LANDTAG STEIERMARK
XVI. GESETZGEBUNGSPERIODE


EZ/OZ: 1479/1

Selbstständiger Antrag von Abgeordneten (§ 21 GeoLT)

eingebracht am 21.09.2012, 08:09:08


Landtagsabgeordnete(r): Hannes Amesbauer (FPÖ), Anton Kogler (FPÖ), Georg Mayer (FPÖ), Gunter Hadwiger (FPÖ), Peter Samt (FPÖ), Gerald Deutschmann (FPÖ)
Fraktion(en): FPÖ
Zuständiger Ausschuss: Wissenschaft
Regierungsmitglied(er): Gerhard Kurzmann

Betreff:
Schächten von Tieren

Still und leise sollen die Richtlinien des Schächtens, also dem religiös begründeten Schlachten von Tieren durch das Verbringen in Rückenlage mit nachfolgendem Halsschnitt bei vollem Bewusstsein, aufgelockert werden. War bisher nach dem Schnitt die unmittelbare Betäubung durch den Bolzenschuss vorgesehen, soll nun auch dieses sog. "post-cut-stunning" ausbleiben und der gesamte Vorgang, gänzlich ohne Betäubung, bis zur Ohnmacht des Tieres durch den mit dem Ausbluten einhergehenden Sauerstoffmangel durchgeführt werden.
Unter "Schlachten" versteht man das Töten eines Tieres durch Blutentzug und nachfolgender Ausweidung zum Zweck der Fleischgewinnung. Die Schlachtung und Tötung von Tieren darf nur so erfolgen, dass jedes ungerechtfertigte Zufügen von Schmerzen, Leiden, Schäden oder schwerer Angst vermieden wird und darf nur von Personen vorgenommen werden, die dazu die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten haben. Das Schlachten von Tieren ohne Betäubung ist verboten. Ausnahmen davon bilden die Notschlachtung und rituelle Schlachtungen.
Das "Schächten" oder "Schechita" ist das rituelle Schlachten von Tieren, insbesondere im Judentum und im Islam. Bezweckt wird das möglichst rückstandslose Ausbluten des Tieres, da der Genuss von Blut sowohl im Judentum als auch im Islam verboten ist. Die Tötung erfolgt im Judentum unbetäubt\; im Islam ist eine elektrische Betäubung nach bestimmten Rechtsschulen zulässig. Mittels eines speziellen Messers mit einem einzigen großen Schnitt quer durch die Halsunterseite, in dessen Folge die großen Blutgefäße sowie Luft- und Speiseröhre durchtrennt werden, wird das Tier getötet.
Das Schächten ist vom Standpunkt des Tierschutzes aus absolut abzulehnen. Die Befürworter dieser Methode argumentieren zwar, dass nur durch den Schächtschnitt ein komplettes Ausbluten des Tieres sichergestellt sei, und dass - aufgrund des schlagartigen Abfalls des Blutdrucks und damit der Sauerstoffversorgung des Gehirns — eine sofortige Bewusstlosigkeit ohne nennenswerte Schmerzen eintrete. Geringe Fehler beim Schächten sind aber jedenfalls äußerst qualvoll für das Tier.
Aufgrund wissenschaftlicher Erkenntnisse weiß man aber, dass die Blutversorgung des Gehirns auch durch nicht durchtrennte Gefäße im Bereich der Wirbelsäule und des tiefen Nackens weiter erfolgt und verweisen auf Aufnahmen geschächteter Tiere, die einen mehrminütigen Todeskampf durchleben, obwohl sichtbar die Luftröhre und Hauptschlagadern durchtrennt wurden. Eine sofortige Bewusstlosigkeit ist daher beim Schächten nicht bei allen Tieren gegeben. Auch ist ein Beharren auf das Schächten ohne vorherige Betäubung mit dem Hinweis auf das erforderliche Ausbluten nicht überzeugend, da ein betäubtes Tier in gleicher Weise ausblutet wie ein nicht betäubtes. Außerdem bleiben auch beim besten Ausbluten immer noch Blutrückstände im Fleisch, so dass dieses Argument auf jeden Fall angezweifelt werden kann.
Bei der Diskussion des Themas muss auch der historische Hintergrund betrachtet werden. Von der Einführung der Schächtung bis in die Moderne war diese im Sinne des Tierschutzes (schnelle Tötung) und der Lebensmittelhygiene (Fleischbeschau) fortschrittlich. Die Einführung moderner Betäubungsmethoden (Bolzenschuss, Begasung oder Strom) im zwanzigsten Jahrhundert bieten tierfreundlichere Ansätze.
Das Schächten, bei dem die Tiere ohne Betäubung, also bei vollem Bewusstsein aufgehängt und durch Kehlschnitt getötet werden, ist eine grausame Todesfolter. Es kann Minuten lang dauern, ehe das Tier ausgeblutet und verendet ist. Für die FPÖ ist es unzulässig, diese barbarische Methode der "reinen Schlachtung" unter dem Deckmantel der freien Religionsausübung zuzulassen. Tierschutz hat alle uns anvertrauten Tiere zu umschließen. Ansonsten ist er einer inakzeptablen Situationsethik unterworfen, lückenhaft, unglaubwürdig und unehrlich. Sonderrechte für bestimmte Weltanschauungen darf es aber nicht geben, um die Trennung von Staat und Religion zu gewährleisten. Auch im Sinne eines ehrlichen ernstgemeinten Tierschutzes.
In einer Stellungnahme zum Entwurf eines "Bundesgesetzes zur Durchführung unmittelbar anwendbarer unionsrechtlicher Bestimmungen auf dem Gebiet des Tierschutzes" nimmt die "Plattform "Ein Recht für Tiere" am 4.9.2012 auszugsweise wie folgt Stellung, dass nun die Umsetzung einer EU - Verordnung in Österreich zu einem Freibrief für das Quälen von Tieren durch Schächten genutzt werden soll:
"Nach der Verordnung (EG) Nr. 1099/2009 stellt das Schächten eine generell zulässige, an keine besonderen Voraussetzungen gebundene Schlachtmethode dar, wodurch der zentrale Grundsatz der Betäubungspflicht preisgegeben wurde. Obwohl die Union gem. Art. 13 des AEUV12 dazu verpflichtet ist, ‚dem Wohlergehen der Tiere in vollem Umfang Rechnung zu tragen‘, hat die EU damit einer von den betroffenen Religionsgemeinschaften lange gehegten Forderung nach einer Liberalisierung bzw. völligen Freigabe des Schächtens uneingeschränkt Rechnung getragen, ohne auf das Anliegen und die Anforderungen eines zeitgemäßen Tierschutzes auch nur Bedacht zu nehmen. Allerdings ermächtigt die EU-Verordnung die Mitgliedstaaten dazu, a) strengere nationale Bestimmungen, die bereits in Geltung stehen, beizubehalten (Art. 26 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 1099/2009), und b) neue strengere Bestimmungen zu erlassen (vgl. Art. 26 Abs. 2 leg.cit.). Es ist dem österreichischen Gesetzgeber daher nicht nur unbenommen, die geltenden Vorschriften des § 32 TSchG beizubehalten, sondern auch zusätzliche Regelungen [...] zu schaffen. Der Entwurf macht von keiner dieser Möglichkeiten Gebrauch, sondern bewirkt, dass die Bestimmungen der VO (EG) Nr. 1099/2009 in Österreich vollumfänglich und vollinhaltlich in Kraft treten. Durch diese materielle Derogation wird dem § 32 TSchG der normative Gehalt entzogen, ohne die Bestimmung formal zu ändern, was im Vorblatt zum Entwurf beiläufig damit umschrieben wird, dass der § 32 im Hinblick auf landwirtschaftliche Nutztiere durch die VO ‚verdrängt‘ werde. Der vorliegende Entwurf würde somit dazu führen, dass Tiere künftig ohne Darlegung eines zwingenden religiösen Erfordernisses, ohne Bewilligung und ohne Einhaltung der in § 32 Abs. 5 TSchG festgelegten Anforderungen - somit auch ohne "post cut stunning" - geschächtet werden dürften. […] "
Die Stellungnahme des Österreichischen Tierschutzvereins zum Entwurf des Bundesgesetzes zur Durchführung unmittelbar anwendbarer unionsrechtlicher Bestimmungen auf dem Gebiet des Tierschutzes führt dazu Folgendes aus: "Bei dieser "Verdrängung" von § 32 Tierschutzgesetz muss es sich um ein Versehen des Gesundheitsministeriums handeln. Es kann doch nicht ernsthaft mit einem derartigen Durchführungsgesetz ohne jede öffentliche Diskussion der mühsam erarbeitete, breite Kompromiss zum religiösen Schächten von 2005 einfach abgeschafft werden! Post-cut Stunning bedeutet, das zu schächtende Tier unmittelbar nach dem Schächtschnitt zu betäuben. Die Tiere erleben dadurch zwar bewusst die Vorbereitung zur Schlachtung, wie z.B. das Umdrehen in der Schächttrommel, verlieren aber im Idealfall direkt nach dem Schnitt in die Kehle das Bewusstsein. Eine gesetzeskonform durchgeführte konventionelle Schlachtung mit Betäubung bereits vor der Schlachtvorbereitung ist zwar vom Standpunkt des Tierschutzes klar vorzuziehen, aber solange die Religionsausübung verfassungsrechtlich geschützt ist, Tierschutz aber nicht, war allein schon aus verfassungsrechtlichen Gründen kein anderer Kompromiss möglich."

Wir Freiheitlichen teilen in diesem Zusammenhang den Standpunkt der Tierschutzorganisationen. Es darf keinen 2-Klassen-Tierschutz geben. Denn jeder, der ein Tier auf diese grausame Weise tötet und sich nicht auf seine Religion berufen kann, begeht eine Straftat und kann wegen schwerer Tierquälerei verurteilt werden.
Der Obmann des österreichisch- ägyptischen Vereins Dr. Moustafa Eltelbi hat den Mufti von Ägypten, eine islamische Autorität, um eine entsprechende Interpretation in diesem Zusammenhang gebeten, die uns Recht gibt. Dieser Interpretation zufolge darf das Tier vor der Schächtung betäubt werden, wenn diese Betäubung für das Tier nicht tödlich ist.
Mit diesem Antrag soll ein Beitrag geleistet werden, Tierleid in einer Form zu lindern, die auch von der mosaischen und moslemischen Religionsgemeinschaft akzeptiert werden kann.

Es wird daher der

Antrag

gestellt:

Der Landtag wolle beschließen:

Die Steiermärkische Landesregierung möge umgehend an die Bundesregierung mit der folgenden Aufforderung herantreten:

1. Im Bundesgesetz zur Durchführung unmittelbar anwendbarer unionsrechtlicher Bestimmungen auf dem Gebiet des Tierschutzes sowie in einer allfälligen künftigen Novelle zum Tierschutzgesetz ist von der Ermächtigung gem. Art. 26 Abs. 1 und 2 der VO (EG) Nr. 1099/2009 Gebrauch zu machen und sicherzustellen, dass

a) die Voraussetzungen für die Vornahme ritueller Schlachtungen (zwingende religiöse Ge- oder Verbote einer gesetzlich anerkannten Religionsgemeinschaft und Bewilligungspflicht) sowie

b) die Anforderungen an die Durchführung ritueller Schlachtungen

dem generellen Verbot des Schlachtens von Tieren ohne Betäubung vor dem Blutentzug nicht widersprechen.

2. Überdies spricht sich der Landtag Steiermark für eine verfassungsrechtliche Verankerung des Tierschutzes aus, welche das Schächten ohne vorherige Betäubung in Österreich verbietet.


Unterschrift(en):
Hannes Amesbauer (FPÖ), Anton Kogler (FPÖ), Georg Mayer (FPÖ), Gunter Hadwiger (FPÖ), Peter Samt (FPÖ), Gerald Deutschmann (FPÖ)