LANDTAG STEIERMARK
XVI. GESETZGEBUNGSPERIODE


EZ/OZ: 521/1

Selbstständiger Antrag von Abgeordneten (§ 21 GeoLT)

eingebracht am 20.05.2011, 09:10:21


Landtagsabgeordnete(r): Werner Murgg (KPÖ), Claudia Klimt-Weithaler (KPÖ)
Fraktion(en): KPÖ
Zuständiger Ausschuss: Verfassung
Regierungsmitglied(er): Franz Voves

Betreff:
Wiederherstellung der demokratischen Kontrolle über das Landeseigentum

Ausgliederungen sind in der Steiermark in der Vergangenheit zu einem beliebten und immer öfter gebrauchten Instrument der Budgetkonsolidierung geworden. Vermögenswerte werden in Gesellschaften eingebracht, die zunächst vollständig im Besitz des Landes verbleiben, um unter Umgehung der Maastricht-Kriterien Geld auf dem Kapitalmarkt aufzunehmen oder defizitäre Bereiche der Verwaltung in eigenen Bilanzierungskreisläufen zu parken. Es hat sich an zahlreichen aktuellen Beispielen auch gezeigt, dass die Vehikel dieser Transaktionen, die Landesimmobiliengesellschaft, die Energie Steiermark AG, die Steiermärkische Krankenanstaltengesellschaft und ähnliche Unternehmen dazu benutzt werden, um die mittelfristige Veräußerung öffentlicher Güter vorzubereiten, die der Lukrierung von Einmaleffekten, also der Budgetkosmetik, dienen.

In den von Landeshauptmann Voves vorgestellten "Sozialdemokratischen Überlegungen für eine neue Wirtschaftspolitik" wird klar dargelegt, dass bei der Auslagerung von öffentlichem Eigentum "Entdemokratisierung durch Verlust der Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeiten der öffentlichen Hand" zu befürchten ist. Genauer wird ausgeführt, dass "Die Aushöhlung der Souveränität der Wählerinnen und Wähler … auch schleichend durch PPP-Modelle und Auslagerungen in KEGs erfolgen" kann. Beteiligten sich private Unternehmen an öffentlichen Unternehmen, könne es sein, dass die Interessen der privaten InhaberInnen die Interessen der öffentlichen InhaberInnen (WählerInnen) dominieren z.B. bei der Preisgestaltung. Dem sei durch klare Regelungen in den Verträgen (siehe Privatisierung/Liberalisierung) vorzubeugen.

Das Landesverfassungsgesetz sieht in § 15 Abs. 1 vor, dass der Landtag berufen ist, "zu beraten und zu beschließen über alle Einrichtungen, die die Bedürfnisse und die Wohlfahrt des Landes erheischen". Insbesondere obliegt dem Landtag gemäß § 15 Abs. 2 lit. c L-VG über "die Veräußerung oder Belastung des Landesvermögens, sofern der Wert des veräußerten Objektes oder die Höhe der Belastung den Betrag von 50.000 Euro übersteigt (§ 32 Abs. 1)" zu beschließen.

Die klare Intention des Verfassungsgesetzgebers ist es, die Veräußerung von Landesvermögen schon ab einer geringen Wertgrenze (50.000 Euro!) der Kontrolle des Landtages zu unterwerfen.
Tatsächlich ist es aber eine wesentliche Folge von Ausgliederungen, dass Kapitalgesellschaften, an denen das Land - und sei es mit 100 Prozent - beteiligt ist, Landeseigentum ohne jegliche demokratische Kontrolle in wertmäßig unbeschränktem Ausmaß veräußern können.

Diese Aushöhlung der demokratischen Kontrolle widerspricht wesentlich der Intention des Verfassungsgesetzgebers, dient der Verschleierung des Ausverkaufs von Landesvermögen und stellt letztendlich eine Missachtung der Interessen der Steirerinnen und Steirer dar.

Es wird daher der

Antrag

gestellt:

Der Landtag wolle beschließen:

Die Steiermärkische Landesregierung wird aufgefordert,

1) neu zu errichtende Gesellschaftsverträge so zu gestalten, dass Rechtshandlungen der Gesellschaft ab einer zu bestimmenden Wertgrenze genehmigungspflichtige Vorhaben sind, sodass das jeweilige Organ der Gesellschaft (Aufsichtsrat und Hauptversammlung) zu befassen wäre,

2) bei bereits bestehenden Gesellschaftsverträgen eine Änderung im Sinne des Punkts 1 zu prüfen, und Vorschläge für die dort beschriebenen Wertgrenzen zu erstatten,

3) zu prüfen, ob sich Entscheidungsbefugnisse von Organen der Landesregierung als Gesellschafterrechte in bestimmten Fällen an die Zustimmung des Landtages binden lassen, indem entsendete Mitglieder der Landesregierung - um in diesem Organ wirksam von ihrem Stimmrecht betreffend das genehmigungspflichtige Vorhaben Gebrauch zu machen - die Beschlussfassung des Landtags einzuholen haben,

4) dem Landtag eine allfällige Novelle des L-VG 1960 im Sinne des Punkts 3 vorzulegen.


Unterschrift(en):
Werner Murgg (KPÖ), Claudia Klimt-Weithaler (KPÖ)