EZ/OZ: 705/1
Selbstständiger Antrag von Abgeordneten (§ 21 GeoLT)
eingebracht am 09.09.2011, 09:10:57
Landtagsabgeordnete(r): Claudia Klimt-Weithaler (KPÖ), Werner Murgg (KPÖ)
Fraktion(en): KPÖ
Zuständiger Ausschuss: Verfassung
Regierungsmitglied(er): Franz Voves
Betreff:
Lücken und Ausnahmen für PolitikerInnen und ManagerInnen im Korruptionsstrafrecht beseitigen
Korruption in Österreich war lange Zeit ein Phänomen, dessen
Ausmaß und Verbreitung von der politischen Elite verharmlost oder geleugnet
wurde.
Dies spiegelte sich auch in der Gesetzgebung der letzten
Jahre wider. Die letzte Reform der Anti-Korruptionsbestimmungen stellte sogar
einen deutlichen Rückschritt bei der effizienteren Bekämpfung von Bestechung
und Bestechlichkeit im öffentlichen und privaten Bereich dar. Die Umsetzung
entsprechender Verpflichtungen aus internationalen Übereinkommen zur
Korruptionsbekämpfung, insbesondere im Bereich der Parteienfinanzierung, ist
bereits vor Jahren zum Stillstand gekommen.
Seit mehreren Monaten erschüttert eine nicht abreißende
Kette von Korruptionsskandalen die österreichische Politik, in die eine
verblüffend große Anzahl von PolitikerInnen, SpitzenbeamtInnen und Managern
staatsnaher Betriebe verwickelt sind. Manche der zuletzt öffentlich gewordenen
Affären sind Gegenstand von Ermittlungen der Korruptionsstaatsanwaltschaft. Es
ist aber davon auszugehen, dass ein Großteil davon nie aufgeklärt und die
Verantwortlichen nicht zur Rechenschaft gezogen werden können, da zahlreiche
Formen von Korruption nach geltender Rechtslage nicht einmal strafbar sind.
Mit dem Korruptionsstrafrechtsänderungsgesetz 2009
(KorrStrÄG 2009) wurde eine ganze Reihe wichtiger Errungenschaften des erst
zwei Jahre zuvor reformierten Korruptionsstrafrechts auf Druck von Lobbyisten
wieder zurückgenommen oder entschärft. Der durch das Strafrechtsänderungsgesetz
2008 (StrÄG 2008) vereinheitlichte Tatbestand der verbotenen Geschenkannahme
304 Abs 1 StGB aF wurde je nach Zielsetzung eines pflichtwidrigen oder
pflichtgemäßen Amtsgeschäfts getrennt, an die Stelle des ,,Anfütterns" trat ein
(entschärfter) Tatbestand, der keine Handhabe mehr gegen die Korrumpierung von
Amtsträgern durch Gefälligkeiten ohne konkrete Gegenleistung bietet.
Durch Neudefinition des Amtsträgerbegriffes wurde
Bestechlichkeit und Vorteilsannahme inländischer MandatsträgerInnen, also
Abgeordnete zum Nationalrat, Mitglieder des Bundesrates und der Landtage
genauso wie GemeinderätInnen, beinahe gänzlich einer strafrechtlichen Prüfung
entzogen: Dem strafrechtlichen Amtsträgerbegriff unterliegen inländische
Abgeordnete oder Gemeinderäte nämlich nur in einer Wahl oder Abstimmung bzw. in
Ausübung der in den Vorschriften über die Geschäftsordnung des
Vertretungskörpers festgelegten Pflichten (etwa zur Teilnahme an Sitzungen).
Der wesentlich bedeutendere Bereich der Inanspruchnahme geschäftsordnungsmäßiger
Rechte bleibt ausgenommen.
Ein Abgeordneter etwa, der im Interesse von Unternehmen oder
Institutionen gegen Vorteilszuwendung parlamentarische Anfragen stellt, handelt
schon definitionsgemäß nicht als Amtsträger. Allerdings sind hier Mitglieder
inländischer Vertretungskörper unverständlicherweise bevorzugt. Ein
österreichischer Abgeordneter zum EU-Parlament etwa, der von einem Lobbyisten
für die Ausübung eines ihm geschäftsordnungsgemäß zustehenden Rechts einen
Vorteil fordert, unterliegt der strafrechtlichen Prüfung nach § 304 ff StGB\;
identes Verhalten eines inländischen Parlamentariers ist derzeit nicht
strafbar.
Durch Einschränkung des Amtsträgerbegriffes auf Organe von
Rechtsträgern, die überwiegend Leistungen für die Verwaltung der Gebietskörperschaften
bzw. andere Institutionen der öffentlichen Hand erbringen, ist das
Korruptionsstrafrecht auf bedeutsame staatsnahe Unternehmen wie ASFINAG, Post
AG, ÖBB-Holding oder ORF nicht anwendbar.
Das Ziel, Korruption in jeder Form unter Strafe zu stellen und
alle in Frage kommenden TäterInnengruppen möglichst lückenlos einzubeziehen,
ist noch lange nicht erreicht, man hat sich in Österreich zuletzt sogar wieder
ein Stück von ihm entfernt.
Es wird daher der
Antrag
gestellt:
Der Landtag wolle beschließen:
Die Landesregierung wird aufgefordert, an die
Bundesregierung mit dem Anliegen heranzutreten, dem Bundesgesetzgeber
ehestmöglich eine Novelle des Korruptionsstrafrechtes vorzulegen, mit dem
1. die Einschränkungen des Amtsträgerbegriffes bei
Mitgliedern eines inländischen verfassungsmäßigen Vertretungskörpers gem. § 74
Abs. 1 Z 4a StGB beseitigt werden, um das Verbot von Bestechlichkeit und
Vorteilnahme auf alle Aspekte ihres politischen Handelns auszudehnen,
2. der Amtsträgerbegriff gem. in § 74 Abs. 1 Z 4d
StGB auch auf Organe von Rechtsträgern ausgedehnt wird, die nicht
überwiegend Leistungen für die Verwaltung erbringen, um leitende Angestellte
und MitarbeiterInnen aller Unternehmen, die von der öffentlichen Hand
beherrscht werden oder deren Gebarung der Überprüfung durch den Rechnungshof
unterliegt, dem Korruptionsstrafrecht zu unterwerfen,
3. wieder ein einheitlicher Tatbestand der verbotenen
Geschenkannahme entsprechend der Rechtslage vor Inkrafttreten des KorrStrÄG
2009 eingeführt wird, der alle Formen der Geschenkannahme durch Beamte
und Amtsträger inklusive des Verbotes des sog. "Anfütterns" umfasst.
Unterschrift(en):
Claudia Klimt-Weithaler (KPÖ), Werner Murgg (KPÖ)