EZ/OZ: 777/1
Selbstständiger Antrag von Abgeordneten (§ 21 GeoLT)
eingebracht am 30.09.2011, 09:11:59
Landtagsabgeordnete(r): Werner Murgg (KPÖ), Claudia Klimt-Weithaler (KPÖ)
Fraktion(en): KPÖ
Zuständiger Ausschuss: Wirtschaft
Regierungsmitglied(er): Christian Buchmann
Betreff:
Begrenzung von Überziehungszinsen und Mahngebühren auf Girokonten
Die Kreditverschuldung der privaten Haushalte hat in den
letzten Jahren in vielen Ländern beträchtlich zugenommen. Auch in Österreich
ist die Verschuldung der privaten Haushalte im Vergleich zum verfügbaren
Einkommen gestiegen.
Bei den Zahlungsverpflichtungen der Haushalte aus Wohnbau-
oder Konsumkrediten stellt die Überziehungsmöglichkeit von Girokonten eine
ebenso bedeutende wie problematische Sonderform dar. Betroffene, die sich
gezwungen sehen, ihr Konto zu überziehen, um Ausgaben zu bestreiten, die ihre
finanziellen Möglichkeiten übersteigen, sind mit horrenden Zinsen und Gebühren
konfrontiert.
Der Bankenrechner der Arbeiterkammer weist aktuell eine
Bandbreite der Sollzinsen von 4,75 % bis 13,25% aus, Untersuchungen
des Vereines für Konsumentenschutz und der Arbeiterkammer gehen übereinstimmend
von einem Mittelwert um 9,5% aus.
KonsumentInnen, die mit Zahlungsschwierigkeiten konfrontiert
sind, werden überdies noch mit einer verwirrenden Vielfalt von Gebühren und
Spesen belastet, wenn Abbuchungs- bzw. Lastschriftaufträge mangels Kontodeckung
unterbleiben, wie eine aktuelle Untersuchung der Arbeiterkammer Steiermark
zeigt. Ein undurchschaubarer Dschungel von Bearbeitungsgebühren,
Dispositionsspesen, Rücklastschriftspesen und Mahngebühren setzt nicht selten
eine kaum kontrollierbare Kostenlawine in Gang. Ein steirisches Geldinstitut
verblüfft sogar mit Mahnkosten von bis zu €77.
Die Höhe der Überziehungszinsen steht dabei in keinem
Verhältnis zum historisch niedrigen Niveau des Leitzinssatzes der Europäischen
Zentralbank (EZB). Überhöhte Überziehungszinsen und Gebühren sind ein weiteres
Beispiel für Marktversagen im Finanzsektor. Bis auf sehr wenige Ausnahmen
diktieren Banken ihren Kundinnen und Kunden einseitig ungünstige Zinsbedingungen.
Sie erzielen auf diese Weise Gewinne, die nicht leistungsbezogen sind, sondern
vielmehr Not- und Zwangslagen ausnutzen. Bankinstitute rechnen damit, dass ein
Girokonto nicht so schnell gewechselt werden kann.
Der Gesetzgeber ist gefordert, Verbraucherinnen und
Verbraucher zu schützen und für faire Marktbedingungen zu sorgen. Banken sollen
nur verhältnismäßige Zinsen und leistungsgerechte Entgelte verlangen dürfen.
Auch die Basis der Zinsberechnung muss transparenter werden.
Bedauerlicherweise hatte die Neuregelung der
Bestimmungen für Überziehungsmöglichkeiten und der damit verbundenen
Informationspflichten des Kreditgebers durch das 2010 beschlossene
Verbraucherkreditgesetz (VKrG), mit dem die Richtlinie 2008/48/EG über
Verbraucherkreditverträge in das österreichische Recht umgesetzt wurde, kaum
Auswirkung auf die unfairen Geschäftspraktiken der hiesigen
Finanzdienstleister.
Dass die Kosten für Girokonten nicht mehr einseitig der
Inflationsentwicklung angepasst werden dürfen, musste erst vor dem Obersten
Gerichtshof durch eine Unterlassungsklage des Vereins für
Konsumenteninformation (VKI) erkämpft werden, und stellt den einzigen
wesentliche Fortschritt in der Thematik dar.
Es ist Zeit, regulierend in den Markt einzugreifen und
gesetzliche Rahmenbedingungen zu schaffen, die ein faires Verhältnis zwischen
Soll- und Habenzinsen garantiert.
Es wird daher der
Antrag
gestellt:
Der Landtag wolle beschließen:
Die Landesregierung wird aufgefordert, an die
Bundesregierung mit dem Anliegen heranzutreten, dem Bundesgesetzgeber eine
Novelle des Verbraucherkreditgesetzes zur Beschlussfassung vorzulegen, mit der
eine Deckelung der Überziehungszinsen von Girokonten eingeführt und
Bearbeitungsgebühren und Mahnspesen gesetzlich begrenzt werden, die jedenfalls
sicherstellt, dass der Sollzinssatz für Überziehungsmöglichkeiten in Zukunft
höchstens fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz liegen darf.
Unterschrift(en):
Werner Murgg (KPÖ), Claudia Klimt-Weithaler (KPÖ)