sehr wichtig ist. Jedoch bemerke ich, dass sie umso länger ich mit ihr arbeite, sich leichter für Sportaktivitäten begeistern lässt.
Frau D. würde ohne Freizeitassistenz, bzw. durch eine Kürzung ihrer zugesprochenen Freizeitassistenz, weniger Sport betreiben und weniger in die Öffentlichkeit gehen. (d.h. Sie würde sich vermehrt in ihr Zimmer zurückziehen, sich dem Fernseher widmen und in ihre Fantasiewelt abdriften)
Wenn sie keine, bzw. wenig Freizeitassistenz zur Verfügung hat, bauen ihre geistigen Fähigkeiten vermehrt ab, ihr Gewicht würde außer Kontrolle geraten und der Alterungsprozess und die Auswirkungen ihres Gewichts können nicht so gering als möglich gehalten werden.
Für Menschen ohne Beeinträchtigung sind diese Punkte vielleicht nicht so leicht nachvollziehbar. Da wir uns unseres Gewichtes und unserer geistigen Fähigkeiten bewusster sind. Jedoch ist Frau D. geistig beeinträchtigt und KANN sich aufgrund dieser Beeinträchtigung, der Problematik nicht bewusst sein. Sie benötigt individuelle Begleitung, Motivation und vor allem auch Vielfalt. Wir wissen selbst, dass ein abwechslungsreiches Leben den Geist erfrischt und zu unserem persönlichen Glück beiträgt.
Ohne Begleitung, gibt es keine Abwechslung für Frau D. und auch keine Besserung ihres geistigen und körperlichen Zustandes, wie schon erwähnt wird der gegensätzliche Fall eintreten.
Daher bitte ich Sie inständig, Kürzungen im sozialen Bereich und vor Allem im Bereich der Menschen mit Beeinträchtigung zu unterlassen. Diese Menschen können keine Gewerkschaften gründen und sich wehren. Ich appelliere an Ihre Vernunft und ihr Mitgefühl, Verständnis für minderbemittelte Menschen zu haben. Wir dürfen nicht anfangen dort zu sparen wo ehrlich gesagt Verbesserungen notwendig sind.
Ich danke Ihnen, dass sie sich Zeit genommen haben und sich einen kleinen Einblick in Frau D.s Leben und ihre Bedürfnisse gewährt haben.
Mit freundlichen Grüßen,
eine Betreuerin
Härtefall Angst vor Jobverlust:
Herr B. ist geschieden und hat einen 10jährigen Sohn, für den er Alimente bezahlt. Nach einem Burn-Out im Jahr 2006 war er längere Zeit arbeitslos. Er bezog eine geringe Notstandshilfe und Wohnbeihilfe. Der gelernte Sozialarbeiter fand nach einiger Zeit eine halbtägige Anstellung beim Odilieninstitut in der Einzelbetreuung. Trotz seiner Ausbildung ist er nur in BAGS 6 eingestuft und verdient monatlich € 860,--. Zusätzlich macht er Nachtdienste bei Pro Mente und verdient € 270,-- dazu. Da die Einzelbetreuung durch das Sparpaket im Behindertenbereich gefallen ist, fürchtet er sehr seinen Job zu verlieren.
Härtefall aus der sozialpsychiatrischen Betreuung:
Bei den Dienstleistungen für Menschen mit psychischen Erkrankungen wurden die Tag- und Stundensätze um bis zu 15 % reduziert. Bei einem Personalkostenanteil von ca. 70 % wirkt sich dies direkt auf den Personalstand und damit auf die Betreuungsqualität aus.
Brief einer Betroffenen:
Sehr geehrte Damen und Herren,
da ich aus dem Obdachlosenheim kam, hatte meine erste Betreuerin dafür gesorgt, dass ich eine sichere "Bleibe" eine Trainingswohnung hier im Hilfswerkzentrum bekam. Ich bin nun das fünfte Jahr in sehr guter MSB (mobil sozialpsychiatrischer Betreuung). In den ersten Jahren hat mein zweiter Betreuer in liebevoller und geduldiger Betreuung Existenzängste, Kontaktarmut und daraus folgende Einsamkeit, Grübeleien und Gedankenkreisen mit mir aufgearbeitet.
Ein Ansuchen an die Bezirkshauptmannschaft für einen Besuch bei der Tagesstätte Feldbach wurde für mich organisiert.
Sicherheit und Selbstfindung konnte ich langsam mit Meditation, autogenem Training, welche mir beide gelehrt wurden, zurückerobern. Mit meiner Psychiaterin wurde regelmäßig die Therapie durch Medikamente neu eingestellt. Gesprächstherapie, der Besuch der Tagesstätte, regelmäßige Besuche meines Betreuers stabilisierten meine Grundexistenz. So fand ich mich wieder selbst in einem sozialen Netz. Die sozialen Kontakte knüpfte ich im geschützten Bereich des Hilfswerks in Feldbach.
Selbstwertgefühl zurück erobern war das nächste Thema. Durch die Beschäftigungstherapie in der Tagesstätte (mein Besuch zeigt die unterschiedlichsten Werkstücke) erlangte ich das Gefühl wieder kleine Leistungen zu vollbringen.
Meine dritte Betreuerin begleitete mich zu Ärzten und Behörden, da ich eine große Schwellenangst außerhalb des Hilfswerks hatte. Bei Bedarf erhielt ich Velo Tabs als medikamentöse Unterstützung. Erst 2010 war es mir nach vorheriger Besprechung mit meiner Betreuerin des MSB möglich selbstständig Amtswege, Wohnungssuche, Termineinholungen angehen zu können.
Privat brauchte ich vier Jahre, um meinem geliebten Hobby, dem Malen wieder mit Muse und Freude nachzukommen. Da die Konzentration und Agilität durch Sport, Ernährungslehre, kognitives Training gefördert wurde, schreibe, lese, male und fotografiere ich wieder.
Ein wichtiger Fortschritt für mich war das Thema Flexibilität und vor allem auch Bus und Bahnfahrten alleine zu unternehmen.
Bisher konnte ich eine Horizonterweiterung und Beweglichkeit, durch die Unterstützung von meinen Betreuern erfahren. Weiters trägt die Teilnahme an organisierten Ausflügen von MSB und TST dazu bei mich weiterzuentwickeln.
Nun arbeite ich mit meiner Betreuerin daran, kleine Ausflüge ohne Team, aber mit Absprache zu wagen. Um ein größeres "Außen" vom Hilfswerk zu bekommen, habe ich mir einen Laptop mit Internetzugang angeschafft. Beim Kauf, bei der Einarbeitung, Installation bekam ich viel Hilfe von meiner Betreuerin.
Ich war acht Mal in psychiatrischen Kliniken. Durch das kompetente Team des Hilfswerks Feldbach wurden Sorgen, Probleme, Tiefgänge, Ängste, Rückschläge sofort aufgefangen, sodass kein Klinikaufenthalt mehr von Nöten war. Meine Familie wurde immer miteinbezogen.
In gesicherter, liebevoller, geduldiger Betreuung durfte ich langsam wieder eine Stabilität, Agilität und ein neues Leben entdecken!
DANKE für die Hilfe!
DANKE, dass es das Hilfswerk gibt.
Ursula Hödl
Härtefall Entzug des Pflegegeldes:
Ich bin 22 Jahre alt und bin auch von dem Sparpaket der "sozialen" Landesregierung betroffen.
Ich bin hochgradig sehbehindert und habe bis Frühling 2010 regelmäßig Pflegegeld, dass ich zum Bezahlen meiner Brille und Kontaktlinsen brauche, bezogen. Da ich studiere und kein Fixeinkommen beziehe, kann ich mir meine Sehhilfen in Zukunft nicht mehr leisten, da diese mit jener hohen Dioptrienzahl über 1000 € kosten.
Nun hat mir die Landesregierung das Pflegegeld entzogen. Ich habe zwar ständig Berufung eingelegt, wurde von einem Amtsarzt zum anderen geschickt, und jedes Mal fiel das Gutachten für mich negativ aus. An Aufgeben habe ich trotzdem nicht gedacht und habe Klage gegen das Land Steiermark eingereicht. Doch auch diesmal war es vergebens. Das Pflegegeld wird mir aberkannt, obwohl aus einem richterlichen Beschluss, als ich im Alter von 10 Jahren war, hervorgeht, dass keine Verbesserung meine Sehkraft in Aussicht ist und voraussichtlich nicht eintreten wird. Das ist bis heute nicht geschehen (geht auch in einem Gutachten hervor). Trotz dieses Beschlusses nimmt mir die Landesregierung das Geld, welches ich dringend benötige, um nicht "blind" durchs Leben zu gehen. Denn wie soll ich mein Studium weiterführen? Wie soll ich jemals einen Arbeitsplatz finden? Wie soll es weitergehen, wenn ich mir jene Korrekturen nicht mehr leisten kann?
Es ist einfach eine Schweinerei, wie mit Menschen, die eine Behinderung haben umgegangen wird!
Viele nehmen einen Entzug des Pflegegeldes hin und wehren sich nicht. Doch ich sage: "Wehrt euch!" Lasst diese Banditen nicht ungeschoren davonkommen. Denn in einem sozialen, demokratischen Staat hat man das Recht auf soziale Hilfe, man hat das Recht Einspruch zu erheben!
Ich werde nicht aufgeben, mir bleibt auch keine andere Wahl, bis mein Recht auf soziale Hilfestellung wiederhergestellt wird.
ICH GEBE NICHT AUF!
Härtefall Streichung von Therapien und drohender Ausschluss vom Schulunterricht:
Härtefall einer betroffenen Mutter, die seit Jahren liebevoll ihr Kind zuhause pflegt...
Kampf um Therapie für schwerstbehindertes Kind
Die Eltern kämpfen um Schulunterricht und Physiotherapie für ihr schwerstbehindertes Kind. Er ist seit seiner Geburt an das Bett gefesselt. Die Therapie wurde gestrichen, da die Eltern den Selbstbehalt nicht bezahlen können. Der Bub liegt fast bewegungslos auf seinem Bett, einzig die Augen verfolgen die Bewegungen der Mutter, er kann sich nicht allein umdrehen, muss beatmet werden, kann nicht reden, aber er versteht. wenn er einmal die Augen schließt, heißt das " ja", zweimal "nein" erklärt die Mutter, wirft einen prüfenden Blick auf das Beatmungsgerät, während sie seine dünnen Hände massiert.
Seit 16 Jahren pflegt sie aufopfernd ihren Sohn, dreht ihn alle zehn Minuten um, damit er sich nicht wund liegen kann, wickelt ihn, klopft ihm auf die Brust, wenn der Schleim aus der Kanüle am Hals heraus kommt, schließt ihn abend an eine Kontrollmaschine an, die Sauerstoff und Herzschlag prüft und Alarm schlägt, wenn er zu ersticken droht. Der Vater hebt ihn in der Früh in den Rollstuhl, damit sie mit ihm ins Freie kann. Wir arbeiten rund um die Uhr, mein Mann und ich sind ein eingespieltes Team, erzählt sie und schüttelt auf die Frage wie sie diese NON STOP BELASTUNG schafft überrascht den Kopf. Ich liebe mein Kind und das gibt mir Kraft. Das ist etwas wunderbares, da muss ich nicht kämpfen.
Kämpfen muss sie dennoch. Der Bezirksschulrat hat ihr geschrieben, dass ihr Sohn heuer keinen Unterricht mehr bekommt. zweimal die Woche ist er bislang je 4 Stunden lang von einem Lehrer unterrichtet worden. Glücklich sei er dann immer gewesen, erzählt sie.
Mein Mann und ich können es nicht nachvollziehen. Bis zum 18. Lebensjahr werden behinderte Kinder an Schulen unterrichtet, bei unserem Sohn ist dies aufgrund der Infektionsgefahr jedoch nicht möglich, daher, wie kann eine Behörde auf einem Stück Papier entscheiden, dass einem Kind kein Unterricht mehr gewährt wird ohne, dass es das Kind gesehen hat? In diesem einen speziellen Punkt hat sich Bürgermeister Nagl eingesetzt und den Eltern mitgeteilt, es würde für ein weiteres Jahr gewährt werden, ja und dann? Beginnt der KAMPF AUFS NEUE??? Wir fallen abermals ins Nichts? wieso wird die Unterrichtszeit nicht für alle behinderten Kinder gleich geregelt? gestrichen wurde auch die Physio und Logotherapiestunde. Der Selbstbehalt von einigen tausend Euro im Jahr wird von der Behörde nicht mehr bezahlt und wir können es uns einfach nicht leisten. Kann man den nicht beim Selbstbehalt Rücksicht auf die Einkommenssituation der Familie nehmen fragt sie sich?
Die Fortschritte die der Junge durch die Therapiestunden gemacht hat, waren für die Eltern beachtlich. Die Muskulatur wurde gestärkt, der Schluckreflex, das Schließen des Mundes. Und dennoch sagt sie, der Jahrelange mühevolle Kampf hört nie auf. Aber sie kämpft weiter für ihr Kind und wünscht sich soziale Gerechtigkeit...
Budgetkürzungen in der Jugendwohlfahrt:
Das Land Steiermark hat mit der Novellierung des Jugendwohlfahrtsgesetzes massive Auswirkungen in der Betreuung von Kindern und Jugendlichen beschlossen. Der Dachverband steirischer Jugendwohlfahrtsträger bezeichnet diese Änderungen als unverantwortlich - mit diesen Einschnitten kann das Land Steiermark nicht mehr seinen Auftrag - für das Wohl von Kindern und Jugendlichen zu sorgen - erfüllen.
Die durch die Verordnung festgeschriebenen Einsparungen bei den Kindern und Jugendlichen heute bedeuten später Belastungen von Zig-Millionen Euro: Von einer Rettung des Sozialsystems kann hier keine Rede sein! Im Gegenteil: wir machen Schulden auf Kosten unserer Kinder.
Wir sparen an der Zukunft der steirischen Kinder!
Einsparungen im Jugendwohlfahrtsbereich schmälern nicht nur die Chancen der Kinder, einen Beitrag für die Gesellschaft zu leisten - bei fehlender Unterstützung von Kindern fallen später wesentlich höhere Kosten in den Bereichen Gesundheit, Arbeitsmarkt und Justiz an, wie viele Studien zum Social Return on Investment bestätigen.
Die stärksten Auswirkungen auf die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen bestehen in:
Streichung der Sozial- und Lernbetreuung
Durch die Streichung dieser frühzeitigen und kostengünstigen Hilfe entsteht eine Angebotslücke für 6-10jährige Kinder. Die Frühförderung endet mit 6 Jahren, Erziehungshilfe ist nur in Ausnahmefällen ab 8 Jahren möglich (grundsätzlich erst ab 10 Jahre) und die Sozialbetreuung ist ein Laiendienst, der die notwendige qualifizierte sozialpädagogische Intervention nicht gewährleisten kann.
Nicht nur, dass von den Jugendwohlfahrtsbehörden immer wieder gesagt wurde, dass sie mit diesem Angebot zu einem sehr hohen Prozentsatz das Ziel der Maßnahme erreichen, konnte die positive Wirkung der Sozial- und Lernbetreuung auch in mehreren Erhebungen und Diplomarbeiten nachgewiesen werden. Somit ist die Sozial- und Lernbetreuung auch eine der wenigen Leistungen bei denen von einer Evaluierung gesprochen werden kann.
Die Streichung der Sozial- und Lernbetreuung betrifft mehr als 1500 Kinder und rund 500 MitarbeiterInnen. 200.000 Betreuungsstunden pro Jahr für gefährdete Kinder wird es nicht mehr geben. Betreuungsstunden, die ihre Zukunftschancen erhöhen würden.
Reduzierung von Zielwerten in der Betreuung
Die reduzierten Zielwerte im stationären Bereich führen zu Qualitäts- und Leistungsreduzierungen und viele Einrichtungen an die Grenze der Realisierbarkeit der Dienstleistungen. Hier handelt es sich um eine reine Sparmaßnahme zu Lasten von Kindern und Jugendlichen. Die Beantwortung der Frage "wieviel Betreuung steht einem Kind zu", ist in Anbetracht der Tatsache, dass die Kinderrechte in die Verfassung aufgenommen wurden, enttäuschend und kinderfeindlich ausgefallen.
Im stationären Bereich wird in Zukunft die Alltagsbewältigung und Beaufsichtigung im Vordergrund stehen - eine inhaltliche Auseinandersetzung wird in den Hintergrund gestellt und damit wird ein Rückschritt in die "Heimära" eingeleitet. Die in der Durchführungsverordnung formulierten Ziele der Aufarbeitung von sozialen und emotionalen Defiziten, die Behebung von Teilleistungsdefiziten durch gezielte individuelle Förderung etc. sind unter diesen Bedingungen nicht einmal annähernd erreichbar.
Senkung der mittelbaren Zeiten
Die Senkung der mittelbaren Zeiten bei mobilen Leistungsarten um bis zu 50% beeinflussen massiv die Qualität der Dienstleistung. Um eine hohe Effektivität, eine qualitativ hochwertige pädagogische Arbeit und eine hohe Wirksamkeit mit der Dienstleistung zu erreichen, ist neben der direkten Betreuung, die interdisziplinäre Zusammenarbeit (u.a. intensiver Austausch mit den zuweisenden SozialarbeiterInnen), eine ausführliche Dokumentation, entsprechende Vorbereitung uvm. wichtig. Alle diese Faktoren werden auch in der Novellierung im umfangreichen Ausmaß verlangt, die dafür notwendigen Ressourcen werden nicht mehr zur Verfügung gestellt. Hierzu ist festzustellen, dass schon die bisherigen mittelbaren Zeiten in vielen Leistungen den Aufwand, der durch die Leistungsverordnung festgelegten Leistungs- und Qualitätsanforderungen nicht abgebildet hat. Durch eine weitere Kürzung dieser Zeiten können die fachlich notwendigen Qualitätsansprüche nicht mehr gewährleistet werden.
Reduzierung der Tagsätze bzw. Stagnation bei den Tagsätzen
In den letzten 6 Jahren wurde schon 3x der Tagsatz eingefroren bei gleichzeitiger Steigerung durch Kollektivvertrag und Preiserhöhungen bei den Lebenserhaltungskosten. Nach wie vor wird der BAGS-Kollektivvertrag (38 Wochenstunden) nicht eingerechnet und von einer unrealistischen Nettojahresarbeitsleistung ausgegangen. Die Schere zwischen realen Steigerungen und Tagsatzentwicklung (der Tagsatz soll eine kostendeckende Leistung darstellen) wurde in den letzten Jahren dadurch immer größer. Umschichtungen und Effizienzsteigerungen wurden von den Einrichtungen immer mit Blick auf eine qualitätsvolle Leistung für Kinder vorgenommen. Dramatisch wird die Situation deshalb, weil es keinen Spielraum mehr gibt!
Qualitätssicherung ist in der sozialen Arbeit nicht wichtig
Zur Qualitätssicherung und im Sinne eines verantwortlichen und reflektierten Handelns sind regelmäßige Teambesprechungen, Supervisionen und Fortbildungen erforderlich. Durch die Reduktion von Fortbildungszeiten, Supervision und Teamzeiten kann die bisherige Qualität der Leistungen für die KlientInnen nicht mehr gehalten werden kann - die Wirksamkeit der Betreuung von Kindern, Jugendlichen und Familien wird sich verringern.
Für das notwendige Ausmaß an Qualitätssicherungsmaßnahmen wird in unzureichendem Ausmaß Zeit und Geld zur Verfügung gestellt. Einsparungen beim Personal führen zur Qualitätsverminderung und verringern somit die Wirksamkeit der Betreuung! Burn-out in der sozialen Arbeit wird sich erhöhen.
Reduzierung der Kostenzuschüsse bei Therapie und psychologischer Behandlung
Die Einsparungen betreffend Zuschüsse zu Psychotherapie sowie Kürzung der Zuschüsse bei psychologischer Behandlung bedeuten einen drastischen Einschnitt und Rückgang der Versorgungsqualität im Kinder- und Jugendbereich. Man nimmt dadurch besonders jenen Kindern und Jugendlichen, die durch schwierige wirtschaftliche und familiäre Ausgangsbedingungen leider einen erschwerten Start ins Leben haben, eine wesentliche Möglichkeit ein Mindestmaß an Stabilisierung und Optimierung ihrer individuellen Entwicklungsbedingungen zu erhalten.
Bei all den Einsparungsdiskussionen fehlt ein Thema: die Lebenslagen von Kindern verschlechtern sich. Die Lebensverläufe und Lebensumstände von Kindern, Jugendlichen, Familien werden vielfältiger, teilweise auch schwieriger, der Hilfebedarf steigt, wird aber logischerweise vielfältiger, schwerer auszumachen.
Hier eine adäquate Strategie zu entwickeln, die nicht durch unüberlegte Einsparungen zu Lasten der Symptomträger (= Kinder) geht, ist die Herausforderung vor der wir stehen.
Es braucht eine intensive politisch öffentliche Diskussion über Aufgaben, Möglichkeiten und Strukturen der Jugendwohlfahrt. Und das nicht nachdem kinderfeindliche Einsparungsmaßnahmen umgesetzt wurden!
Das ist notwendig für die Zukunft unserer Kinder!
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Härtefälle Streichung der Sozial- und Lernbetreuung (SOLE):
Durch die Streichung der Sozial- und Lernbetreuung verlieren über 1500 Kinder ihre Betreuung, etwa 500 Beschäftigte ihren Job. Für Kinder im Alter von 6 bis 10 Jahren entsteht eine Angebotslücke, die nicht durch andere Dienstleistungen geschlossen wird.
Härtefall Kinder, Jugendliche, Familien und MitarbeiterInnen:
Der Betriebsrat der Kinderfreunde Steiermark ist heute stellvertretend für die Kinder und Jugendlichen, für die Familien und für die betroffenen Kolleginnen und Kollegen hier.
Die Streichung der Sozial- und Lernbetreuung, Kürzungen der "mittelbaren Zeiten" im Bereich der Interdisziplinären Frühförderung und Erziehungshilfe, bedeuten einen massiven Eingriff in der sozialen Hilfestellung von Kindern und Jugendlichen bzw. deren Familien. Diese sind bereits jetzt schon maßlos mit den alltäglichen Herausforderungen unserer Gesellschaft überfordert und benötigen diese Unterstützung umso mehr.
In der Interdisziplinären Frühförderung und Familienbegleitung arbeiten wir sowohl im Jugendwohlfahrts- als auch im Behindertenbereich. Wir betreuen vorwiegend Familien mit Klein- und Vorschulkindern. Die Kürzung der Mittelbaren Zeiten heißt für uns: Weniger Zeit für Vor- und Nachbereitung der Fördereinheiten, weniger Intervisionen und Supervisionen, weniger Zeit für interdisziplinäre Gespräche mit anderen Fachleuten, die die Familien betreuen, uvm. Das alles gefährdet die Qualität der Frühförderung. Auch müssen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nun mehr Kinder betreuen, um ihr jetziges Anstellungsverhältnis nicht zu verlieren.
Die Sozial- und Lernbetreuung bietet die Möglichkeit über schulische Thematiken Einblick in die familiären Strukturen und Problemen zu bekommen und diese mit den Kindern und Jugendlichen aufzuarbeiten. Der Schwerpunkt liegt hier, mit den Kindern und Jugendlichen Vertrauen aufzubauen, ihr Selbstbewusstsein zu stärken und nachhaltig auf deren Persönlichkeitsentwicklung einzuwirken. Hierfür möchten wir zwei anonymisierte Beispiele anführen:
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Beispiel 1: H. lebt zusammen mit der Mutter und ihrer älteren Schwester. Der Vater verstarb vor einigen Jahren. Seither ist die Mutter Alleinerzieherin. Die Familie lebt von der Waisenrente und einem Teilzeitjob der Mutter. Die Mutter ist psychisch labil und alkoholkrank. Mit der 4. Klasse Hauptschule begann H. auffällig zu werden. Die Situation zuhause eskalierte immer wieder. Die Mutter fand keinen Zugang mehr zu ihrer Tochter, machte sich große Sorgen um deren Zukunft. Durch die Sozial- und Lernbetreuerin als Vertrauensperson von außen kam ans Licht, wie groß ihre Angst um die Mutter und der Schmerz über den Verlust des Vaters noch immer ist. Es wurde gemeinsam nach Lösungsmöglichkeiten gesucht und diese umgesetzt. H.s Selbstwert wurde nachhaltig gestärkt. Sie konnte sich nun wieder vorstellen, die Anforderungen, die an sie gestellt wurden, zu bewältigen. Sie ging wieder regelmäßig zur Schule, schloss die Hauptschule positiv ab und absolviert heute ihr 2. Ausbildungsjahr in einer Lehre. Sie blüht auf und plant schon ihr Leben nach dem Lehrabschluss. Ohne Sozial- und Lernbetreuung hätte sie mit ziemlicher Sicherheit die Schule abgebrochen und wäre heute nicht bei ihrer Ausbildungsstätte, sondern in einem überfüllten AMS-Warteraum oder bei einer Sondermaßnahme für Jugendliche ohne Schulabschluss zu finden.
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Beispiel 2: Die Mutter ist Spiegeltrinkerin, Kettenraucherin und hat starke körperliche Beschwerden. Der Vater entzieht sich der Verantwortung. Da die Mutter mit der Erziehung der Kinder und der Unterstützung bei schulischen Belangen überfordert ist, kann sie sich nur mit Schreien und Schlagen durchsetzen oder versinkt in depressiven Phasen. Die Kinder fallen durch aggressives Verhalten auf. Sie machen keine Hausaufgaben, passen im Unterricht nicht auf und lernen auch für keine Tests bzw. Schularbeiten. Aus diesem Grund müssen sie auch eine Klasse in der Volksschule wiederholen. Mit der Einsetzung der Sozial- und Lernbetreuung wurde die Kindesmutter zuerst entlastet, dann immer mehr mit ein bezogen und Aufgaben (wieder)übergeben. Es wurde eine stabile Beziehung zu den Kindern aufgebaut, u. a. das Verständnis, dass man auch ohne Gewalt, Geschrei, (Alkohol) oder auffälligem Verhalten Ziele erreichen kann. Ohne Sozial- und Lernbetreuung hätten sie es nicht in die nächst höheren Klassen geschafft und würden wahrscheinlich keinen Schulabschluss machen, sondern in "irgendeiner Maßnahme" landen. Auch hätten sie nicht gelernt, dass Gewalt keine Lösung ist und man mit Erwachsenen auch Spaß haben kann. Sie haben verstanden, dass sie respektvoll behandelt werden und auch sie anderen Leuten so entgegentreten sollen.
Aber auch unsere Kolleginnen und Kollegen in der Sozial- und Lernbetreuung, welche in diesen Tagen und Wochen gekündigt werden müssen, bekommen die Folgen des Sparpaketes am eigenen Leibe zu spüren. Hierfür möchten wir hier einen Härtefall anführen:
Ich arbeite seit mehreren Jahren als Sozial- und Lernbetreuer. Dieser Beruf war für mich nicht nur Arbeit, sondern bereicherte auch mein Leben. Bei dieser Arbeit habe ich als Alleinerzieher keinen finanziellen Reichtum erlangt. Den viel zitierten "Speck" habe ich nicht angesetzt. Nun habe ich meine Anstellung verloren und im Alter von 48 Jahren wird es für mich nicht einfach werden, eine ähnliche Arbeit mit Vollanstellung zur Bestreitung meines Lebensunterhaltes zu finden.
Durch dieses Sparpaket und dessen sozial-gesellschaftlichen Auswirkungen, müssen wir uns hier und jetzt die Frage stellen: "Welchen Weg wollen wir gehen?". Derzeit scheint es, dass es keine andere Lösung zu geben scheint, als Kosten/Ausgaben zu senken, unabhängig davon, ob dahinter Kinder, Jugendliche und Familien stecken. Egal wie diese mit ihrem Leben fertig werden sollen. Die gesellschaftspolitische Verantwortung wird auf die Eigenverantwortung des Einzelnen abgeschoben. Wollen wir wirklich in einer Welt leben, in der jeder nach seinen eigenen maximalen Nutzen strebt, ohne Rücksicht auf Verluste, oder wollen wir gemeinsam für eine soziale Verteilungsgerechtigkeit und Chancengleichheit kämpfen? Gemeinsam sind wir stark!
Betriebsrat der Kinderfreunde Steiermark, 7.6.2011
Härtefall einer betroffenen Familie aus Fürstenfeld:
Die Familie lebt in Fürstenfeld. Die Eltern sind seit Kurzem geschieden, zwei Kinder (acht und 10 Jahre). Die ältere Tochter hat - nicht zuletzt auf Grund der Trennung der Eltern - schulische Probleme. So wurde Sozial- und Lernbetreuung eingesetzt. Währende der Betreuung (seit Jänner 2011) zeigte sich, dass die Probleme in der Schule tiefer liegende Ursachen haben. Der Konflikt der Eltern ist nach wie vor ein großes Thema bei der Arbeit mit der Jugendlichen. Sie steht "zwischen" den Eltern. Jetzt soll die Sozial- und Lernbetreuung eingestellt werden, wo gerade so weit eine Vertrauensbasis aufgebaut wurde, dass die wahren Hintergründe der schulischen Probleme an die Oberfläche kommen? D.h. die Familie wird mit ihren nun akuten Problemen alleine gelassen - so lange alleine gelassen bis eine Kindergefährdung besteht - dann muss die Bezirksbehörde einschreiten! D.h. einfach warten bis was passiert und dann hat wieder niemand etwas gewusst...
Härtefall A.G. und ihr kleinerer Bruder - bisher betreut von der Sozial- und Lernbetreuung:
Die Eltern sind beide berufstätig und so sind die Kinder am Nachmittag sich selbst überlassen. Schulisch machen sich bei der älteren Tochter starke Defizite in Englisch und Mathematik bemerkbar und auch der kleine Bruder hat so seine Schwierigkeiten mit den Hausübungen, als auch in der Klasse akzeptiert zu werden. Sie leben in einem alten Haus, in dem auf Hygiene nicht so viel Wert gelegt wird. Deshalb werden sie auch öfter mal gehänselt, dass sie "stinken". Die Sozial- und Lernbetreuerin konnte die beiden Kinder motivieren und stärken und sie konnten ihr Zeugnis erheblich verbessern. Auch in der Klasse wird der Bruder viel besser angenommen. Durch Gespräche mit der Mutter konnte ihr die Wichtigkeit eines eigenen Schreibtisches und einer "sauberen" Umgebung verständlich gemacht werden. Sogar ein Umbau wird in Angriff genommen. Die Sozial- und Lernbetreuerin ist zu einer wichtigen Ansprechperson, so wie zu einem Vorbild für die Kinder geworden. Würde diese Betreuung beendet werden, wären die Kinder wieder sich selbst überlassen und es bestünde die Gefahr, dass sie wieder in alte Muster verfallen.
Härtefall B. - bisher betreut von der Sozial- und Lernbetreuung:
Für B. wurde im Winter 2010/2011 die Maßnahme Sozial- und Lernbetreuung (SOLE) genehmigt, da die Mutter mit dem zu betreuenden Kind überfordert war und seitens der Schule diverse Meldungen über ein aggressives Verhalten des Kindes in der Schule gemeldet wurden. Da die Mutter keine andere Maßnahme in der Familie akzeptierte, wurde SOLE genehmigt. Die Mutter brachte dem Kind wenig bis gar keine Empathie entgegen. In der Familie herrschte eine sehr kalte, erdrückende Stimmung. Das zu betreuende Kind war sehr aggressiv und gewalttätig gegenüber den Mitmenschen und konnte nicht mit seiner Wut und diversen anderen Gefühlen umgehen. Durch die Maßnahme SOLE konnte bei der Mutter erreicht werden, dass sie mit etwas Herzlichkeit auf das zu betreuende Kind zugeht. Auch das Kind verhält sich nun nicht bzw. kaum mehr aggressiv oder gewalttätig. Es ist nun auch in der Lage, gegenüber anderen Menschen Empathie zu zeigen. Wenn die Maßnahme SOLE nun abgesetzt wird, ist zu befürchten, dass die Mutter und das Kind in ihre alten aggressiven und gewalttätigen Verhaltensweisen zurückfallen. Das Kind muss alleine mit seinen Gefühlen und Problemen fertig werden. Es zeigt ihm keiner, welche Wege es gibt, mit Wut umzugehen. Leider fällt dadurch für das Kind auch eine wichtige Bezugsperson weg, da es zur Mutter (noch immer) keine gute Beziehung aufgebaut hat, weil die Betreuung erst einige Monate läuft.
Härtefall C. - bisher betreut von der Sozial- und Lernbetreuung:
C. (jetzt 7 Jahre) hatte bei Beginn der Sozial- und Lernbetreuung (im Frühsommer 2010) überhaupt keinen Spaß an der Schule und war beinahe jeden Tag erschreckend aggressiv. Auch die Eltern pflegten keinen besonders angenehmen Umgang mit C.. Die Mutter hat eine schwerere Erkrankung, der Vater ist beruflich viel unterwegs. Ihnen war die Situation ihres Kindes nicht bewusst.
Mittlerweile hat C. eine neue Lehrerin, konnte die 1. Klasse noch einmal besuchen und hat sehr viel Freude an der Schule entwickelt. Sie hat viele Freunde gewonnen und ist zu einem sehr lebensfrohen Kind geworden.
Auch dazu beigetragen hat die Veränderung in der Erziehung der Eltern. Der Umgang in der Familie miteinander ist sehr viel besser geworden. Die Eltern zeigen viel mehr Verständnis für C. und gehen jetzt liebevoller und aufmerksamer mit ihr um, was ihr sehr viel Halt gibt.
Für C. und ihre Eltern wäre es sehr schlimm, wenn die Betreuung nicht mehr weitergeführt werden könnte. Die Unterstützung in schulischen Angelegenheiten und die spielpädagogischen (Förder-) Aktivitäten könnten der Vater durch die Arbeitsbedingungen und Mutter durch die Krankheit nicht mehr gewährleisten. Dadurch würden sowohl die schulischen Leistungen, die Motivation und die Freude an Bildung und Schule wieder schnell abnehmen.
Härtefall D. - bisher betreut von der Sozial- und Lernbetreuung:
D.s vorrangigstes Problem war sein Aufmerksamkeitsdefizit. In der Schule lag D. in seinen Leistungen, vor allem in der Mitarbeit, deutlich unter dem Klassendurchschnitt. Er war im Unterricht oft unkonzentriert und extrem langsam. Es war dringend eine Verbesserung der Situation notwendig, um eine Wiederholung der Klasse zu verhindern, da individuelle Maßnahmen nicht im notwendigen Ausmaß möglich sind und die Unterstützung der Eltern leider nicht im gewünschten Maß erreicht wurde. Beim Machen der Hausübungen zeigte D. ein ähnliches Bild, wie in der Schule. Er war sehr leicht ablenkbar, seine Arbeitsschritte waren konfus und undurchdacht. D. saß oft ohne Betreuung bzw. Bezugsperson - die Eltern sind beide berufstätig, teilweise im Schichtdienst - manchmal den ganzen Nachmittag bei seinen Hausaufgaben. Diese Situation belastete die Familie sehr, vor allem auch die Großeltern, die teilweise nachmittags die Kinder betreuten und mit ihnen die Aufgabe machten, wenn die Mutter arbeitete. D. braucht sehr viel Ruhe und ist als Einzelkind in einem sehr ländlichen Gebiet nicht viel mit anderen Kindern zusammen. D.h. D. hat kaum außerschulische Kontakte mit gleichaltrigen Buben und daher ist der Umgang mit ihnen für ihn oft schwierig. Rauere Umgangsformen lehnt er ab, und kann damit auch nicht umgehen, deswegen ist die Nachmittagsbetreuung, die er im zweiten Schuljahr Jahr für 2 Monate besuchte, nicht geeignet.
Durch die Sozial- und Lernbetreuung (seit ca. 4-5 Monaten) hat D. nach wie vor mit seinem Aufmerksamkeitsdefizit zu kämpfen. Dies hindert ihn daran, die Leistungen zu erbringen, zu denen er eigentlich fähig wäre. Es ist aber eine leichte Besserung der Situation feststellbar (sowohl für die Eltern, als auch für die Klassenlehrerin). Es fehlt D. jedoch weiterhin der Wille, bessere Leistungen zu erbringen. In der Schule macht er nur das absolut notwendigste und lehnt jede Art von Anstrengung ab.
Bei Abbruch von SOLE können die Ziele Förderung der Selbstorganisation, Steigerung des Selbstwertes, Förderung von Sozialkontakten und Anleitung der Eltern zur Unterstützung ihres Jungen nicht oder nur unzureichend erarbeitet werden. Wegen eines in diesem Herbst anstehenden Schulwechsels ist seine Situation mit weiteren völlig neuen Herausforderungen gespickt. Es ist bei Beendigung der Betreuung mit einem starken Leistungsrückfall zu rechnen.
Härtefall E. (und seine beiden Schwestern) - bisher betreut von der Sozial- und Lernbetreuung:
E. ist elf Jahre und besucht die erste Klasse einer Hauptschule. Seine Eltern führten ein Geschäft im ländlichen Bereich, mit dem sie aber Schiffbruch erlitten. Kurz darauf die Scheidung, E. und seine beiden Schwestern werden dem Vater zugesprochen, weil die Mutter große psychische Probleme hat. Den Vater erlebt er in dieser Zeit als gewalttätig und extrem gereizt und E. fühlt sich als ältestes Kind auch für seine beiden Schwestern verantwortlich und versucht zu helfen. Seine Leistungen in der Schule sind dadurch katastrophal, auch so ist er ein Angstbündel geworden. Als seine Mutter dann eine neue Beziehung eingeht und sich ihre Lage bessert, nimmt sie die Kinder zu sich und ihrem neuen Lebensgefährten und E. wird mit einer Lernbetreuung unterstützt. Die vierte Klasse Volksschule kann er dann mit dieser Hilfe positiv abschließen, seitdem bessern sich seine Leistungen konstant. E. ist zurzeit ziemlich optimistisch, einmal Polizist werden zu können und auch so ist er offener und zugänglicher geworden. Seine Mutter kann ihn trotzdem nur bedingt unterstützen, da sie zwei Jobs hat (einen von 8 bis 14 und einen von 17 bis 19 Uhr) um die Schulden ihres Exmannes zu tilgen und auch aus diesem Grund ist sie sehr froh, dass E. in schulischen Belangen geholfen wird und dass er bei der Lernbetreuerin auch Probleme abladen kann. Würde das wegfallen, müsste sie eine Nachmittagsbetreuung bezahlen, was sie sich zurzeit nicht leisten kann und E. würde eine Bezugsperson verlieren, der er sehr vertraut.
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Text einer Sozial- und Lernbetreuerin:
Bin ich ein Härtefall oder nicht - macht Euch selbst ein Bild
2004 bewerbe ich mich bei der Jugendwohlfahrt als Sozialbetreuerin, langes Prozedere ich werde genommen, aber erst im März 2006 gibt es einen Vertrag für mich. Die nächsten 1 ½ Jahre betreue ich 4 Kinder einer Patchworkfamilie bei mir zuhause es gibt keine Sozialversicherung, Arbeitslosenversicherung oder sonstige Absicherungen. Die Eltern meiner Teilzeitkids trennen sich und verziehen in andere Bezirke, für mich gibt es keinen weiteren Vertrag, da in Kürze ein neues Gesetz kommen soll, dass man nur mehr über Trägervereine für die Jugendwohlfahrt arbeiten kann, dafür aber im Angestelltenverhältnis. Na, ja denke ich mir nicht schlecht, dann kann es mir beim nächsten Mal nicht passieren, dass ich im luftleeren Raum stehe, ohne Einkommen, ohne Arbeitslose, ohne Aussicht auf einen neuen Vertrag, denn die in Kürze in Aussicht gestellte Lösung lässt ganz schön auf sich warten.
Inzwischen arbeite ich in einer anderen Branche, ein Job zum Geldverdienen, aber die ganze Zeit denke ich daran, ich möchte wieder mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, ihnen helfen zu wachsen, zu lernen und ihnen in ihren nicht immer ganz einfachen Familiensituationen ein paar Stunden Glück und Fröhlichkeit schenken.
2009 entscheide ich mich auf eigene Kosten eine Ausbildung zur Legasthenietrainerin zu machen, um meine JOB - Chancen im Jugendwohlfahrtbereich und über einen Trägerverein arbeiten, zu erhöhen. - im Dezember 2009 starte ich bei den Kinderfreunden Steiermark als Lernbetreuerin, ab März 2010 arbeite ich dann Teilzeit, als LERN- UND SOZIALBETREUERIN und als SOZIALBETREUERIN. Ich bin so glücklich, endlich kann ich wieder eine Arbeit machen die mich total erfüllt, in der ich Sinn sehe. Ich investiere trotz des niedrigen Einkommens viel Freizeit in meinen Beruf, in dem ich die Betreuungsstunden immer optimal zuhause vorbereite und immer wieder Ausschau halte nach tollen Lernspielen, die den Kindern Spaß machen und der Lerneffekt da ist ohne den Kindern das Gefühl zu geben ständig nur für die Schule arbeiten zu müssen. In beiden Berufen wird keine Vorbereitungszeit bezahlt. Ich tue meine Arbeit trotzdem gerne, weil ich sehe wie viel Positives ich bei den Kindern bewirken kann und wie viel Spaß und Erleichterung es den Kindern macht, wenn sie beim Lernen, und bei ihren vielfältigen Problemen Unterstützung kriegen.
Mein Lernbetreuungsvertrag ist jetzt beendet, neuen Vertrag gibt es natürlich keinen, da ja LERN-UND SOZIALBETREUUNG als Jugendwohlfahrtsmaßnahme komplett gestrichen wurde. Ich verdiene jetzt etwas über 100 € weniger im Monat ohne dafür einen Ersatz zu bekommen oder Anspruch auf einen Stiftungsplatz oder auf Arbeitslosengeld zu haben, es sei den ich lasse meine Sozialbetreuungskinder einfach in Stich, so wie es unsere Landesregierung mit unseren Lernbetreuungskinder ganz skrupellos gemacht hat. Ich besitze diese Kaltschnäuzigkeit nicht, mir liegen die Kinder und deren Familien am Herzen.
Ich bin kein Härtefall, ich werde eine Lösung finden, nicht zuletzt weil meine Familie hinter mir steht und mein Mann der Hauptverdiener in der Familie ist. Aber werden unsere betreuten Kinder und deren Familien sich auch ohne unsere Hilfe in dieser leistungsorientierten Welt zurechtfinden und eine Lösung für ihre Probleme parat haben. Ich wünsche es ihnen von Herzen ….so wie ich es auch unserer Landesregierung wünsche, denn niedrige Bildung zieht Arbeitslosigkeit, Kriminalität und Krankheit nach sich…jetzt zu sparen wird später teuer werden.
Nicole Stelzer Sozial- und Lernbetreuerin
Härtefall Arbeitnehmerin in der Sozial- und Lernbetreuung:
Frau A. ist Tagesmutter und betreute in den letzten 10 Jahren erfolgreich zahlreiche Kinder im Rahmen der Sozial- und Lernbetreuung. Sie war bei den Kindern durch ihre einfühlsame Art, ihre Zuverlässigkeit und ihre soziale Kompetenz sehr beliebt. Oft gab es mehr Betreuungsanfragen, die speziell um sie als Betreuungsperson ansuchten, als Frau A. Kapazitäten frei hatte.
Da Frau A. selbst zwei Kinder hat und Alleinerzieherin ist, konnte sie in ihrem Beruf ihre Liebe zu Kindern und ihre Erfahrung gut einbringen. Sie schaffte es, Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen. Natürlich war dies immer ein Balanceakt: hohe Belastbarkeit und Flexibilität ist eine Grundvoraussetzung, wenn man mit Kindern aus sozial schwachen Familien arbeitet. Jede Vorgeschichte eines Kindes ist anders - auch jede Schwäche - so war es für Frau A. aber immer selbstverständlich, sich in diesem Bereich weiter fortzubilden und jedem Fall entsprechend ihr Wissen zu erweitern um besser und professioneller Hilfe und Unterstützung leisten zu können.
Für Frau A. (und viele andere) ist es eine bewusste Entscheidung im Sozialbereich zu arbeiten. Und hier noch in einem der sogenannten "Niederschwelligen Diensten". Für viele Außenstehende als "nieder- bzw. minderwertig" - im Vergleich zu anderen hochwertigen und besser bezahlten mit besseren Rahmenbedingungen. Aber das Gegenteil ist in der Realität der Fall. Nicht jede Person ist geeignet, mit Problemkindern, schwierigen Familiensituationen, schlechten hygienischen Verhältnissen bei Klienten und ähnlich Belastendem zu arbeiten.
Frau A. tat dies aber gerne und aus Überzeugung. Auch wenn der finanzielle Lohn für diese Arbeit bekanntermaßen nicht sehr üppig ist. Sie hätte gerne, wie geplant, ihre Kinder im Rahmen der Sole weiterbegleitet.
Mit Bekanntgabe der Sparmaßnamen der Landesregierung war sie, wie alle Kollegen und Kolleginnen geschockt. Unklar war, ob und wie es weitergehen soll. Keiner konnte fassen, dass die Betreuung der Kinder und Jugendlichen einfach ersatzlos gestrichen werden würde. Jedem, der in diesem Bereich arbeitet, war klar, dass so gut wie jeder einzelne Fall aus einem triftigen Grund eingesetzt worden war. Und dass dieser nicht von heute auf morgen verschwindet, nur weil man sich Hilfestellungen bei einem gewissen Klientel nicht mehr leisten "möchte".
Nach bangen Wochen und Verunsicherung bei allen Beteiligten, zeichnete sich in den letzten Wochen ab, dass bei vielen Sole-Fällen, bereits darüber nachgedacht wird, ob nicht ein anderer Dienst installiert werden könnte, da einfach außer Frage steht, dass man den Kindern, die Hilfe benötigen, diese nicht komplett verwehren kann.
Nun steht Frau A. persönlich aber vor der Entscheidung, ob sie sich diesen Job denn in Zukunft überhaupt noch leisten kann. Die Alternative zur Sole, wäre in diesem Fall die Sozialbetreuung. Ein Laiendienst, der sich aus der Nachbarschaftshilfe entwickelt hat. Grundsätzlich ist für diesen Dienst keine fachliche Qualifikation im pädagogischen Bereich erforderlich. Weiters werden hier aufgrund der formalen Kriterien oft weder adäquates Kilometer-Geld noch Fahrtzeiten bezahlt. Qualitätssicherungsmaßnahmen wie Intervisionen, Supervisionen und Fortbildungen, Teams u.ä. sind nicht vorgeschrieben. Es sind weder Vor- oder Nachbereitungen noch die oft so wichtigen Besprechungen mit DiplomsozialarbeiterInnen, Schule oder anderen soziale Netzwerken vorgesehen oder diese werden, wenn doch notwendig, nicht abgegolten.
Kann man es sich leisten, die am Land oft weiteren Strecken und längeren Anfahrtszeiten ganz oder teilweise als "Privatvergnügen" zu sehen, somit um weitaus weniger Stunden entlohnt zu werden? Kann man es sich heutzutage leisten noch weniger Kilometer-Geld zu bekommen als zuvor? Will man auf Psychohygiene und Weiterbildung in diesem Bereich total verzichten müssen?
Für Frau A. ist nun der Punkt gekommen, an dem sie es sich als Mutter und Alleinerzieherin nicht mehr leisten kann, diese Arbeit - mit denselben Anforderungen und Qualitätsansprüchen- zu weitaus schlechteren Konditionen zu leisten. Weder finanziell noch psychisch wäre dies auf Dauer haltbar.
Wie auch einige andere Kolleginnen hat sie nun begonnen, sich nach einem anderen Job umzusehen, der es ihr bei ähnlicher Arbeitszeit, auch noch erlaubt von ihrem Gehalt "zu leben" und nicht vorsätzlich Raubbau an ihrer Psyche zu betreiben. In Aussicht ist derzeit für Frau A. eine angelernte Arbeit in einem Industriebetrieb mit unregelmäßigen Arbeitszeiten, für den sie sich rasch entscheiden müsste, sollte sie im Rahmen des Bewerbungsverfahrens aufgenommen werden. Ihre Stärken in der sozialen Arbeit wären dann nicht mehr gefordert, die Kinderbetreuung für ihre eigenen Kinder müsste sie auf die Schnelle zu organisieren versuchen. (Und sie hätte noch "Glück", in ihrer Wohnregion so rasch eine Arbeit gefunden zu haben.)
Wie so oft treffen diese Kürzungen vor allem Frauen. Sie stehen jetzt vor der Entscheidung, ob und unter welchen Bedingungen sie weiter im Bereich der Jugendwohlfahrt tätig sein können. Wer dann in Zukunft die vielen Kinder betreuen wird, ist momentan offen.
Für den niederschwelligen Bereich sind Personen wie Frau A. "überqualifiziert", d.h. die Entlohnung ist aufgrund der strukturellen Voraussetzung zu niedrig, für höherwertigere Dienste müsste eine kosten- und zeitintensive Weiterbildung absolviert werden, wobei für einige Personen auch Teile der oft mehrjährigen Praxisvorraussetzungen fehlen.
Zu hoffen bleibt, dass weiterhin starke, engagierte und idealistische Menschen da sein werden - die vielleicht irgendwie den nötigen "Background" haben, diese Verschlechterungen für sich abzufedern.
Wirklich gesichert ist das Halten der Qualität aber durch die vielen Kürzungen aber nicht.
Weitere Härtefälle aus dem Bereich Jugendwohlfahrt, Jugendarbeit und Kinderbetreuung:
Gegenwart der steirischen Kinder- und Jugendarbeit sichern!
Die Steiermärkische Landesregierung hat Einsparungen beschlossen, welche zu einer Verschlechterung der Situation von Kindern und Jugendlichen in der Steiermark führt. Wenn auch konkrete Auswirkungen zu diesem Zeitpunkt - auf Grund fehlender bzw. unvollständiger Informationen von Seiten der Regierung - im Detail noch nicht genannt werden können, gilt an dieser Stelle festzuhalten:
Um die auch von Österreich ratifizierte UN-Kinderrechtekonvention einzuhalten, stellen wir folgende Forderungen an die Politik:
Bedarfsgerechte Budgetansätze für Kinder, Jugendliche und Familien vorsehen
Kinder und Jugendliche, die steirischen Familien und insbesondere sozial benachteiligte Gruppen - Arbeitslose, Arme, Prekarisierte und KleinverdienerInnen - sind an die Spitze der landespolitischen Agenda zu setzen. Die Landesregierung möge bei diesen Zielgruppen nicht nur keine Einsparungen vornehmen, sondern die dazu nötigen Budgetansätze bedarfsgerecht erhöhen, damit ein "Abbröckeln der gesellschaftlichen Mitte" in menschenunwürdige Lebens- und Arbeitsverhältnisse verhindert wird.
Kürzungen bei Kindern, Jugendlichen und Familien zerstören soziales Kapital, schädigen Arbeitsmarkt und Wirtschaftsstandort
Wissenschaftliche Studien wie auch unsere Erfahrungen bestätigen, dass Einsparungen bei den vitalen Interessen und Bedürfnissen der Kinder, Jugendlichen, Familien sowie bei allen im weitesten Sinne unterprivilegierten Gruppen den sozialen Zusammenhalt in unserem Lande schwächen. Dadurch wird soziales Kapital zerstört, die Lebensqualität reduziert, der Wirtschaftsstandort Steiermark massiv beschädigt, Arbeitslosigkeit erhöht und Armut verschärft. Weiters ist mit einer Vermehrung von Gewalt, Rassismus, politischem Extremismus und verschärften gesellschaftlichen Konflikten in unserem Lande zu rechnen. Unter dieser zu erwartenden Zukunft wollen wir die Landesregierung vor den fatalen Folgen von Einsparungen bei den angeführten Personengruppen eindringlich warnen.
Menschenwürdige Existenzgrundlage für alle WohnbürgerInnen der Steiermark schaffen
Gerade in Zeiten der Krise geht es unseres Erachtens darum, dass eine verantwortungsvolle Politik in Zusammenarbeit mit Sozialpartnern, Verwaltung, Wirtschaft, Medien, Gemeinden und Zivilgesellschaft alles Menschenmögliche unternimmt, um eine menschenwürdige Existenzgrundlage für jede/n WohnbürgerIn unserer Steiermark zu sichern. Deshalb richten wir den strategischen Appell an alle politischen VerantwortungsträgerInnen in unserem Land, keine linearen Kürzungen im Landesbudget vorzunehmen. Einsparungen müssen nach einer klaren gesellschaftspolitischen Prioritätensetzung im zuvor angeführten Sinne durchgeführt werden.
Bedarfsgerechter Ausbau der qualitätsvollen Palette der steirischen Jugendarbeit
Die steirische Jugendarbeit - ausdifferenziert in die verbandliche Jugendarbeit, die offene Jugendarbeit und die Jugendarbeit in den Fachstellen - ist gerade in Zeiten gesellschaftlicher Krisen notwendiger denn je, um Kinder und Jugendliche im Prozess des Erwachsenwerdens professionell zu begleiten. Im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts ist es trotz knappester Finanzmittel gelungen, eine gut ausdifferenzierte, qualitätsvolle und von Jugendlichen gut nachgefragte Angebotspalette über alle Formen der Jugendarbeit hinweg zu etablieren.
Jugend- und Bildungsarbeit schaffen innovative Arbeitsplätze und fördern die Regionalwirtschaft
Über diese wichtigen individuellen und gesamtgesellschaftlichen Nutzen- und Wertaspekten der gesamten steirischen Jugendarbeit hinaus wollen wir auch an den arbeitsmarkt- und wirtschaftspolitischen Nutzen von Jugendarbeit im Speziellen sowie auf die Wirtschafts- und Arbeitsmarktrelevanz in den Bereichen Jugend, Soziales, Gesundheit, Umwelt und Kultur im Allgemeinen hinweisen. Der gesamte NGO-Bereich in unserem Lande - die sogenannte "Sozialwirtschaft" - sichert Tausende Arbeitsplätze, ist insbesondere ein wichtiger Arbeitsmarkt für Frauen und für benachteiligte Personen und trägt maßgeblich bei zur Regionalentwicklung und zur Stärkung der Regionalwirtschaft.
Strategiedialog "Politik, Verwaltung, NGO´s" zur Verbesserung von Budgets und
Rahmenbedingungen jetzt beginnen!
Wir appellieren daher an Sie als Verantwortliche der Landesregierung, dem Landtag, dem Städtebund und Gemeindebund, einen solchen Strategiedialog für die Verbesserung von Rahmenbedingungen in der steirischen Jugendarbeit zu starten. Wir stehen der Politik und der Verwaltung mit unserer Expertise dabei gerne zur Verfügung. Wir sind der Überzeugung, dass der bedarfsgerechte Ausbau der steirischen Jugendarbeit nur auf Grundlage von Analysen, Konzepten und Programmen gelingen kann und dass sämtliche AkteurInnen, die mit der Zielgruppe Jugend arbeiten, diesen Strategiedialog auf Augenhöhe und ergebnisorientiert führen sollten.
Auszug aus der Resolution des Steirischen Fachstellennetzwerkes.
Die komplette Fassung ist nachzulesen auf www.fachstellennetzwerk.at!
Härtefall Familie A.:
Ich lebe mit meinem Sohn, 10 Jahre, im Mürztal. Ich bin geschieden und die Zeit nach der Scheidung war für mich und meinen Sohn sehr schwierig. Ich bin seit Jahren arbeitslos und muss mit wenig Geld auskommen. Wenn das Sparpaket wirklich beschlossen werden sollte, befürchte ich, dass sich für mich und meinen Sohn vieles verschlechtern wird. Mein Sohn darf seit zwei Jahren die "Zaubervilla", eine Einrichtung für Kinder, die Betreuung brauchen, besuchen. Seit dem Besuch in der Zaubervilla hat sich das Sozialverhalten meines Sohnes um vieles verbessert. Die Kosten werden vom Jugendamt übernommen, und wir haben auch noch seit der Scheidung Sozialpädagogische Familienbetreuung. Durch die Hilfestellungen konnten wir die schwere Zeit gut bearbeiten. Ich befürchte, wenn mein Sohn - aus Kostengründen - nicht mehr in die Zaubervilla gehen könnte, sich vieles für ihn verschlechtern würde. Auch eine Kürzung der Wohnbeihilfe wäre für uns katastrophal. Ich bin sehr gerne bereit, Ihnen meine Situation persönlich darzustellen.
Härtefall Familie M.:
Ich bin eine alleinerziehende Mutter von drei Kindern. Ich habe einen Privatkonkurs und somit leben wir finanziell sehr eingeschränkt. Durch die schwierige Familiensituation erhalten meine Kinder und ich Hilfestellungen durch das Jugendamt, ohne die wir diese schwierige Zeit nicht gut durch stehen würden. Der Kindesvater und ich haben uns seit kurzem getrennt, was für meine Kinder einerseits eine emotionale Belastung und anderseits für mich eine Mehrbelastung bedeutet. Auch der Vater meiner Kinder befindet sich in Privatkonkurs und hat nur begrenzte finanzielle Mittel, zurzeit erhalte ich noch keine Alimente für unsere Kinder. Eine Kürzung der Sozialleistungen würde das Leben für mich und meine Kinder sehr erschweren. Auch den Wegfall von Einmalhilfeleistungen durch das Sozialamt empfinde ich als belastend.
Familie M. aus Kapfenberg
Härtefall Familie X.:
Familie X besteht aus einer alleinerziehenden Mutter mit zwei minderjährigen Töchtern, psychisch aufgrund der eigenen belastenden Familiengeschichte und der Überforderung als Alleinerzieherin instabil und zwischendurch arbeitslos. Der Vater der Kinder ist vor 4 Jahren gestorben, die Familie bekommt € 360.- Familienbeihilfe, € 250.- Wohnbeihilfe, € 300.- Waisenrente und die Mutter verdient € 600.-
Mit rund € 1500.- ist zwar eine Basisversorgung gegeben, die Familie hat ein Dach über dem Kopf und verhungert nicht. Jedoch bleibt jetzt schon der Familie kaum bis kein Geld für kulturelle Aktivitäten, wie Sportverein, … oder kostenintensive Schulveranstaltungen, wie Skikurs, …
Mit der Kürzung der Wohnbeihilfe wird es für die Mutter noch schwieriger ihren Kinder, die Teilnahme an Schulausflügen,... zu ermöglichen. Somit tragen Sie dazu bei, dass diese Kinder weniger im Klassenverband integriert sind, voraussichtlich früher als ihren Talenten entsprechend die Schule verlassen und somit weniger Chancen auf Bildung und schlechter Berufschancen haben.
Im Sinne der sozialen Gerechtigkeit sollte es für alle Menschen in Österreich möglich sein, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen, oder? Alle Kinder sollten die Möglichkeit haben, ihren Talenten entsprechend gefördert werden zu können. Wenn das nicht möglich ist, entspricht das einer Ungleichbehandlung und das ist nicht fair.
Brief einer Mutter:
Sehr geehrter Herr Landeshauptmann-Stv. Schrittwieser!
Ich möchte Ihnen eine Kurzzusammenfassung meiner Lebensgeschichte
schildern, um aufzuzeigen, wie sehr mich die Einsparungen treffen
würden:
Mein Name ist R. M. und ich habe 2 Kinder im Alter von 14 und 8 Jahren. Beide Kinder haben den gleichen Papa, mit dem ich bis vor 3 Jahren verheiratet war. Mein Sohn P. ist 1996 zur Welt gekommen, meine Tochter A. ist 2002 geboren. Bevor mein Sohn zur Welt gekommen ist, führte ich einganz normales, um nicht zu sagen, unauffälliges Leben.
Ich arbeitete als Einzelhandelskauffrau bei der Firma Julius Meinl in Leoben. Ich erfreute mich bester Gesundheit.
Mit 23 Jahren habe ich dann mein Wunschkind P. bekommen. Als er 6 Jahre alt war, wurde bei ihm ADHS diagnostiziert. Ich suchte mehrere Ärzte und Kliniken auf, P. erhielt eine Ergotherapie, sowie eine medikamentöse Behandlung. Die Medikation sprach aber bei ihm nicht an\; es entstand ein Leidensweg für die ganze Familie. Ich wurde ständig in die Schule gebeten, da es massive Probleme gab. In der ersten Klasse wurde mein Sohn nach einer schulpsychologischen Abklärung in den Heilpädagogischen Kindergarten rückgestuft. Ein Jahr darauf versuchten wir es in einer anderen Schule, wo er Sonderpädagogischen Förderbedarf erhielt und als Integrationskind geführt wurde. Aber auch an dieser
Schule gestaltete sich der Unterricht mit P. schwierig. Er wurde depressiv und als er Suizid-Gedanken äußerte, brachte ich ihn in die Kinderabteilung der Sigmund-Freud-Klinik in Graz.
Anschließend wurde er ein halbes Jahr auf der Heilpädagogischen Station in Graz betreut und beschult. Dort wurde uns empfohlen, P. für die weitere Schullaufbahn im Pius-Institut in Bruck/Mur anzumelden.
Dort verlief es Anfangs gut, doch nach einiger Zeit war die alte Problematik wieder da. Als P. 11 Jahre alt war, empfahl mir die BH Leoben, ihn bei einer Hausbeschulung anzumelden. Diese gab es in Trieben und war an die Unterbringung in einer Wohngemeinschaft gekoppelt, eine externe Beschulung war somit nicht möglich. Schon nach kurzer Zeit
klagte P. über Heimweh und weinte nur mehr. Als wir ihn besuchten, klammerte er sich an mich, er war fast panisch und ich hatte keine Ahnung, warum. Das ging so weiter und aufgrund dessen sprach ich bei der BH Leoben vor, P. doch bitte da raus zu nehmen und etwas anderes für ihn zu suchen. Doch man teilte mir mit, dass es keine andere Möglichkeit
gäbe und ich nur konsequent bleiben solle.
Drei Monate später wurde P. erneut in die Sigmund-Freud-Klinik eingewiesen, da er eine schwere Depression hatte. In der Klinik fand man dann den Grund seines Zusammenbruchs heraus. P. wurde über Monate von einem Mitbewohner sexuell missbraucht und misshandelt.
Für mich und meinen Mann brach eine Welt zusammen. Ich bekam auf einmal
gesundheitliche Probleme, Asthma wurde diagnostiziert. Ein Monat später hatte ich einen Lungeninfarkt.
In der Ehe kriselte es und da mich mein Mann weder bei der Anzeige bei der Polizei, noch bei den Gesprächen mit der Behörde unterstützte, eskalierte die Situation, ich wollte die Scheidung.
Mein Mann akzeptierte dies nicht und war mir gegenüber gewalttätig, ich musste ins Frauenhaus ziehen. Zu diesem Zeitpunkt blieb ich mit meiner Tochter im Frauenhaus in Kapfenberg, P. war noch im LSF in Graz.
Nach seiner Entlassung zog er auch zu mir und man fand sogar eine Schule (obwohl die BH Leoben meinte, es gäbe keine mehr) in Kapfenberg. Seitdem besucht P. das Sonderpädagogische Zentrum in Kapfenberg.
Ich brachte mit Hilfe der Anwältin im Frauenhaus die Scheidung durch und
suchte mir eine Wohnung nahe der Schule. Seit 3 Jahren wohne ich jetzt mit
meinen beiden Kindern hier. Leistbar ist das mit Hilfe der Wohnbeihilfe,
deshalb würde mich das treffen, wenn diese gekürzt wird. Ich bin leider auf
die Beihilfe angewiesen. Auch brauche ich dringend die Sozialpädagogische Familienbetreuung, da ich im Alltag oft mit jemanden abklären muss, wie ich in gewissen Situationen vorgehe. Ich bin selbst nicht gesund, ich leide unter Zwängen, Panikattacken und einer Depression. Deswegen bin ich derzeit auch in Berufsunfähigkeitspension. Wenn es mir nicht gut geht, brauche ich meine Betreuer, die auch sofort reagieren. Wenn ich da keine Ansprechpartner hätte, würde ich in ein noch tieferes Loch fallen!
Da P. noch sehr unter dem Missbrauch leidet, ist er sehr auf mich fixiert und kann kein normales Leben führen. Das bedeutet er hat ständig Wutausbrüche, will immer meine Aufmerksamkeit, er leidet unter Zwängen und paranoiden Gedanken, er ist sehr ängstlich und muss vier Sorten schwerer Medikamente zu sich nehmen. Das alles geht natürlich an meine Substanz bzw. es beeinträchtigt unser Zusammenleben sehr.
Damit sich meine Tochter A. (die Gott sei Dank völlig gesund ist) nicht die Verhaltensweisen von ihrem Bruder abschaut, besucht sie in der Dr.Karl RennerVolksschule die Nachmittagsbetreuung. Nur so hat sie die Möglichkeit unbeschwerter aufzuwachsen, bzw. nicht von der Problematik behaftet zu sein.Die Nachmittagsbetreuung ist für mich und für A. also sehr wertvoll!
Würden die Fördermittel gestrichen oder gekürzt werden, betrifft mich das in voller Länge! Das macht mir Angst, denn meine aufgebaute Familienstruktur würde dann kippen. Auch die Kindererholungsaktion betrifft mich, denn diese kann ich mir ohne die Zuschüsse nicht leisten!
Momentan gelingt es mir noch, mit meinen Kindern am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Das heißt ich kann mit ihnen ins Kino gehen, oder zum Schwimmen, oder manchmal einen Ausflug unternehmen. Wenn mir so vieles gestrichen oder gekürzt wird, ist das nicht mehr möglich.
Dann hätten wir eine Zwei-Klassen-Gesellschaft, in der ich zur 2. Klasse gehören würde!
Ich bedanke mich herzlich für Ihre Zeit!
Hochachtungsvoll
R
Text einer Jugendlichen, Teilnehmerin an der MOB-Maßnahme
Ich bin 18 Jahre alt und ich kam vor einem Jahr ins MOB. Als ich in das MOB kam hatte ich nichts, weder eine Familie und Unterstützung, noch finanzielle Mittel, einfach nichts.
Die Maßnahme gab mir Hoffnung, ich wurde in meinen Entscheidungen und in meiner finanziellen Lage unterstützt. Mir wurde geholfen eine schöne Wohnung zu finden, Möbel wurden besorgt uvm. Ich hatte wieder ein zu Hause. Heute ist es mir möglich, ein geregeltes Leben zu führen und bald auf eigenen Beinen stehen zu können. Noch dieses Jahr werde ich meine LAP als Köchin ablegen. Alleine und ohne Unterstützung hätte ich es möglicherweise nicht so weit schaffen können.
Ich kann es nicht verstehen, warum das Land Steiermark den sozial benachteiligten Kindern und Jugendlichen so viel Unterstützung streichen will, und warum gerade an der Zukunft von jungen Menschen gespart wird. Wie soll es bitte möglich sein, eine Wohnung, mit mehr als 30 m² Wohnfläche, zu finden, die nicht mehr als € 260 kosten darf?? Oder dass die Familienbeihilfe und die Alimente zurückbehalten werden und Jugendliche mit ca. € 280 Lebensunterhalt auskommen müssen.
Ich sage dazu nur: SPART NICHT AN DER FALSCHEN STELLE, SONDERN DORT WO ES NICHT GERADE UM LEBEN GEHT!!! DENKT DARÜBER NACH BEVOR IHR HANDELT UND WELCHE VOR- UND NACHTEILE ES HAT!!
Der Text wurde von der Jugendlichen selbst verfasst.
Drohende Schließung eines Jugendzentrums:
Auf Grund der Einsparungen im Kinder- und Jugendbereich werden Angebote für Kinder und Jugendliche reduziert. Dies hat zur Folge, dass einzelne Dienstleistungen nicht mehr angeboten werden können. Für Sebastian, 15 Jahre, ist das örtliche Jugendzentrum ein wichtiges Angebot, um Freunde zu treffen und Freizeit zu verbringen. Nachdem er mitbekommt, dass Gemeinde und der Träger der Einrichtung überlegen, das Jugendzentrum zu schließen, spürt er, dass sich ein Teil seines Alltagslebens in Nichts auflöst und große Unsicherheit verursacht. Immer öfter denkt er über die Zukunft nach und dieser Umstand verändert sein Wesen: Er wird verschlossener und zieht sich zurück, bis er eines Tages entscheidet, nicht mehr zum Jugendzentrum zu gehen.
Härtefall R., Teilnehmerin der MOB-Maßnahme, 15 Jahre alt
Aufgrund einer sehr schwierigen Familienkonstellation ist es für R. nicht möglich bei einem Elternteil zu wohnen und ist jetzt froh über die Möglichkeit eine eigene kleine Wohnung zu beziehen. Die Jugendliche besucht die 1. Klasse einer HBLA.
Die Wohnungssuche gestaltete sich schwierig\; laut Landesauflagen darf die Wohnung eine m² Fläche von 31 m² nicht unterschreiten\; die Wohnungsmiete inkl. Betriebs-, Heiz- und Stromkosten darf nicht über € 260 liegen. Eine Wohnung mit diesen Kriterien zu finden gestaltet sich in größeren Städten sehr schwierig und auch am Land sind diese Wohnung nur mit sehr schlechter Anbindung an das öffentliche Verkehrsnetz zu haben. Wird keine Wohnung, diesen finanziellen Kriterien entsprechend gefunden, muss der Restbetrag selbst finanziert werden.
Die Jugendlichen kommen meistens mit nichts, außer ein wenig Kleidung. Ein kompletter Hausstand und Möblierung müssen finanziert werden, durch die Kürzung der Sachkosten werden die Jugendlichen in Zukunft auf Spenden angewiesen sein. Dies betrifft Küche, Bett, …..bis hin zu Geschirr, Handtücher….
Jugendliche ohne Einkommen erhalten im Monat € 280 als Lebensunterhalt (Familienbeihilfe wird ebenfalls keine bezogen). Mit diesem Betrag müssen sie sich sämtliche Haushaltsausgaben, Essen, Bekleidung, Schulunterlagen, Medikamente etc…..finanziert werden.
Vor kurzem wurde R. von der TG ermöglicht an der Sommersportwoche ihrer Schule in Kärnten teilzunehmen, Kosten über € 300.
Psychologische Behandlung, zur Verarbeitung ihrer schlimmen Erlebnisse, wird diesen Jugendlichen nur in kostenlosen Behandlungszentren ermöglicht. Mit langen Wartezeiten auf einen Therapieplatz und kurzer Behandlungszeiten ist dann zu rechnen.
R. hat in ihrem jungen Leben schon viel erleben müssen und benötigt Halt, Stabilität und Sicherheiten. Halt und Stabilität bekommt sie derzeit von ihren Betreuern, werden die konkreten Sparmaßnahmen jedoch umgesetzt, werden in Zukunft auch Betreuungsstunden gekürzt werden müssen. Jedes Monat mit der Unsicherheit leben, ob noch Geld für Essen da ist. Und ja vielleicht kann ein wenig Geld gespart werden für neue Schuhe oder auch einmal ein Kinobesuch mit ihren Freunden.
Härtefall Jugendlicher in der Mob-Betreuung
Ich lebe seit meinem 4. Lebensjahr in einer Einrichtung. Seit einem Jahr in der mobilen Betreuung. Arbeiten gehe ich zur Lebenshilfe in eine Werkstätte, ich hab´s nämlich in der Schule immer sehr schwer gehabt. Im großen und ganzen komme ich schon gut zurecht mit meinem Leben, ich habe aber noch Schwierigkeiten mit Geld, mit Behörden, brauch immer wieder einen Schubser oder auch wenn’s darum geht Streitereien mit anderen gut zu lösen, ich kann auch schwer allein sein. Es muss mir auch immer wieder viel erklärt werden. Ich kann mir nicht vorstellen, wenn die Betreuer bald weniger Zeit für mich haben. Leider ist das so. Ich weiß nicht, ob ich wirklich schon so selbständig bin. Meine Eltern kann ich nicht fragen, die tun sich selber mit dem Leben schwer. Ich hoffe, das geht gut, weil ich nicht in einem Heim weiterleben möchte.
Härtefall L.:
Ich bin L. und lebe seit März im Programm "mobil betreutes Wohnen" bei der Therapeutischen Gemeinschaft Steiermark. Im Juli 2010 bin ich mit 15 Jahren von zu Hause weggelaufen, weil es einfach nicht mehr ging. Bei der Beratungs- und Zufluchtstelle Tartaruga fand ich für kurze Zeit einen Platz zum schlafen. Aber bereits nach zwei Monaten aufgrund einiger Vorfälle, unter anderem einen Selbstmordversuch, war ich gezwungen auf der Straße zu leben ohne einem Zuhause oder einer Familie. In dieser Zeit wurde ich Mephedron-abhängig und fühlte mich von allen Seiten im Stich gelassen. Wenn man auf der Straße lebt und Drogen konsumiert, ist man jedem egal. Danach lebte ich einige Zeit bei meiner Freundin und konnte zum Glück mit meiner Drogenvergangenheit abschließen. Nach dieser Zeit bin ich froh, eine eigene Wohnung zu haben und im Programm "Mobil betreutes Wohnen" einen Platz gefunden zu haben.
Härtefall S., 17 Jahre alt:
Ich denke, im Namen vieler Jugendlicher zu schreiben, die fremde Hilfe, Unterstützung und Betreuung annehmen müssen.
Wir wurden zum Teil von zu Hause rausgeschmissen, hatten sehr schwere Familienverhältnisse oder wurden purer Gewalt ausgesetzt. Manche lebten danach auf der Straße, schliefen unter Brücken, rutschten in Drogenmissbrauch oder Alkoholismus ab. Viele kamen mit diesen belastenden Umständen nicht klar und bekamen Suizidgedanken. Die meisten fühlten sich auf irgendeine Art alleine gelassen, nicht verstanden, einfach nicht akzeptiert.
Daher sind viele Kinder und Jugendliche froh darüber, dass es Heime, Notunterkünfte, aber auch Pflegefamilien, Mobwohnungen und Vieles mehr gibt. Noch gibt!
Menschen, die ein geregeltes Leben haben und sich in geordneten Verhältnissen befinden, schimpfen oft über solche Maßnahmen und bringen wenig Verständnis auf, da sie meinen, ihre Steuergelder würden dafür verschwendet. Sie bemerken dabei nicht, oder vergessen einfach, wie schwer es viele Kinder und Teenager heutzutage zu Hause haben. Was würden viele von ihnen ohne Notunterkünfte, die Hilfe von Streetworkern, Betreuern und Sozialhilfe vom Staat machen?
Wir hätten dann zum Beispiel keine Einrichtung, kein Bett zum Schlafen, kein Dach über dem Kopf, Nichts zu essen. Viele würden erkranken, Hunger leiden müssen, erfrieren oder aus anderen Gründen ums Leben kommen…. Sie könnten in ein tiefes Loch fallen und hätten niemals die Chance und die Möglichkeit, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen und für sich selbst zu sorgen, könnten niemals ein geregeltes Leben führen. Vor allem keine eigenen Familien gründen und es selbst einmal besser machen, da sie aus Fehlern lernen könnten. Geschweige denn jemals in den Urlaub fahren, ein eigenes Auto besitzen…..
Für alle Betroffenen wäre es eine Katastrophe, würde es die Unterstützung in der Art, wie sie jetzt möglich ist, nicht mehr geben.
Gerade in der heutigen Zeit, in der die Menschen immer mehr nur auf sich selbst schauen und nicht mehr bereit sind, anderen ihre Unterstützung anzubieten, darf nicht zugelassen werden, dass Einschränkungen im Sozialbereich die oft letzte Hoffnung sterben lassen!
Mit lieben und hoffnungsvollen Grüßen
S.
Härtefall Mitarbeiterin im SFB (Sozialpädagogische Familienbetreuung):
Ich bin seit knapp 20 Jahren Sozialarbeiterin und arbeite mit Kindern, Jugendlichen und Multiproblemfamilien. Dass ich als Sozialarbeiterin niemals zu den Schwerverdienern gehören werde, war mir bewusst. Das ich für mein Gehalt schwer arbeiten muss auch. Ich sehe es aber auch als meinen Beitrag für die Gesellschaft diese Menschen zu unterstützen und so meinen Beitrag zu leisten. Positiv war an meiner Arbeit bisher immer, dass genügend Zeit war mit den KollegInnen über schwierige Familiensituationen zu reflektieren, in Intervision zu gehen.
Wir haben im SFB mit vielen psychisch Erkrankten, Gewalttätern, etc zu tun. Häufig geht es um Begleitung bei Obsorgeüberprüfungen, Kindeswohlgefährdung, Kontrolle, …
Drei Beispiele erlauben wir uns vorzustellen:
Familie A. - 2 Kinder, junge Eltern, Gewalt seitens des Vaters, möglicherweise auch gegen Kinder, Mutter liebevoll, von klein auf amtsbekannt, will sich trennen, kommt nicht vom Vater weg, mGM Unterstützung, Anzeige der Nachbarn-Polizeieinsatz-forensische Untersuchung, keine Auffälligkeiten, Mutter meint Mj. nicht mit Vater alleine lassen zu können, Mj. A. redet viel, übernimmt Sprache des Vater, Vater war bei Pflegeeltern wegen Gewalt in der Familie, Mutter opfert sich für Vater auf,\; Ziele: größere Wohnung, Finanzen abklären, Selbstwert der Eltern stärken, Kontrolle - Kindeswohlgefährdung, Begleitung Eltern-Kind-Zentrum ->\;Integration, Beziehung Vater - Mutter → sinnvolle Freizeitgestaltung mit Kindern
Familie B. - R.- leiblicher Sohn der Fr. B aus erster Ehe, Grund der Wegweisung: Bereits während einer Autofahrt Gewalttätigkeiten durch Herrn B. (riss seine Frau an den Haaren, schlug ihr mit der Faust ins Gesicht), diese setzten sich in der gemeinsamen Wohnung fort. Laut Angaben von Frau B. habe sich Herr B. im vergangenen Jahr 6 Mal in psychiatrischer Behandlung befunden, da er an schweren Depressionen leide, sich immer massiv aggressiv verhalte und sich dann nicht mehr unter Kontrolle habe, ebenso habe es Suicidandrohungen gegeben (Sprung vom Balkon der Wohnung). Auch vor den Augen der Kinder sei es immer wieder zu Gewalttätigkeiten gekommen - Frau B. hat bereits einmal das Frauenschutzzentrum aufgesucht.
Die Frau B. spricht offen im vertraulichen Gespräch - sie ist in zweiter Ehe verheiratet (katholisch-christlicher Background der Herkunftsfamilie - eine neuerliche Trennung würde ihre Familie sehr verletzten - kranker Vater - keine Hoffnung auf Verständnis im Falle einer Trennung vom Ehemann), erlebt die aktuelle Familiensituation als sehr belastend und auch gefährdend für das Kindeswohl. Die zu 75% berufstätige Frau bemüht sich, die Kinder nicht mit dem Vater alleine zu lassen (I. besucht einen Ganztageskindergarten).
Familie C. - 7 Kinder, 13-jähriges Kind soll rückgeführt werden, andere Kinder noch fremduntergebracht, Abklärung ob möglich, extrem aggressiv, Hausbeschulung da im Regelunterricht nicht tragbar, Mj. auch gegen BetreuerInnen und PflegerInnen des LSF körperlich gewalttätig, Vater Alkoholiker, Mutter kümmert sich seit Jahren nicht
Diese Familiengeschichten könnten noch einige Zeit fortgesetzt werden, sind aber mehr oder minder alle ähnlich gelagert. Definitiv handelt es sich um menschliche Schicksale, die einer behutsamen, durchdachten, professionellen Begleitung bedürfen.
Aber wann, Herr Schrittwieser, sollen wir denn uns adäquat vorbereiten, wenn Sie uns die Zeit dafür so drastisch kürzen? Bisher konnten sich meine MitarbeiterInnen und ich vor- und nachbereiten, einschlägige Literatur studieren, … Wir hatten ausreichend Zeit für Teamsitzungen, Intervision, Dokumentation, …
Eine Rechnung muss weiterhin geschrieben werden, ebenso Berichte, Betreuungsprotokolle, Stundenaufzeichnungen, Behördenkontakte u.v.m. Wo wird wohl gespart werden? Der einzige mögliche Bereich ist die Psychohygiene. Was wird das für meine MA bedeuten? Weniger Möglichkeit zum Austausch mit KollegInnen, weniger Zeit für Teamsitzungen, Reflexion und Intervision.
Das kommt einer massiven Geringschätzung sozialer Arbeit gleich. Jede Aussage unsererseits muss überlegt sein, denn eine falsche könnte eine Krise oder einen psychotischen Schub auslösen. Nur unter entsprechenden Rahmenbedingungen ist es möglich, dass sich unsere Klienten, Familien und Kinder entwickeln und eine Chance auf eine bessere Zukunft haben.
Und haben Sie Herr Dr. Voves und Herr Schrittwieser bedacht, dass jeder investierte Euro sich mit rund E 7.- reinvestiert? Jede Million, die Sie "einsparen", ist ein Kredit von 7.000.000.-\; also von wegen sparen für unsere Kinder! Sie machen Schulden auf Kosten unserer Kinder. Und Sie nutzen die soziale Kompetenz von 1000en HelferInnen aus!
Haben Sie sich schon einmal mit Burnoutstudien auseinandergesetzt? Ja, ja, ich weiß, dass ist nicht der Jugendwohlfahrttopf, sondern jener des AMS oder der GKK. Soll das weitsichtig sein? Ist das soziale Gerechtigkeit? Denken wir konstruktiv über Einsparungsmöglichkeiten nach, reden Sie mit Betroffenen und beweisen Sie soziale Kompetenz!
ES GIBT ALTERNATIVEN!!!
Härtefall Mitarbeiterin einer Kinder- und Jugendwohngruppe, 34 Jahre
Ich arbeite seit 6 Jahren in einer Kinder- und Jugendwohngruppe. Die Arbeit entspricht genau meinen Vorstellungen eines zufrieden stellenden Jobs. In den letzten Jahren hat es jedoch eine Veränderung bei den Kindern gegeben. Die Kinder, die fremduntergebracht werden, tragen einen immer größeren Rucksack mit sich. Die Mehrheit der Kinder haben mit Entwicklungstraumata zu kämpfen und brauchen dadurch entsprechende Halt-bietende, ressourcenorientiert arbeitende SozialpädagogInnen, um die Kinder stabilisieren zu können. Schulleistungsstörungen, Konzentrationsstörungen, dissoziales Verhalten, Suizidalität, selbstverletzendes Verhalten, quälende Schuldgefühle - das sind die Themen mit denen wir als SozialpädagogInnen hauptsächlich konfrontiert sind. Wie sollen wir diese Themen gut be- und verarbeiten können, wenn die Supervisionsstunden gekürzt werden. Wie sollen wir uns in neue Themen einarbeiten, wenn es nur mehr einen Fortbildungstag gibt? Meine Psychohygiene ist mir wichtig um auch gut mit den Kindern weiterarbeiten zu können und es ist ein Zeichen von Professionalität die Bereiche Supervision und Fortbildung nicht auf ein Mickey-Maus-Budget zu reduzieren. Aber Professionalität in der Arbeit mit Kindern ist nicht gefragt in der Steiermark, sonst würde die Leistungsbeschreibung anders aussehen. Die Arbeit entwickelt sich zum Härtefall für Kinder und SozialpädagogInnen.
Ich lade politisch Verantwortliche zur Jobrotation ein …. dann würde die Realität für Kinder und SozialpädagogInnen wohl anders aussehen.
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Bedrohung Verlust des Arbeitsplatzes:
Die angespannte Budgetsituation im Kinder- und Jugendbereich führt dazu, dass Martina, Mutter zweier Kinder im Alter von zwei und fünf Jahren, zunehmend Angst vor dem Verlust ihres Arbeitsplatzes hat. Dies hat zur Folge, dass die Alleinerzieherin zunehmend gestresst und gedanklich abwesend ist. Der ohnehin schon anstrengende Alltag wird durch diese reale Bedrohung zu einer wirklichen Herausforderung für ein friedvolles und haltgebendes Zusammenleben der Familie. Die beiden Mädchen, Angelika und Sabine, spüren das Unwohlsein ihrer Mutter und werden zunehmend gereizter und unausgeglichener. Das wiederum nimmt ihre Umwelt war … eine zunehmend "tödliche" Spirale …
Härtefall Frau S.:
Frau S. leidet bereits jahrelang unter starken Angstzuständen und Panikattacken, welche ihr eine Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unmöglich machen, Führerschein und Auto hat sie nicht. Der ihrem Wohnort nächst gelegene Psychotherapeut befindet sich gut 40km entfernt. Aufgrund der Kürzungen gibt es für Frau S. keine Möglichkeit, dorthin zu gelangen und die für sie dringend notwendige Therapie zu absolvieren. Eine Besserung ihrer psychischen Situation ist im Hinblick auf einem zukünftigen Wiedereintritt in die Arbeitswelt und einer damit verbundene Verbesserung ihrer finanziellen Lage jedoch unumgänglich.
Ihre finanzielle Situation hat sich durch die Neuerungen weiter verschlechtert. Durch die Mindestsicherung erhält Frau S. nun weniger als zuvor, Kinderbetreuungsgeld sowie Alimentationszahlungen werden gegen gerechnet. Die Wohnbeihilfe wurde gekürzt und auch die Suche nach einer neuen günstigeren Wohnung durch neue Höchstgrenzenbestimmungen für Mietsätze erschwert.
Frau S. hat drei Kinder, die zum Teil im Hort beziehungsweise Nachmittagsbetreuungsstätten untergebracht sind. Auch hier wurden die finanziellen Unterstützungen auf ein Minimum reduziert.
Härtefall Wiedereinführung des Kindergartenbeitrages:
Die Eltern von Maria entscheiden sich nun doch - auf Grund der Wiedereinführung des Kindergartenbeitrages - ihre Tochter nicht in eine Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtung zu geben. Sie ist drei Jahre und ein Einzelkind, die Mutter bleibt ein weiteres Jahr zu Hause. Da sie und ihre Eltern in einem kleinen Ort in der Obersteiermark leben, hat das dreijährige Mädchen ein Jahr lang nur wenige Möglichkeiten, soziale Kontakte mit Gleichaltrigen zu üben und sich spielerisch in der Gruppe soziale Kompetenzen anzueignen.
è Dieser Fall steht stellvertretend für viele Entscheidungen, die aktuell in Familien getroffen werden. Leider werden wir erst im Herbst tatsächlich wissen, wie viele Eltern entscheiden, ihr Kind in keine Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtung zu geben. Und die Auswirkungen dieser Entscheidungen werden wir -leider - erst in vielen Jahren wahrnehmen können.
Härtefall Familie K. - Wiedereinführung der Kindergartengebühr:
H., 8 Jahre alt, lebt mit seinen Eltern und seiner 3-jährigen Schwester in einem Haus,
etwas abgelegen vom Ort
Die Eltern von H. sind beide berufstätig. Der Vater arbeitet in einer Kinderbetreuungseinrichtung, die Mutter als Teilzeitkraft in einem Lebensmittelgeschäft. Gemeinsam haben sie ein Nettoeinkommen von rund 1800,- Euro, zuzüglich Familien- und Wohnbeihilfe. Sie leben nicht auf großem Fuß, doch sind stets bemüht, ihre Zeit mit der Familie quantitäts- und qualitätsvoll zu verbringen. Ihr Bestreben ist es, dass am Ende des Geldes nicht mehr viel Monat übrig ist und sie über die Runden kommen. Johannes und seine Schwester genießen ihr geborgenes Zuhause und die Lebensfreude, die ihnen vermittelt wird.
Nun gibt es finanzielle Änderungen… Kürzungen und ein Mehr an Kindergartenkosten fallen an, zusätzlich steht beim Auto (einem Skoda aus dem Jahre 2001) ein großes Service an. Der Vater fährt mit dem Kindergartenbus mit zur Arbeit, doch die Mutter ist auf das Auto angewiesen. Johannes ist auch in einer Jungschargruppe, zu deren gemeinsamen Aktivitäten er immer mit dem Auto gebracht werden muss.
Die Eltern stehen vor einer großen Herausforderung, sie sind im Zwiespalt zwischen einer guten Begleitung ihrer Kinder und den finanziellen Nöten. Das Thema Geld nimmt somit in ihren Köpfen einen so großen Platz ein, dass sie zunehmend auf gemeinsame Aktivitäten verzichten und ihnen vielfach auch die Ruhe fehlt, wirklich bei den Kindern zu sein. Somit wird es unweigerlich für die gesamte Familie zu einer Stresssituation und das Geld bekommt eine Macht und Eigendynamik, die bei weiteren "kurzsichtigen" Kürzungen im Sozialbereich drastische Ausmaße annehmen wird!!!
Aggressionen, Streit, Ruhelosigkeit, Gewalt, Suchtprobleme sind mögliche Folgen! Und eine Gesellschaft, die getrieben ist - auf der hilflosen Suche nach dem Sein im Jetzt.
Härtefall Kürzungen bei Kinderferienaktionen:
Einerseits nimmt auf Grund der fehlenden finanziellen und organisatorischen Rahmenbedingungen das Angebot von geförderten Ferienaktionen des Landes durch NGOs ab, andererseits werden immer mehr private und sehr kostenintensive Ferienwochen für Kinder und Jugendliche auf dem Markt angeboten. Diese Entwicklung hat zur Folge, dass die Eltern von Thomas, 9 Jahre, für dieses Jahr beschließen, ihren Sohn zu keiner Kinderferienaktion anzumelden.
Die Eltern von Thomas haben nur ein kleines Familieneinkommen, ein größerer Urlaub geht sich finanziell nicht aus. Somit hat der neunjährige Junge dieses Jahr keine Möglichkeit, auf Urlaub zu fahren und sein Recht auf Freizeit angemessen zu erfahren.
Verschlechterungen durch die Einführung der Mindestsicherung:
1) Das Verschlechterungsverbot wird nicht eingehalten. Nach Einführung der Mindestsicherung werden alle schlechter gestellt als mit der bisherigen Sozialhilfe - d.h. die Mindestsicherung ist eine Mogelpackung, die Gemeinden und das Land sparen auf dem Rücken der Ärmsten viel Geld ein. Und zwar durch folgende Maßnahmen:
- Die Kinderrichtsätze wurden von € 169,-- auf € 143,05 gekürzt.
- Die Sonderzahlungen (13. und 14. Auszahlung) für Erwachsene wurden ersatzlos gestrichen. Ein(e) Alleinstehende(r) verliert dadurch € 1.096,-- pro Jahr (zweimal jährlich € 548,--).
- Der Energiekostenbeitrag wurde gestrichen, zweimal jährlich € 47,--, d.s. in Summe € 94,--.
- Die Wohnbeihilfe wird als Einkommen gerechnet, dadurch wird die Mindestsicherung noch geringer.
- Leben erwachsene Personen in einer Wohngemeinschaft, wird automatisch eine "Wirtschaftsgemeinschaft" angenommen, wodurch es zu einer Reduktion der Ansprüche kommt.
2) Der Regress wird wieder eingeführt! Erst 2008 wurde der Regress in der Sozialhilfe abgeschafft. Nun wird er bei der Mindestsicherung - entgegen der § 15a-Vereinbarung - wieder eingeführt, ab einem Einkommen der Angehörigen von € 1.500,-- monatlich.
Der Regress ist kontraproduktiv für die Betroffenen und ihre Angehörigen.
Viele Menschen, die Anspruch auf Mindestsicherung haben, werden ihren Anspruch nicht wahrnehmen, weil sie sich schämen, dass ihre Eltern oder erwachsenen Kinder, von den Behörden erfahren, dass es ihnen finanziell schlecht geht und dass diese Angehörigen zum Rückersatz verpflichtet werden. Welche Mutter oder welches erwachsene Kind möchte schon, dass die eigenen Kinder bzw. die Eltern durch den Sozialhilferückersatz indirekt zum Lebensunterhalt beitragen müssen?
Härtefälle Mindestsicherung:
Härtefall Herr A.K., geboren 12.1.1949
Herr K. war selbständig mit einer Werbeagentur und ist 2002 in Konkurs gegangen. Er bezieht eine geringe Notstandshilfe in der Höhe von € 170,10 und Mindestsicherung in der Höhe von € 573,69. Herr K. ist sehr krank, hat aber zu wenig Versicherungszeiten für einen Antrag auf I-Pension. Eine Alterspension bekommt er im Jahr 2014. Nun bewohnt er eine Seniorenwohnung seit April 2003. Für diese bezahlt er 382,-- an Miete, seine Wohnbeihilfe beträgt € 167,-- (derzeit noch). Bis Februar 2011 hat er Sozialhilfe bezogen und zwar auch 2 mal jährlich Sonderzahlungen in der Höhe von je € 548,-- und den Energiekostenbeitrag in der Höhe von € 47,-- 2 mal pro Jahr. Durch den Wegfall der Sonderzahlungen und des Energiekostenbeitrages verliert Herr K. jährlich € 1.190,--. In Zukunft wird auch seine Wohnbeihilfe um € 31,20 gekürzt werden. Außerdem hat Herr K. 2 erwachsene Töchter, die ihr Einkommen offenbaren und eventuell Rückersatz für die Mindestsicherung ihres Vaters leisten müssen.
Härtefall Frau A.L., geboren 5.8.1962
Das Ehepaar L. hat insgesamt 11 Kinder. Das 1. Kind bekam Frau L. mit 19 Jahren, während ihrer Ausbildung zur Kindergärtnerin. 5 Kinder sind erwachsen, 6 Kinder leben noch bei ihren Eltern. Herr L. ist berufstätig und verdient monatlich € 1170,--. Mit dem Verdienst von Herrn L. und der Familienbeihilfe für 6 Kinder lebt die Familie weit unter der Armutsgrenze. Sie bewohnen zu acht ein privat gemietetes Häuschen mit 94 m2, für das sie € 880,-- an Miete zu bezahlen haben, die Wohnbeihilfe beträgt derzeit € 310,--. Durch die Einführung der Mindestsicherung (vorher bezog die Familie Sozialhilfe) verliert die Familie jährlich rund 2.500,--. Aber damit nicht genug. Nun bekam die knapp 49jährige Frau die Aufforderung vom Sozialamt, sich innerhalb von 3 Tagen beim AMS als arbeitssuchend zu melden. Die Frau, die 11 Kinder geboren hat, davon 6 noch minderjährige Kinder zwischen 6 und 15 Jahren betreut, einen Riesenhaushalt schupft, viel Familienarbeit leistete und noch leistet, soll sich nun den Maßnahmen des AMS unterziehen, ansonsten wird ihr eine bis zu 50-prozentige Kürzung der Mindestsicherung angedroht. Herr Schrittwieser, das ist auch ein Härtefall!
Herr A, geboren 1960
Herr A ist gelernter Bürokaufmann und erkrankte 1986 an AIDS. Er bezieht Mindestsicherung und Pflegegeld der Stufe 2. Seine Miete beträgt € 412,--, die Stromrate € 60,--. Die Wohnbeihilfe beträgt € 155,48.
Bis Februar 2011 hat Herr A Sozialhilfe bezogen. Durch die Einführung der Mindestsicherung verliert Herr A jährlich € 1.190,-- (2 Sonderzahlungen und den Energiekostenbeitrag).
Herr H, geboren 1960:
Herr H ist gebürtiger Grazer. Er war eine Zeitlang in Asien und hat dort als selbständiger Tätowierer gearbeitet. Er wurde krank, konnte seine Finger nicht mehr richtig bewegen und daher nicht mehr arbeiten, er kam am 5. Mai zurück nach Graz. Seine Ansprüche auf eine AMS-Leistung sind verjährt. Er meldete sich im Grazer Sozialamt und wollte um Mindestsicherung ansuchen. Er erfuhr im Sozialamt, dass die Mindestsicherung durch Eltern, Kinder und teilweise auch durch Ex-Frauen zurückzuzahlen ist. Seine Eltern sind 80 Jahre, sein Sohn ist 25 Jahre, er hat zwei Ex-Frauen, für beide Scheidungen gab es eine Vergleichsausfertigung mit gegenseitigem Unterhaltsverzicht. Herr H. kam in die KPÖ-Sozialberatung und war verzweifelt. Seine Eltern und sein Sohn haben gesagt, sie reden nicht mehr mit ihm, wenn sie für ihn Rückersatz leisten müssen. Da die Mindestsicherung nur in der Steiermark rückersatzpflichtig durch Angehörige ist, riet ihm die Sozialarbeiterin in ein anderes Bundesland zu gehen. Herr H. hat das gemacht, er wohnt in Wien in einer Notschlafstelle, bezieht € 752,93 an Mindestsicherung. Seine Verwandten werden nicht zum Rückersatz herangezogen. Falls er aufgrund seiner Erkrankungen arbeitsunfähig ist, bekommt er die Mindestsicherung sogar 14 mal jährlich. Das was durch Einführung der Mindestsicherung vermieden werden sollte - nämlich in jedem Bundesland andere Richtlinien - ist nicht gelungen - der Sozialtourismus beginnt.
Frau D, geboren 1942:
Frau D ist geschieden und bezieht Unterhalt vom geschiedenen Mann in der Höhe von € 620,-- monatlich. Bis Februar 2011 bezog sie Sozialhilfe in der Höhe von € 24,79 monatlich, 2 mal jährlich Sonderzahlungen in der Höhe von je € 548,-- und den Energiekostenbeitrag in der Höhe von € 47,-- ebenfalls 2 mal pro Jahr. Sie bezog Sozialhilfe in der Höhe von € 1.487,48 und die Krankenversicherung wurde aus Sozialhilfemitteln bei der GKK bezahlt.
Mit Einführung der Mindestsicherung bekommt sie nur mehr € 6,74 pro Monat 12 mal pro Jahr. Dadurch dass die Sonderzahlungen und der Energiekostenbeitrag weggefallen sind und die Wohnbeihilfe als Einkommen gerechnet wird, verliert die 69jährige geschiedene Frau im Jahr 1.406,60.
Herr S, geboren 1969:
Herr S. hat keinen Beruf erlernt, er hat Gelegenheitsarbeiten verrichtet (Rasen mähen, Schnee schaufeln etc.) und keinen Anspruch auf eine Leistung vom AMS. Er lebt bei seinem alten Vater, wo er keine Miete bezahlen muss. Bis Februar 2011 bezog er Sozialhilfe in der Höhe von € 500,-- 14 mal jährlich. Im März hat er erfahren, dass er keine Mindestsicherung bekommt, die Pension seines Vaters in der Höhe von rund € 1200,-- wird mitberechnet. Herr S. hat keinerlei eigenes Einkommen mehr, er verliert jährlich € 7.000,--. Es wurde ihm geraten ein eigenes kleines Zimmer zu suchen, um wieder Mindestsicherung beziehen zu können. Die Familien werden auseinanderdividiert, neuer Wohnraum wird benötigt, war das Sinn der Mindestsicherung?
Verschlechterungen bei der Wohnbeihilfe:
Seit Einführung der "Wohnbeihilfe neu" im Jahr 2006 wurde die Wohnbeihilfe nicht mehr valorisiert, d.h. mit jeder geringfügigen Steigerung der Mindestpensionen (Pensionen mit Ausgleichszulage) sank die Wohnbeihilfe dementsprechend.
Die Wohnbeihilfe wird mit 1. Juni 2011 reduziert. Der Betriebskostenanteil (ein Teil der Wohnbeihilfe) betrug bis jetzt € 1,56 je m² Wohnfläche. Die Höhe des Betriebskostenanteils wird nun auf € 0,78 je m² Wohnfläche halbiert, und dies trotz steigender Betriebskosten. Alle WohnbeihilfenbezieherInnen sind von der Senkung betroffen. Beispiel: Ein Mensch mit einer 50 m²-Wohnung verliert 50 x € 0,78, das sind € 39,-- pro Monat und somit € 468,-- pro Jahr.
Härtefälle Wohnbeihilfe:
Härtefall Familie K.:
Dabei handelt es sich um eine Kleinfamilie mit drei Familienmitgliedern im Bezirk Fürstenfeld. Eine geschiedene Mutter mit ihren beiden pubertierenden Kindern (14 und 17 Jahre), beide besuchen das Gymnasium in Fürstenfeld.
Frau K. geht einer 50 % Anstellung als Reinigungskraft in einer großen Firma nach. Sie berichtet, dass sie gerne aufgestockt werden will auf mindestens 75 %. Durch die Kürzungen in ihrer Firma war dies jedoch bisher noch nicht möglich.
Durch die Scheidung von ihrem Gatten kaufte sie sich mit dem ausbezahlten Geld des Hauses - in dem sie zuerst mit der Familie wohnte - eine Wohnung in Fürstenfeld. Da sie ihren Kindern ein Mindestmaß an Luxus bieten wollte (eigenes Zimmer) nahm sie zusätzlich einen Kredit auf.
Da auch die Schule viel Geld kostet und immer wieder größere Beträge für Schulausflüge sowie Reisen ins Ausland im Zuge des Schulprogramms zu zahlen sind, trifft diese Familie die Einsparungen der Wohnbeihilfe von € 70,-- im Monat sehr, sehr hart.
Frau K. berichtete, dass sie ihren Kindern nicht einmal ein Taschengeld zahlen könne und überlege jetzt schon wo sie sich diese € 70,-- noch wegsparen könne.
Selbst beim Strom überlegt sie oft, ob sie zum Händewaschen beispielsweise überhaupt das Licht einschalten soll.
Der Kindesvater der beiden Kinder zahlt nur den gesetzlich vorgeschriebenen Alimenteanteil, dies ist auch nicht sehr viel. Ihre Kinder sind noch im Wachstum und benötigen daher öfters neue Kleidung, vor allem ihr 17 jähriger Sohn.
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Härtefall eines ehemaligen Bewohners einer Einrichtung für Jugendliche:
Ich werde heuer 21 Jahre alt. Ich bin mit 5 in eine Pflegefamilie gekommen, weil meine Eltern leider Alkoholiker waren. Von der Pflegefamilie bin ich mit 7 in eine Einrichtung gekommen, weil mich mein Pflegevater verprügelt hat. Die Betreuer der Einrichtung sind immer zu mir gestanden, haben mich verstanden aber auch das notwendige gefordert. Manchmal war ich depressiv und musste auch Medikamente nehmen. In der Zeit war Schule nicht so meins. Ich habe aber trotzdem meinen Schulabschluss gemacht und spät aber doch eine Lehre begonnen. Ich lebe jetzt allein, bin aber kurz vor meinem Lehrabschluss. Das Geld ist knapp, die Wohnung kostet viel. Ich drehe jeden Euro zweimal um. Und jetzt soll mir die Wohnbeihilfe gekürzt werden. Ich weiß, für manche sind 50 Euro weniger nicht viel. Ich weiß noch nicht, wie ich das in Zukunft machen soll. Weniger essen?
Härtefall Frau S., geboren 1953
Frau S. ist geschieden und Pflegemutter eines 15jährigen Lehrlings. Sie arbeitet geringfügig als Aufräumerin und verdient monatlich € 180,--, zusätzlich bezieht sie das Pflegegeld für ihren Pflegesohn in der Höhe von € 453,-- und die Familienbeihilfe in der Höhe von € 189,30. Der geschiedene Mann bezahlt monatlich Unterhalt in der Höhe von € 280,--. Das Einkommen von Frau S. beträgt somit € 1.093,--. Sie bewohnt gemeinsam mit ihrem Pflegekind eine kleine Gemeindewohnung. Durch die Kürzung der Wohnbeihilfe von derzeit € 181,-- ab Juni auf 147,40 verliert Frau S. € 403,20 jährlich.
Härtefall Mag. G., geboren 1982
Herr Mag. G. hat im Jahr 2008 ein Betriebswirtschaftsstudium erfolgreich beendet. Er hatte bis jetzt 2 Dienstverhältnisse, ist aber nun seit 8 Monaten arbeitslos und bezieht derzeit nur eine Notstandshilfe in der Höhe von € 26,45 täglich, das sind monatlich nur 793,50. Herr G. bewohnt alleine 34 m² kleine privat gemietete Wohnung, für welche er Miete in der Höhe von € 250,-- zu bezahlen hat, seine Wohnbeihilfe beträgt derzeit € 102,--. Nach Kürzung der Wohnbeihilfe im Juni 2011 wird sie nur mehr € 75,48 betragen. Herr G. verliert jährlich € 318,24 an Wohnbeihilfe.
Härtefall Frau F., geboren 1969:
Frau F. ist geschieden und alleinerziehende Mutter von 2 Söhnen (20 und 17 Jahre) und einer Tochter (14 Jahre). Die drei Kinder besuchen die Schule, ihr ältester Sohn maturiert gerade an der HAK Grazbachgasse. Frau F. bezieht Arbeitslosengeld und arbeitet geringfügig als Aufräumerin. Frau F. hat es trotz des geringen Einkommens geschafft, ihren Kindern den Besuch einer höheren Schule zu ermöglichen. Die 4köpfige Familie bewohnt eine 84 m² Wohnung, für welche Miete in der Höhe von € 786,-- zu bezahlen ist. Bis jetzt betrug die Wohnbeihilfe € 286,-- im Monat. Durch die Kürzung der Wohnbeihilfe ab Juni 2011 um 65,52 beträgt die Wohnbeihilfe nur mehr € 220,48. Die Familie verliert jährlich € 786,24.
Härtefall Frau A., geboren 1937:
Frau A. ist geschieden und lebt alleine in einer 45 m² kleinen Gemeindewohnung. Sie bezieht eine Invaliditätspension in der Höhe € 790,--. Da sie gesundheitliche Probleme hat, benötigt sie einmal wöchentlich eine Haushaltshilfe, für die sie monatlich € 80,-- bezahlen muss. Bis jetzt bezieht Frau A. Wohnbeihilfe in der Höhe von € 92,-- monatlich. Durch die Kürzung der Wohnbeihilfe ab Juni 2011 um € 35,10 bekommt sie nur mehr € 56,90 im Monat an Wohnbeihilfe. Frau A. verliert jährlich € 421,20.
Frau K, geboren 1945
Frau K ist geschieden und bezieht eine Mindestpension mit Ausgleichszulage, in Summe € 753,92. Sie bewohnt eine kleine Gemeindewohnung, für welche Sie € 315,-- an Miete zu bezahlen hat. Die Wohnbeihilfe beträgt derzeit noch € 145,--. Nach der Halbierung des Betriebskostenanteils wird sie um € 39,-- weniger, d.h. nur mehr € 106,-- an Wohnbeihilfe beziehen.
Härtefälle im Kulturbereich:
Plus 50% für das Kulturbudget - steirische Kulturschaffende können nicht mehr überleben
Die letzten Monate zeichneten sich für den Kulturbereich durch den Kampf ums Überleben aus. Doch viel Positives konnte nicht bewirkt werden.
Rund 1.800 MitarbeiterInnen weist der freie Kultursektor in der Steiermark auf. 1.800 MitarbeiterInnen arbeiten jährlich daran, dass ca. 13.000 Veranstaltungen für fast 900.000 BesucherInnen in der Steiermark entstehen, umgesetzt, produziert werden. Doch die neuesten Budgetentwicklungen lassen diese enorme Produktivität, Vielfalt und Innovation nicht mehr zu. KünstlerInnen beginnen abzuwandern, gerade für die Jungen wird es immer unmöglicher in der Steiermark tätig zu sein. Die Sicherung von bestehenden Verträgen der Kulturinitiativen mit dem Land Steiermark bis 2012 reicht nicht aus, um diese Abwanderung zu verhindern. Denn wie geht es danach bzw. mit allen anderen weiter, die keine Verträge haben? - Eine Vielzahl von Initiativen und KünstlerInnen sehen kaum noch Möglichkeiten in der Steiermark Geld für ihre Arbeit zu bekommen.
Der Rettungsversuch bei den "Großen zu sparen" verfehlt seine Treffsicherheit komplett. Denn mit den Einsparungen bei der Neuen Galerie wird das Studio der Neuen Galerie geschlossen, das jungen und regionalen KünstlerInnen Arbeit gegeben hat. Von den 50%igen Kürzungen für das Institut für Kunst im öffentlichen Raum und die Regionale ist wieder und vor allem die Arbeit der steirischen Kunst- und KulturarbeiterInnen betroffen.
Die Arbeit und somit die Arbeitsplätze stehen auch bei den Kulturinitiativen auf dem Spiel. Von den 1.800 MitarbeiterInnen sind ca. 700 Personen in der Steiermark angestellt. Diese Anstellungen können leider kaum gehalten werden. Vor allem weil die Investitionen in diesem Bereich in den letzten 6 Jahren schon um 10% gesunken sind. Bis jetzt war es für die Betroffenen noch möglich, ihre Existenz irgendwie zu sichern. Doch Inflation, steigende Infrastrukturkosten lassen jetzt zusammen mit den Budgetkürzungen keinen Spielraum mehr zu. Bis jetzt akzeptierten KulturarbeiterInnen und KünstlerInnen, dass sie unter sehr prekären Bedingungen arbeiten müssen, dass ihr Lohnniveau 34% unter dem ähnlicher Branchen liegt und dass keine Indexanpassungen bei den Gehältern und Honoraren möglich war. Aber mit der neuen Kürzungswelle werden die Arbeitsbedingungen untragbar.
Die Landesregierung agiert mit einer unglaublichen Kurzsichtigkeit! Denn einerseits zeigt schon das Resultat einer Studie aus dem Jahr 2008, dass 37% der KünstlerInnnen armutsgefährdet sind und andererseits belegt eine 2010 erstellte Studie der EU, dass der Kultursektor um 12% schneller als die Gesamtwirtschaft wächst und dass er ständig neue Arbeit und Arbeitsplätze schafft. Dem gegenüber stehen die Einsparungen der Landesregierung, die nicht nur neue Arbeitsplätze sondern bereits bestehende gefährden.
Texte von Norbert Prettenthaler:
Graz 2011. Mein Großvater war Eisengießer und ist nun in nach einem Schlaganfall in ein Pflegeheim gekommen. Der Heimplatz kostet 3000 Euro. Der Mann war Schichtarbeiter und hat nicht schlecht verdient. Seine Pension von 2200 Euro geht für das Heim auf. Die ausstehenden 800.- versucht man nun von der Familie einzufordern. Zum Glück war der Mann sparsam und hat sich einiges gespart, wovon nun dieser Anteil übernommen werden kann. Wenn das Ersparte aufgebracht ist, wird die Familie den Differenzbetrag begleichen müssen. Der Regress ist bedauerlicherweise wieder eingeführt worden und bringt Familienangehörige unter den Druck selbst angesichts der hohen Pflegekosten unter die Armutsgrenze zu fallen.
Graz 2011. Ein Tischlermeister der aufgrund der wirtschaftlichen Lage Konkurs anmelden musste und alles versuchte um Geld zu verdienen, wird aufgrund der ausstehenden Unterhaltszahlungen an seine Kinder vom Jugendwohlfahrtsträger angezeigt und zu 2 Monaten bedingter Freiheitsstrafe verurteilt. Der Mann hatte keine Chance dem Urteil zu entkommen.
Graz 2011. Eine subsidiär berechtigte Asylwerberin hat erst nach einem Jahr das Recht auf Mindestsicherung. In der Zwischenzeit bekommt sie keine Sozialleistungen. Die kranke Frau geht Putzen und kann ihre Wohnung nicht mehr halten. Asylwerber sind generell von der Mindestsicherung ausgenommen - sie erhalten bloß ein Taschengeld: In Salzburg sind dies 2 Euro am Tag.
Salzburg 2011. Um die Osterfestspiele. Über das Institut für Ethik, Sozial und Armutsforschung kommen wir ein Flüchtlingsheim. Asylwerber erzählen uns, dass sie 2 Euro "Taschengeld" am Tag erhalten, das sind 14 Euro in der Woche - die Monatssumme kann man sich ausrechnen. Wie kann man sich für 2 Euro am Tag überhaupt sozialisieren und integrieren. Die jugendlichen Asylwerber essen hauptsächlich Reis und sind auf Spenden angewiesen. Angesichts der langen Asylverfahren gekoppelt mit einem Arbeitsverbot scheint eine Auszahlung von 14 Euro / Woche mehr als restriktiv, zynisch und überlebensfeindlich.
Graz 2011. Flüchtlinge im laufenden Asylverfahren erhalten eine Ausnahmegenehmigung am Arbeitsmarkt in der Hotel- und Gastrobranche aufgrund von Kontingenten zu arbeiten. Trotz der Bestätigung von Gastrobetreibern in Graz Küchenhilfen aufnehmen zu wollen, werden wir abgewiesen, zumal die Quote angeblich erfüllt ist. Für Sozialbertreibe wie Tagwerk oder Heidenspaß werden Ausnahmegenehmigungen nicht ausgestellt, was Asylwerber nicht einmal zum Billigtarif von Euro 5 die Stunde zu arbeiten erlaubt.
Graz 2011. Asylwerber dürfen als Erntehelfer 6 Wochen befristet arbeiten. Immer wieder werde ich gefragt, ob diese Befristung eine absolute Frist ist oder ob man danach einen Neuantrag auf Kontingentbewilligung über den Arbeitgeber stellen kann?
Graz 2011. Die Wirtin ist 78 Jahre und hat nach einem schweren Unfall mit einer Beeinträchtigung ihrer Schulter und des rechten Armes zu kämpfen, was ihr die Arbeit im eigenem Gasthaus erschwert. Eine Invaliditätsrente wurde aufgrund von Gutachten mit 160 Euro monatlich festgelegt, was die Frau zwingt unter Schmerzen den Betrieb auf ihr Risiko aufrechtzuerhalten. Dadurch kommt sie in die Schuldenfalle und kann die Mietkosten kaum noch bezahlen. Ihr droht die Kündigung vonseiten des Vermieters.
Graz 2011. In der Behindertenbetreuungseinheit Mosaik sind 78 Stellen zur Einsparung ausgeschrieben. Eine Betreuerin sieht ihren Arbeitsplatz in Gefahr und rechnet mit der Kündigung, bzw. einer Reduktion ihrer Arbeitszeit, wodurch sie ihre Lebenshaltungskosten nur noch schwer bestreiten wird können. Sie spielt mit einer Kollegin mit dem Gedanken nach Indien auszuwandern, um ihre Arbeitsleistung einer dort ansässigen NGO lieber gratis zur Verfügung zu stellen. Gleichzeitig sieht sie das gesundheitliche Wohl sowie die Aufbauarbeit der letzten Jahre akut gefährdet.
Härtefall Kultur:
Graz 2011. Ein Kulturschaffender wartet nach Bewilligung seines Förderansuchens in der Höhe von Euro 2000 nun schon 6 Monate auf die Überweisung. Die Frist ausstehende Lohnzahlungen einzuklagen, beträgt ebenso nach den arbeitsrechtlichen Bestimmungen 6 Monate. Die EU-Rahmenlinie für Beschäftigung von Asylwerbern auch. Der Kulturschaffende fragt sich, ob sein Anspruch auf die Förderung mittlerweile trotz mehrfacher Nachfrage verjährt ist?
ZUM ZUSTAND DES SUBJEKTES_
Herr Rhizom
Alter 55 Jahre
Mitglied und Kulturarbeiter im Kunstkollektiv RHIZOM
IPA (Internationales Phonetisches Alphabet) [pʀeˈkɛːɐ̯],Komparativ: [pʀeˈkɛːʀɐ], Superlativ: [pʀeˈkɛːɐ̯stən], [pʀeˈkɛːɐ̯stn̩]
WIE KANN SICH DAS AUSGEHEN_
es treten die Mannschaften...
Notstand_ € 388.-
geringfügige Beschäftigung als Kulturarbeiter_ € 346.-
x Stunden Eigenleistungen im Bereich autonomer Kulturarbeit € unregelmäßigst etwas dazu
gegen die Mannschaften...
Miete € 532.-
Strom € 32.-
HZ € 30.-
an
daher planen unmöglich, Schulden "machen"? unmöglich, Leben möglich?
WIE SOLL SICH DAS AUSGEHEN ?
Der Neoliberalismus als eine "reinere" Form des Kapitalismus machts möglich
ZUR ÜBERWINDUNG_
Als Radikalen Ansatz:
Zielen auf die Überwindung der kapitalistischer Marktwirtschaft in Richtung
"bedürfnisorientierter Versorgungswirtschaft", "dezentraler Planwirtschaft", Geschenkwirtschaft, Subsistenzwirtschaft oder allgemein "solidarischem Wirtschaften", zum Teil ohne Geld und Staat.
Die wichtigste Voraussetzung für tief greifende Veränderungen ist das Engagement jeder und jedes Einzelnen. Von alleine werden die Herrschenden keine Macht abgeben und die Parteien ihre Programme nicht umschreiben
DAHER: designspeibsackerl für die Kunst und Sozialpolitik dieses Landes
Härtefall Kultur:
die einnahmequellen für künstlerInnen in der steiermark sind beschränkt: es gibt hier keinen nennenswerten markt zum verkauf von arbeiten, kaum international tätige galerien, keine akademie, und die öffentlichen förderungen werden schon seit jahren sukzessive reduziert. nun wurde mit der demontage des instituts für kunst im öffentlichen raum auch noch eine der wenigen förderquellen für größere projekte eliminiert, gleichzeitig wurde die regionale eklatant gekürzt. parallel dazu kam uns mit der schliessung des medienkunstlabors ein wichtiges experimentierfeld für medienkunst abhanden. die ateliersituation ist prekär, es gibt in dieser stadt kaum noch produktions- und präsentationsorte für die lokale szene. ein überleben als künstlerIn in der steiermark ist nicht mehr möglich.
Eva Ursprung
Härtefälle Frauen:
Der Grazer Frauenrat sagt:
Dieses Budget trifft Frauen mehrfach!
Es macht Frauen abhängig, arm, raubt ihnen Unterstützung, lässt sie im Regen stehen!
Dieses Budget lässt Frauen, die sich mit ihren Problemen an Frauenberatungsstellen wenden, im Regen stehen!
Frauen haben ein höheres Armutsrisiko, Transferleistungen/Beihilfen kommen mehrheitlich Frauen zu Gute\; ob die Betreuung von Kindern und Alten, ob die Pflege von Angehörigen: die unbezahlte Arbeit ist weiblich! Budgetkürzungen bei Transferleistungen erhöht die Armutsgefährdung von Frauen. Und Frauen müssen immer dann mit ihrer unbezahlten Arbeit "einspringen", wenn sich der Staat aus seiner Verantwortung zurückzieht!
Dieses Budget lässt Frauen, die als Mitarbeiterinnen in den Frauenorganisationen arbeiten, im Regen stehen!
Es sind mehrheitlich Frauen, die als Mitarbeiterinnen in gemeinnützigen Organisationen die breite Basis der Arbeit leisten. Schon jetzt haben diese Mitarbeiterinnen prekäre Arbeitsverhältnisse: mit Projektanstellungen, geringfügigen Beschäftigungen, mit Teilzeitjobs, u. ä. Budgetkürzungen bei den gemeinnützigen Organisationen treffen Frauen härter, verfestigen ihre prekären Einkommensverhältnisse oder bedeuten ihren Arbeitsplatzverlust.
Dieses Budget lässt die Frauenorganisationen, die Frauen konkret helfen, im Regen stehen!
Die gemeinnützigen Organisationen arbeiten nicht für den Profit, sondern für den Gemeinnutz! Sie sind AnwältInnen ihrer NutzerInnen und KlientInnen. Budgetkürzungen hier, sind Einsparungen an den Rechten und Bedürfnissen der BürgerInnen auf Bildung, Gesundheit, Kultur, Betreuung und Unterstützung.
Dieses Budget lässt Migrantinnen im Regen stehen!
Migrantinnen wollen nicht Deutsch lernen? Deutschkurse, Basisbildung, Alphabetisierung, sowie Integrationskurse haben jetzt schon lange Wartelisten. Einsparungen hier, heißt Kurse und begleitende Kinderbetreuung streichen zu müssen. Wo gibt es sonst Zugang zu leistbaren Deutschkursen mit Kinderbetreuung für Frauen?
Dieses Budget trifft Frauen mehrfach!
Es macht Frauen abhängig, arm, raubt ihnen Unterstützung, lässt sie im Regen stehen!
51, 2 % der steirischen Bevölkerung sind Frauen und Mädchen, aber höchsten ein (paar) Promille des Landesbudgets fließen in die Frauenorganisationen. Mädchen und Frauen brauchen Beratung, unabhängige Informationen, Orte, an denen sie sich treffen können, Unterstützung und Beteiligung in dieser Gesellschaft.
Der Grazer Frauenrat fordert daher:
einen Rettungsschirm für Bürgerinnen und Bürgern und jene Mittel, die die gemeinnützigen Organisationen brauchen, um die Rechte ihrer NutzerInnen und KlientInnen umzusetzen.
Genderbudgeting jetzt! Die Mittel der öffentlichen Haushalte so einsetzen, dass sie Geschlechtergerechtigkeit und tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern herstellen.
Dass der Landesrechnungshof die Gebarung in Hinkunft neben Rechtmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit auch auf Geschlechter- und soziale Gerechtigkeit hin überprüft.
DENN: Geschlechtergerechtigkeit und Gemeinnutz nutzt allen - Frauen, Männern und Kindern!
Frauen am Tag der "einzelnen" Härtefälle:
Der Grazer Frauenrat sagt: Dieses Budget trifft Frauen doppelt oder mehrfach! Dieses Budget macht Frauen abhängig, arm, raubt ihnen Unterstützung, lässt sie im Regen stehen!
Die Frau, die sich an eine Frauenorganisation wendet:
"Ich bin allein erziehende Mutter und habe drei Kinder. Mein Mann hat mich mit Schulden sitzen gelassen, zahlt keine Alimente und verweigert die Scheidung. Aufgrund meiner schlechten Berufsausbildung und der mangelnden Kinderbetreuungsplätze, kann ich keiner Arbeit nach gehen und wenn ich arbeiten gehen würde, wäre mein Einkommen zu hoch um Beihilfen zu bekommen aber zu gering um die Kinderbetreuungsplätze und das, was wir fürs Leben brauchen, zahlen zu können. Ich habe Hilfe gesucht und bin nur im Kreis geschickt worden. Eine Frauenberatungsstelle wurde mir empfohlen, weil ich dort mit all meinen Problemen Unterstützung bekommen kann. Einen Termin für ein Gespräch habe ich in 5 Wochen bekommen. Wieso dauert das so lange?"
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Die Mitarbeiterin der Frauenorganisation:
"Diese Frau braucht dringend eine Beratung. Mein nächster freier Termin ist in 6 Wochen.
Kann ich sie irgendwo einschieben? Ich bin 25 Wochenstunden angestellt und berate 16 - 20 Frauen die Woche, die alle ähnlich gelagerte Probleme haben. Ich arbeite seit 15 Jahren als Beraterin und mache meine Arbeit sehr gerne. Ich habe 2 Kinder. Vor 15 Jahren war ich Vollzeit angestellt. Jetzt bin ich mit 25 Wochenstunden beschäftigt. Mit meinem Einkommen zahlen wir den Kredit für die Wohnung zurück. Ich würde gerne wieder Vollzeit arbeiten. Dann könnten wir auch mehr Beratungstermine anbieten. Laut meiner Geschäftsführerin ist das nicht möglich, da die Subventionen nicht erhöht werden und ich muss mit weiteren Stundenkürzungen rechnen. Das heißt, ich muss mir eine zweite Arbeitsstelle suchen oder eine freiberufliche Tätigkeit als Lebens- und Sozialberaterin aufbauen."
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Die Geschäftsführerin der Frauenorganisation::
"Ich bin Geschäftsführerin in einer Organisation, die Mädchen und Frauen unterstützt. Das ist eine sehr verantwortungsvolle. Diese Arbeit ist auch sehr schön, da ich mitwirken kann, bessere Bedingungen für Frauen und Mädchen zu erreichen. Mit den Mitarbeiterinnen zusammen können wir Frauen auch konkret helfen.
Allerdings wird diese Arbeit zunehmend schwieriger und verschafft mir manche schlaflose Nacht.
Ich habe 9 Mitarbeiterinnen. Sie müssen sich vorstellen, es ist Juni und ich habe immer noch kein fixes Budget. Daher weiß ich nicht, was die Einnahmen meines Vereins in diesem Jahr sein werden. Die Abteilungen des Landes Steiermark haben sich immer noch nicht festgelegt.
Ich habe aber die Gehälter der Mitarbeiterinnen zu zahlen, die Miete zu überweisen und gute Angebote für unsere Nutzerinnen anzubieten. Das Budget wird wahrscheinlich gekürzt, der Basisbetrieb kann kaum mehr aufrechterhalten werden. Frauenorganisationen bekommen höchstens ein (paar) Promille des Landesbudgets, aber über 50% der Bevölkerung sind weiblich!
Mädchen und Frauen brauchen Beratung, unabhängige Informationen, Orte, an denen sie sich treffen können, Unterstützung und Beteiligung in dieser Gesellschaft. Gemeinnutz nutzt allen."
Fazit:
51, 2 % der steirischen Bevölkerung sind Frauen und Mädchen. Dieses Budget trifft Frauen mehrfach - es Frauen abhängig, arm, raubt ihnen Unterstützung, lässt sie im Regen stehen!
§ Frauen zu Gute\; ob die Betreuung von Kindern und Alten, ob die Pflege von Angehörigen: die unbezahlte Arbeit ist weiblich! Budgetkürzungen bei Transferleistungen erhöht die Armutsgefährdung von Frauen\; Frauen müssen immer dann mit unbezahlter Arbeit "einspringen", wenn sich der Staat aus seiner Verantwortung zurückzieht.
§ Migrantinnen wollen nicht Deutsch lernen? Deutschkurse, Basisbildung, Alphabetisierung, sowie Integrationskurse haben jetzt schon lange Wartelisten. Die Einsparungen bedeuten hier Kurse streichen zu müssen, ebenso wie die begleitende Kinderbetreuung. Wo gibt es sonst Zugang zu leistbaren Deutschkursen mit Kinderbetreuung für Frauen?
§ Bei Frauen und Mädchen, die die Arbeit von gemeinnützigen Organisationen brauchen und bei jenen die diese Arbeit machen! Es sind mehrheitlich Frauen, die als Mitarbeiterinnen in gemeinnützigen Organisationen die breite Basis der Arbeit leisten. Schon jetzt haben diese Mitarbeiterinnen prekäre Arbeitsverhältnisse: mit Projektanstellungen, geringfügigen Beschäftigungen, mit Teilzeitjobs, u. ä.
§ Budgetkürzungen bei den gemeinnützigen Organisationen treffen Frauen härter, verfestigen ihre prekären Einkommensverhältnisse oder bedeuten ihren Arbeitsplatzverlust. Die gemeinnützigen Organisationen arbeiten nicht für den Profit, sondern für den Gemeinnutz! Sie sind AnwältInnen ihrer NutzerInnen und KlientInnen. Budgetkürzungen hier, sind Einsparungen an den Rechten und Bedürfnissen der BürgerInnen auf Bildung, Gesundheit, Kultur, Betreuung und Unterstützung. Dieses Budget macht Frauen zu Härtefallen der nächsten Jahre - als Folgekosten in Form von erhöhtem sozialem und gesellschaftlichem Handlungsbedarf!
Dieses Budget trifft Frauen mehrfach - es macht Frauen abhängig, arm, raubt ihnen Unterstützung, lässt sie im Regen stehen!
Der Grazer Frauenrat fordert daher:
§ einen Rettungsschirm für Bürgerinnen und Bürgern und jene Mittel, die die gemeinnützigen Organisationen brauchen, um die Rechte ihrer NutzerInnen und KlientInnen umzusetzen.
§ Genderbudgeting jetzt! Die Mittel der öffentlichen Haushalte so einsetzen, dass sie Geschlechtergerechtigkeit und tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern herstellen.
§ Dass der Landesrechnungshof die Gebarung in Hinkunft neben Rechtmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit auch auf Geschlechter- und soziale Gerechtigkeit hin überprüft.
DENN: Geschlechtergerechtigkeit und Gemeinnutz nutzt allen - Frauen, Männern und Kindern!
Härtefall Frau:
Mit dem vorliegenden Sparangriff wird wieder einmal ein traditionelles Frauenbild verfestigt und an denen gespart, die eh schon wenig haben, wozu mehrheitlich Frauen gehören:
- Die Pflege und Betreuung von Angehörigen, besonders bei Behinderung jahrzehntelang bis ins Alter andauernd, wird wieder zur Privatsache erklärt, die real hauptsächlich von den Müttern und anderen weiblichen Angehörigen geleistet wird. Hier werden Frauen buchstäblich zurück an den Herd geschickt. Es wird wieder noch schwerer, zusätzlich einer Berufstätigkeit nachzugehen.
- Erziehung wird wieder zur reinen Frauensache. Wenn Mütter mit der Mutterrolle nicht klar kommen oder sie aus ökonomischen Gründen ihre Kinder nicht ausreichend versorgen können, bleiben sie damit allein (Streichungen in der Jugendwohlfahrt).
- Personen mit geringen finanziellen Mitteln sind auf die Wohnbeihilfe angewiesen. Auch hier zählen vor allem Frauen zu den Geschädigten (Bezieherinnen kleiner Pensionen, Alleinerzieherinnen mit Teilzeitjobs usw.)
- Bis zu 800 Arbeitsplätze werden verlorengehen, der Großteil der zukünftigen Dauerarbeitslosen werden aufgrund des Berufsbilds Frauen sein. Wenn hingegen z.B. in der Metallindustrie mit vielen männlichen Beschäftigten so viele Arbeitsplätze in Gefahr sind, gibt es große Aufruhr und Betriebe bekommen reichlich Unterstützungen, Förderungen werden locker gemacht. Frauen werden nach wie vor als "Dazuverdienerinnen" gesehen, wo es nicht schlimm sei, wenn diese den Arbeitsplatz verlieren. Eine Gegensteuerung wird sein, Mitarbeiterinnen in Anstellungen mit geringer Wochenarbeitszeit zu drängen, die Folge ist Armutsgefährdung: weniger bis nicht ausreichende Kaufkraft, geringeres Arbeitslosengeld und Pension, wenn es so weit ist.
Eine der Folgen der Einsparungsmaßnahmen wird sein, daß vermehrt zu betreuende Menschen in aufbewahrenden Großheimen untergebracht werden. Hier sind auch die Arbeitsbedingungen oft schlechter als bei kleineren, innovativen Trägern - ein klassischer Frauenarbeitsbereich.
- Beratungs- und Bildungseinrichtungen für Frauen sind sowieso laufend finanziell gefährdet. So wird auch das Auffangnetz für Frauen immer kleiner.
Härtefall Schließung der Gebärstation Voitsberg:
Auf der Gebärstation des LKH Voitsberg kommen jährlich zwischen 450 und 500 Kinder zur Welt.
Seit 2001 verfügt die Gebärstation über eine Gebärwanne im Kreißsaal. Die Gebärstation Voitsberg konnte sich in dieser Zeit an die Spitze Österreichs vorarbeiten (Wassergeburten 40%). Das heißt: Der kleine, aber feine Kreißsaal der Gebärstation ist das Mekka der Wassergeburten.
Die Kundinnenzufriedenheit beträgt fast 100 % und viele schwangere Damen kommen auch aus Graz und Graz-Umgebung oder sogar aus dem Bezirk Deutschlandsberg zu nach Voitsberg, um das Erlebnis einer Wassergeburt zu bekommen.
Auch bei anderen geburtshilflich relevanten Sachen steht Voitsberg österreichweit gut da.
Dammschnittrate 7,3%
Verlegungsrate neugeborener Kinder unter 0,3%
Das sind Werte, die unter dem von der WHO angegebenen Werten liegen.
Die Schließung, die die Landesrätin für Spitalwesen Edlinger-Ploder jetzt beschlossen hat, betrifft nicht nur das Spitalspersonal (6 Hebammen, 6 Oberärzte + 2 auszubildenden Ärzte, 6 Kinderschwestern, 6 Anästhesisten, 6 Anästhesiepfleger und OP Schwestern) sondern in erster Linie eine gesamte Region.
31.000 Unterschriften, die für die Erhaltung der Station gesammelt wurden, waren Landesrätin Edlinger-Ploder nicht genug (Aussage der Landesrätin: Davon bekommen 30.000 ja eh kein Kind mehr).
Die von der Schließung betroffene Belegschaft der Station und die Bevölkerung der Region wollen sich noch nicht damit abfinden, dass eine so gut funktionierende HERZEIGE STATION einfach so sang und klanglos geschlossen werden soll. Darum bitten wir Sie, uns zu unterstützen, denn diese Aktion der Politik ist eine klare Entscheidung gegen Familie und gegen Kinder. Und das in der heutigen Zeit, in der wir ja gegen diesen massiven Geburtenrückgang ankämpfen müssten.
Welche Lösungen können Sie für die 87 dokumentierten Härtefälle im einzelnen anbieten?
Unterschrift(en):
Sabine Jungwirth (Grüne), Ingrid Lechner-Sonnek (Grüne)