EZ/OZ: 793/1
Selbstständiger Antrag von Abgeordneten (§ 21 GeoLT)
eingebracht am 05.10.2011, 15:32:03
Landtagsabgeordnete(r): Ingrid Lechner-Sonnek (Grüne), Lambert Schönleitner (Grüne), Sabine Jungwirth (Grüne)
Fraktion(en): Grüne
Zuständiger Ausschuss: Verfassung
Regierungsmitglied(er): Franz Voves
Beilagen: Proporzabschaffung und Minderheitenrechte, Erläuterungen
Betreff:
Gesetzesnovellierungen mit denen das Proporzsystem abgeschafft wird und die Minderheitenrechte im Landtag gestärkt werden
Die Abschaffung des Proporzsystems sollte aus demoktratiepolitischen Gründen mit Zustimmung aller Parteien erfolgen und nicht von den beiden größten Parteien dazu benutzt werden, um aus machtpolitischen Kalkülen die demokratischen Standards herabzusetzen und die Opposition zu schwächen.
Am 20. April 2010 hat der Landtag mit den Stimmen von SPÖ, KPÖ und Grünen Gesetzesnovellen beschlossen, um das Proporzsystem abzuschaffen und die Minderheitenrechte im Landtag zu stärken (siehe Beilage). Damit erreichte das Stück zwar eine Mehrheit im Landtag, aber nicht die erforderliche Zweidrittelmehrheit, da die ÖVP für die Beibehaltung des Proporzes eintrat.
Dennoch ist die ausverhandelte Verfassungsnovelle ein wichtiger Maßstab für die nun anstehende Abschaffung des Proporzsystems, da sie nicht nur die Zustimmung der größten im Landtag vertretenen Partei, sondern auch der beiden nicht in der Landesregierung vertretenen Oppositionsparteien fand. Diese Verfassungsnovelle soll daher Ausgangspunkt und Leitlinie für die Verhandlungen sein.
Demokratiepolitisch ist es eine unabdingbare Notwendigkeit, bei der Abschaffung des Proporzes im Gegenzug Minderheitenrechte zu stärken, um einer gestärkten Regierung eine gestärkte Opposition gegenüberzustellen, die befähigt wird, eine effektive Kontrolle der Regierung zu gewährleisten.
Es wird daher der
Antrag
gestellt:
Der Landtag wolle beschließen:
Ein Unterausschuss soll die rechtlichen Grundlagen für die Abschaffung des Proporzes und die Stärkung der Minderheitenrechte beraten und dem Landtag einen diesbezüglichen Entwurf einer Novellierung des Landes-Verfassungsgesetzes zur Umsetzung vorlegen, das auf Basis der Verhandlungsergebnisse der XIV. Gesetzgebungsperiode folgende Punkte beinhalten soll:
1. Nach einer Landtagswahl ist die stimmenstärkste Partei gesetzlich beauftragt, eine Regierung zu bilden. Sie hat dafür sieben Wochen Zeit. Ab diesem Zeitpunkt steht es jeder im Landtag vertretenen Partei offen, derartige Regierungsverhandlungen zu führen.
2. Im Fall eines positiven Abschlusses der Regierungsverhandlungen ist das Ergebnis der Landtagspräsidentin / dem Landtagspräsidenten zu melden. DieseR hat die Wahl der Landesregierung auf die nächstfolgende Landtagssitzung zu setzen, wo die Regierung in "einem Paket" (d.h. dass die Rollen der/des LH und des / der StellvertreterInnen feststehen) gewählt wird. Die Abgabe einer Regierungserklärung, die wesentliche Punkte der geplanten Regierungsarbeit beinhaltet, hat in der ersten oder einer der folgenden Landtagssitzungen zu erfolgen.
3. Die Regierung wird von derzeit neun auf fünf bis sieben Mitglieder reduziert. Die genaue Zahl ergibt sich aus den jeweiligen Verhandlungen. Verpflichtend zu benennen sind eine Landeshauptfrau bzw. ein Landeshauptmann und zumindest einE StellvertreterIn. Der Landtag genehmigt mit der Wahl der Landesregierung deren vorgeschlagene Größe.
4. Die Regierung trifft eine allgemeine, über die Regierungserklärung hinaus gehende Informationspflicht gegenüber dem Landtag. Zur Fassung eines Regierungsbeschlusses ist die Einstimmigkeit (mit der Möglichkeit der Stimmenthaltung) erforderlich.
5. Da die Rolle des Landtages nach der Abschaffung des Proporzes systembedingt eher geschwächt wird, ist eine starke Verbesserung der so genannten Minderheitenrechte vorzusehen.
6. Es wird eine Opposition definiert, die aus jenen Landtagsparteien gebildet wird, die nicht in der Landesregierung vertreten sind. Der Opposition stehen unter anderem folgende Rechte zu:
· Rund 10 Prozent mehr Klubförderung je Landtagsmandat als bei "Regierungsparteien".
· Gleiche Anzahl an Klubbediensteten wie Mandate der Oppositionspartei (aber immer mindestens sechs Personen) - die Klubs der Regierungsparteien haben nur halb soviel Bedienstete, als Mandate, maximal aber 8 Personen.
· Einberufung eines Sonderlandtages.
· Alleiniges Nominierungsrecht für die/den LRH-DirektorIn.
· Sonderprüfungsauftrag an den LRH (3 x pro Session).
· Prüfungsanregung an den LRH im Kontrollausschuss (analog Landesregierung).
· Vorsitz im Kontroll- und Petitionsausschuss.
· Direktes Einsetzungsrecht für Untersuchungsausschüsse.
· Vorsitz in Untersuchungsausschüssen.
· Möglichkeit des Untersuchungsausschuss-Endberichtes.
· Formlose Beendigung eines Untersuchungsausschusses.
· Verlangen auf Aussprache im Ausschuss.
· Zitieren von Rechnungshof- /VolksanwaltschaftsmitarbeiterInnen in einen Ausschuss.
· Rolle der SchriftführerInnen im Landtag.
7. Weitere - nicht an die Opposition gebundene - Minderheitenrechte sind:
· Recht jeder Landtagspartei in Klubstärke, in jedem Ausschuss zumindest einen Sitz zu haben.
· Akteneinsicht für Landtagsabgeordnete, wenn das jeweilige Thema im Landtag behandelt wird.
· Einsichtnahme für Landtagsabgeordnete in die Tagesordnungen und Beschlussprotokolle der Landesregierung. (Damit wissen die Oppositionsparteien, womit sich die Regierung befasst, und können die Landtagsinstrumentarien entsprechend einsetzen).
· Herabsetzen verschiedener Minderheitenrechte im Landtag von einem Drittel auf ein Viertel (Durchführung einer Volksbefragung, Zitierung Regierer, Zitierung Rechnungshof-/VolksanwaltschaftsmitarbeiterInnen, Einberufung Ausschusssitzungen, Verlangen auf namentliche Abstimmung).
· Minderheitsbericht vom Ausschuss an den Landtag schon durch eineN einzigeN AbgeordneteN.
8. Weitere Neuregelungen sind:
· Misstrauensvotum gegenüber Landesregierung/Regierungsmitgliedern: AbgewählteR "RegiererIn" kann in der selben Gesetzgebungsperiode nicht mehr der Regierung angehören, Anwesenheitsquorum: ½ (statt bisher 2/3), Beschlussquorum: weiterhin einfache Mehrheit, neues Vorschlagsrecht für die Neuwahl: LH (Abgehen von der "Paketwahl").
· Mitglieder der Landesregierung dürfen nicht mehr dem Landtag angehören.
· Die Redezeit der HauprednerInnen wird auf 15 Minuten verkürzt.
· Die mündliche Berichterstattung im Haus entfällt ersatzlos.
· Das Instrument "Schluss der Wechselrede" entfällt ersatzlos.
Unterschrift(en):
Ingrid Lechner-Sonnek (Grüne), Lambert Schönleitner (Grüne), Sabine Jungwirth (Grüne)