EZ/OZ: 645/1
Regierungsvorlage
eingebracht am 18.07.2011, 00:00:00
Geschäftszahl(en): FA1E-L1.60-34544/2010-269
Zuständiger Ausschuss: Europa
Regierungsmitglied(er): Christian Buchmann
Betreff:
Beschluss Nr. 124 des Landtages Steiermark vom 12.04.2011 betreffend Forcierung des Ausstieges aus der Kernenergie
Der Landtag Steiermark hat am 12.04.2011 folgenden Beschluss gefasst:
Die Steiermärkische Landesregierung wird aufgefordert, an die Bundesregierung mit dem Ersuchen heranzutreten, sich auf allen Ebenen der EU massiv für eine Forcierung des Ausstieges aus der Kernenergie im Sinn der oben stehenden Begründung einzusetzen.
Aufgrund dieses Beschlusses berichtet die Steiermärkische Landesregierung wie folgt:
1. Nach Beschluss der Landesregierung vom 05.05.2011 wurde in Umsetzung des Landtagsbeschlusses ein Schreiben von Landeshauptmann Mag. Franz Voves an Bundeskanzler Werner Faymann gerichtet. In diesem Brief wurde der Landtagsbeschluss und dessen Begründung dargestellt und der Bundeskanzler um eine Äußerung ersucht.
2. Am 22. Juni 2011 übermittelte das Bundeskanzleramt folgendes Antwortschreiben:
"Zu Ihrem Schreiben vom 27. April 2011, mit dem Sie eine Resolution vom 12. April 2011 zum weltweiten Atomausstieg vorlegen, kann ich Ihnen auf Grundlage der beim zuständigen Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft eingeholten Stellungnahmen nachfolgende Antwort übermitteln:
Es ist außerordentlich dramatisch, dass es (aufgrund des Nuklearunfalls in Japan) so großen menschlichen Leids und so großer Schäden bedurfte, um der österreichischen Ablehnung der energetischen Nutzung der Kernenergie wieder Gehör zu verschaffen.
Vor diesem Hintergrund hat die Bundesregierung am 22. März 2011 einen umfassenden Aktionsplan für ein "Internationales Umdenken von Kernenergie hin zu erneuerbarer Energie und Energieeffizienz" beschlossen. Mit seiner Entschließung vom 22. März 2011 (147/E XXIV GP) betreffend den "raschest möglichen Ausstieg aus der Atomenergie" unterstützt der Nationalrat diesen Aktionsplan. Die gegenständliche Resolution weist grundsätzlich in die gleiche Richtung und ist angesichts der exponierten Position Österreichs eine wertvolle Unterstützung der Anti-Atom-Politik der Bundesregierung.
Die österreichische Forderung nach einer umfassenden und transparenten Risiko- und Sicherheitsbewertung ("Stresstest") wurde vom Europäischen Rat Ende März 2011 aufgenommen und die Durchführung solcher Tests für alle Kernkraftwerke (KKW) in der EU beschlossen. Am 25. Mai 2011 einigten sich die EU-Mitgliedstaaten und die Europäische Kommission über Umfang und Modalitäten der Stresstests. Auf Basis dieser Überprüfung soll ein Vergleich des Risikos verschiedener KKW möglich werden, da diese nun nach einheitlichen Kriterien beurteilt werden. Dies gilt auch für die Evaluierung eventueller Laufzeitverlängerungen, die von der Bundesregierung - ebenso wie der Neubau von KKW - entschieden abgelehnt werden. Die Kriterien für den Stresstest umfassen auf Druck der Bundesregierung neben Naturkatastrophen auch andere extreme Ereignisse wie Folgen eines Flugzeugabsturzes sowie menschliches und organisatorisch bedingtes Versagen. Damit ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung unternommen worden. Die Ergebnisse und insbesondere die daraus gezogenen Konsequenzen werden zeigen, ob der Stresstest tatsächlich seinen hohen Anforderungen gerecht wird. Zur Behandlung von Terrorgefahren, die nicht in die Zuständigkeit der Atomaufsichtsbehörden fallen, sondern in die Kompetenz anderer nationaler Sicherheitsbehörden, wird der Rat eine Arbeitsgruppe in Zusammenarbeit mit der Europäischen Kommission einrichten. Die Ergebnisse der Stresstests werden noch dieses Jahr vom Europäischen Rat behandelt und der Öffentlichkeit mitgeteilt werden.
Anzumerken ist jedoch, dass sich Österreich in seinem Beitrittsvertrag das Recht vorbehalten hat, souverän über die Wahl seiner Energieträger zu entscheiden\; dieses Recht muss Österreich - natürlich unter maximalen Sicherheitsauflagen - auch anderen Staaten zugestehen.
In Bezug auf grenznahe KKW wird die Bundesregierung weiterhin alle ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten nutzen, um die berechtigten Sicherheitsinteressen der österreichischen Bevölkerung zu wahren. Dies gilt insbesondere für die Einhaltung der völker- und europarechtlichen Vorgaben für grenzüberschreitende Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP). Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden dazu mit der Europäischen Kommission im Hinblick auf die Klärung der offenen EU-Rechtsfragen zum slowakischen UVP-Gesetz und im Hinblick darauf, dass diese das anhängige Vertragsverletzungsverfahren rasch zu einem Abschluss bringt, aktiv in Kontakt treten. Österreich behält sich die Einbringung diesbezüglicher Klagen vor.
Österreich hat seit Beginn seiner EU-Mitgliedschaft Initiativen zur Reform des Euratom-Vertrags gestartet und Reformbemühungen unterstützt, um den Förderzweck zu eliminieren, den Schutzzweck auszubauen, einen fairen Wettbewerb herzustellen und Entscheidungsprozesse zu demokratisieren. Nach intensivem Lobbying Österreichs haben im Jahr 2004 fünf der damals 25 Mitgliedstaaten eine Erklärung zum Verfassungsvertrag, welche eine Revisionskonferenz fordert, unterstützt. Diese Erklärung wurde in den Vertrag von Lissabon übernommen. Dies hat einerseits gezeigt, dass Österreich mit diesem Bestreben nicht alleine ist, andererseits aber auch, dass die für die Einsetzung einer Regierungskonferenz erforderliche Mehrheit, insbesondere die für eine Änderung des Euratom-Vertrages erforderliche Einstimmigkeit, noch nicht gegeben ist. Daher müssen die Anstrengungen weiterhin darauf konzentriert werden, die Unterstützerbasis für eine Reform zu erweitern und zu festigen.
Für die österreichische Bundesregierung ist die Entwicklung eines nachhaltigen Energiesystems eine zentrale Herausforderung für die kommenden Jahre. Die Forcierung von Energieeffizienz und die Nutzung erneuerbarer Energiequellen ist unerlässlich, um langfristige Versorgungssicherheit und Klimaschutz sichern zu können. Energieeffizienz und erneuerbare Energien sind die Zukunft der Energieversorgung - Atomkraft ist keine Antwort auf den Klimawandel."
Beschluss der Steiermärkischen Landesregierung vom 14. Juli 2011.
Es wird daher der
Antrag
gestellt:
Der Landtag wolle beschließen:
Der Bericht der Steiermärkischen Landesregierung zum Beschluss Nr. 124 des Landtages Steiermark vom 12.04.2011, betreffend Forcierung des Ausstieges aus der Kernenergie, wird zur Kenntnis genommen.