LANDTAG STEIERMARK
XVI. GESETZGEBUNGSPERIODE


EZ/OZ: 825/1

Regierungsvorlage

eingebracht am 20.10.2011, 00:00:00


Geschäftszahl(en): A3-1290/2011-4; A3.28-E-6/2011-89; FA6A-10.200-1/2010-77; FA6B-19.00-1/2011-54
Zuständiger Ausschuss: Verfassung
Regierungsmitglied(er): Elisabeth Grossmann
Beilagen: Vereinbarung, Stellungnahme der Landesfinanzreferentin

Betreff:
Vereinbarung gem. Art. 15a B-VG über die Förderung von Lehrgängen für Erwachsene im Bereich Basisbildung/Grundkompetenzen sowie von Lehrgängen zum Nachholen des Pflichtschulabschlusses für die Jahre 2012 bis 2014

Schätzungen der UNESCO-Kommission Österreich gehen davon aus, dass zwischen 300.000 und 600.000 Menschen in Österreich über keine ausreichenden Kompetenzen in den Kulturtechniken Lesen, Schreiben und Rechnen verfügen, um am sozialen Leben angemessen teilnehmen und am Arbeitsmarkt langfristig bestehen zu können.
Das "Institut für Höhere Studien" (IHS) errechnete einen Anteil von 280.000 Personen im erwerbsfähigen Alter, die über keinen positiven Pflichtschulabschluss verfügen, wobei laut Berechnung des IHS jährlich rund 5.000 Jugendliche hinzukommen, die ihre Schulpflicht erfüllt, aber keinen positiven Hauptschulabschluss als Mindestvoraussetzung für einen erfolgreichen Start ins Berufsleben erworben haben.

Bildungsprogramme für Erwachsene, die dazu beitragen, die Chancen der Menschen im Bereich der Basisbildung/ Grundkompetenzen zu verbessern, erfordern oftmals einen Kostenbeitrag von den in der Regel sehr einkommensschwachen oder gar armutsgefährdeten TeilnehmerInnen, was eine gravierende Hürde für den Besuch solcher Weiterbildungsprogramme darstellt.

Ähnliches gilt für die Bildungsprogramme zum Nachholen des Pflichtschulabschlusses, die gleichfalls überwiegend mit erheblichen Kosten für die TeilnehmerInnen verbunden sind. Dazu kommt, dass die Angebote zum Nachholen des Pflichtschulabschlusses qualitativ und quantitativ (z.B. bezüglich der angebotenen Zahl an Trainingseinheiten) je nach Anbieter stark variieren und damit höchst unterschiedliche Drop-out-Quoten mit negativen Spitzenwerten bis zu 70 Prozent aufweisen.

In der Steiermark gibt es derzeit ca. 25.200 Personen ohne positiven Pflichtschulabschluss und ca. 60.000 bis 100.000 Personen ohne ausreichende Basisbildungskompetenzen.

Aus diesem Grund hat im Auftrag des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur eine Bund-Länder-ExpertInnengruppe in den Jahren 2009 bis 2011 eine eingehende Analyse der Problemlage vorgenommen und als beste Möglichkeit eine Vereinbarung gem. Art. 15a B-VG über die Förderung von Lehrgängen für Erwachsene im Bereich Basisbildung/Grundkompetenzen sowie von Lehrgängen zum Nachholen des Pflichtschulabschlusses vorgeschlagen.

Die wichtigsten Punkte aus der Vereinbarung sind:

Ziel:
Um den Anteil an gering qualifizierten Personen im erwerbsfähigen Alter (Personen mit mangelnden Grundfertigkeiten in Lesen, Schreiben und Rechnen sowie Personen ohne positiven Pflichtschulabschluss) nachhaltig zu senken und das Qualifikationsniveau der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter generell zu steigern, werden folgende Ziele verfolgt:

Ermöglichung der kostenlosen Absolvierung von Bildungsprogrammen in den Bereichen

·        Basisbildung/Grundkompetenzen
·        Nachholen des Pflichtschulabschlusses

in Verfolgung des Regierungsprogramms der 24. Gesetzgebungsperiode, das im Abschnitt "Erwachsenenbildung" vorsieht: "Gemeinsam mit den Ländern soll im Wege von Kofinanzierungsmodellen das kostenfreie Nachholen von Bildungsabschlüssen aller formalen Ausbildungen der Sekundarstufe I und II (inklusive der Berufsreifeprüfung) in einer altersgerechten Form ermöglicht werden."

Inhalt/ Problemlösung:
  • Gemeinsame Zieldefinitionen durch Länder und Bund auf Basis wissenschaftlich fundierter Bedarfsschätzungen und Zielgrößen je Land
  • Festlegung eines einheitlichen Fördersystems mit einheitlichen Zugangskriterien für beide Programmbereiche (Basisbildung/Grundkompetenzen und Nachholen des Pflichtschulabschlusses)
  • Definition von bundesweit einheitlichen Durchführungs-Standards
  • Standards für Anbieter (Qualität der Organisation)
  • Standards für Maßnahmeninhalte (Qualität von Beratung, Lehrgang, Nahtstellenbetreuung)
  • Standards für das eingesetzte Personal (Qualifikation der BeraterInnen und TrainerInnen)
  • Verankerung bundesweit einheitlicher Normkostenmodelle (Finanzierungsstandards mit flexiblem Rahmen für zielgruppengerechte Maßnahmengestaltung)
  • Umsetzung eines Länder-Bund Kofinanzierungsmodells (50 Prozent Kostenübernahme durch das Land, 50 Prozent durch den Bund)
 
Wirtschaftspolitische Auswirkungen:
Der Wettbewerb im vorwiegend privat organisierten Erwachsenen- und Weiterbildungsmarkt wird durch das Länder-Bund-Förderprogramm gleichzeitig gestärkt und transparenter ausgestaltet, indem die großen, in der "Konferenz der Erwachsenenbildung Österreichs" (KEBÖ) organisierten Anbieter ebenso auf die einheitlichen Qualitätsstandards verpflichtet werden wie die Vielzahl kleinerer Vereine und die am Markt immer stärker auftretenden gewinnorientierten Anbieter. Für die Fördergeber werden die projektierten Maßnahmen damit erstmals hinsichtlich ihres Umfangs und ihrer qualitativen Ausrichtung direkt vergleichbar. Die Initiative hat deshalb positive Auswirkungen auf die Markttransparenz.

Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:
Die Etablierung der unentgeltlichen Bildungsangebote verfolgt das Ziel, das Bildungsniveau und damit die Beschäftigungsfähigkeit von Menschen mit geringer Erstausbildung zu erhöhen und das in Österreich verfügbare Humankapital zu stärken. Von der Umsetzung des Förderprogramms sind deshalb sowohl positive Effekte in der Beschäftigungspolitik als auch in der Standort- und Wettbewerbspolitik zu erwarten.

Auswirkungen auf die Verwaltungskosten für Bürger/innen und für Unternehmen:
Die Erwachsenenbildungseinrichtungen, die im Rahmen des Länder-Bund-Förderprogramms auf freiwilliger Basis tätig werden, haben Kosten in folgenden Bereichen zu tragen:
  • Akkreditierung der projektierten Maßnahmen bzw. Nachweis der Erfüllung der qualitativen Mindestvoraussetzungen (geschätzte durchschnittliche Kosten je Antragsausarbeitung: € 1.200,--)
  • Beantragung der Fördermittel (geschätzte Abwicklungskosten je Förderantrag: € 750,--)
  • Mitwirkung am TeilnehmerInnen-Monitoring und an der Evaluierung des Programms (geschätzte Kosten je TeilnehmerIn: € 30,--)
 
Auswirkungen in konsumentenschutzpolitischer sowie sozialer Hinsicht:
Die erstmals bundesweit einheitlichen Qualitätsstandards gewährleisten einen deutlichen Zuwachs an Transparenz und Entscheidungssicherheit für die KonsumentInnen in den beiden Programmbereichen.
Durch die Möglichkeit der unentgeltlichen Beteiligung an den Bildungsmaßnahmen werden insbesondere gering qualifizierte Personen, Personen mit niedrigem Einkommen sowie sozial benachteiligte Personen gefördert und damit nachhaltig an weiterführende Bildungswege und bessere Beschäftigungsmöglichkeiten herangeführt.
 
Geschlechtsspezifische Auswirkungen:
Auf Grund der Möglichkeit, im Programmbereich "Basisbildung/Grundkompetenzen" auch Kinderbetreuung in die förderfähigen Kosten einzurechnen, können Frauen mit Kinderbetreuungspflichten verstärkt angesprochen werden. Ansonsten sind mit der Umsetzung dieser Vereinbarung keine geschlechtsspezifischen Auswirkungen verbunden
 
Finanzrahmen:
Für die Umsetzung wurde ein Finanzvolumen für die Jahre 2012 bis 2014 im Ausmaß von 54.566.818,-- festgelegt, das zu je 50% von Bund bzw. Ländern finanziert wird. Davon entfällt auf die Steiermark ein Anteil von insgesamt 1.650.000.--.

Bei der Landeshauptleutekonferenz am 11. Oktober 2011 wurde dem Abschluss dieser Vereinbarung gem. Art. 15a B-VG über die Förderung von Lehrgängen für Erwachsene im Bereich Basisbildung/Grundkompetenzen sowie von Lehrgängen zum Nachholen des Pflichtschulabschlusses grundsätzlich bereits zugestimmt. Ebenso hat der Ministerrat am 11. Oktober seine Zustimmung gegeben.

Danach ergibt sich folgender Finanzierungsschlüssel:

Bereich Basisbildung/Grundbildungskompetenzen

Vertragspartei
2012
2013
2014
Summe
Burgenland
84.000
84.000
96.000
             264.000
Kärnten
 98.440
           112.500
           140.625
             351.565
Niederösterreich
           421.875
           421.875
           421.875
          1.265.625
Oberösterreich
           431.250
           453.750
           474.375
          1.359.375
Salzburg
           200.000
           200.000
           200.000
             600.000
Steiermark
           150.000
           150.000
           150.000
             450.000
Tirol
           140.630
           154.690
           168.750
             464.070
Vorarlberg
75.000
75.000
75.000
             225.000
Wien
        1.900.000
        2.000.000
        2.000.000
          5.900.000





Summe Länder
        3.501.195
        3.651.815
        3.726.625
        10.879.635
Summe Bund
        3.501.195
        3.651.815
        3.726.625
        10.879.635



Bereich Nachholen des Pflichtschulabschlusses

Vertragspartei
2012
2013
2014
Summe
Burgenland
           108.240
           121.770
           135.300
             365.310
Kärnten
           189.350
           243.450
           297.550
             730.350
Niederösterreich
           270.440
           283.960
           297.480
             851.880
Oberösterreich
           594.550
           624.277
           654.005
          1.872.832
Salzburg
           484.000
           484.000
           484.000
          1.452.000
Steiermark
           400.000
           400.000
           400.000
          1.200.000
Tirol
           162.260
           256.920
           311.000
             730.180
Vorarlberg
95.700
           198.000
           198.000
             491.700
Wien
        2.488.504
        2.894.161
        3.326.862
          8.709.527





Summe Länder
        4.793.044
        5.506.538
        6.104.197
        16.403.779
Summe Bund
        4.793.044
        5.506.538
        6.104.197
        16.403.779


Damit sind die Voraussetzungen geschaffen, dass das Land Steiermark dieser Vereinbarung zustimmen kann.

Der in der Art. 15a-Vereinbarung genannte Betrag in der Höhe von € 550.000,-- jährlich für die Finanzierung zur Ermöglichung der kostenlosen Absolvierung von Bildungsprogrammen in den Bereichen Basisbildung/Grundkompetenzen und Nachholen des Pflichtschulabschlusses wird einerseits vom AMS Steiermark in Höhe von € 250.000,-- und dem Land Steiermark in der Höhe von € 300.000,-- jährlich bereitgestellt.

Für die Jahre 2013 und 2014 hätte die Finanzierung aus dem Ressortbudget zu Lasten der vom Landtag Steiermark im Rahmen des jeweiligen Landesvoranschlages bereitgestellten Mittel zu erfolgen.

Haushaltsmäßig wäre es für das Jahr 2012 erforderlich bei der außerplanmäßigen VST. 1/279144-7670 "Förderung von Lehrgängen für Erwachsene" eine außerplanmäßige Ausgabe in der Höhe von € 550.000,-- zu genehmigen.

Die Bedeckung hätte durch Heranziehung von Ausgabenersparungen zu einem Teilbetrag von € 300.000,-- bei der VST. 1/469205-7670  "Förderung von strategischen, gesellschaftsrelevanten und generationsübergreifenden Projekten" (€ 100.000,--) und bei der VST. 1/230015-7690  "Förderung der didaktischen Maßnahmen" (€ 200.000,--) sowie durch die Heranziehung von Mehreinnahmen in der Höhe von € 250.000,-- bei der außerplanmäßigen VST. 2/279140-8540  "Beitrag des AMS für Lehrgangsförderung" zu erfolgen.
 
Mit dem AMS Steiermark wird eine Verwaltungsvereinbarung hinsichtlich der Zurverfügungstellung der finanziellen Mittel geschlossen. Es liegt bereits eine schriftliche Zusage seitens des AMS Steiermark vor.

Für das Land Steiermark entstehen im Rahmen der oben angeführten Art. 15a-Vereinbarung für die Jahre 2012 bis 2014 zusätzliche Kosten für die Erstellung eines Monitoringsystems (Datenbank) und der dazu gehörigen  Evaluierung in der voraussichtlichen Höhe von gesamt € 20.000,--, die der Geschäftsstelle im Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur zur Verfügung gestellt werden sollen.
Um die Finanzierung für die gesamte Dauer der Art. 15a-Vereinbarung sicher zu stellen und eine zusätzliche Belastung des Budgets 2013/14 zu vermeiden, werden € 20.000,-- vom Ansatz 1/279125-7670  "Förderung  von Veranstaltungen und Einrichtungen der Erwachsenenbildung und des öffentlichen Bibliothekswesens" in Gebühr gestellt.

Nach Ablauf der Art. 15a-Vereinbarung im Jahr 2014 entstehen dem Land Steiermark keine weiteren Kosten.


Beschluss der Steiermärkischen Landesregierung vom 20. Oktober 2011.


Es wird daher der

Antrag

gestellt:

Der Landtag wolle beschließen:

Die Vereinbarung gem. Art. 15a B-VG über die Förderung von Lehrgängen für Erwachsene im Bereich Basisbildung/Grundkompetenzen sowie von Lehrgängen zum Nachholen des Pflichtschulabschlusses für die Jahre 2012 bis 2014 wird genehmigt.