Der Ausschuss "Umwelt" hat in seinen Sitzungen vom 10.01.2012 und 17.04.2012 über den oben angeführten Gegenstand die Beratungen durchgeführt.
Mit Beschluss des Ausschusses für Umwelt vom 23.12.2011 wurde die Steiermärkische Landesregierung ersucht eine Stellungnahme zum Antrag, Einl.Zahl 956/1, abzugeben.
Aufgrund dieses Beschlusses erstattet die Steiermärkische Landesregierung folgende Stellungnahme:
Zu Frage 1:
STEINBUCH (1995), HORVATH (2002), ECOLOGY IN PROGRESS (2003), WENDELIN &\; SCHLÖGL (2005), GOSCH (2008) und TRUMMER (2009) und KAMMERER (2009) beschreiben übereinstimmend generelle Nutzungsänderungen im Grünland-Bereich für die gesamte Steiermark, vor allem auch für die Gebiete der west- und oststeirischen Tal- und Hügellagen. Dort lag der Grünland-Schwund im Zeitraum der Jahre 1960 bis 1995 bei 60 - 70 %. Ackerflächen haben seitdem eine deutliche Zunahme erfahren. Der Anteil an Maiskulturen betrug beispielsweise im Jahr 1959 etwa 13 %, im Jahre 1999 waren es bereits 36 %!
Um spezielle FFH-Lebensräume im ehemals Grünland-dominierten Überschwemmungsgebiet des Lafnitztales in Anbetracht der marktorientierten landwirtschaftlichen Produktion und der guten Bonitäten in ihrer Arten- und Lebensraumvielfalt zumindest in Restbeständen erhalten zu können, wurde das Gebiet im Jahr 1998 als Natura-2000-Gebiet genannt und im Juli 2005 auf Basis der damals bekannten Schutzgüter als Fauna-Flora-Habitat- und Vogelschutzgebiet verordnet.
Ein Artenschwund geht in vielen Fällen mit dem Verlust von Lebensräumen einher. Wenn es wie im Lafnitztal zu Umwandlungen von artenreichen Wiesenflächen in artenarme Ackerflächen, zur Aufforstung von landwirtschaftlichen Nutzflächen oder zur Intensivierung von bislang artenreichen Grünlandflächen kommt, dann geht damit ein überwiegender Verlust an Artenreichtum einher.
Mangels ausreichender personeller und finanzieller Ressourcen konnte in den Jahren ab der Gebietsnennung noch keine flächendeckende, präventive Beratung und Kontrolle der Landnutzung vor Ort gewährleistet werden. Einzelne Zufallsmeldungen über Flächenverluste waren der Hinweis, dass der Erhaltungszustand im Sinken begriffen sei. Erst mit dem Einsatz und der Finanzierbarkeit eines Gebiets-Betreuers konnten ab dem Jahr 2008 gezieltere Maßnahmen zur Sicherung, Erhaltung und Entwicklung von Schutzgütern und Flächen durch Vor-Ort-Beratungs- und -Kontrolltätigkeit erfolgreicher gesetzt werden.
KAMMERER (2009) konstatiert im Auftrag der Umweltanwaltschaft eine eindeutige Erheblichkeit bei Gebietseingriffen bis zum Jahr 2009 nach der Zeit des bestehenden Verschlechterungsverbotes ab dem Jahr 1998 und während der Verpflichtung zu Verträglichkeitsprüfungen ab dem Jahr 2005.
Er dokumentiert für den Lebensraumtyp FFH 6410 (Pfeifengraswiesen) und für den Lebensraumtyp FFH 6510 (Magere Flachland-Mähwiesen) folgende Flächenbilanzen:
· FFH LR-Typ 6410 von 2003 - 2009 Rückgang um 50% auf 4,19 ha.
· FFH LR-Typ 6510 von 2003 - 2009 Rückgang um 15% auf 21,55 ha.
Dass eine Verordnung ohne Verbots-Tatbestände für Bewirtschaftungs-Praktiken per se keine Ver-besserung des Erhaltungszustandes von Arten und Lebensräumen bewirkt, wurde im Rahmen flächen-deckender Erhebungen zur damaligen Nutzungssituation von der im Jahr 2008 neu eingesetzten Gebietsbetreuung im Jahr 2009 bestätigt. In Folge wurden weitere, den politischen Vorgaben entsprechend, auf Freiwilligkeit fußende Initiativen zur Sicherung und Entwicklung von Schutzguts-flächen innerhalb und außerhalb des verordneten Europaschutzgebietes im Talraum des Lafnitztales gesetzt (Initiativen vgl. Beantwortung Frage 3).
Zu Frage 2:
Die Aktenführung der FA13C belegt seit 11. Juli 2005 30 Ausnahmegenehmigungen inklusive der Vorprüfungen über die Verträglichkeit von Plänen und Projekten, da auch die Zuständigkeit für die Durchführung von Verträglichkeitsprüfungsverfahren für Pläne und Projekte gem. den §§ 3, 5, 6 und 7 NSG bei der Landesregierung liegt.
Inhaltlich waren darunter: Flächenwidmungsplanverfahren, Leitungsverlegungen, Radwegerrichtung, Uferbereich, Abstockung und Wiederbepflanzung, Kanalerrichtung, Errichtung Biomasse, Elektro-befischung, Teichmahd, Grünlandumbruch, Brückenerneuerung, Wasserentnahme Lafnitz, Auf-forstung, Rohdung, Teichbelüftung, Entlandungsmaßnahme, Trinkwassererschließung.
Aufzeichnungen vom Zeitpunkt der Meldung bis zur Rechtswirksamkeit der Gebiets-Verordnung liegen bei der Behörde nicht auf, weil der/die AdressatIn erst seit Kundmachung der Verordnung zur Einhaltung der innerstaatlichen Rechtsvorschriften verpflichtet wurde. Die Gebietsnennung und damit die Vorschrift zu Verträglichkeitsprüfungen erfolgte am 6. Juli 1998, die Verordnung erfolgte am
11. Juli 2005.
Zu Frage 3:
Gesetzte Maßnahmen und Initiativen:
Ø Installierung einer 1-Mann-Gebietsbetreuung im Jahr 2008 zur Beratung von Landnutzern vor Ort bei geplanten Bewirtschaftungsänderungen und zur Beratung und Begleitung bei Projektum-setzungen zur Erhaltung und Förderung von Schutzgütern. Diese Beratung erfolgt innerhalb des ESG27 und im benachbarten, an das Schutzgebiet angrenzenden Talraum. Dort ist auch ein RAMSAR-Gebiet, das über die Grenzen des ESG hinausgeht, ausgewiesen. Die Finanzierung der Gebietsbetreuung erfolgt über eine EU-kofinanzierte ELER-Projektförderung. Durchführung einer Biotopkartierung (mehrphasig in verschiedenen steirischen Bezirken).
Ø Forcierung der Kooperation und Information zwischen Naturschutz und LandnutzerInnen (Info-Veranstaltungen Landwirtschaftskammer, Bildungsangebote beispielsweise über die Naturpark-Akademie-Steiermark, Grundeigentümer-Gebiets-Info, etc. ).
Ø Angebote zu speziellen Flächenförderungsprogrammen im Europaschutzgebiet mit Infokam-pagnen für eine Teilnahme an freiwilligen Förderprogrammen (Vertragsnaturschutz) zur Grünland-Erhaltung.
Ø Vertragsnaturschutz mit ÖPUL-Naturschutz-Maßnahmen innerhalb des ESG Nr. 27:
Jahr 2008: 47 WF Landschaftspflegeverträge (208 Feldstücke und 211 Schlagflächen, insgesamt)
Jahr 2011: 57 WF Landschaftspflegeverträge (231 Feldstücke und 236 Schlagflächen, insgesamt)
Ø Vertragsnaturschutz mit dem BiotopErhaltungsProgramm BEP innerhalb des ESG Nr. 27:
Jahr 2011: 1 BEP- Landschaftspflegevertrag
Spezielles Natura 2000-"Wiesenvertragsnaturschutz-Programm Lafnitztal" als eigens für diesen Talraum eingerichtetes Landes-Förderungsprogramm ab dem Jahr 2009.
Innerhalb und angrenzend an das ESG Nr. 27 im Talraum Lafnitztal incl. RAMSAR-Gebiet:
Jahr 2009: 14 Landschaftspflegeverträge (insgesamt)
Jahr 2010: 20 Landschaftspflegeverträge (insgesamt)
Jahr 2011: 23 Landschaftspflegeverträge (insgesamt)\; im ESG Nr. 6 Betriebe mit 7,38 ha, außerhalb und auch im angrenzenden RAMSAR-Gebiet 17 Betriebe mit 19,77 ha.
Ø Projektförderungen im Programm-Ländliche Entwicklung ELER:
- Förderung des Ankaufs von wertvollen Einzelflächen durch NGO´s\;
- Förderung von Projekten zur Lebensraum-Neuschaffung\;
- Finanzierung der Gebietsbetreuung\;
- Finanzierung von Informationsveranstaltungen durch das Naturschutz-Service-Steiermark in enger Kooperation mit der Gebietsbetreuung und der Fachabteilung 13C.
Ø Teil- oder vollfinanzierte Flächenankäufe durch NGO´s (Österreichischer Naturschutzbund, Landesgruppe Steiermark, Biologische Arbeitsgemeinschaft, Österreichische Naturschutzjugend, ab dem Jahr 1998 im Talraum des Lafnitztales für eine unbefristete Flächensicherung im Ausmaß von 31,37 ha.
Ø Beauftragung des Managementplans für das Teilgebiet "Neudauer Teiche", Bericht 2011.
Ø Ausschreibung und Auftragsvergabe zur Entwicklung eines Managementplanes im Februar 2012 für das ESG Nr. 27 und seine Schutzgüter zur Feststellung ab Berichtlegung im Jahr 2014, ob der günstige Erhaltungszustand mit den bisher gesetzten Maßnahmen im Gebiet gewährleistet ist, bzw. ob Maßnahmen zusätzlich zu setzen wären.
Der Bericht des Ausschusses für Umwelt zum Antrag, Einl.Zahl 956/1, der Abgeordneten Lambert Schönleitner, Ing. Sabine Jungwirth und Ingrid Lechner-Sonnek, betreffend massive Eingriffe in das Europaschutzgebiet Nr. 27 "Lafnitztal - Neudauer Teiche", wird zur Kenntnis genommen.