LANDTAG STEIERMARK
XVI. GESETZGEBUNGSPERIODE


EZ/OZ 585/5

Schriftlicher Bericht

Ausschuss: Wirtschaft

Betreff:
Änderung der Sperrzeitenverordnung 1998


zu:


  • 585/1, Änderung der Sperrzeitenverordnung 1998 (Selbstständiger Antrag)


Der Ausschuss "Wirtschaft" hat in seinen Sitzungen vom 28.06.2011 und 11.10.2011 über den oben angeführten Gegenstand die Beratungen durchgeführt.

Zum Antrag der Abgeordneten DI Gunter Hadwiger und Peter Samt liegt seitens der Steiermärkischen Landesregierung folgende Stellungnahme vor:

"Aufgrund des in der Sperrzeitenverordnung festgesetzten Zeitpunktes der Sperrstunde und der Aufsperrstunde mit 05:00 für Bar, Kaffeehaus, Café, Diskothek, Nachtklub kommt es konkret im Bundesland Steiermark, Landeshauptstadt Graz, insbesondere in den Bezirken 2 (St.Leonhard) und 3 (Geidorf) zu extrem erhöhten unzumutbaren gesundheitsgefährdenden Lärmimmissionen für die umliegenden Anrainer. Dieses "Schlupfloch" bzw. die "Ausnutzung des Rechtstricks" des vom Gesetzgeber vorgegebene Festsetzens von zeitlich fixen Sperrstunden und Aufsperrstunden mit ein- und demselben Zeitpunkt - nämlich mit 05:00 -zusammenfallenzulassen ist österreichweit einmalig und offensichtlich rechts- bzw. gesetzeswidrig.

Bei sorgfältiger Betrachtung des Gesetzestextes der GewO im §113 Abs 1 2. Satz wonach "..hiebei auf die Bedürfnisse der ortsansässigen Bevölkerung und der Touristen Bedacht zu nehmen und erforderlichenfalls von der Festlegung einer Sperrzeit abzusehen..." geht klar hervor, dass nur somit nur erforderlichenfalls von einer Sperrzeit abgesehen werden kann, dies aber nicht die Regel sein soll, wie dies jedoch in der Steiermark der Fall ist.

Durch die Situierung von einer größeren Anzahl von Gastgewerbebetrieben mit langen Öffnungszeiten in einem kleinen Gebiet, kommt es, besonders in größeren Städten, zu einem "Lokaltourismus" bis in die Morgenstunden. Dieser belastet vor Allem die ortsansässige Bevölkerung durch erhebliche Lärmentwicklung, Verschmutzung und sonstige Belästigungen bis hin zu einer Häufung von Gewalttaten.

In diesem Sinne hat der Landeshauptmann als Verordnungsgeber auf diese besonderen Situationen einzugehen und bei der Erlassung der Sperrzeitenverordnung jene Zonen zu erheben, in denen zum Schutz der ortsansässigen Bevölkerung besondere Sperrzeiten einzuhalten sind."

In der Ausschuss-Sitzung vom 28. Juni 2011 wurde der Beschluss gefasst, die Landesregierung zu diesem Selbständigen Antrag  um Stellungnahme zu ersuchen, welche wie folgt lautet:

Vorausgeschickt wird, dass die im Antrag angeführte Regelung der Gewerbeordnung in mittelbarer Bundesverwaltung vollzogen wird, das heißt, dass grundsätzlich die jeweiligen Landeshauptleute für die Erlassung der Sperrzeitenverordnung zuständig sind. Auf Grund der Geschäftsverteilung der Steiermärkischen Landesregierung ist Landesrat Dr. Christian Buchmann für diesen Bereich zuständig.

1. Rechtsgrundlagen:

Gemäß § 113 Abs 1 GewO 1994 idgF hat der Landeshauptmann den Zeitpunkt, zu dem gastgewerbliche Betriebe geschlossen werden müssen (Sperrstunde), und den Zeitpunkt, zu dem sie geöffnet werden dürfen (Aufsperrstunde), für die einzelnen Betriebsarten der Gastgewerbe durch Verordnung festzulegen\; er hat hiebei auf die Bedürfnisse der ortsansässigen Bevölkerung und der Touristen Bedacht zu nehmen und erforderlichenfalls von der Festlegung einer Sperrzeit abzusehen. Bei den in Bahnhöfen, auf Flugplätzen und an Schiffslandeplätzen gelegenen Gastgewerbebetrieben hat der Landeshauptmann insbesondere den Verpflegungsbedarf der Reisenden zu berücksichtigen\; zu dieser Frage sind auch die in Betracht kommenden Verkehrsunternehmen zu hören.

In § 113 Abs 5 GewO 1994 idgF wird ausgeführt, dass die Gemeinde eine spätere Aufsperrstunde oder eine frühere Sperrstunde vorzuschreiben hat, wenn die Nachbarschaft wiederholt durch ein nicht strafbares Verhalten von Gästen vor der Betriebsanlage des Gastgewerbebetriebes unzumutbar belästigt wurde oder wenn sicherheitspolizeiliche Bedenken bestehen. Diese Vorschreibung ist zu widerrufen, wenn angenommen werden kann, dass der für die Vorschreibung maßgebende Grund nicht mehr gegeben sein wird. In Orten, in denen Bundespolizeidirektionen bestehen, haben die Gemeinden vor einer Entscheidung diese Behörden zu hören. Nachbarn, die eine Verkürzung der Betriebszeit des Gastgewerbebetriebes bei der Gemeinde angeregt haben, sind Beteiligte im Sinne des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991.

Die Verordnung des Landeshauptmannes von Steiermark vom 21. Dezember 1998 über die Sperrstunde und Aufsperrstunde der Gastgewerbebetriebe (Sperrzeitenverordnung 1998) lautet soweit hier relevant:

§ 1
Sperrstunde

(1)    Für die nachgenannten Betriebsarten der Gastgewerbe wird die Sperrstunde wie folgt festgelegt:

Betriebsart
Sperrstunde
a) Bar, Kaffeehaus, Café, Diskothek, Nachtklub
5 Uhr
b) Alle übrigen Betriebsarten der Gastgewerbe
2 Uhr

(2) Für die Gästebeherbergung wird keine Sperrstunde festgelegt.

(3) Für die auf Flugplätzen gelegenen Gastgewerbebetriebe wird keine Sperrstunde festgelegt.

(4) Wenn in einem Gebäude ein Gastgewerbe in mehreren Betriebsarten, für die verschiedene Sperrstunden festgesetzt sind, ausgeübt wird und die den einzelnen Betriebsarten zugeordneten Gastlokale räumlich nicht völlig getrennt sind, gilt für den gesamten Gastgewerbebetrieb die zuerst eintretende Sperrstunde.

§ 2
Aufsperrstunde

Die Aufsperrstunde wird einheitlich mit 5 Uhr festgelegt.

§ 3
Sonderregelungen für bestimmte Gastgewerbebetriebe

(1) Die in Bahnhöfen gelegenen Gastgewerbebetriebe dürfen bis zu einer Stunde vor der ersten und nach der letzten Ankunft/Abfahrt des fahrplanmäßig vorgesehenen Verkehrsmittels offengehalten werden.

(2) Gastgewerbebetriebe an Autobahnen und Schnellstraßen dürfen durchgehend offengehalten werden, wenn in der Zeit von 2 bis 5 Uhr keine alkoholischen Getränke ausgeschenkt werden.

(3) Gastgewerbebetriebe, die in Verbindung mit einer ständig geöffneten Tankstelle an Bundesstraßen in der Betriebsart eines Rasthauses, eines Buffets oder eines Espressos geführt werden, dürfen durchgehend offengehalten werden, wenn in der Zeit von 2 bis 5 Uhr keine alkoholischen Getränke ausgeschenkt werden.

2. Zur behaupteten Rechtswidrigkeit:

Auf Grund der gesetzlichen Vorgaben wurden Sperrzeiten explizit nicht für die Gästebeherbergung und für die auf Flugplätzen gelegenen Gastgewerbebetriebe verordnet. Für alle übrigen Betriebsarten wurden Sperrzeiten festgelegt. Weder wurden im Begutachtungsverfahren zur Sperrzeitenverordnung Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieser Verordnung geäußert noch ist die Steiermärkische Regelung "österreichweit einmalig": in den Gesetzesmaterien über Sperrzeiten in den Bundesländern Tirol und Niederösterreich finden sich ähnliche bzw. gleiche Regelungen. So  kann nicht im Geringsten von einer Bestimmung, die "österreichweit einmalig und offensichtlich rechts- bzw. gesetzeswidrig" ist, gesprochen werden.

3. Zur Zonen-Festlegung durch die Sperrzeitenverordnung

Gemäß § 113 Abs 1 GewO 1994 idgF hat der Landeshauptmann den Zeitpunkt, zu dem gastgewerbliche Betriebe geschlossen werden müssen (Sperrstunde), und den Zeitpunkt, zu dem sie geöffnet werden dürfen (Aufsperrstunde), für die einzelnen Betriebsarten der Gastgewerbe durch Verordnung festzulegen\; er hat hierbei auf die Bedürfnisse der ortsansässigen Bevölkerung und der Touristen Bedacht zu nehmen und erforderlichenfalls von der Festlegung einer Sperrzeit abzusehen. Für die Beurteilung der "Bedürfnisse der ortsansässigen Bevölkerung" im Sinne dieser Bestimmung sind die Bedürfnisse der ortsansässigen Bevölkerung nach der Öffnung der jeweiligen gastgewerblichen Betriebsarten heranzuziehen, nicht jedoch die Ruhebedürfnisse der ortsansässigen Bevölkerung. Eine örtliche Beschränkung in Form einer Zonen-Festlegung mittels  Sperrzeitenverordnung aufgrund von Belästigungen oder Störungen der Wohnbevölkerung ist von der Verordnungsermächtigung des§ 113 Abs 1 GewO 1994 idgF rechtlich nicht gedeckt und daher unzulässig.

Dies erschließt sich auch eindeutig beim Vergleich der Bestimmungen des § 113 Abs 1 und Abs 5 GewO 1994 idgF. Während Abs 1 die grundlegende Festsetzung der Sperrzeiten durch den Landeshauptmann für die einzelnen Betriebsarten im gesamten Landesgebiet zulässt, ermöglicht Abs 5 der Gemeinde unter gewissen (z.B. den im Antrag beschriebenen) Voraussetzungen von dieser allgemeinen Regelung durch Bescheid abzugehen. Diese Bestimmung wäre dadurch sinnentleert, wenn bereits der Landeshauptmann derartiges verordnen könnte.

In diesem Zusammenhang ist auch Art 118 Abs 2 B-VG zu nennen: vom eigenen Wirkungsbereich der Gemeinden sind alle Angelegenheiten umfasst, die im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse der in der Gemeinde verkörperten örtlichen Gemeinschaft gelegen und geeignet sind, durch die Gemeinschaft innerhalb ihrer örtlichen Grenzen besorgt zu werden. Auch daran ist zu erkennen, dass die im Antrag geforderte Änderung der Sperrzeiten nicht zielführend durch eine allgemein gültige Verordnung des Landeshauptmannes erreicht werden kann, sondern durch die Gemeinden zu erfolgen hat.

Vor diesem Hintergrund erscheint es schlüssig, dass der Gemeinderat der Stadt Graz in einer Petition vom 3. Mai 2011 über den Städte- und Gemeindebund an das Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend mit dem Ersuchen herangetreten ist, "den § 113 GewO 1994 dahingehend zu ergänzen, dass entweder die Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich oder die Bezirksverwaltungsbehörde von der Sperrzeitenverordnung des Landeshauptmannes bei Vorliegen einer hohen Dichte an Gastgewerbebetrieben abweichende Sperrzeiten für bestimmte betroffene Wohngebiete und sonstige sensible Bereiche festlegen können." Hinsichtlich dieser angeregten Novellierung der Gewerbeordnung ist davon auszugehen, dass diese im Rahmen der Vorbereitung zu einer Novelle der Gewerbeordnung auf Bundesebene behandelt werden wird.

In diesem Zusammenhang darf ebenfalls auf Medienberichten vom Juli diesen Jahres verwiesen werden, deren zufolge die Stadt Graz derzeit Anstrengungen unternimmt, die Sperrzeiten von Lokalen im Univiertel gemäß § 113 Abs 5 GewO 1994 idgF aufgrund von sicherheitspolizeilichen Bedenken auf 02:00 Uhr vorzuverlegen.

Unabhängig von der bisherigen Darstellung der rechtlichen Situation darf auch darauf hingewiesen werden, dass die Forderung des Selbständigen Antrages, dass z.B. Kaffeehäuser, die bereits um 19:00 oder 20:00 Uhr schließen, erst um 08:00 Uhr wieder öffnen dürfen, einen massiven Eingriff in die Erwerbstätigkeit dieser Betriebe darstellen würde, da einige Kaffeehäuser aus wirtschaftlichen Überlegungen bereits vor 08:00 Uhr öffnen.

Resümee:

Zusammenfassend kann daher festgestellt werden, dass keine Rechtswidrigkeit der gegenständlichen Verordnung vorliegt und die beantragte Änderung rechtlich nicht möglich ist.

Die Situation im Grazer Univiertel stellt sich als speziell dar und ist ihrerseits einzigartig, dennoch darf nicht außer Acht gelassen werden, dass zahlreiche rechtliche Bestimmungen bestehen, die den Anliegen der Nachbarn in Bezug auf ungebührliche Lärmbelästigung, Verschmutzung und der Verhinderung von Gewalttaten Rechnung tragen. Die verwaltungsstrafrechtlich relevanten Tatbestände, wie etwa die ungebührliche Lärmerregung werden beispielsweise bereits durch andere Gesetze (hier zB. durch das Landes Sicherheitsgesetz) unter Strafe gestellt. Auch steht immer wieder im Raum, dass Taxifahrer auf Kunden warten, ohne die dafür vorgesehenen Standplätze zu benutzen. Dieses Vorgehen verstößt jedoch gegen die Straßenverkehrsordnung bzw. gegen die Betriebsordnung für den nichtlinienmäßigen Personenverkehr. Daraus ist ersichtlich, dass es abseits der Gewerbeordnung rechtliche Bestimmungen gibt, die gerade auch die Anrainer vor ungebührlichen Belastungen schützen sollen.

Aus den bisherigen Ausführungen ist der Schluss zu ziehen, dass eine Vorverlegung der Sperrzeiten die Situation im Univiertel nicht lösen können wird, sondern diese lediglich verlagert werden würde. Es müssten stattdessen strenge Kontrollen zur Einhaltung dieser Gesetze stattfinden, um ein gewünschtes Handeln der Lokalbesucher herbeiführen zu können. "




Es wird daher der

Antrag

gestellt:

Der Landtag wolle beschließen:

Der Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Tourismus zum Antrag, Einl.Zahl 585/1, der Abgeordneten DI Gunter Hadwiger und Peter Samt, betreffend Änderung der Sperrzeitenverordnung 1998, wird zur Kenntnis genommen.